Personengesellschaftsrecht II # 12 Tod eines Gesellschafters
Tod eines Gesellschafters Was passiert nach dem Tod eines Gesellschafters mit der Gesellschaft? Auflösung oder Fortbestehen? mit seinem Anteil (Gesellschafterstellung)? Wegfall oder Übergang auf Erben/Dritte? PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 2
GbR Fortbestehen der Gesellschaft? 727 BGB Auflösung durch Tod eines Gesellschafters (1) Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter,. (2) [ ] Auflösung heißt: Gesellschaft wird abgewickelt (liquidiert), Verbindlichkeiten werden beglichen und Vermögen verteilt erst danach: Beendigung Fortsetzungsklausel möglich PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 3
GbR Was passiert mit dem Gesellschaftsanteil? bei Auflösung: Anspruch auf Anteil am Liquidationserlös fällt in Nachlass bei Fortsetzungsklausel: 738 BGB Auseinandersetzung beim Ausscheiden (1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet[ ] ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. [ ] Grundsatz: ersatzloses Ausscheiden des Verstorbenen Anwachsung bei übrigen Gesellschaftern Abfindungsanspruch der Erben Gesellschaftsvertrag kann Nachfolge- oder Eintrittsklausel enthalten (dazu sogleich bei der OHG) PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 4
OHG Fortbestehen der Gesellschaft? 131 HGB (1) Die offene Handelsgesellschaft : 1. durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist; 2. durch Beschluß der Gesellschafter; 3. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft; 4. durch gerichtliche Entscheidung (2) [ ] (3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum 1. Tod des Gesellschafters, [ ] PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 5
OHG Was passiert mit dem Gesellschaftsanteil? ersatzloses Ausscheiden Folge: Anwachsung bei verbliebenen Gesellschaftern abweichende Regelung möglich, vgl.: 139 HGB (1) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden soll, so kann jeder Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, daß ihm unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt und der auf ihn fallende Teil der Einlage des Erblassers als seine Kommanditeinlage anerkannt wird. [ ] Nachfolgeklauseln (einfach oder qualifiziert) Eintrittsklauseln PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 6
OHG (Fall) A, B, C und D sind Gesellschafter einer OHG. Unerwartet verstirbt A. Er hinterlässt seine Ehefrau F und die erwachsenen Kinder S und T. Ein Testament des A existiert nicht. Im Gesellschaftsvertrag ist vereinbart, dass im Falle des Todes eines Gesellschafters dessen Erben an seiner Stelle Gesellschafter sein sollen. Sind F, S und T Gesellschafter geworden? Fortbestehen der OHG [+] Konsequenzen für Geschäftsanteil des A: eigentlich Ausscheiden des A mit Anwachsung seines Gesellschaftsanteils bei B, C und D aber vorliegend: Klausel, dass Erben an seine Stelle rücken sollen Mitgliedschaft wurde also vererblich gestellt Einrücken soll automatisch geschehen (bezieht sich auf alle Erben) PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 7
OHG (Fall) Wer wird Gesellschafter? Erbengemeinschaft aus F, T und S? Problem: Kann Erbengemeinschaft Gesellschafter einer werbenden Gesellschaft sein? eine Ansicht: h.m.:» Erbengemeinschaft ist auf Auseinandersetzung angelegt ( 2042 BGB)» nur beschränkte Haftung der Miterben vor Auseinandersetzung ( 2059 BGB)» gemeinschaftliche Nachlassverwaltung ist schwerfällig» 139 HGB gibt jedem Erben die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er persönlich haftender Gesellschafter bleiben will PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 8
OHG (Fall) Wer wird Gesellschafter? F, S und T? nach h.m. geht Gesellschaftsanteil unmittelbar auf einzelne Miterben entsprechend ihrer Erbquote über Sonderrechtsnachfolge à Gesellschaftsrecht verdrängt Erbrecht! Erbquoten F: ¼ gemäß 1931 BGB erhöht um ¼ gemäß 1371 BGB S und T jeweils: ¼ gemäß 1924 BGB PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 9
OHG (Fall) Gesellschafter der OHG nach dem Tod des A: B, C und D zu jeweils ¼ F zu 1 / 8 S und T zu jeweils 1 / 16 PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 10
OHG (Abwandlung 1) Wie ist die Rechtslage, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass die Ehefrau des A im Falle seines Todes in die Gesellschafterstellung des A einrücken sollte und eine Verfügung von Todes wegen nicht existiert? Problem: nicht alle Erben werden als Nachfolger benannt, sondern nur die F à sog. Konflikt zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 11
OHG (Abwandlung 1) Wie ist die Rechtslage, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass die Ehefrau des A im Falle seines Todes in die Gesellschafterstellung des A einrücken sollte und eine Verfügung von Todes wegen nicht existiert? Lösung: auch hier: Vorrang des Gesellschaftsrechts vor dem Erbrecht à also wird nur F Gesellschafterin frühere Rspr.: bloße entsprechend der Erbquote Rest wächst übrigen Gesellschaftern an übrigen Erben steht Abfindungsanspruch zu ( 738 I 2 BGB) neuere Rspr. und h.m.: Nachfolge in Gesellschafterstellung in aber: Berücksichtigung bei Auseinandersetzung des Nachlasses durch Wertanrechnung bzw. Wertausgleich gegenüber Miterben PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 12
OHG (Abwandlung 2) Wie ist die Rechtslage, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass P, ein Freund des A, in die Gesellschafterstellung einrücken soll und Abfindungsansprüche der Erben ausgeschlossen sind? nach Wortlaut: Nachfolgeklausel Problem: Nachfolger (P) ist nicht Erbe automatisches Einrücken in Gesellschafterstellung? bei Erben möglich, da ohnehin Gesamtrechtsnachfolger bei Nichterben unzulässige Verfügung zugunsten und zulasten [!] Dritter Ausnahmen: Nachfolger hat an Vertragsschluss mitgewirkt (z.b. weil er schon Gesellschafter ist) PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 13
OHG (Abwandlung 2) Wie ist die Rechtslage, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass P, ein Freund des A, in die Gesellschafterstellung einrücken soll und Abfindungsansprüche der Erben ausgeschlossen sind? Umdeutung der Nachfolgeklausel in eine sog. ist möglich = Anspruch des Dritten auf Aufnahme in die Gesellschaft ( Option ) Vertrag zugunsten Dritter i.s.d. 328 ff. BGB Zustimmung des Dritten erforderlich anders nur, wenn Begünstigter der Eintrittsklausel bereits Gesellschafter ist und daher Vertragsregelung zugestimmt hat PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 14
OHG (Abwandlung 2) Wie ist die Rechtslage, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass P, ein Freund des A, in die Gesellschafterstellung einrücken soll und Abfindungsansprüche der Erben ausgeschlossen sind? Problem: Abfindungsansprüche der Erben AGL: 738 I 2 BGB Ausschluss grundsätzlich zwar möglich beachte aber: hierdurch wird Anteil vollständig am Nachlass vorbeigeführt und das auch noch ohne Wahrung erbrechtlicher Formvorschriften! Zulässigkeit daher hochumstritten PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 15
KG Fortbestehen der Gesellschaft? Was passiert mit dem Gesellschaftsanteil? Sonderregelung für Kommanditisten 177 Beim Tod eines Kommanditisten wird die Gesellschaft mangels abweichender vertraglicher Bestimmung mit den Erben fortgesetzt. PD Dr. Marco Staake Personengesellschaftsrecht II 16