Ein finanziell starker Geschäftspartner gewinnt an Bedeutung

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Transkript:

Solvency II und das rating eines rückversicherers Ein finanziell starker Geschäftspartner gewinnt an Bedeutung Autoren Dr. Kathleen Ehrlich Dr. Norbert Kuschel Lars Moormann Kontakt Solvency-solutions@munichre.com Die Knowledge Series finden Sie als Download unter www.munichre.com November 2010 Executive Summary Mit Durchführung der fünften Quantitativen Auswirkungsstudie (QIS5) wird voraussichtlich letztmalig offi ziell in ganz Europa die aktuelle Ausgestaltung und Kalibrierung der Standardformel getestet. Im Vergleich zur technischen Spezifikation zu QIS4 ergaben sich an der Standardformel zu Solvency II nicht zuletzt aufgrund der Finanzkrise einige Änderungen. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem die in QIS4 getestete Standardformel zur Bewertung von Forderungsausfallrisiken erneut diskutiert, da diese keine plausiblen Ergebnisse zeigte. Fraglich schien auch, ob Rating-Informationen zur Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit angemessen sind. Trotz verschiedener Unsicherheiten scheint es gegenwärtig keine Alternative zu geben. Festzuhalten bleibt: Solvency II verlangt von den Unternehmen eine höhere Sensibilität bei der Wahl ihrer Geschäftspartner. Die Bestimmung von Ausfallrisiken auf der Grundlage von Rating-Informationen Solvency II ist längst nicht mehr ein Buch mit sieben Siegeln. Wie viel Kapital die Aufsichtsbehörden künftig von einem Versicherer fordern, hängt von der Höhe und der Qualität der übernommenen Risiken ab. Dabei werden unter Solvency II auch solche Risiken einbezogen, die aus dem Ausfall von Rückversicherungspartnern entstehen. Bisher hatte das mit Ausnahme einzelner Länder keine Auswirkung auf die Höhe der Kapitalanforderung. Eine europaweit einheitliche Regelung bestand bislang nicht. Solvency II versteht unter Ausfallrisiko eines Rückversicherers die Gefahr, dass ein Rückversicherungspartner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen kann. Die Bestimmung der Kapitalanforderung für dieses Risiko soll unter Berücksichtigung des Kreditratings vorgenommen werden, vorausgesetzt der Rückversicherungspartner verfügt über eine entsprechende Bonitätseinschätzung einer Rating-Agentur. Dieses Vorgehen hat CEIOPS kritisch hinterfragt. 1 Denn die Finanzmarktkrise habe gezeigt, dass Ausfallrisiken in der Vergangenheit im Allgemeinen unterschätzt wurden. Dies war jedoch nicht der einzige Grund, die Standardformel zur Bestimmung des Ausfallrisikos unter Solvency II noch einmal grundlegend zu hinterfragen. Die Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko stellt unter QIS4 den kleinsten Risikobetrag dar, der auf die drei Basisrisikomodule Versicherungstechnische Risiken, Marktrisiken und Ausfallrisiken entfällt. 1 CEIOPS 2009: Lessons learned from the crisis (Solvency II and beyond)

Seite 2/6 Vor diesem Hintergrund haben die Teilnehmer an QIS4 die Standardformel vor allem hinsichtlich ihrer hohen Komplexität in Frage gestellt. Unter QIS4 mussten die Unternehmen das Risikokapital für jeden Rückversicherungspartner einzeln bestimmen. Hierzu war es nötig, jeweils den Marktwert der Verlusthöhe, der bei Ausfall einer Forderung entsteht, sowie die dazugehörige Ausfallwahrscheinlichkeit zu berechnen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit fußte auf Informationen von Rating- Agenturen. Der Vasicek-Herfindahl- Ansatz wurde verwendet, um die Risikofaktoren zu bestimmen. Jedoch spiegelten das Verhältnis des Diversifikationseffekts und die Anzahl der Gegenparteien das tatsächliche Risiko nicht adäquat wider. Ob die Berechnung unter QIS5 tatsächlich weniger komplex wird, ist fraglich. Zur Berechnung muss eine Varianz berechnet werden, die sich aus Parametern ergibt, welche pro Rating- Klasse einzeln zu bestimmen sind. Aufgrund der aktuellen Lage an den Finanzmärkten hat sich CEIOPS mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit auf Informationen von Rating- Agenturen Verlass ist. Fraglich ist beispielsweise, ob Rating-Informationen als hinreichend unabhängig von den Unternehmen und damit frei von Interessenkonflikten angesehen werden können. Fraglich ist auch, ob die von den Rating-Agenturen eingesetzten Methoden angemessen und hinreichend transparent sind. Problematisch wird zudem die Reaktionsgeschwindigkeit von Rating-Agenturen gesehen, wenn sich die Kreditwürdigkeit ändert. Trotz dieser Kritikpunkte gibt es derzeit keine wirkliche Alternative, die Ausfallwahrscheinlichkeit zu bestimmen. Der Ansatz, die Ausfallwahrscheinlichkeit anhand der Solvenzquote zu bestimmen, wird nur für Geschäftspartner ohne Rating verwendet. Die verwendeten Parameter für die Ausfallwahrscheinlichkeit für BB und besser geratete Unternehmen haben sich seit QIS4 nicht verändert. Jedoch ergeben sich aufgrund des neuen Berechnungsansatzes andere Kapitalanforderungen. Welche Auswirkungen ergeben sich daraus auf das Risikomanagement eines Erstversicherungsunternehmens? Viele Versicherer wollen nicht warten, bis sämtliche Durchführungsmaßnahmen endgültig feststehen, und bereiten sich schon jetzt intensiv auf Solvency II vor. Ein wichtiger Punkt hierbei ist unter anderem auch die Vorbereitung auf den ORSA-Prozess (Own Risk and Solvency Assessment) und damit die Erstellung einer Risikostrategie, in der sich Unternehmen auch Gedanken über zukünftige Risikoteilungsinstrumente machen müssen. Eine wesentliche Rolle dabei spielen die Ausfallwahrscheinlichkeiten dieser Instrumente, welche die Höhe des benötigten Risikokapitals in der Standardformel (Counterparty Default Risk Module) bestimmen. Hierzu gehört auch einzuschätzen, wie Bonitätsveränderungen bei Geschäftspartnern die eigene Risikolage beeinflussen. Die Wahl des Risikoteilungsinstruments sowie die finanzielle Stärke eines Geschäftspartners haben unter Solvency II einen großen Einfluss auf die Kapitalanforderung. Bei der Berechnung des Marktwerts der Verlusthöhe (LGD: Loss Given Default) werden für verschiedene Risikoteilungsinstrumente unterschiedliche Verlustraten (Recovery Rates) verwendet. Die Verlustraten berücksichtigen, dass nach einem Ausfall (Insolvenz) des Risikoteilungsinstruments noch ein Teil der Versicherungsverpflichtungen erfüllt werden kann. So wird beispielsweise bei Rückversicherung davon ausgegangen, dass auch nach einem Ausfall 50 Prozent der Verpflichtungen gezahlt werden und damit nur die Hälfte des LGD in die Berechnung des Risikokapitals eingeht. Bei einem Derivat jedoch geht man davon aus, dass bei einem Ausfall die Verpflichtungen nur noch zu 10 Prozent gedeckt sind und damit für 90 Prozent des LGDs Risikokapital berechnet werden muss. Das Rating bestimmt die Höhe der Ausfallwahrscheinlichkeit. Diese ist einerseits ausschlaggebend für die Höhe des Risikokapitals bei der Berechnung des SCR, andererseits aber auch für die Bestimmung des Korrekturfaktors für die Rückversicherungsforderung (Reinsurance Recoverables) auf der Assetseite der ökonomischen Solvenz bilanz. So erhöht ein schlechteres Rating diesen Korrekturfaktor und verringert damit die Summe der Assetseite, und gleichzeitig erhöht sich die Risikomarge auf der Passivseite; somit reduziert sich letztendlich das ökonomische Eigenkapital. Wie die Kapitalanforderung auf eine veränderte Finanzstärke eines Rückversicherers reagiert, stellen die drei folgenden Szenarien beispielhaft dar. Als Grundlage der Berechnungen dient die Technische Spezifikation zur Durchführung von QIS5 2. Dem Beispiel liegen Daten eines mittelgroßen europäischen Nicht-Leben- Versicherungsunternehmens zugrunde. Dessen Kapitalisierung entspricht dem europäischen Marktdurchschnitt. Das Kerngeschäft des Unternehmens weist eine hohe Naturgefahrenexponierung auf, vor allem durch Sturm-Szenarien. Der Versicherer überträgt den größten Anteil seiner versicherungstechnischen Risiken an mehrere Rückversicherungspartner. 50 Prozent hiervon verfügen über ein Kreditrating von AA, die übrigen 50 Prozent von A. Vereinfachend werden diese Rückversicherungspartner in diese zwei Rating-Gruppen aufgeteilt. Der Marktwert der Verlusthöhe bei Ausfall eines Rückversicherungs 2 Europäische Kommission: QIS5 Technical Specifications vom 5. Juli 2010.

Seite 3/6 partners i leitet sich aus der jeweiligen Rückversicherungsforderung ab. Die Höhe der Rückversicherungsforderung ist von der Art der Rückversicherungsdeckung abhängig. Bei proportionalen Rückversiche rungsverträgen, wie zum Beispiel einem Quotenvertrag, stehen in der Regel höhere Forderungen an den Rückversicherer in den Büchern. Bei nichtproportionalen Verträgen, wie zum Beispiel einem Stopp-Loss-Rückversicherungsvertrag, sind die Forderungen an den Rückversicherer meistens geringer als bei proportionalen Verträgen, welche die gleiche Wirkung auf das Risikokapital haben. Die Rückversicherungsforderung ist um den bei Ausfall nicht mehr realisierbaren Risikominderungseffekt zu erhöhen. Die Höhe ergibt sich aus der Differenz zwischen der hypothetischen (Brutto-)Kapitalanforderung und der tatsächlichen (Netto-)Kapitalanforderung für das Underwriting-Risikomodul. Dabei ist die hypothetische Kapitalanforderung das Kapital für das entsprechende Risikomodul, welches ohne Risikoteilungsinstrumente nötig wäre. Bei der tatsächlichen Nettokapitalanforderung wird der Effekt von Risikoteilungsinstrumenten berücksichtigt. LGD j = max[50% (RV-Forderung j + SCR j brutto SCR j netto Colleraterals j );0] für j = 1,..., m (m entspricht der Anzahl der gewählten Rating-Gruppen) 3 Für die Berechnung der Kapitalanforderung ist zusätzlich die Ausfallwahrscheinlichkeit hier vereinfachend pro Rating-Gruppe festzusetzen. 4 Die Annahme, mehrere Rückversicherungspartner in einer Gruppe zusammenzufassen ist grundsätzlich konservativ, insbesondere werden keine Diversifikationseffekte innerhalb einer Gruppe anerkannt. Bei zwei Rückversicherungsgruppen schlägt CEIOPS folgende Risikofaktoren zur Bestimmung der Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko vor: Tab. 1 AAA 1,12 % AAA AA A BBB BB B CCC AA 1,82 % 2,51 % A 3,52 % 4,06 % 5,61 % BBB 7,42 % 7,72 % 8,94 % 12,28 % BB 27,28 % 27,51 % 28,63 % 32,99 % 45,50 % B 50,04 % 50,16 % 50,78 % 53,55 % 64,27 % 83,37 % CCC 50,04 % 50,16 % 50,78 % 53,55 % 64,27 % 83,37 % 83,37 % Forderungen, die durch Collaterals abgesichert werden, sind zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist die Bewertung für jede Rückversicherungspartei i vorzunehmen. Dem Proportionalitätsprinzip zufolge können die Unternehmen die Berechnung aber auch pro Rating-Gruppe j durchführen. Formal lässt sich damit der LGD für eine Rückversicherung vereinfachend wie folgt darstellen: Die Matrix enthält die Risikofaktoren von jeweils zwei unabhängigen Rating-Gruppen. Bei dem hier vorliegenden Ausgangsbeispiel wird ein Risikofaktor von 4,06% zugrunde gelegt. Verschlechtert sich das Rating der Gruppe, die über ein Kreditrating von A verfügt hat auf BBB, ist ein Risikofaktor von 7,72% zugrunde zu legen. Für unsere Beispielrechnung bleiben Diversifikationseffekte innerhalb einer Rating-Gruppe unberücksichtigt. Damit ergibt sich die Kapitalanforderung pro Rating-Gruppe als Faktoransatz durch: SCR def,j = LGD j Risikofaktor j 3 Der Faktor von 50 Prozent berücksichtigt, dass der Rückversicherer auch bei Ausfall noch einen Teil seiner Versicherungsverpflichtungen erfüllen kann (Recovery Rate). 4 Als Ausfallwahrscheinlichkeit einer Rating- Gruppe mit unterschiedlichen Rating-Einstufungen wird der höchste Wert zugrunde gelegt (Technical Specification SCR 6.57).

Seite 4/6 Die Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko wird anschließend unter Berücksichtigung von Diversifikation über alle Rating-Gruppen aggregiert. Die Ausgangssituation der Gesellschaft soll auf Basis der ökonomischen Bilanz zum 31.12. eines Jahres dargestellt werden: Tab. 2 Ökonomische Bilanz (Ausgangssituation) Aktiva (in Mio. ) Passiva (in Mio. ) Kapitalanlagen 37,0 Ökonomisches Eigenkapital 16,9 Anteil der Rückversicherer an Brutto Best Estimate 21,5 den versicherungstechnischen Risikomarge 1,1 Rückstellungen 20,5 Sonstige Passiva 39,0 Sonstige Aktiva 21,0 Summe der Aktiva 78,5 Summe der Passiva 78,5 Die Summe der Aktiva beläuft sich auf 78,5 Millionen Euro. Die versicherungstechnischen Rückstellungen (Best Estimate) der ökonomischen Bilanz entsprechen dem Betrag, der erwartungsgemäß benötigt wird, um die Schäden regulieren zu können, zuzüglich der Risikomarge, die vereinfachend dargestellt die Kapitalkosten für nicht-hedgebare Risiken abbilden soll. Im vorliegenden Beispiel stellt das Unternehmen der Einfachheit halber im Jahr des Schadeneintritts die erwarteten Rückstellungen in Höhe von 21,5 Millionen Euro bereit, die im kommenden Jahr ausbezahlt werden. In den versicherungstechnischen Rückstellungen ist eine Risikomarge von 5 Prozent enthalten. Da der Versicherer den größten Teil seiner Risiken transferiert, ist der Anteil der Rückversicherer an den versicherungstechnischen Rückstellungen entsprechend hoch. Dieser Betrag berücksichtigt zudem das Ausfallrisiko der erwarteten Rückversicherungsforderungen. 5 Das Unternehmen verfügt im Ausgangsjahr über ökonomische Eigenmittel in Höhe von 16,9 Millionen Euro. Unter Solvenzgesichtspunkten muss es prüfen, ob die Eigenmittel ausreichen, um die regulatorischen Anforderungen bedecken zu können. Um zu beurteilen, wie eine veränderte Bonität der Rückversicherungspartner auf die Risikolage des Versicherers wirkt, sind drei verschiedene Szenarien zu betrachten: 1. Szenario 1 liegt die Annahme zugrunde, dass große Katastrophenereignisse ausgeblieben sind. Der Versicherer konnte gute Ergebnisse erzielen. 2. In Szenario 2 ist der Versicherer von einem Katastrophenereignis betroffen. 3. Szenario 3 geht davon aus, dass zusätzlich zum Katastrophenereignis die Rating-Einstufung einer Gruppe seiner Rückversicherungspartner herabgesetzt wurde. Deren Finanzstärke sinkt demnach von der bislang dritthöchsten Kategorie A auf BBB. Somit haben 50 Prozent der Rückversicherer weiterhin das Rating AA, die anderen 50 Prozent ein Rating von BBB. Im ersten Schritt werden die Auswirkungen der einzelnen Szenarien auf die ökonomische Bilanz betrachtet, insbesondere auf das ökonomische Eigenkapital für das Folgejahr. Im zweiten Schritt sind die Kapitalanforderungen dem ökonomischen Eigenkapital gegenüberzustellen. Schritt I Szenario 1: Annahmegemäß werden die Schäden aus dem Vorjahr beglichen. Die Versicherungsindustrie hat in Bezug auf Katastrophenrisiken ein ruhiges Jahr hinter sich. Dies spiegelt sich in den reduzierten versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Aktiv- und Passivseite wider. Das ökonomische Kapital erhöht sich auf 20 Millionen Euro. Szenario 2/3: Das Jahr war geprägt durch ein Katastrophenereignis. Die Versicherungsindustrie muss hierfür ausreichend Rückstellungen bilden. Die versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Passivseite steigen um etwas mehr als 182 Millionen Euro auf 205 Millionen Euro, in denen eine Risikomarge von 5 Prozent (rund 10 Millionen Euro) enthalten ist. Die Anteile an den versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Aktivseite ergeben sich aus den vertraglichen Bedingungen. Das ökonomische Eigenkapital reduziert sich in diesen beiden Szenarien auf 10 Millionen Euro. Die in Szenario 3 ebenfalls angenommene Bonitätsverschlechterung der Rückversicherungspartner spiegelt sich überwiegend in den Kapitalanforderungen wider. Zudem führt eine Bonitätsverschlechterung auf der Aktivseite zu einer Adjustierung/ Reduzierung der Rückversicherungsforderungen um das erwartete Ausfallrisiko. Des Weiteren erhöht sich in der Solvency-II-Bilanz die Risikomarge, was insgesamt zu einer Reduktion des Eigenkapitals führt. In den hier angenommenen Szenarien soll hierauf nicht näher eingegangen werden, da die Änderungen aufgrund der gerundeten Werte in unserem Beispiel nicht realistisch genug wiedergegeben werden können. 5 Das Beispiel verwendet der Einfachheit halber die vereinfachte Formel aus QIS5. Siehe hierzu: Europäische Kommission: QIS5 Technical Specifications vom 5. Juli 2010, TP 2.160

Seite 5/6 Tab. 3 Ökonomische Bilanz (Szenario 1) Aktiva (in Mio. ) Passiva (in Mio. ) Kapitalanlagen 39 Ökonomisches Eigenkapital 20 Anteil der Rückversicherer an Brutto Best Estimate 7 den versicherungstechnischen Risikomarge 0 Rückstellungen 6 Sonstige Passiva 39 Sonstige Aktiva 21 Summe der Aktiva 66 Summe der Passiva 66 Tab. 4 Ökonomische Bilanz (Szenario 2/3) Aktiva (in Mio. ) Passiva (in Mio. ) Kapitalanlagen 39 Ökonomisches Eigenkapital 10 Anteil der Rückversicherer an Brutto Best Estimate 195 den versicherungstechnischen Risikomarge 10 Rückstellungen 194 Sonstige Passiva 39 Sonstige Aktiva 21 Summe der Aktiva 254 Summe der Passiva 254 Tab. 5 Bestimmung des Ausfallrisikos von Rückversicherungsforderungen Exposure bei Rating- Ausfallrisiko Ausfall der RVer Kategorisierung (in Mio. ) (in Mio. ) der RVer Ausgangssituation 10,2 AA/A 0,4 Szenario 1 2,9 AA/A 0,1 Szenario 2 97,0 AA/A 4,0 Szenario 3 97,0 AA/BBB 7,5 Tab. 6 Vergleich der Kapitalanforderungen für das Ausfallrisiko mit dem ökonomischen Eigenkapital Ausfallrisiko Ökonomisches Kapital (in Mio. ) (in Mio. ) Ausgangssituation 0,4 17 Szenario 1 0,1 20 Szenario 2 4,0 10 Szenario 3 7,5 10 Schritt II Um auf dieser Basis die Auswirkungen einer Bonitätsveränderung auf die Risikolage des Unternehmens beurteilen zu können, ist im zweiten Schritt die Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko eines Rückversicherers unter Solvency II näher zu betrachten. Unter Berücksichtigung der vorgegebenen Risikofaktoren lässt sich der Kapitalbedarf pro Szenario für das Ausfallrisiko der Rückversicherungsparteien bestimmen (siehe Tab. 5). Stellt man die Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko der einzelnen Szenarien dem jeweiligen ökonomischen Eigenkapital gegenüber, wird deutlich, dass bei Eintritt eines Extremszenarios und gleichzeitiger Herabstufung der Finanzstärke des Rückversicherungspartners die Kapitalanforderung enorm steigen kann. Im Extremfall Szenario 3 müssen etwa drei Viertel des vorhandenen Eigenkapitals zur Bedeckung der Forderungsausfallrisiken aufgewendet werden. Sind nun beispielsweise die Kapitalanlagen überwiegend in kurzlaufende Staatsanleihen investiert, so ist es sogar möglich, dass das Risikokapital zur Bedeckung der Forderungsausfallrisiken die größte Komponente des gesamten Risikokapitals ausmacht. Des Weiteren ist in diesem Szenario davon auszugehen, dass das vorhandene Eigenkapital kaum ausreichen dürfte, um sämtliche Kapitalanforderungen unter Solvency II decken zu können.

Seite 6/6 Fazit Die Ergebnisse zeigen, dass Solvency II eine höhere Sensibilität in Bezug auf mögliche Stresssituationen bei der Wahl der Rückversicherungspartner von den Risikomanagern verlangt. Die qualitativen Anforderungen unter Solvency II, etwa der ORSA-Prozess oder der Supervisory-Review-Prozess, dürften dazu führen, dass das Management seine Überlegungen zur Auswahl der Geschäftspartner schärfen und weiterentwickeln wird. Die entscheidenden Fragen lauten daher: Welche Geschäftsstrategie soll verfolgt werden? Welche Risikostrategie lässt sich daraus ableiten? Worin liegen die Vorteile, mit einem bestimmten Geschäftspartner zusammenzuarbeiten? Was darf die Umsetzung der Strategie kosten? Die Finanzstärke der Geschäftspartner allein ist kein ausreichendes Kriterium. Die Wahl finanzstarker Partner wird jedoch auch in Zukunft Wettbewerbsvorteile sichern. Ins besondere stellen sie unverändert erhebliche Kapazität auch in Zeiten knappen Kapitals zur Verfügung. Weitere Faktoren bei der Bewertung des Ausfallrisikos von Rückversicherungsforderungen Neben der Finanzstärke ist die Anzahl der Rückversicherungspartner ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der Kapitalanforderung. Das Risikomanagement kann dazu beitragen, ein Unternehmen unabhängiger gegen Verluste aus einem Rückversicherungsforderungsausfall zu machen, indem es auf eine stärkere Diversifikation der Rückversicherungsrisiken achtet. Grundsätzlich kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Risiko bei Konzentration auf einen einzigen Rückversicherer mit guter Finanzstärke in Bezug auf die Verteilung auf mehrere niedriger geratete Rückversicherer erhöht. 6 Selbst wenn Unternehmen Rückversicherer nicht in Gruppen zusammenfassen und der durch die Rückversicherer zustande kommende Diversifikationseffekt berücksichtigt wird, ist das Kreditausfallrisiko finanzschwächerer Unternehmen grundsätzlich höher, was sich nicht notwendigerweise vollständig durch den risikoentlastenden Diversifikationseffekt auffangen lässt. Demnach ist die Streuung der Risiken auf mehrere Rückversicherungspartner nicht unbedingt vorteilhaft, vor allem dann nicht, wenn die Diversifikation auf Rückversicherer unterschiedlicherer Rating-Einstufungen erfolgt. Wie die folgende Abbildung zeigt, verdoppelt sich nahezu der prozentuale Anteil am LGD, der als Risikokapital gehalten werden muss, mit jedem schlechteren Rating. Die Streuung der Risiken von einem beispielsweise AA-gerateten Geschäftspartner auf sechs unterschiedliche A-geratete Partner erhöht die Kapitalanforderung um nahezu 2 Prozent. Aus quantitativer Sicht scheint folglich die Konzentration auf ein finanzstarkes Unternehmen günstiger zu sein. Abb.: Geschäftspartner-Ausfallrisiko (in % der Summe der LGDs) 16 14 12 10 8 6 4 2 6 Vgl. GDV 2007: Solvency II and Reinsurance. Online verfügbar unter: http://www.gdv.de/ Downloads/Themen/sII_reinsurance.pdf 0 AAA AA A BBB Anzahl Rückversicherer 1 2 3 4 5 6 2010 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Königinstraße 107, 80802 München Bestellnummer 302-06231