Wie lernt das Krankenhaus in Naumburg laufen? Mit Mobiler psychiatrischer Akutbehandlung (MPA) in der Institutsambulanz ACKPA- Jahrestagung 10.03.2017, Bremen Felix M. Böcker, Ulrike Beckhaus 1 Priv. Doz. Dr. med. Felix M. Böcker Klinik für psychische Erkrankungen (Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik) am Saale- Unstrut- Klinikum Naumburg
Burgenlandkreis zwischen Halle/Leipzig und Jena/Weimar/Erfurt im Dreiländereck im Süden von Sachsen- Anhalt nach Berlin zwei Stunden, nach Hamburg und München vier Stunden 184.000 Einwohner Naumburg, Weißenfels, Zeitz www.burgenlandkreis.de, www.naumburg.de 2 Böcker 2013
Klinikum Burgenlandkreis Klinikum Burgenlandkreis GmbH in kommunaler Trägerschaft Zwei Standorte in Naumburg und Zeitz www.klinikum-burgenlandkreis.de Klinik für psychische Erkrankungen 95 Betten auf fünf Stationen in Naumburg 40 tagesklinische Plätze in Naumburg und Zeitz 15 weitere tagesklinische Plätze in Weißenfels seit 2013 in Planung Institutsambulanz in Naumburg und Zeitz Konsiliardienst in Naumburg und Zeitz Mobile psychiatrische Akutbehandlung in Naumburg seit 01.09.2014 3 Böcker 2016
Auslastung der aufgestellten Betten 120 100 80 Prozent 60 stationär tagesklinisch 40 20 4 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Einwohner und Bettenmessziffer (Betten/Plätze pro 1.000 Einwohner) 250.000 1,00 200.000 0,80 150.000 0,60 100.000 0,40 EW BLK BMZ tk BMZ stat. 50.000 0,20 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 0,00 5
Demographischer Wandel: Bevölkerung im Burgenlandkreis 250.000 200.000 0 bis 17 18 bis 64 65 und älter 150.000 100.000 50.000 6 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Konzept der Mobilen Psychiatrischen Akutbehandlung 7 stationsersetzende aufsuchende ambulante Behandlung unter dem Dach der Institutsambulanz mit einem eigenen Team in den Orten, die vom Klinikstandort aus innerhalb von zwanzig Minuten erreichbar sind. Abrechnung der Leistungen über die PIA Einzelleistungen nach Bayrischem Modell Seit 01.01.2017 eigene Berufsgruppen- bezogene Pauschalen für die Fahrtstrecken Vorbild: Bezirkskrankenhaus Günzburg
Einzugsgebiet des MPA- Teams Naumburg 8
Team 9 Ärzte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie (30 h) Ärztin in Weiterbildung (30 h) seit 01.01.2017 Pflege Fachkrankenschwester für Psychiatrie (32 h) Krankenschwester (32 h) Krankenpfleger (32 h) Ergotherapie Ergotherapeutin mit Erfahrung mit aufsuchender Tätigkeit in komplementären Einrichtungen (30 h) Ergotherapeutin (30 h) bis 31.03.2016 weitere Sozialarbeiterin (7 h) seit 01.11.2015 Psychologin der PIA stundenweise Schreibkraft 30 h
Arbeitszeiten Frühschicht Montag bis Samstag 08:00 14:00 Spätschicht Montag bis Freitag 13:00 19:00 Außerhalb dieser Zeiten telefonische Erreichbarkeit der Sektorstation 10
Sicherheit: Besuche im Doppelpack 11 wenn ein Mitarbeiter dem Patienten und seinen Bezugspersonen noch nicht bekannt ist wenn bei einem neuen Patienten noch keine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden konnte wenn die häusliche Situation noch nicht abschließend beurteilt werden und mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen noch kein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden konnte bei geplanten Facharzt- Kontakten bei noch deutlich ausgeprägter psychopathologischer Beeinträchtigung oder deutlich eingeschränkter Handlungskompetenz des Patienten (oder der Bezugsperson[en]), bei allen schwierigen, ablehnenden, unkooperativen Patienten bei schwierigen, ablehnenden, unkooperativen Angehörigen bei einem unbetreuten Haustier im Haushalt bei einem unbetreuten Kleinkind im Haushalt bei einem schwierigen sozialen Umfeld mit Zeichen der Verwahrlosung und sozialen Desintegration in der Nachbarschaft.
Vergleich der Leistungen: PIA - MPA NMB 2014 NMB 2015 NMB 2016 ZZ 2014 ZZ 2015 ZZ 2016 mit Arztkontakt, nicht aufsuchend ohne Arztkontakt, nicht aufsuchend mit Arztkontakt, aufsuchend ohne Arztkontakt, aufsuchend MPA 2014 MPA 2015 MPA 2016 12 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000 10.000
176 behandelte Personen (Geschlecht und Alter) (Sep 2014 bis Dez 2016) 50 45 40 35 30 25 20 Männer Frauen 15 10 5 13 0 18-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-95
Diagnosen (bei 191 Behandlungsepisoden) 100 90 80 70 60 50 40 alle Diagnosen Hauptdiagnose 30 20 10 14 0 F0 F1 F2 F3 F4/5 F6 F7
Behandlungsdauer (in Tagen) 50 45 40 35 30 25 20 Episoden Personen 15 10 5 15 0 bis 30 bis 60 bis 90 bis 120 bis 150 bis 180 über 180
Anzahl der Personen mit Kontakt zu... 175 150 125 100 75 50 25 16 0 Arzt ET PSY ET Soz ET Ergo ET Pflege ET Arzt GT Soz GT Ergo GT Pflege GT
Durchschnittliche Anzahl der Kontakte (kumuliert pro Person) 30 25 25,7 20 16,6 15 13,4 10 5 3,7 1,2 2,1 1,0 2,3 2,0 17 0 Arzt ET PSY ET Soz ET Ergo ET Pflege ET Arzt GT Soz GT Ergo GT Pflege GT
Kontakte pro Woche (Mittelwert, Maximum) 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 18 0 Arzt ET Psy ET Soz ET Ergo ET Pflege ET Arzt GT Soz GT Ergo GT Pflege GT 0
Minuten pro Woche (Mittelwert, Maximum) 600 600 540 480 480 420 360 360 300 240 240 180 120 120 60 19 0 Arzt ET Psy ET Soz ET Ergo ET Pflege ET Arzt GT Soz GT Ergo GT Pflege GT 0
Was bedeutet es, in die Wohnungen der Patienten zu Gast zu sein? 20 Diskretion (Argusaugen der Nachbarschaft) Kein Logo auf dem Dienstwagen Keine Straßenschuhe! Hausschuhe mitnehmen Wo dürfen/können wir Platz nehmen? Ordnung und Sauberkeit Rauchende Patienten, rauchende Angehörige Wer ist außer dem Patienten anwesend? Familienmitglieder, Kleinkinder, Haustiere Wo können wir... uns die Hände waschen?... unsere Notdurft verrichten? Sollen wir angebotene Bewirtung ablehnen oder annehmen?
Was ist wichtig? Keine Patienten mit anhaltendem aktivem Suchtmittelkonsum aufnehmen Gute Wochen-, Tages- und Tourenplanung, Zeitmanagement Klare Absprachen und Vereinbarungen, schriftlich hinterlegt Mobile telefonische Erreichbarkeit Kooperation mit Pflegediensten, Apotheken, Hausärzten Kenntnis von Schleichwegen und Umleitungen 21
Weitere Fragen Woher kommen die Patienten? Aus der Klinik kommen etwa 20% Wohin gehen die Patienten? Stationär aufgenommen werden etwa 20% Wie entwickeln sich die Kosten? Fallkosten pro Quartal 2016 1.458 Euro 22
Wie reagieren die Kassen? Das Projekt wurde mit den Kassen im Vorfeld nicht besprochen. 2015 hat die AOK Sachsen- Anhalt 13 Fälle durch den MDK prüfen lassen, zu einem Gespräch gebeten und knapp 13.000 zurückgefordert. Bei diesem Anlass haben wir unser Konzept vorgestellt und schriftlich übergeben. Nach Einzelfallprüfung haben wir die nur zum Teil berechtigte Forderung beglichen, um ein Klageverfahren zu vermeiden. Weitere MDK- Prüfungen hat es seither nicht gegeben. 2016 wurde die Vergütungsvereinbarung gekündigt und neu verhandelt; dabei konnten erstmals für Sachsen- Anhalt berufsgruppenbezogene Pauschalen für Fahrtstrecken vereinbart werden. Wie unser Konzept der stationsersetzenden aufsuchenden ambulanten Behandlung sich in die Systematik des PsychVVG einfügt, ist noch nicht absehbar, aber nach 118 Abs. 2 und der Vereinbarung der Spitzenverbände handelt es sich bei dem, was wir tun, zweifelsfrei um eine Kernaufgabe der psychiatrischen Institutsambulanz, indem wir stationäre Aufnahmen verhindern oder verkürzen. 23
Ausblick Im Sommer 2017 soll am Standort Zeitz ein zweites Team gebildet werden Die Außenstelle am Standort Weißenfels soll neben Tagesklinik und Institutsambulanz ein eigenes MPA- Team bekommen Um die Versorgung des westlichen Burgenlandkreises zu sichern, streben wir eine Kooperation mit dem Klinikum Querfurt an 24