Johannes 1, 35-39 Am Tag darauf stand Johannes wieder da und zwei seiner Jünger. Und als Jesus vorüber geht, richtet er seinen Blick auf ihn und sagt: Seht, das Lamm Gottes. Und die beiden Jünger hörten ihn so reden und folgten Jesus. Als Jesus sich umwendet und sie folgen sieht, sagt er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sagen zu ihm: Rabbi das heisst Meister wo ist deine Bleibe? Er sagt: Kommt, und ihr werdet es sehen! Da kamen sie und sahen, wo er wohnt, und sie blieben an jenem Tag bei ihm. Liebe Gemeinde, Was sucht Ihr? Was suchen Sie? Was suchen Sie, wenn Sie in den Gottesdienst kommen? Was suchen Sie heute, hier? Was erwarten Sie? Was erwarten Sie, wenn Sie jetzt mit Ihrem Kind zur Taufe kommen? Warum halten Sie sich zur Kirche, besuchen Veranstaltungen und engagieren sich? Was suchen Sie? Ich weiss nicht, was jetzt in Ihnen vorgeht. Ob sie gerade darüber nachdenken oder ob Sie denken: Was will die denn?! Andere schlafen um diese Zeit noch aus oder frühstücken ganz gemütlich oder unternehmen grad etwas Schönes... Und ich komme hierher - und kriege dann noch so komische Fragen gestellt?! Die soll doch froh sein, dass ich da bin und sie nicht allein da vorne steht! Liebe Gemeinde, ich bin fein heraus: ich kann einfach sagen: Diese Frage hat Jesus gestellt! Er hat sie gestellt an zwei Menschen, die ihm folgen wollten. Und ich kann mir vorstellen, dass es den beiden gar nicht so viel anders ging, als Ihnen jetzt. Die Situation, die da geschildert wird in der Erzählung ist die: Jesus ist gerade dabei, in die Öffentlichkeit zu treten
nach der Erzählung im Johanesevangelium. Von der Zeit vorher weiss man kaum etwas, wie er da gelebt hat... was gemacht... mit wem zusammen... gelebt Von diesem Tag an wird er ca. 3 Jahre wirken. Er ist ca 30 Jahre alt. Es ist der 1. Tag; sein 1. Auftritt: Nicht vor einer riesigen Menge von Leuten, eher vor einer Gruppe. Einige Zeit zuvor ist er zum ersten Mal zu Johannes dem Täufer gekommen, an den Jordan. Der war damals bekannt. Eine Licht-Gestalt. Einer, der Menschen fasziniert hat, weil er etwas Neues brachte. Wie heute in der Politik ein Macron fasziniert oder ein Jeremy Corbyn oder Justin Trudeau. Anderssind sie... neue Wege gehen sie...einen anderen Stil haben sie... Damals war Johannes, der Täufer so etwas im Religiösen. Zu ihm ist man gepilgert. Wollte ihn erleben. Für beide - Johannes und Jesus war es eine unglaublich wichtige Begegnung. Auf der einen Seite Jesus, der in dieser Zeit darum ringt, was denn sein Weg ist. Das war nicht von Anfang an so klar! Auf der anderen: Johannes der Täufer, dem klar geworden zu sein scheint: Das ist der, der eine besondere Aufgabe hat, einen besonderen Weg! Eine Aufgabe, die weit grösser ist, als meine. Stark: Wenn einer, den viele stark finden, bewundern, der Anhängerschaft hat... wenn der nicht sagt: Ich allein!! Nur ich bin der...! Nur ich kann es! sondern klar sieht: da ist einer, der tritt in meine Fussstapfen, aber seine sind weit grösser..!
Ich muss einen Schritt zurück treten, um ihm Platz zu machen..! Und nun ist Jesus dort und Johannes sagt zu zweien seiner Schüler: Er ist der, zu dem Ihr jetzt gehen müsst. Meine Aufgabe ist erfüllt! Und sie gehen weg von ihm und kommen zu Jesus. Es gibt manche Wege, wie man dazu kommt, nach-zu-folgen, dabei zu sein, sich zu engagieren, sein Kind zu taufen. Auch bei uns. Und jetzt könnte man sich ja vorstellen, dass Jesus diese beiden mit offenen Armen empfängt und sagt: Wunderbar! Das fängt ja super an! Spitze, wenn das so weitergeht! Ich will nicht bestreiten, dass er sich vermutlich gefreut hat. Das ist nicht überliefert; vielleicht, weil es selbstverständlich ist. Aber hier im 1. Kapitel im Johannesevangelium sind die aller-aller-ersten Worte, die von Jesus überliefert werden, am Anfang seines Wirkens, am 1.Tag: Was sucht Ihr?. Sie sind gerichtet an Menschen, die ihm folgen wollen. Also auch an uns! Nun kann ich diese Frage ganz verschieden hören: Sie kann mir vorkommen wie ein Verhör: Der will mir auf den Zahn fühlen. Hast Du die richtige Einstellung, den richtigen Glauben? Wenn ja: in Ordnung! Wenn nein: Dann können wir Dich nicht brauchen! Ich kann sie auch hören wie abweisend: Einfach mir nachlaufen... auf einmal, wenn es dir so passt...! Mich beschäftigt diese Frage. Es kommt mir vor, diese Frage will nicht etwas abfragen, auch nicht verhören. Es gibt Fragen, da spüre ich: der andere ist interessiert an mir; an dem, was mich bewegt.
Wenn eine Freundin, ein Freund, die Frau, der Mann mich intensiv anschaut und mich fragt...: was wünschst du dir wirklich? Was brauchst Du..?! Welche Sehnsucht ist in Dir? Solche Fragen können mich ganz tief treffen, etwas öffnen; etwas, was verborgen ist in mir, in mir schlummert: Was suchst Du?! Sag: Nach was verlangt Dein Herz? Wonach hungert Dich? Wonach dürstet Dich? Nach was sehnst Du Dich? Was wünschst Du Dir? Sondern da, wo es zutiefst um mich geht um meine Fragen und Wünsche!! Da, wo diese Sehnsucht wach wird, da stosse ich auf eine Spur, eine lebendige Herzensspur, die zu mir und zu Gott führt. Darum ist diese Frage so wichtig! Nicht nur am Anfang! In den Exerzitien, einem alten spirituellen Übungsweg, werde ich angehalten, jeden Tag mich zu fragen, wonach ich mich sehne. Ich werde angehalten, zu formulieren, was mein allergrösster Lebenswunsch ist (wenn ich nur einen Wunsch frei hätte, wie würde er lauten?) und was ist mein Wunsch für diesen Tag ist. In dem, was ich will, mir wünsche; in dem, wonach ich mich sehne, stosse ich auf mein Innerstes. Komme ganz tief in mich hinein und zu mir. Und: da begegne ich nicht nur mir, sondern auch Gott. Das ist meine Überzeugung und nicht nur meine: Gott ist nicht irgendwo weit weg! Was suchst Du? Was ersehnst Du? Vielleicht bin ich überfordert: weil mir ganz viel Verschiedenes einfällt. Oder ich bin wie überrumpelt und mir fällt gar nichts ein. Offensichtlich sind auch die Jünger überfragt.
Sie geben nämlich keine Antwort. Sie antworten mit einer Gegenfrage: Wo ist Deine Bleibe? das heisst so viel, wie: Wo wohnst Du? Wo bist Du zu Hause? Eigenartig! Aber vielleicht doch nicht. Da wo ich gefragt bin nach dem Aller-Innersten, was mich da bewegt, da bin ich wie überfragt! Da kann ich nur sagen: Lass mich doch mal sehen, was Dir wichtig ist; vielleicht merke ich dann und kann es allmählich sagen, was mir wichtig ist. Wo wohnst Du? Wo bist du daheim? Das Daheim sagt viel über einen aus. Mit was ich mich umgebe, der Stil; die Gegenstände, was da an den Wänden hängt; die Art, wie ich mich dort bewege; wie ich mit den Dingen umgehe. Jesus hat kein festes Daheim. Er zieht umher. Wo ist Deine Bleibe? D.h.: Wohin gehst Du? An welche Orte, zu welchen Menschen? Was tust Du da? Was ist Dir wichtig auf Deinem Weg? Was sind Deine Überzeugungen und wie lebst Du die? Wie gehst Du mit Menschen um, mit Aufgaben, mit Situationen? Was ist da spürbar? Wie gehst Du mit Schwierigkeiten um, mit Enttäuschungen, mit Schmerzen? Was ist dann Dein Boden? Und: Was freut Dich? Wann bist Du glücklich? Darum sind Homestories über Menschen so interessant. Man schaut ein bisschen dahinter. Und dann kommt Jesu Einladung: Kommt und seht!
Folgt mir! Ihm nachfolgen heisst einfach: ihm nachgehen; schauen, was er macht und wie er es macht! Ihn kennen lernen; vertrauter werden mit ihm, wie mit einem Freund. Und an dem, wie er lebt, auch erkennen, was meine Lebenssehnsucht ist. Christlicher Glaube ist nicht primär: Etwas glauben und für wahr halten, sondern schauen, sehen, hören. Schauen, was er macht Und was ihm wichtig ist.. Und dann mitgehen... Darum beschäftigen wir uns mit Geschichten und Texten aus der Bibel... Erzählen sie auch Kindern...! Um darin Gott zu begegnen, der sich sehnt nach mir! Amen