Begriffe zur Automatisierung (DIN 19233) Automat Ein selbsttätig arbeitendes künstliches System, dessen Verhalten entweder schrittweise durch vorgegebene Entscheidungsregeln oder zeitkontinuierlich nach festgelegten Beziehungen bestimmt wird und dessen Ausgangsgrößen aus seinen Eingangs- und Zustandsgrößen gebildet werden. Ein wesentliches Merkmal des programmgesteuerten Automaten ist das Vorhandensein mindestens einer Verzweigung im Programm mit verschiedenen Ablaufmöglichkeiten, zwischen denen aufgrund der Eingabe von außen und des inneren Zustands entschieden wird. Auch das Stillsetzen ist als möglicher Zweig des Programmablaufs zu verstehen. Der Programmablauf wird durch äußere Anregung ausgelöst oder gesteuert, die Bestandteil der Eingabe ist oder diese selbst darstellt. 1
Automatisch Nach Art eines Automaten arbeitend Automatisieren, Automatisierung Das Ausrüsten einer Einrichtung, so dass sie ganz oder teilweise ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäß arbeitet. Diese Ausrüstung (z. B. Geräte, Programme) ist nach DIN 19222 eine Leiteinrichtung. Automatisierungsgrad Anteil der automatisierten Funktionen an der Gesamtfunktion einer Anlage. Er kann nur für ein festgelegtes System, dessen Grenzen genannt sein müssen, unter Bewertung seiner Funktionen angegeben werden. Vollautomatischer Betrieb liegt vor, wenn alle Funktionen des betrachteten Systems mit Ausnahme von Einschalt- oder Abschaltvorgängen automatisiert sind. Sonst liegt teilautomatischer Betrieb vor. 2
System Ein System ist eine in einem betrachteten Zusammenhang gegebene Anordnung von Gebilden, die miteinander in Beziehung stehen. Diese Anordnung wird aufgrund bestimmter Vorgaben gegenüber ihrer Umgebung abgegrenzt. (DIN 19226) 3
Prozess Gesamtheit von aufeinander einwirkenden Vorgängen in einem System, durch die Materie, Energie oder auch Information umgeformt, transportiert oder auch gespeichert wird. (DIN 19226) Ein technischer Prozess ist ein Prozess, dessen physikalische Größen mit technischen Mitteln erfasst und beeinflusst werden 4
Prozessautomatisierung Fertigungsautomatisierung Batch- (Stapel) Prozesse bei Gasen, Flüssigkeiten, Schüttgütern transportieren heizen oder kühlen mischen und rühren trennen analysieren... Fertigungsprozesse von Stückgütern vornehmlich im getakteten Ablauf bewegen ausrichten transportieren mechanisch bearbeiten messen Ausgedehnte Anlagen, häufig im Freien, deshalb hohe Anforderungen an Temperaturbereiche und Schutz vor Umgebung Kontinuierliche Prozesskontrolle Kompakte Anlagen, meist geschützt in Hallen, deshalb geringe Anforderungen an Temperaturbereiche und Schutz vor Umgebung Zustandserkennung und Binärwerte dominieren Viele analoge Messwerte Behördliche Auflagen, Prüfzertifikate für Komponenten 5
Prozessautomatisierung Fertigungsautomatisierung Sicherheit (Explosionsschutz, SIL, Betriebsbewährung Verfügbarkeit lange Anlagenlaufzeiten Total (10 20 Jahre) langen Laufzeiten ohne Stillstand (1 3 Jahre) Investitionsschutz Cost of Ownership Datenauthentizität, -vertraulichkeit Rückverfolgbarkeit Werkzeuge für Engineering und Asset Management Prioritätenreihenfolge Produktivität (Geschwindigkeit, hohe Taktraten) niedrige Anschaffungskosten Echtzeitverarbeitung hohe Positioniergenauigkeit (Antriebe!) Skalierbarkeit Flexibilität (einfach und schnell umrüstbar) planbare Wartungsintervalle, Fernwartung Rückverfolgbarkeit schnelle Ersatzteillieferung 6
Ebenenmodell der Prozessautomatisierung (äquivalente Darstellung zur Automatisierungspyramide) 7
Messen (1) Allgemein Dient der Erfassung von Informationen über den aktuellen Prozesszustand Im engeren Sinne Erfassung analoger physikalischer Größen (Tempeeratur, Druck, Durchfluss, Füllstand, Drehzahl, Analysemesswert ), die im Feld von Messwertgebern und Messumformern erfasst werden Messwertvorverarbeitung Geschieht teilweise im Messumformer, teils aber auch im Prozessleitsystem 8
Messen (2) Abarbeitungsreihenfolge beim Messen Erzeugung eines analogen elektrischen Messsignals durch den Messwertgeber Analoge Tiefpassfilterung (anti-aliasing) Erfassung und Digitalisierung Digitale Filterung Linearisierung (Kompensation von nichtlinearen Kennlinien) Skalierung (Umrechnung in physikalische Einheiten, Engineering-Einheiten ) sichere Übertragung in den Schaltraum (analog oder digital mittels Hart- oder Feldbus-Protokoll) 9
Messen (3) Die Erfassung binärer Zustände über binäre Sensoren kann ebenfalls unter dem Begriff Messen eingeschlossen werden Im Fall von elektromechanischen Kontakten ist (in der Hardware) eine Entprellung erforderlich Die Zuordnung der zwei Zustände zur logischen 0 oder 1 kann bei Bedarf in der Software invertiert werden Soft-Sensor : Berechnung einer Größe ohne direkte Messung aus anderen Messgrößen (ggf. zusätzlich aus bekannten Stellgrößen) Prozessmodell erforderlich im einfachsten Fall ein linearer oder nichtlinearer statischer Zusammenhang im allgemeinen Fall benötigt man ein dynamisches Modell, das innerhalb eines Beobachters oder Zustandsschätzers verwendet wird. 10
Stellen Dient der Beeinflussung des Prozesses durch Veränderungen von Stoff- oder Energieströmen mittels Stellventilen oder Antrieben Stellgröße Bedieneingriff automatisch die Regelungs- oder Steuerungsfunktionen analoges Stellen binäres Stellen 11
Steuern Die mögliche Funktionalität von Steuerungsaufgaben erkennt man aus den gängigen Formen ihrer Beschreibung, insbesondere den Programmiersprachen Diese Programmiersprachen sind in der IEC 61131-3 für speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) international standardisiert Gemeinsame Elemente Typen und Darstellung von Daten Deklaration und Initialisierung von Variablen Programmorganisationseinheiten - Programm (PRG) - Funktionsbaustein (FB) - Funktion (FUN) Standardfunktionen und Standardfunktionsbausteine Ablaufsprache (AS) zur Darstellung von Ablaufsteuerungen 12
Aufbau einer SPS 13
IEC 61131-3 (1) IEC 61131-3 Textuelle Programmiersprachen Anweisungsliste (AWL) Entspricht der Assemblerprogrammierung eines virtuellen Prozessors nur 1 Rechenregister Befehle z.b. LD (load), AND, OR, ST (store), Operatoren haben nur einen Operanden größere Programme werden schnell unübersichtlich Programmcode kann sehr effektiv gestaltet werden Strukturieter Text (ST) Universelle Programmiersprache mit Ähnlichkeiten zu PASCAL nur sinnvoll, wenn komplizierte Algorithmen erforderlich sind 14
IEC 61131-3 (2) Grafische Programmiersprachen Funktionsbausteinsprache (FBS) Logikplan ist Grundlage für FBS auf Basis von einfachen Funktionsbausteinen können komplexere Funktionsbausteine definiert werden besonders gut geeignet, um zuverlässige Software zu erstellen 15
IEC 61131-3 (3) Kontaktplan (KOP) Vorbild ist die klassische Relaistechnik senkrechte Linien rechts bzw. links sind mit den Anschlüssen einer Spannungsquelle verbunden Arbeits- bzw. Ruhekontakt durch zwei senkrechte Striche ohne bzw. mit Schrägstrich Relais durch ein Paar runder Klammern Und- bzw. ODER-Verknüpfungen werden durch Serien- bzw Parallelschaltung von Kontakten erreicht 16
IEC 61131-3 (4) FBS KOP AWL ST 17
IEC 61131-3 (5) Ablaufsprache (AS) geeignete Ergänzung für die grafische Darstellung von Ablaufsteuerungen Eine Struktur aus Schritten und Transitionen kann als einfacher Sonderfall von Petri-Netzen (PN) betrachtet werden Verbindungslinien gelten als von oben nach untern gerichtet 18
IEC 61131-3 (5) Elemente der Ablaufsprache (AS) Anfangsschritte (Rechteck mit doppelter Umrahmung) sind im Anfangszustand gesetzt Eine Transitionen (ausgefüllter Querbalken) schaltet, wenn alle ihrer Vorgängerschritte gesetzt sind und alle ihre Nachfolgeschritte nicht gesetzt sind und wenn zusätzlich die an der Transition angegebenen Transitionsbedingungen (Schaltattribute) erfüllt sind Das Schalten einer Transition bewirkt das Rücksetzen aller Vorgängerschritte und das Setzen aller Nachfolgeschritte bei gesetztem Schritt sind die zugehörigen Aktionen aktiv Action Qualifier beschreibt das Verhalten genauer - N nichtgespeichert (d.h. nur solanga, wie der Schritt aktiv ist) - S speichernd setzen - R speichernd rücksetzen - D einschaltverzögert 19
Überwachen und Diagnose (1) Überwachung: Klassifikation eines Prozesszustandes in die Klassen Gutzustand oder Fehlzustand eine Überwachungseinrichtung spricht also an der Grenze zwischen Gutzustand und Fehlzustand an eine Alarmmeldung an das Bedienpersonal mit nachfolgenden Bedieneingriffen oder eine automatische Reaktion sollen dann dafür sorgen, dass der Prozess wieder in den Gutzustand versetzt wird. nach den Ursachen für das Verlassen des Gutzustandes wird nicht gefragt 20
Überwachen und Diagnose (2) Sicherheitseinrichtungen ( keine Überwachungseinrichtung) sprechen an der Grenze zwischen zulässigem und unzulässigem Fehlbereich an Gefahren für den Menschen, für die Umwelt oder größere Sachschäden sollen vermieden werden Fehlerdiagnose Fehler ist der Ausfall oder das Versagen einer an der Gesamtfunktion beteiligten Komponente, entweder einer Anlagenkomponente oder einer Hard- oder Softwarekomponente, die Automatisierungsfunktionen realisiert Fehlererkennung (Erkennung, das ein Fehler aufgetreten ist) Fehlerisolation (Erkennung, welcher Fehler aufgetreten ist) Ergänzend zur Fehlerdiagnose sind Handlungsempfehlungen an das Bedienpersonal und Information des Wartungspersonals erwünscht 21
Überwachen und Diagnose (3) Fehlervermeidung umfasst technische und organisatorische Maßnahmen in allen Projektphasen (Spezifikation, Entwurf, Herstellung, Wartung), die das Auftreten von Fehlern vermeiden sollen. Tritt dennoch ein Fehler auf, so kommen außer einer gesicherten Abschaltung auch Maßnahmen zur Fehlerbehebung in Frage, mittels Fehlertoleranz oder graceful degradation (sanfte Reduktion der Funktionalität), z.b. durch Redundanz oder durch Neuverteilung der aufrechtzuerhaltenden Funktionalität auf die verbleibenden Ressourcen. 22
Prozessführung mit Bildschirmen (1) Formen der Prozessdarstellung auf dem Bildschirm Fließbilder ermöglichen zusammen mit einblendbaren Faceplates ( Leitfelder ) die Prozessführung Kurvenbilder und Meldelisten sind als zusätzliche Informationen immer verfügbar Mit anlagenspezifischen Fließbildern wird die Prozessinformation von grafischen und alphanumerischen Zeichen angezeigt Die dynamische Prozessinformation (Messwert als Zahl oder Balken, Prozesssymbole für Pumpen, Ventile usw.) werden in eine statische, grafische Darstellung von Apparaten und Rohrleitungen integriert 23
Prozessführung mit Bildschirmen (2) Beispiel eines verfahrenstechnischen Fließbildes (VDI/VDE 3699) 24
Prozessführung mit Bildschirmen (3) Detailbild 25
Prozessführung mit Bildschirmen (4) Bedeutung der Farbkodierung in Anlehnung an DIN IEC 73 Farbkodierung von Durchflußstoffen gemäß DIN 2403 Funktionen der Prozessleitsysteme 26
Prozessführung mit Bildschirmen (5) Meldelisten listen Meldungen zeitfolgerichtig auf. Meldung: Bericht vom Eintreten eines Ereignisses Art der erfolgten Änderung mit Ort, Datum und Uhrzeit im Klartext nicht nur für den Operator wichtig, sondern sie dienen auch der späteren Analyse von Prozessstörungen 27
Meldungen Prozessführung mit Bildschirmen (12) Störmeldungen Dienen dem rechtzeitigen Erkennen von sich abzeichnenden, außergewöhnlichen Betriebszuständen. Dies ist eine der zentralen Aufgeben des Operators. Das Meldekonzept ist auf geringe Abweichungen vom Normalbetrieb einerseits und auf schwerwiegende Betriebsstörungen andererseits abzustimmen Üblicherweise gibt es eine Staffelung in drei Prioritätsklassen 28
Prozessführung mit Bildschirmen (13) 29
Prozessführung mit Bildschirmen (3) Kurvenbilder zeigen den Verlauf von Werten mehrerer Größen (typisch: vier bis acht Größen in einem Kurvenbild) in Anhängigkeit von der Zeit Kurvenbilder liefern qualitative und quantitative Informationen Kurvenbilder zeigen historische und Momentan-Werte an Folgende Merkmale lassen sich leicht erkennen und bestimmen: Gradienten, z.b. von Temperaturen in C/min Abhängigkeiten: Bei gleichzeitiger Anzeige mehrerer Verläufe wird erkennbar, wie die Änderung einer Größe sich auf andere Größen auswirkt Extremwerte: Wann wurde der größte oder kleinste Wert und wie groß war er Schwankungsbreite: Wie gut hält die Regelung den Istwert im vorgegebenen Toloranzbereich? 30