Globaler Reishandel Inhalte: Kolonialisierung, Grüne Revolution, Gentechnik, Alternative Fairer Handel Kolonialisierung Vor der Kolonialisierung wurde Reis für die Eigenversorgung angebaut. Erst durch die Kolonialisierung der so genannten Dritten Welt waren die ländlichen Gemeinschaften gezwungen, für den Exportmarkt zu produzieren. Die Subsistenzwirtschaft (also der Anbau für die Selbstversorgung) wurde zugunsten des Anbaus von Cash Crops (Produkte für den Weltmarkt) aufgegeben. Die Umwidmung der landwirtschaftlichen Fläche für die Exportwirtschaft hatte Unterernährung und Hunger für die ProduzentInnen zur Folge. Dies führte in manchen Ländern, z.b. in Indien, zu großen sozialen Unruhen und zunehmender Nahrungsmittelknappheit. Auch der Boden wurde ungleichmäßig verteilt. Viele Bauern und Bäuerinnen waren gezwungen ihr Land zu verkaufen und auf Plantagen von oftmals europäischen Großgrundbesitzern zu arbeiten. Die Frage der Landrechte ist in den meisten ehemals kolonialisierten Ländern bis heute nicht geklärt. Auf der Karte sieht man die Reis produzierenden Länder, unter welchen viele ehemals kolonialisierte Länder sind. Grüne Revolution 1 Auch nach den Unabhängigkeitsbewegungen der kolonialisierten Länder in den 1960er bis 1980er Jahren sind ReisproduzentInnen von Ausbeutung betroffen. Nahrungsmittelkrisen in Reis produzierenden Ländern führten in den 1950er Jahren zur Einführung von technologischen Methoden zur Pflanzenzüchtung, der so genannten Grünen Revolution, um die Erträge der wichtigsten Kulturpflanzen zu steigern. Um tatsächlich höhere Erträge erzielen zu können, sind diese Hochertrags-Sorten jedoch auf Einsatz von Agrarchemikalien, wie z.b. Pestizide und synthetische Dünger, angewiesen. Im Zuge der Grünen Revolution wurde bei den Bauern und Bäuerinnen der so genannten Dritten Welt umfassend für die neuen Technologiepakete geworben, die Hochertrags-Saatgut, Pestizide, Dünger, Kreditpläne (zur Finanzierung des neuen Agrar-Betriebsmittel) sowie Bewässerung beinhalten. Obwohl die Grüne Revolution von vielen BefürworterInnen nach wie vor wegen der Verdopplung der Reiserträge vehement verteidigt wird, war sie für viele Kleinbauern und Bäuerinnen ein Fehlschlag. Denn die verschiedenen einheimischen Reissorten wurden durch neue Einheitssorten ersetzt, die kostenintensive Betriebsmittel erforderten (wie Pestizide, synthetische Dünger, aufwändige Bewässerungssysteme sowie aufgezwungene Kreditprogramme). Darüber hinaus wurde während der Grünen Revolution ausschließlich der Reis- und Weizenanbau gefördert, der Anbau anderer Getreidesorten verliert dadurch an Bedeutung. Dies führte zu einer einseitigen Anbau- und Ernährungsweise. Grüne Revolution 2 Die daraus resultierenden Anbausysteme waren weder sozial noch ökologisch oder wirtschaftlich verträglich. Die Notwendigkeit, ständig neue Betriebsmittel und Saatgut zu kaufen, machte die Bauern und Bäuerinnen abhängig und führte sie in einen Teufelskreis der Verschuldung.
In der Schuldenspirale gefangen, waren sie gezwungen, ihr eigenes Land zu verlassen und bei GroßgrundbesitzerInnen als LandarbeiterInnen zu arbeiten. Ertragreiche, vielfältige Reisfarmen verwandelten sich zu Monokulturen mit nur einigen wenigen Hochertrags-Reissorten. Diese Art von Monokultur führte zu ökologischer Instabilität und zwang die Reisbauern und -bäuerinnen, ständig neues Saatgut zu kaufen, um Resistenzbildungen bei Schädlingen und Krankheiten entgegenzuwirken. Zudem kam es durch den Verlust frei verfügbarer, abwechslungsreicher Nahrungsmittelquellen zu einer Beeinträchtigung der Ernährung und vor allem bei Kindern zu Nährstoffmangel. Der dauernde Einsatz von Pestiziden zog eine Gesundheitsgefährdung der bäuerlichen Familien sowie großflächige Umweltverschmutzung nach sich. Durch diese Vorgänge wurde nicht nur das traditionelle Saatgut und Wissen der Bauern und Bäuerinnen, sondern auch ihre reiches kulturelles Erbe entwertet. Das Selbstvertrauen der (früher unabhängigen, selbständigen) bäuerlichen Familien nahm in dem Maße ab, wie sie sich zur Masse der Armen und Hungrigen dieser Welt zählen mussten. Gentechnik 1 Was ist das? Die Grüne Revolution hat daher zur Verarmung der ländlichen Bevölkerung in den Ländern des Südens beigetragen. Dem Hunger auf der Welt beizukommen, verspricht jetzt die Gentechnik. Was ist die Gentechnik? Alle Lebewesen bestehen aus Zellen. Jede Zelle hat einen Zellkern, wo das Erbgut vorhanden ist. Das Erbgut liegt in Form von Chromosomen vor. Die Chromosomen bestehen aus DNA und Proteinen. Die DNA trägt die Information vom Erbgut. Abschnitte der DNA sind Gene. Gentechnik 2 Was ist das? Einzelne Teile der DNA, welche das Erbgut enthält, werden herausgeschnitten und in einem anderen Organismus eingepflanzt. Diese Methode wird Gentechnik oder auf Englisch Genetic Engineering genannt und ist sehr kostspielig sowie zeitintensiv. Gentechnik 3 Saatgutfirmen haben durch gentechnische Verfahren ein so genanntes Hybridsaatgut entwickelt, das nur für die einmalige Aussaat geeignet ist. Bauern und Bäuerinnen müssen somit jedes Jahr wieder neues Saatgut einkaufen, statt es wie bisher aus der Aussaat der letzten Ernte zu beziehen. Hybridsaatgut verschärft folglich die Abhängigkeit der Bauern und Bäuerinnen von multinationalen Agrarkonzernen, wie z.b. Monsanto (weltweit einer der größten Agrarkonzerne), der zusätzlich zum Saatgut ebenfalls die dazugehörigen Pestizide und Düngemittel vertreibt. Beispiel: Monsanto Seit 1901 Chemiekonzern, mit Sitz in St. Louis (USA): Herstellung des künstlichen Süßstoffs Saccharins sowie Koffein. Ab 1960 Unkrautvernichtungsmittel. Umsatz (2005): 5,24 Milliarden Euro Gewinn: (2005): 212 Millionen Euro Beschäftigte: 13 700 Seit 1982: gentechnisch veränderte Nahrungsmittel Vorwürfe: - Diebstahl per Patent (Vorwurf von Greenpeace im Jahr 2003): Eine traditionelle, von indischen Bauern und Bäuerinnen gezüchtete und für ihre besonderen Backeigenschaften bekannte Weizensorte wurde mit anderen Weizensorten gekreuzt und diese Erfindung samt Teig und Keksen beim Europäischen Patentamt angemeldet. - Illegale Verwendung von genetisch veränderten Canola-Ölsamen: Monsanto verkaufte bereits mehrere Jahre lang genetisch veränderte Canola-Ölsamen (Raps) an US-amerikanische
LandwirtInnen, obwohl diese laut Gesetz das Forschungslabor nicht hätten verlassen dürfen. - Verunreinigung von natürlichen Pflanzensorten mit gentechnisch veränderten: In Italien wurden im Jahr 2002 10 Konzerne, auch Monsanto angeklagt, gentechnisch veränderten Mai zu verwendet, obwohl das verboten ist. Auch die für die gentechnisch veränderten Pflanzen verwendeten Pestizide, Unkrautvernichtungsmittel und Düngemittel, wie z.b. Round-up, sind gesundheitsgefährdend: erhöhte Zahl von Fehlbildungen während der Schwangerschaft. Monsanto ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die USA Europa vor dem WTO-Schiedsgericht auf Zulassung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel verklagt haben. - Verharmlosung von Risiken bei Wachstumshormone für Kühe: In Europa sind die Wachstumshormone (BGH) nicht zugelassen, werden jedoch in den USA häufig verwendet, obwohl wissenschaftliche Studien belegen, dass diese Hormone auch für Menschen schädlich sind. Auf der Homepage von Monsanto heißt es hingegen das Hormon sei sicher. Aus: Werner, Klaus/Weiss, Hans (2007): Das neue Schwarzbuch Markenfirmen. Die Machenschaften der Weltkonzerne. 3. Auflage. Wien: Ullstein, S. 332-333. Gentechnik: Golden Rice Ein Forschungsteam an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat einen genmanipulierten Reis entwickelt, der in dem Teil des Reiskornes, der nach dem Polieren übrig bleibt, Provitamin A (ß-Karotin) und Eisen enthält. Wegen seiner goldgelben Farbe wurde er Golden Rice genannt. Normaler Reis enthält Provitamin A in der Außenschicht, die beim Polieren zu Abfall wird. Mehrere Gene aus verschiedenen Organismen wurden in einer etwa zehnjährigen Forschungsarbeit in den Reis eingebaut. Das hat bereits Millionen US-Dollar verschlungen. Nun muss noch eine Adaptierung erfolgen, damit der Reis in Südostasien angebaut werden kann. Die Rockefeller Foundation, das EU-Biotechnologieprogramm, das Schweizer Institut für Bildung und Wissenschaft und die ETH finanzierten das Projekt. Der daraus resultierende Reis sollte in der öffentlichen Hand bleiben und der armen Bevölkerung in den Reisgegenden der Welt zugute kommen. Trotzdem verkaufte das Forschungsteam im Jahr 2000 die kommerziellen Rechte am Golden Rice an AstraZeneca (heute Teil des weltgrößten Agrarkonzerns Syngenta). Das Saatgut wird an Bauern und Bäuerinnen verkauft, nur arme bäuerliche Familien im Süden mit einem jährlichen Einkommen unter 10.000 US Dollar sollen es gratis erhalten. Wie sollen die Bauern und Bäuerinnen jedoch die zusätzlich notwendigen Agroinputs auf Dauer finanzieren? Was ist mit landlosen Menschen? Außerdem müsste ein Kind, um die Nährstoffe des Golden Rice in ausreichender Menge aufzunehmen, täglich 6 kg gekochten Reis zu sich nehmen. Alternative: Biodiversität und biologischer Anbau Vitamin A-Mangel ist ein Problem sehr einseitiger und/oder unzureichender Ernährung, z.b. wenn die Nahrung in einigen südostasiatischen Ländern ausschließlich aus Reis besteht. Um Vitamin A aufnehmen zu können, braucht der Körper Fettzufuhr, was in vielen Reis produzierenden Gegenden knapp ist. Auch andere Mangelerscheinungen haben nicht eine Knappheit an hochwertigen Nahrungsmitteln, sondern die Armut der ProduzentInnen zur Ursache. Denn an nährstoffreichen Pflanzen fehlt es auf dieser Erde nicht. Ein sehr gutes Beispiel ist der Moringa oleifera. Ein tropischer Baum, der überall in den Tropen wächst und leicht zugänglich für den Menschen ist. Projekte mit von Frauen betriebenen eigenen Hausgärten
haben gezeigt, wie leicht und mit wie wenig Geld den Mangelerscheinungen beizukommen ist. Die Frauen bauen dort eine Vielfalt an Gemüse, Kräutern und Obst an und decken damit nicht nur den Bedarf an Vitamin A, sondern auch an anderen Vitaminen und Spurenelementen. Allerdings brauchen Frauen ökonomische und soziale Voraussetzungen, um solche Gärten betreiben zu können, z.b. Landrechte sowie Mitspracherecht beim Anbau. Biologischer, polykultureller Anbau ist nicht nur gesund für ProduzentInnen und KonsumentInnen, sondern die ProduzentInnen sparen Geld, schützen die Umwelt und erhöhen den Ertrag. Globaler Reishandel: Zusammenfassung Die Menschen hungern daher nicht, weil es keine Nahrungsmittel gibt, sondern weil sie kein Geld haben, um sie einkaufen zu können bzw. weil sie gezwungen sind, monokulturell für den Export anzubauen. Weil viele Reis anbauende Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Armut leben, sind sie üblicherweise gezwungen, an lokale ZwischenhändlerInnen zu verkaufen, die ihnen die Preise diktieren und sie zeitweilig sogar unterhalb der Produktionskosten bezahlen. Das heißt, dass die Bauern und Bäuerinnen durch den Reisanbau ihre Existenz nicht sichern können. Viele verschulden sich hoch und geraten dadurch in eine Schuldenspirale, da sie auch in der nächsten Saison durch den Preisdruck des Zwischenhandels die Kredite nicht zurückzahlen können. Auf der anderen Seite des Exporthandels haben viele ausländischen EinkäuferInnen keine direkten Beziehungen zu den BäuerInnen, sondern kaufen anonym über den Zwischenhandel ein. Thailand ist mit rund 39% der auf dem Weltmarkt gehandelten Menge Reis weltgrößter Exporteur (entspricht in etwa 10 Millionen Tonnen). Danach kommt Vietnam mit einer Ausfuhrmenge von ca. 4,2 Millionen Tonnen; dicht gefolgt von den USA mit etwa 3 Millionen Tonnen. Massive staatliche Förderungen für ReisbäuerInnen in den USA oder Südeuropa haben dafür gesorgt, dass in den letzten Jahren Reis aus diesen Ländern zu Niedrigstpreisen den Weltmarkt erobert und die Preise gedrückt hat. Für viele Reisbauern und bäuerinnen in Asien und Nordafrika bedeutete das den Ruin. Einige der betroffenen ProduzentInnen fanden eine Alternative. Sie sind heute HandelspartnerInnen von Fair-Trade- Initiativen. Beispiel für Fairen Handel: Navdanya Basmati-Reis aus Indien Das Schaffen von Märkten und Unternehmensgewinnen durch Patente und geistiges Eigentum bedeutet gleichzeitig das Schaffen von Armut, Schulden und Abhängigkeit. In diesem Prozess liegt eine doppelte Ungerechtigkeit, da die biologische Vielfalt, die patentiert wird, ursprünglich aus den Ländern der Dritten Welt stammt. (Vandana Shiva, Indien) Basmati-Reis wurde schon etliche Jahre in den USA angepflanzt und vermarktet, bevor die Firma 1997 für ihre Erfindung eine Kreuzung von 22 originalen Basmati-Sorten mit amerikanischen Langkornreis ein Patent mit 20 Ansprüchen und damit das Eigentumsund alleinige Vermarktungsrecht auf ihre Sorten sowie auf weitere Kreuzungszüchtungen mit den 22 verwendeten Basmati-Sorten erhielt. Als die Patentierung des Basmati-Reises, der seit Jahrhunderten an den Hängen des Himalaya angebaut und weitergezüchtet wird, in Indien bekannt wurde, kam es zu heftigen Protestbewegungen. Die Proteste der Bauern und Bäuerinnen vor der amerikanischen Botschaft in New Delhi richtete sich nicht nur gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Basmati american style, sondern auch gegen die Handelsregeln der WTO, welche es einer
Privatfirma ermöglichen, das Alleinrecht auf ein uraltes kulturelles und natürliches Erbe zu sichern. Der landesweite Protest wurde in Indien von Mitgliedern der Navdanya Stiftung organisiert und getragen. Die 1991 von der Trägerin des Alternativen Nobelpreises Vandana Shiva gegründete Organisation setzt sich für den Erhalt traditioneller Reissorten und damit für die Bewahrung der Artenvielfalt ein. Der Name der Organisation Navdanya bedeutet deshalb auf Hindi auch Neun Samen. Navdanya engagiert sich weltweit gegen die genetische Veränderung von Saatgut und Pflanzen. Ebenso fordert die Organisation ein Verbot der Patentierung von lebenden Organismen wie zum Beispiel Pflanzen. In verschiedenen Regionen Indiens werden Saatgutbanken angelegt, in denen die traditionellen Sorten aufbewahrt werden. Für die Bewahrung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft spielen für Navdanya die Frauen eine zentrale Rolle. Denn wie in vielen asiatischen Ländern bewahren die Frauen auch in Indien üblicherweise die Samenkörner auf, die im nächsten Jahr ausgesät werden. Der Zugang zu Saatgut, das an die jeweiligen klimatischen Bedingungen angepasst ist, führt für die Bauern und Bäuerinnen zu Unabhängigkeit von Saatgutunternehmen, die teilweise Saatgut entwickelt haben, das nur einmal keimt und nicht zur erneuten Aussaat geeignet ist. Aufschläge für Bio-Anbau (Euro 23,-/Tonne). Der Mindestpreis deckt alle Produktionskosten ab, die unter menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen entstehen. Liegt der aktuelle Marktpreis höher als der Mindestpreis, muss der Marktpreis bezahlt werden. Zusätzlich erhalten die KleinbäuerInnengenossenschaften in jedem Fall eine Fair-Trade-Prämie von etwa 17-30 Euro pro Tonne Reis für Investitionen in die lokale Infrastruktur, in Bildung, Gesundheit und ökologische Verbesserungen. Die HändlerInnen sind zudem verpflichtet, langfristige Verträge mit den Bauern und Bäuerinnen abzuschließen, so dass die Gemeinschaften für die Zukunft planen können und eine Nachhaltige Entwicklung möglich wird. (Quelle: EZA Fairer Handel) Fairer Handel Für den Fairen Reishandel gelten Mindestpreise, die von der Fairtrade Labelling Organization (FLO) und ihren nationalen Mitgliedsorganisationen in Abstimmung mit den ProduzentInnen festgesetzt werden. Diese Mindestpreise sind unabhängig von den Preisschwankungen auf den Märkten zu bezahlen und ermöglichen ein würdiges Leben. Zusätzlich bekommen die Bäuerinnen und Bauern