EU Securities Financing Transaction Regulation and its effects on Swiss Companies Neue EU-Transparenzpflichten und - Weiterverwendungsregeln bezüglich Sicherheitsleistungen in Form von Finanzinstrumenten für Schweizer Unternehmen
Seit dem 12. Januar 2016 sind in der EU neue Transparenzbestimmungen bezüglich der Nachverpfändung/Weiterverwendung von gewissen Sicherheiten in Kraft. Obwohl es sich dabei um EU- Bestimmungen handelt, haben diese in bestimmten Situationen eine extraterritoriale Wirkung auf Schweizer Unternehmen, die von in der EU domizilierten Zweigniederlassungen aus Wertpapierfinanzierungsgeschäfte eingehen oder Finanzinstrumente weiterverpfänden, die ihnen von in der EU domizilierten Gegenparteien eingeräumt wurden. Betroffen von diesen Bestimmungen sind deshalb insbesondere securities-lending-/borrowing-, Repo-, OTCund Trade-Finance-Transaktionen von Banken und Effektenhändlern. 1. Welche Schweizer Unternehmen sind betroffen? Die Transparenzverordnung von Wertpapiergeschäften 1 (SFTR) kann Schweizer Unternehmen mit Sitz in der Schweiz als Drittlandfirmen in der Form von FINMA-regulierten und nicht FINMA-regulierten Unternehmen in zwei Fallkonstellationen betreffen, nämlich: Bei der Eingehung von Wertpapierfinanzierungsgeschäften, die im Rahmen der Tätigkeit einer in der EU niedergelassenen Zweigniederlassung geschlossen werden (Art. 2 Abs. 1 lit. a SFTR). Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind (i) Pensionsgeschäfte, (ii) Wertpapier- oder Warenleihgeschäfte, (iii) Kauf-/Rückverkaufsgeschäfte oder Verkaufs-/Rückkaufgeschäfte sowie (iv) Lombardgeschäfte. Praktisch sind demnach vor allem Wertpapierfinanzierungsgeschäfte von EU-Zweigniederlassungen von Schweizer Banken, aber auch von Schweizer Industrie- bzw. Pharmaunternehmen betroffen. Bei der Weiterverwendung im Rahmen der Tätigkeit einer Zweigniederlassung in der EU oder der Weiterverwendung von Finanzinstrumenten 2, die eine in der EU niedergelassene Gegenpartei oder eine Zweigniederlassung in der EU dem Schweizer Unternehmen gemäss einer Sicherheitenvereinbarung, d.h. einer vereinbarten Vollrechtsübertragung oder Übertragung eines dinglichen Rechts, gestellt hat (Art. 2 Abs. 1 lit. d SFTR). 3 Eine Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten liegt dann vor, wenn diese im eigenen Namen und für eigene Rechnung oder für Rechnung einer Gegenpartei einschliesslich natürlicher Personen erfolgt, bspw. durch Vollrechtsübertragung oder Ausübung eines Verfügungsrechts. Die blosse Verwertung eines Finanzinstruments beim Ausfall der sicherungsgebenden Partei fällt jedoch nicht darunter. Praktisch fällt demnach jedes Schweizer Unternehmen in den Anwendungsbereich der SFTR, welchem ein dingliches Recht an einem Finanzinstrument durch ein in der EU domiziliertes Unternehmen gewährt wurde und welches dieses weiterverpfändet. 1 Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. 2 Der Begriff Finanzinstrument definiert sich nach Massgabe von Anhang I Abschnitt C MiFID II. 3 Der verwendete Begriff Weiterverwendung geht weiter als der in Richtlinie 2002/47/EC (FCD) verwendete und sollte als Zusatz zu diesem verstanden werden. Er hat keinen Einfluss auf den Gebrauch des Begriffs Weiterverwendung wie er in Richtlinie 2009/65/EC (UCITS) oder 2001/61/EC (AIFMD) verwendet wurde (17b Einleitungserwägung SFTR).
2. Welche Transaktionen von Schweizer Unternehmen sind betroffen? Gegenstand möglicher Pflichten von Schweizer Unternehmen sind zum einen Transaktionen in Finanzinstrumenten im Falle der Transparenzpflicht bei der Weiterverwendung und zum anderen Wertpapierfinanzierungsgeschäfte bei der Meldepflicht von Wertpapierfinanzierungsgeschäften. Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind: Pensionsgeschäfte, d.h. die Veräusserung von vertretbaren Sachen oder Rechten wie Wertpapiere, Waren oder garantierte Rechte an Wertpapieren oder Waren und gleichzeitige Verpflichtung zum Rückerwerb derselben Sachen oder Rechte bzw. derselben Gattung zu einem festen Preis zu einem bestimmten oder noch zu bestimmenden späteren Zeitpunkt. Wertpapier- oder Warenleihgeschäfte, d.h. die Leihe von Wertpapieren oder Waren mit der gleichzeitigen Verpflichtung dieselben oder Wertpapiere oder Waren derselben Gattung zu einem späteren Zeitpunkt oder auf Ersuchen der übertragenden Partei zurückzugeben. Kauf-/Rückverkaufsgeschäft (buy-/sell-back-geschäft) oder Verkaufs-/Rückkaufgeschäft (sell-/buy-back- Geschäft), d.h. der Verkauf von Wertpapieren, Waren oder garantierten Rechten an Wertpapieren oder Waren mit der gleichzeitigen Verpflichtung dieselben oder Wertpapiere, Waren, garantierte Wertpapiere oder Waren derselben Gattung zu einem zukünftigen Zeitpunkt zurückzuverkaufen. Lombardgeschäft (margin lending transaction), d.h. ein Kredit im Zusammenhang mit dem Kauf, Verkauf, Halten oder Handel von Wertpapieren, mit Ausnahme von sonstigen durch Wertpapiere gesicherten Darlehen. Mit dem Inkrafttreten der SFTR wird auch die Definition eines OTC-Derivats nach EMIR angepasst. Man versteht neu unter OTC-Derivaten Derivatkontrakte, die nicht an einem geregelten Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nummer 14 Richtlinie 2004/39/EG oder einem Drittstaatenmarkt gehandelt werden, der einem geregelten Markt als gleichwertig angesehen wird (Art. 2 Nummer 7 EMIR). Die Anerkennung der Gleichwertigkeit eines Drittstaates setzt einen entsprechenden Beschluss der Europäischen Kommission voraus. 3. Welche Pflichten haben Schweizer Unternehmen, die in den Anwendungsbereich fallen? Schweizer Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der SFTR fallen, unterliegen den folgenden Pflichten: a. Transparenzverpflichtung bei der Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten (gilt bereits ab dem 13. Juli 2016 in Bezug auf alle Sicherheiten, die an diesem Tag bestehen) Als Sicherheit erhaltene Finanzinstrumente können unter bestehenden und neu eingegangenen Sicherheitenvereinbarungen nur dann weiterverwendet werden, wenn mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Der Sicherungsnehmer hat den Sicherungsgeber schriftlich in angemessener Weise auf Risiken und Folgen hingewiesen, die durch die Einräumung eines beschränkten dinglichen Rechts bzw. eines Vollrechts entstehen können, und die sicherungsgebende Gegenpartei wurde schriftlich zumindest auf die möglichen Risiken und Folgen eines Ausfalls der sicherungsnehmenden Gegenpartei hingewiesen. Der Sicherungsgeber hat zuvor ausdrücklich der Sicherheitenbestellung mittels einer schriftlichen oder in rechtlich gleichwertiger Form gemachten Vereinbarung über eine Sicherheit als beschränktes dingliches Recht oder Vollrecht zugestimmt. Die Sicherheit wird gemäss den Bedingungen der schriftlich abgeschlossenen Sicherheitenvereinbarung weiterverwendet.
Die als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumente werden auf dem Konto der sicherungsgebenden Gegenpartei oder, falls das Konto der sicherungsgebenden Partei in der Schweiz geführt wird und Schweizer Recht unterliegt, auch auf andere vom Schweizer Recht vorgesehene geeignete Weise verbucht. Kundenkonten sollten zwischen Effekten, die im Depot eingebucht sind, und solchen mit einem vertraglichen Recht auf Rückgabe gleicher Gattung unterscheiden (siehe auch Art. 43 Abs. 2 lit. b MiFID für Werpapierfirmen und Banken, die Finanzinstrumente für Kunden halten). b. Meldepflicht und Sicherheitsvorkehrungen für Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (gelten frühestens ab dem 1. Januar 2017) Schweizer Unternehmen als Gegenparteien von Wertpapierfinanzierungsgeschäften melden jedes von ihnen abgeschlossene Wertpapierfinanzierungsgeschäft sowie jede Änderung oder Beendigung eines solchen Geschäfts einem entsprechend bewilligten oder anerkannten Transaktionsregister. Für Transaktionsregister, die unter EMIR bereits bewilligt bzw. anerkannt sind, muss ein Antrag auf Ausweitung der Registrierung zum Zweck der Entgegennahme von Meldungen nach der SFTR gestellt werden. Die Meldepflicht gilt grundsätzlich für beide Parteien. Nur bei Wertpapierfinanzierungsgeschäften mit kleinen nicht finanziellen Gegenparteien trifft die Meldepflicht einseitig nur die finanzielle Gegenpartei. Die Meldepflicht kann jedoch in jedem Fall an Dritte delegiert werden. Im Falle von Fonds sind die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen oder die Fondsleitung zur Meldung verpflichtet. Die Meldung nach Massgabe von Art. 4 SFTR stellt ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund in Bezug auf vertragliche und gesetzliche Beschränkungen zur Weitergabe der nach Massgabe dieses Artikels verlangten Informationen dar. Die ESMA wird technische Regulierungsstandards bezüglich der Einzelheiten der Meldung ausarbeiten. Für Schweizer Banken und Effektenhändler tritt diese Pflicht bereits am 1. Januar 2017 in Kraft, für zentrale Schweizer Gegenparteien und Zentralverwahrer am 1. April 2017 und für Schweizer Versicherungsunternehmen, Fondsleitungen, Vermögensverwalter von kollektiven Kapitalanlagen und Fonds am 1. Juli 2017. Für nicht finanzielle Schweizer Gegenparteien, d.h. für nicht FINMA-regulierte Gegenparteien, gilt diese Pflicht ab dem 1. Oktober 2017. 4. Was sind die Konsequenzen einer fehlenden Einhaltung dieser Pflichten? Die Nichteinhaltung der Transparenzpflichten hat nach dem nationalen Recht der EU-Staaten (Ziff. 17b Einführungsartikel) nicht die Nichtigkeit der entsprechenden Transaktion zur Folge. Auch unter Schweizer Recht wird die Nichteinhaltung der EU-Bestimmungen nicht die Nichtigkeit einer Sicherheiten- oder Transaktionsvereinbarung bzw. einer anderen in diesem Zusammenhang zwischen einem Schweizer Unternehmen und einem in der EU domizilierten Unternehmen abgeschlossenen Vereinbarung zur Folge haben. Unternehmen können jedoch gemäss der Rechtsprechung des EuGH (Muňoz v Frumar) bei der Verletzung von direkt anwendbaren Verordnungsbestimmungen schadenersatzpflichtig werden. Die EU-Mitgliedstaaten können auch erhebliche verwaltungsrechtliche Sanktionsmassnahmen vorsehen. Ausdrücklich kein Anspruch auf Schadenersatz entsteht jedoch bei der Nichtbeachtung der Meldepflicht. Eine Nichtbeachtung der Meldepflicht beeinträchtigt weder die Gültigkeit der Wertschriftenvereinbarung noch deren Durchsetzung (Art. 20 Abs. 5 SFTR).
5. Was sind die nächsten Schritte? Schweizer Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der SFTR fallen, sollten die folgenden Schritte unternehmen: Ausarbeitung einer Impact-Analyse: Wie und in welchem Umfang ist mein Unternehmen betroffen? Welche organisatorischen Bereiche und Prozesse sind betroffen? Welche geschäftspolitischen Entscheidungen drängen sich auf? Feststellung der Gaps: Welche fehlenden Dokumentationen, Prozesse und Informationen muss mein Unternehmen einführen? Es müssen dabei die bestehenden und neu einzugehenden Sicherheitenvereinbarungen und Prozesse überprüft werden. Ausarbeitung eines Projektplans: Wie führt mein Unternehmen die fehlenden Dokumentationen, Prozesse und Informationen ein? Ausarbeitung von Roadmap und Milestones: Bis wann muss mein Unternehmen die fehlenden Dokumentationen, Prozesse und Informationen einführen, und was sind die wesentlichen Meilensteine auf dem Weg dorthin? 6. Wie können wir helfen? Wir unterstützen unsere Klienten in allen Arbeiten, die im Rahmen der Implementierung der Pflichten, Prozesse und Ausarbeitung der notwendigen Dokumente anfallen. Klienten profitieren nicht nur von unseren Fachkenntnissen, sondern insbesondere auch von unseren langjährigen Erfahrungen in der Implementierung von ähnlichen regulatorischen Projekten. Ihr Kontakt Martin Liebi Dr.iur., LL.M., Attorney-at-law Head Capital Markets Office: +41 58 792 2886 Main: +41 58 792 4400 Email: martin.liebi@ch.pwc.com PricewaterhouseCoopers AG Birchstrasse 160 Postfach CH-8050 Zürich www.pwc.ch