Christoph Klimmt Institut für Publizistik Universität Mainz. Faszination von Computerspielen bei Jugendlichen

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Transkript:

Christoph Klimmt Institut für Publizistik Universität Mainz Faszination von Computerspielen bei Jugendlichen

Nutzung von Games durch Jugendliche

Nutzung von Games durch Jugendliche / Gender-Vergleich

Computerspiele sind zunehmend online Online-Extensionen von Offline-Spielen Hauptsächlich online zu spielende Kaufspiele (z. B. Battlefield 2 ) Persistente Online-Spielwelten (z. B. Lord of the Rings Online, World of Warcraft) Gratis nutzbare Online-Spiele (Browser Games) Online Casual Games (z. B. Yeti Sports) Online Gambling (z. B. www.pokergame.pl, Deutschlands Pokerseite Nr. 1 )

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Online-Games sind zunächst aus den gleichen Gründen unterhaltsam wie herkömmliche Offline- Games Bei Offline-Spielen wurde eine Reihe unterschiedlicher Komponenten des Spielspaßes modelliert und empirisch dokumentiert, etwa Selbstwirksamkeitserfahrungen Spannung und Lösung Neugier, Explorations- und Entdeckungserfahrungen Leistungsbasierte Selbstwertprozesse Identifikation mit Figuren/Rollen und simulierte Lebenserfahrungen

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Online-Spiele sind aber auch anders als Offline- Spiele Wichtige Änderungen ergeben sich beim Faktor Spannung Größere Relevanz beim Spiel mit/gegen echte Menschen oder sogar Freunde ( Es geht um mehr ) Erhöhte physiologische Aktivierung beim Spiel gegen Freunde (Ravaja, 2007)

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Wichtige Änderungen ergeben sich beim Faktor Selbstwertprozesse Online Gameplay = sozialer Wettbewerb Leistungsidmension erfährt nochmals starke Betonung gegenüber Offline-Play: Mehr Leistungsvergleiche Öffentlicher Wettbewerb (im Team, zwischen Teams in Ligen, esports ) Anspruchsvollere Gegner als Künstliche Intelligenz von Offline-Spielen, permanente Herausforderung

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Wichtige Änderungen könnten sich ergeben beim Faktor Identifikation Bei offline-spielen gilt Eintauchen in Spielrolle bzw. figur als wichtiger Spaßfaktor Narrative Rollenkennzeichnung dient zur Veränderung der Selbstwahrnehmung ( Ich Kriegsheld ) Bei Online-Spielen tritt die Narration zumeist gegenüber der sozialen Interaktion mit anderen zurück (z. B. bei World of Warcraft: Story wird gemeinsam mit anderen konstruiert, Solo-Spiel tritt in den Hintergrund) Ergo ändert sich die Identifikationserfahrung von Ich als Fantasie-Figur hin zu Ich als reales Gruppenmitglied

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Offline-Spaßmodelle müssen um den Faktor der sozialen Interaktion ergänzt werden Online-Games als Plattform für Kontaktanbahnung und pflege (z. B. MMOs: Williams & Steinkühler, 2006) Teams und Clans als real-virtuelle Sozialverbände Online Games als dramatische Inszenierung von sozialen Beziehungen: Gemeinsam spielen birgt spezifische Unterhaltungspotenziale (z. B. Erfahrungen von Helfen, gemeinsam untergehen, Intrige etc.)

Zur Unterhaltsamkeit von Online-Games Fazit: Online-Gaming ist unterhaltsam, weil es sich auf die gleichen Enjoyment-Faktoren stützt wie Offline-Gaming, aber einige bekannte Faktoren verstärkt (z. B. Spannung, Selbstwertprozesse), einige Faktoren verändert (z. B. Identifikation), einige zusätzliche Faktoren bietet (im Bereich soziale Interaktion extreme Vielfalt, (noch) schwer zu überblicken, mehr Forschung nötig)

Risiken Die Gründe, die die besondere Unterhaltsamkeit von Online-Games ausmachen, sind vermutlich auch mitursächlich für exzessives Spielen Übergang von Spielspaß und -begeisterung hin zu Online-Spielabhängigkeit aus KW- Perspektive noch unterforscht Ansatzpunkt: Analyse der (unterhaltsamen) Strukturmerkmale von Online-Games als Sucht-Treiber

Risiken Permanente Neugierevokation WoW & Co. sind riesige Welten, in denen man immer etwas Neues entdecken kann Interaktion mit anderen Spielern bietet Möglichkeiten, Neues zu erleben, über den Spielkontext hinaus (bis hin zu Dating und Partnersuche) Trägheitseffekte des bereits Erreichten Online-Games verlangen hohes Zeitinvestment Erreichte Erfolge (z. B. Level 70 -Charaktere in WoW) verlangen nach Fortführung des Spiels, damit das Erreichte nicht verloren geht / ungenutzt bleibt

Risiken Umschlagen von Spielspaß in soziale Verpflichtung Sozial-organisiertes Spielen im Team bringt neue Spielspaß- Dimension Sozial-organisiertes Spielen bedingt aber auch Commitment gegenüber dem Team Spielbeteiligung wird zur sozialen Pflicht ( die anderen verlassen sich auf mich ) Persistente Online-Games folgen nicht der Zeitstruktur des Einzelspielers Spielereignisse gehen weiter, auch wenn Spieler/in offline geht Subjektive Gefahr, etwas zu verpassen Intrusionsrisiko in Realwelt-Denken ( Was passiert wohl gerade, während ich nicht drin bin? ), kognitive Konflikte bei Spielabwesenheit

Schlussbemerkungen Online-Gaming ist ein Quell der Freude Mit Spielspaß gehen positive Selbst-Erfahrungen und psychische Erholung einher gerade für Jugendliche unter Druck eine wichtige positive Seite von Games Online-Spiele weisen eingebaute Sucht-Risiken auf, die für Personen mit realweltlichen Problemen und Nöten kritische Folgen haben können ( Vortrag Wölfling im Anschluss) Das hohe Motivationspotenzial von Games kann in der Jugendsozialarbeit eine starke ungewünschte Konkurrenzwirkung entfalten Reflexion über Games (z. B. Leistungsbereitschaft im Spiel versus außerhalb des Spiels) als Weg, die Spielebegeisterung der Klienten produktiv zu nutzen

klimmt@uni-mainz.de Vielen Dank.