Exkursion Blauen-Landskron: Kurzbeschreibung der Aufschlüsse (siehe Kopie der Landeskarte 1.25000) Tramhaltestelle Witterswil: Wir stehen am S-Ende des Rheingrabens, auf von Quartär überdeckten Sedimenten des Rheingrabens (Oligocäne Melettaschichten, auch Septarienton oder Blauer Letten genannt). Südlich Witterswil wird die mesozoische Schichttafel samt ihrer Tertiärbedeckung flexurartig hochgebogen. Diese Flexur wurde sicher schon im Oligocän angelegt, im Zusammenhang mit der Öffnung des Rheingrabens. Sie wurde aber durch N-S-Kompression im Zusammenhang mit der Jurafaltung akzentuiert und bildet jetzt den Nordschenkel der Landskronfalte. Die Oberkante der Jurablagerungen liegt südlich der Flexur (Plateau von Hofstetten) ca. 400m höher als nördlich der Flexur (unter unseren Füssen). 1: Start der Route südlich Witterswil. 2: Ablagerungen des Meeressandes (Rupélian, unteres Oligocän), hier vor allem Quarz-führende Kalksandsteine. Küstenfazies eines Meeres, welches während eines Frühstadiums der Rheintal-Grabenbildung die westlichen Bereiche des südlichen Rheingrabens überflutete. Der Quarzgehalt weist auf Landnähe hin, wir befinden uns in der Küstenregion dieses Meeres. Diese Ablagerungen sind flach nordfallend, wie auch die Aufschlüsse 3-5, sind also von der Landskronflexur verbogen worden. 3: Strandkonglomerate der Formation des Meeressandes, die Quarzsande des Aufschlusses 2 unterlagernd. Wir befinden uns hier effektiv am Strand des unteroligocänen Meeres, mit Geröllen von Malmkalk, welche an einer Steilküste anerodiert und umgelagert wurden. Am Weg von 3 zu 4 beobachten wir eine Serie von ausgelassenen Gruben, in welchen Huppererde (siehe Stop 4) gewonnen wurde. Dieses Siderolithikum unterlagert an gut sichtbaren Kontakten den Meeressand. 4: Weinroter Bolus mit Bohnerz. Bolus (Eisenerz) und Huppererde (=Quarzsande) stellen Residualbildungen des Eocäns dar (Siderolithikum), hier in einer Rinne in das verkarstete Sequan 1
eingetieft. Älteste (kontinentale) Ablagerungen des Teriärs, die Schichten der Aufschlüsse 2,3 und 5 unterlagernd. 5: Grobe Sequankalk-Gerölle, ebenfalls Küstenablagerungen zwischen Meeressand (Aufschluss 2) und Siderolithikum (Aufschluss 4) gelegen, aber vermutlich älter als die Strandkonglomerate von Aufschluss 3 (als Sannoisian, d.h. allerältestes Oligocän) kartiert. Lokal fehlt hier das Siderolithikum, diese Strandkonglomerate überlagern lokal direkt das Sequan, welches etwas östlich der Gerölle direkt ansteht. 6: An einem neuen Weg kann man die Schichtung der N-fallenden Sequankalke sehr schön beobachten. 7: Aufschluss von Meeressand mit Haifischzähnen. Dieser Aufschluss ist bereits auf dem Plateau von Hofstetten gelegen, die Schichtung ist hier leicht südfallend. Wir haben also die Kulmination der Landskron- Antiklinale nach Süden hin überschritten. 8: Steinbruch des Rauracien (unterer Malm), als Korallenkalk ausgebildet. Beachte die flache Lagerung (Plateau von Hofstetten, zwischen Landkron- und Blauen-Kette gelegen). 9: Lokal überkipptes Rauracien, an subhorizontaler Üebrschiebung nördlich der Blauenkette geschleppt. 10: Der ansteigende Weg führt durch eine Lücke in einer vertikalen Wand von hellen Kalken des Rauracien. Dieses Rauracien stellt den vertikalstehenden bis überkippten N-Schenkel der Blauenantiklinale dar. Weiter ansteigend folgt der Weg einer topographischen Eintiefung ("Combe"), welche durch mergelige Gesteine des untersten Oxford bedingt ist ("Oxford-Mergel"). 11: Ausblick vom Rauracien-Felskopf der Ruine Fürstenstein auf Rheingraben, Landskron, Tafeljura und Schwarzwald-Vogesen. 12: Qerstörung des Esselgraben, an welcher die vertikal stehende Malmwand der Ruine Fürstenstein (=Nordschenkel der 2
Blauenantiklinale), die Oxford-Mergel und bei diesem Stop sichtbar auch die oolithischen Kalke des Hauptrogensteins seitlich abbrechen. Es handelt sich um eine sinistrale (linkshändige Blattverschiebung). Die Scherfläche ist nach WSW in den Doggerkern der Blauenantiklinale (Stop 13) weiter verfolgbar. Nach Osten hin vereinigen sich Landskronund Blauenantiklinale. 13: Profil durch den Faltenkern der Blauenantiklinale, in welchem zwischen zwei Schenkeln von Hauptrogenstein (oberer Dogger) eisenschüssige Kalke des unteren Doggers zutage treten. 14: Südfallender überkippter Hauptrogenstein im N-Schenkel der Blauen- Antiklinale, auf die nördlich anschliessende Combe des Oxford aufgeschoben. 15: Profil des Chälengrabens: Vom Restaurant am Ende der Fahrstrasse Sicht auf die Wiesenlandschaft des Opalinuston im Kern der Blauenantiklinale (Bergmatten, unruhige Topographie infolge Sackungen). Abstieg längs einer vertikal gelagerten Rippe des unteren Hauptrogensteins in den oberen Chälengraben zu Aufschlüssen des unteren Dogger im Bachbett. Bachabwärts Durchquerung des Doggers bis zur Combe des unteren Oxford (Spielwiese). Nun verengt sich das Tobel erneut zu einer romantischen Schlucht im Rauracienkalk. Schliesslich durchquert der Weg die Sequankalke (gelbliche Mikrite). 16: Hofstetten-Flüh: Aufbruch des Kerns der Landskron-Antiklinale auf der Westseite der Strasse Mariastein-Flüh infolge Erosion. Die Landskron liegt auf dem Malmkalk des N-Schenkels, die Malmplatte von Mariastein ist nach N hin hochgebogen und bricht erosiv ab. Der Pass zwischen den Malmfelsen der beiden Schenkel stellt eine "Reliefumkehr" dar, d.h. die Topographie läuft gegensätzlich zur geologischen Struktur (Einsenkung=Pass im Gewölbescheitel der Falte). 3
ABRISS DER GEOLOGISCHEN GESCHICHTE DER UMGEBUNG BASELS (Formationsnamen fett gedruckt) Paläozoikum ca. Devon-Karbon (400-290 ma): Variszische Gebirgsbildung und Granitintrusionen im Schwarzwald. Perm (290-245 ma): Ablagerung des "Rotliegenden" (rote Sandsteine) als Kristallinbedeckung und Beckenfüllungen. Die sogenannten "Permokarbontröge" der Nordschweiz können sehr mächtig sein und auch oberes Karbon enthalten. In der Schopfheimer Bucht (Dinkelberg) ist aber nur Rotliegendes aufgeschlossen. Dieses fehlt im Schwarzwald östlich der Wehratal-Verwerfung, was anzeigt, dass die Dinkelbergscholle schon im Spätpaläozoikum relativ abgesenkt wurde (Reaktivierung im Oligocän). Trias (dreigeteilt in Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, 245-208 ma) Buntsandstein: Terrestrisch-fluviatile Sandsteine, dem Rotliegenden nicht unähnlich. Muschelkalk: Transgression und Uebergang zu marinen Verhältnissen. Ueber dem "Wellengebirge" (Karbonate) liegt eine als Abscherhorizont wichtige Lage von Evaporiten (Anhydritgruppe), gefolgt vom Hauptmuschelkalk und dem Trigonodus-Dolomit (hellbeige Dolomite mit Silex). Keuper: Zurückwitternde, vorwiegend terrestrische Serie mit Evaporiten, Kohle, fluviatilen Sandsteinen, Dolomit und Mergeln. Jura (208-145ma) Lias: Bildet eine geringmächtige Steilstufe von Kalk (Gryphäen, Ammoniten), unter- und überlagert von Mergeln. Dogger: Beginnt mit Tonen (Opalinuston), gefolgt von einer Serie von Mergeln, mergeligen Kalken mit dünnen Kalkbänken ("unterer" Dogger). Charakteristisch für den Dogger ist der darauf folgende Hauptrogenstein (Rogen=Ooide). Abgeschlossen wird der Dogger mit den Variansschichten (fossilreich). Malm: Im Raum Basel in "raurakischer" Fazies ausgebildet (Kalkplattform mit Riffen, im Gegensatz zur tonig-mergeligen "argovischen" Fazies). Ueber geringmächtigen Oxfordmergeln folgt der Korallenkalk (Rauracien), gefolgt vom deutlicher gebankten und oft mikritischen Sequankalk. Der Malm umfasst nur die Stufe des Oxford, der obere Malm fehlt (siehe unten). Die Schichtlücke des obersten Malm, der Kreide und des unteren Alttertiärs 1
Der Zeitraum zwischen 155 und ca 50 m.a. ist nicht vertreten. Grösstenteils ist diese Schichtlücke auf Erosion im Alttertiär zurückzuführen. Ins Eocän (56-35 ma) werden Verwitterungsprodukte einer ehemaligen Landoberfläche gestellt. Bolus und Huppererde werden in Taschen und Spalten des Malmkalks eingefüllt. Tertiär Eozän (56-35ma): Am Isteiner Klotz treten über den oben erwähnten Verwitterungsprodukten Mergel und Süsswasserkalke auf ("grüne Mergel"), Schichten, welche im Tafel- und Faltenjura fehlen. Der südliche Rheintalgraben ist lediglich im Westen (Graben von Dannemarie) aktiv, unser Gebiet wird noch nicht von Extension und Absenkung erfasst. Oligozän (35-23ma): Im Raum Basel wird das Oligozän in Sannoisien, Rupélien und Chattien unterteilt, gebräuchlich ist auch der Begriff Stampien (Rupélien und Chattien zusammen). Im Sannoisien reicht die Einsenkung und die Meeresküste bis in den Bereich unmittelbar westlich des Isteiner Klotzes. Am Isteiner Klotz, im Küstenbereich, kommt es zur Ablagerung von Kalksandsteinen (brackische bis Süsswasser-Bedingungen). Die Rheintalflexur ist erst ganz schwach angelegt (Winkeldiskordanz zwischen Rupélien und Mesozoikum!) und liegt noch nicht im Küstenbereich. Ablagerungen des Sannoisien fehlen am Rötteler Schloss. Am Südende des Rheintalgrabens liegen fluviatile Kalkgeröll- Schüttungen vor. Das Rupélien ist durch die Transgression des Meeressandes auf Dogger oder Malm charakterisiert, welche entlang der gesamten Rheintalflexur beobachtet werden kann. Die Meeresküste hat sich also weiter nach Osten verlagert. Bei Schloss Röttelen kann eine Steilküste rekonstruiert werden (Blöcke von Malm auf der Strandterrasse), wobei der Meeressand (Konglomerate, quarzführende Kalksande) leicht diskordant (10-20 Grad) die gegen das Meer abfallende Strandplatte des Dogger überlagert. Beckenwärts (westlich der Flexur) kommt es zur Ablagerungen von Foraminiferenmergeln (Bohrungen Allschwil). Marine Verhältnisse im Raum der Stadt Basel stellen sich erst mit der Ablagerung der Melettaschichten (=Blauer Letten) ein: tonige Sedimente mit sandigen Einlagerungen. Dieses Meer war zeitweilig mit der unteren Meeresmolasse des Mittellandes verbunden. Das Chattien ist wieder fluvio-terrestrisch, mit Schüttungen aus S bis SW. Es kommt zur Ablagerung der Elsässer Molasse (glimmerführende Sande). Als jüngste Schichten des Chattien treten am Tüllingerberg die Tüllinger Süsswasserschichten (Mergel und Kalke) auf. Tertiäre Tektonik Zwei Ereignisse überlagern sich: E-W Extension führt im Oligozän zum Einbruch des Rheintalgrabens. N-S Kompression im Zusammenhang mit der Jurafaltung erfasst später das Südende des Rheintalgrabens im allerobersten Miozän bis untersten Pliozän (ca. 10 ma). Bei Schloss Röttelen überlagert flachliegende Juranagelfluh (mittl. Miozän, ca. 15 ma) die Rheintalflexur diskordant und in horizontaler Lagerung. Die Rheintalflexur wird erst im 2
allerobersten Oligozän ausgebildet, da die Tüllinger Schichten von der Kippung miterfasst wurden. Dies zeigt, dass sich der E-Rand der Absenkung des Rheintalgrabens systematisch von W nach E verlagert. Mit der Anlage der Rheintalflexur in Zusammenhang steht die tertiäre Absenkung der Dinkelbergscholle und die Anlage der auch den Tafeljura erfassenden Keilbrüche. Die Flexur selber kann als Verbiegung über einer Grundgebirgsverwerfung angesehen werden, über welche die Sedimenthaut nach W und in den Graben hinein glitt (siehe Abbildungen Arbeit Laubscher). Von der Jurafaltung betroffen ist nur der Jura westlich der Rheintalflexur (Landskron- Blauen-Ketten, Pfirter Jura). Die ältere Anlage des Rheintalgrabens hat also einen Einfluss auf die Geometrie der späteren Jurafalten. Der Tafeljura östlich der Flexur bleibt unverfaltet. Das Adlerhofgewölbe bei Muttenz bildet eine Ausnahme. Allerdings könnte die Faltung des Adlerhofgewölbes auch mit einer oligozänen Abgleitung der Sedimenthaut vom Schwarzwald nach Süden hin zusammenhängen. (S. Schmid, 7.5.93) 3