Ackerbau Bei der N-Spätgabe zu Weizen besser geizen? Lohnt es noch, den Rohproteingehalt bei Qualitätsweizen auszureizen? Starre Qualitätsstufen führen zu überhöhten, unzureichend verwerteten N-Spätgaben. Das muss nicht sein.* Bei der Vermarktung von Qualitätsweizen spielt neben dem Sedimentationswert und der Fallzahl vor allem der Rohproteingehalt nach wie vor eine wichtige Rolle. Sein Vorteil: Er lässt sich schnell und einfach bestimmen. Am stärksten beeinflussen ihn die N Düngung, die Sorte, das Ertragsniveau sowie die Standort- und Jahresbedingungen. Besonders deutlich erhöhen N-Spätgaben den Rohproteingehalt (RP-Gehalt). Sie sind jedoch in ihrer Wirkung ziemlich unsicher, wenn Trockenheit und/ oder ausbleibende Niederschläge die N- Verfügbarkeit einschränken. N-Bilanzüberschüsse und hohe Nitrat-Reste nach der Ernte sind unter derartigen Bedingungen häufig die Folge eines nicht verwerteten N-Ange botes. Geringe N-Verwertung: Selbst unter optimalen Versuchsbedingungen lässt sich nur eine N-Verwertung von 30 bis 60 % erreichen. Mit Blick auf die Düngeverordnung und EU Wasserrahmenrichtlinie ist daher die N-Spätdüngung besonders kritisch zu beurteilen, wenn sie infolge erhöhter N-Bilanzüberschüsse das Grundwasser verstärkt mit Nitrat belastet. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und des Umweltschutzes stellt sich die Frage: Wie notwendig sind hohe Rohproteingehalte im Weizenkorn zur Sicherung der Backqualität? Unstrittig ist, dass steigende Rohproteingehalte das Backvolumen erhöhen. Allerdings ist dies je nach Sorte unterschiedlich stark ausgeprägt. * ) Unser Autor: Dr. habil. Erhard Albert, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Leipzig Übersicht 1: N-Gehalt Mitte Ährenschieben und Korn-Rohprotein-Gehalt* Rohprotein in % zur Ernte 17 16 15 R 2 = 0,75 14 13 12 11 10 9 8 7 0,0 0,5 1,0 1,5 N-Gehalt in % 2,0 2,5 3,0 * ) Winterweizen Sorte Zentos Quelle: Dr. Albert, LfULG Das bedeutet, dass die Aussagekraft des Rohproteingehaltes als Kriterium für die Backqualität vielfach überbewertet wird. Einige Sorten, wie z. B. Türkis, erreichen mit vergleichsweise niedrigen Rohproteingehalten hohe Backvolumen. Andere Sorten dagegen, wie z. B. Tommi, Toras, Sokrates oder Schamane, benötigen hierfür deutlich höhere Rohproteingehalte. Der Rohproteingehalt als vorrangiges Kriterium der Qualitätsbewertung durch den aufnehmenden Getreidehandel führt auch wegen der starren Qualitätsstufen häufig zu überhöhten und unzureichend verwerteten N-Spätgaben. Als vorteilhaft wird daher ein Vergütungssystem angesehen, das neben einer gleitenden Bewertung der Rohproteingehalte Beziehung zwischen dem N-Gehalt in der Biomasse von Winterweizen zu EC 55 (Mitte Ährenschieben) und dem Korn- Rohproteingehalt zur Ernte die sortenspezifischen Eigenschaften bezüglich der Backqualität stärker berücksichtigt. Der Zwang, hohe Rohproteingehalte mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu erzeugen, ließe sich so vermindern. Die Einflussfaktoren: Der Rohproteingehalt der Körner zur Ernte hängt stark vom N-Ernährungs zustand der Weizenpflanzen während des Ährenschiebens und der Blüte ab. Zwischen dem N-Gehalt in der Biomasse während dieses Entwicklungsabschnittes und dem Rohproteingehalt der Körner zur Ernte besteht eine enge Beziehung (siehe Übersicht 1). Das Ertragsniveau und der Rohproteingehalt der Körner bestimmen entscheidend die N-Aufnahme nach dem Ähren 78 top agrar 2/2012
In der Phase vom Ährenschieben bis zur Reife lagern Weizenpflanzen 70 bis 120 kg N/ha ein. Foto: Frey schieben bis zur Reife. Bei sehr hohen Erträgen lagern die Weizenpflanzen in dieser späten Entwicklungsphase beträchtliche N-Mengen in der Größenordnung von 70 bis 120 kg/ha ein. Die N-Aufnahme aus dem Boden ist bei geringen bis mittleren Erträgen dagegen nicht nur wesentlich geringer, sondern meist auch bereits zur Blüte beendet. Hier findet in erster Linie eine pflanzeninterne Umverlagerung des im Spross angesammelten Stickstoffs in die wachsenden Körner statt. Hinzu kommt, dass mit steigendem Ertragsniveau die Rohproteingehalte der Körner tendenziell abnehmen. Bei hohen Erträgen ist der eiweißärmere Mehlkörper im Vergleich zum eiweißreichen Embryo deutlich vergrößert. Die Folge ist eine Verdünnung der Rohproteingehalte. Auch aus diesem Grund sind für leistungsstarke Standorte mit hohem Ertragspotenzial und in Jahren mit hoher Ertragserwartung N-Spätgaben zum Erzeugen von Qualitätsweizen besonders wichtig. Im Gegensatz dazu verkürzen Hitze- und Trockenstress in Verbindung mit hoher Strahlungsintensität in der Zeit vom Ährenschieben bis zur Gelbreife die Kornfüllungsphase erheblich. Das zeigen die Ergebnisse für das Jahr 2006 im Vergleich zu 2004. Die Witterungsbedingungen reduzierten die Tausendkornmasse und den Ertrag. Wegen des Konzentrationseffektes nahm der Rohproteingehalt jedoch zu (siehe Übersicht 2). Sind derartige Witterungsbedingungen absehbar, können Sie in den meisten Fällen auf eine Spätgabe verzichten. j Übersicht 2: Jahreseinfluss auf Ertrag und Qualität von Winterweizen* Parameter Einheit Hochertragsjahr 2004 Hitzestress 2006 Veränderung Ertrag (86 %) dt/ha 113,5 89,2-24,3 Tausendkornmasse g 50,6 47,6-3,0 Rohproteingehalt % 12,4 16,5 +4,1 Sedimentationswert 60 65 +5 Fallzahl sec 402 367-35 Ährenschieben bis Gelbreife Anzahl Tage 53 37-16 Ø Globalstrahlung Ährenschieben bis Gelbreife W/m² 219 270 +51 Ø-Temperatur Ährenschieben bis Gelbreife C 16,4 20,0 +3,6 Niederschlagssumme Ährenschieben bis Gelbreife mm 188 113-75 * ) Löss-Standort, E-Weizen Hitze- und Trockenstress führten in 2006 dazu, dass im Vergleich zum Jahr 2004 das TKM und der Ertrag sanken. Der RP-Gehalt stieg. top agrar 2/2012 79
Ackerbau Aus vielen Versuchsergebnissen ist der Schluss zu ziehen, dass pauschale N-Düngungs empfehlungen grundsätzlich nicht sinnvoll sind. N-Steigerungsversuche auf zwei Löss-Standorten in Sachsen zeigen eindrucksvoll, dass annähernd gleiche Erträge von ca. 100 dt/ha mit einem unterschiedlichen N-Düngungsniveau verbunden sein können (Übersicht 3). Grund dafür sind langjährige Unterschiede in der Vorgeschichte der Schlagbewirtschaftung. Das hohe N-Nachlieferungsvermögen des einen Lössbodens beruht auf einer regelmäßigen organischen Düngung. Bereits ohne mineralische N-Zufuhr wurden hier 80 dt/ha Weizen erzeugt. Typisch für derartige Standorte ist der flache Verlauf der Ertragskurve. Mit 150 kg N/ha wurden optimale Erträge erzielt. Ganz anders verhält sich der Standort, der über viele Jahre meist nur mineralisch gedüngt wurde. Hier fielen die auf mineralischem Stickstoff beruhenden Mehrerträge viel stärker aus, und das N-Optimum lag bei 200 kg/ha. Die Rohproteingehalte nahmen auf beiden Standorten bis zur höchsten N-Stufe zu. Natürliche N-Quellen: Aus diesen und anderen Ergebnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass die Ertragshöhe kein Übersicht 3: Gleiche Erträge bei unterschiedlichem N-Düngungsniveau* Winterweizenertrag (dt/ha) Rohproteingehalt (%) 110 15 100 90 80 70 60 50 geeignetes Kriterium ist, um daraus den Stickstoff-Düngungsbedarf abzuleiten. Eine optimale N-Dün gung hat die konkrete Situation des Einzelschlages und seine Vorgeschichte zu berücksichtigen. Standort mit starker N-Nachlieferung Standort mit schwacher N-Nachlieferung 40 10 0 40 80 120 160 200 240 N-Düngung (kg/ha) * ) Winterweizen Sorte Türkis, Mittel 2006 2011 Quelle: Dr. Albert, LfULG Wirkung der N-Düngung auf Kornertrag und Rohproteingehalt von Winterweizen auf einem Standort mit schwacher und mit starker N-Nachlieferung (organisch gedüngt). Stickstoff-Steigerungsversuche in Winterweizen dienen dazu, die N-Düngungsempfehlungen zu optimieren. 14,5 14 13,5 13 12,5 12 11,5 11 10,5 Dabei ergibt sich die zu düngende N-Menge aus der ertragsabhängigen N Aufnahme abzüglich der Bereitstellung aus dem Boden. Dabei sind zwei Quellen wichtig: Der lösliche N-Vorrat (N min ) nach dem Winter und die N-Nachlieferung während der Vegetationszeit. Sowohl die N-Aufnahme des Weizens als auch die N-Bereitstellung aus dem Boden werden durch vielfältige Faktoren beeinflusst. So kann der verfügbare N-Vorrat (N min ) nach dem Winter je nach Witterung, Bodenart und Bewirtschaftung durchaus in einem Bereich von 10 bis 200 kg/ha schwanken. Aufschluss über die konkrete Situation geben N min - Bodenunter suchungen. Diese sind ausdrücklich zu empfehlen! So kann ein hoher N min -Vorrat in tiefen Bodenschichten wie eine Spätdüngung wirken. Neben dem N min trägt die N-Nachlieferung ebenfalls ganz wesentlich zur Abdeckung des Pflanzenbedarfes bei. Als biologischer Prozess wird sie von der Bodentemperatur und feuchte, der Bewirtschaftung, der Bodengüte, der organischen Düngung und weiteren Faktoren beeinflusst. Auch sie kann einen erheblichen Beitrag zur N-Ernährung der Pflanzen leisten. Eine langjährig regelmäßige organische Düngung erhöht das N-Nachlieferungspotenzial und reduziert dadurch den N-Düngebedarf während der Kornfüllung. So belegen Dauerversuche mit differenzierter organisch-mineralischer Fotos: Dr. Albert 80 top agrar 2/2012
Übersicht 4: Viel N min im Boden nach hohen Rohprotein-Gehalten* N min nach Ernte (kg/ha) 60 R 2 = 0,74 50 40 30 Beziehung zwischen dem Rohproteingehalt von Winterweizen und dem N min -Gehalt nach der Ernte Grafiken: Rommel 20 8 9 10 11 12 13 14 Rohproteingehalt % * ) Löss-Standort, 3 Versuchsjahre Quelle: Dr. Albert, LfULG Düngung, dass steigende Humusgehalte und somit eine verstärkte N-Nachlieferung die Rohproteingehalte deutlich anheben. Eine langjährige Bewirtschaftung ohne bzw. mit nur geringer organischer Düngung reduziert dagegen das N-Nachlieferungspotenzial, so dass hier höhere N-Spätgaben zum Schließen der Angebotslücke erforderlich sind. Nützliche N-Bilanz: Zur Beurteilung der Umweltwirkung der N-Düngung werden immer häufiger N-Bilanzen verwendet. Sie ermöglichen Aussagen zum Verhältnis von N-Zufuhr zur N-Abfuhr und damit auch Rückschlüsse zur Umweltverträglichkeit der Düngung. In unseren Versuchen konnten wir mit der Sorte Batis auf ertragsstarken Lehmböden Rohproteingehalte von 13 % mit annähernd ausgeglichenen N-Bilanzen erzielen. Auf leichten Sand-Standorten hingegen lagen die Rohproteingehalte auf höherem Niveau, allerdings wurden sie mit beträchtlichen N Bilanzüberschüssen erreicht. Sehr hohe Rohprotein-Gehalte (über 14 %) ließen sich in den Versuchen nur mit N-Bilanzüberschüssen realisieren. Diese nicht in Ertrag umgesetzten Stickstoff-Mengen bleiben im Boden und erhöhen die N min -Reste zur Ernte. Daher nehmen wie viele Versuche zeigen mit steigenden Rohproteingehalten die N min - Gehalte nach der Ernte deutlich zu (siehe Übersicht 4). j Zange zur Durchführung des Nitratschnelltests: Mit ihrer Hilfe pressen Sie den Zellsaft aus den Halmen. Dieser reagiert sensibel auf Änderungen im N-Angebot. top agrar 2/2012 81
Ackerbau Übersicht 5: Mehr Ertrag und Rohprotein mit Fungiziden* Winterweizenertrag (dt/ha) Rohproteingehalt (%) 88 86 14,5 14 Schnell gelesen Klima-, Standort- und Anbaubedingungen können den Rohproteingehalt sowohl erhöhen als auch vermindern. 84 82 80 78 ohne Fungizid mit Fungizid 76 0 20 40 60 11,5 80 3. N-Gabe (kg/ha) * ) Löss-Standorte; Sorte Tarso, 6 Versuche Quelle: Dr. Albert, LfULG So wirkt die N-Spätdüngung auf den Kornertrag (dt/ha) und den Rohproteingehalt (%) von Winterweizen in Abhängigkeit vom Fungizideinsatz. 13,5 13 12,5 12 Sortenwahl, Pflanzenschutz und N-Spätdüngung beeinflussen den RP-Gehalt stark. Vorteilhaft wäre ein Vergütungssystem, das neben dem RP-Gehalt die sortenspezifischen Qualitätseigenschaften stärker berücksichtigt. Dieses Vergütungssystem könnte den Zwang, hohe RP-Gehalte zu Lasten der Umwelt zu erzeugen, mindern. Aus diesen Ergebnissen ist zu schlussfolgern, dass die Forderung nach sehr hohen Rohproteingehalten im Korn auch die Gefahr hoher N min -Reste und N-Auswaschungsverluste in der folgenden Winterperiode in sich birgt. Bei schlechter N- Verwertung infolge von Trockenheit, Lager, Krankheiten oder ungünstigem Bestandesaufbau kann der N min -Anstieg beträchtlich sein. Bessere N-Effizienz: Eine wichtige Maßnahme, die N-Verwertung zu verbessern, ist das Ausschalten ertragsmindernder Krankheiten. Versuche belegen, dass sich die Gesunderhaltung der Be 82 top agrar 2/2012
Übersicht 6: So wirkt die Spätdüngung N-Spätgabe, kg/ha Kornertrag, dt/ha Rohproteingehalt, % N-Ausnutzung, % effektive Mehrleistung, /ha 0 82,6 11,9 (B) 20 84,6 12,5 (B) 60 3 40 85,3 13,2 (A) 60 79 60 86,5 13,6 (A) 48 79 80 86,6 14,0 (A) 44 59 Sorte: Tarso, Mittel von 2 Löss-Standorten, 14 Versuche, * ) A-Weizen: 18,50 /dt; B-Weizen: 17,50 /dt; 1 kg N: 1,10 ; 1 Überfahrt: 10 /h Wirkung der N-Spätdüngung auf Ertrag, Rohproteingehalt, N-Ausnutzung und effektive Mehrleistung. stände bis zur Reife durch gezielten Fungizideinsatz günstig auf die Ertragshöhe und den Rohproteingehalt auswirkte (siehe Übersicht 5). Die mit dem Ertragsanstieg verbundene N-Mehraufnahme der Körner wurde teilweise aus dem Bodenvorrat und auch aus dem Spross abgedeckt. Auf Grund der positiven Wechselwirkung zwischen Spätdüngung und Fungizideinsatz wurde der verabreichte Stickstoff besser in Ertrag umgesetzt. Dadurch ließen sich die N-Bilanzsalden und die N min -Reste nach der Weizenernte senken. Weitere Versuche, die optimale Höhe der Spätdüngung zu ermitteln, lassen den Schluss zu, dass bei einem Ertragsniveau von 80 bis 90 dt/ha N-Gaben in der Größenordnung von 40 bis 60 kg je ha im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit günstig sind (siehe Übersicht 6). Die Rohproteingehalte nahmen allerdings bis zur höchsten Stickstoff- Stufe zu, die Stickstoff-Ausnutzung jedoch ab. Die erzielbaren Mehrerträge, der Düngerpreis und vor allem der Preisabstand von B- zu A- bzw. E-Weizen beeinflussen N-Tester zur N-Bedarfsermittlung während des Schossens und Ährenschiebens stark die Wirtschaftlichkeit der Stickstoff-Spätdüngung. Wie Sie die N-Effizienz der Spätdüngung verbessern, lesen Sie ab Seite 84. j Foto: Dr. Albert top agrar 2/2012 83
Ackerbau Kitzeln Sie mehr Effizienz aus der N-Spätdüngung! N-Sensortechnik zur teilschlagspezifischen N-Düngung erfasst exakt Differenzen in der Versorgung, die durch unterschiedliche Bodengüte und Nachlieferung verursacht sind. Es gibt Hilfsmittel und Kniffe, mit denen sich die N-Effizienz der Spätgabe verbessern lässt. Ein wertvolles Hilfsmittel, um den Spätdüngebedarf abzuschätzen, ist der Nitrat-Schnelltest. Der mit dem einfachen Test analysierte N-Versorgungszustand ermöglicht es, den N-Bedarf ausreichend genau abzuschätzen. Denn der Nitratgehalt im Zellsaft der Halme reagiert sehr sensibel auf Unterschiede im N-Angebot aus der N-Düngung und der N-Nachlieferung aus dem Boden. Wiederholtes Kontrollieren macht die Ergebnisse des Tests und die darauf basierenden Düngungsempfehlungen sicherer. Der N-Ernährungszustand lässt sich auf elegante Weise mit dem Yara-N-Tester bestimmen. Er berücksichtigt die sortenabhängigen Unterschiede in den Farbausprägungen über Korrekturwerte. Immer mehr Betriebe wenden erfolgreich die N-Sensortechnik an. Sie ermöglicht eine differenzierte, bedarfsgerechte N-Düngung innerhalb eines Schlages. Sie erfasst exakt Unterschiede in der N Versorgung infolge wechselnder Bodengüte und N-Nachlieferung. Die sensorgestützte Spätdüngung unter Beachtung von Ertragspotenzialkarten (Map- Overley-Ansatz) hat sich vor allem auf trockenen Standorten mit sehr unterschiedlichen Böden bewährt. Dadurch ist es möglich, die N-Effizienz zu verbessern und eine gleichmäßige Qualität zu erzeugen. Eine gute Verwertung von Spätgaben setzt auch eine ausreichende Bodenfeuchte (möglichst mehr als 40 % nutzbare Feldkapazität) voraus. Bei anhaltender Trockenheit und erschöpftem Bodenwasservorrat ist eine späte N-Düngung nicht zweckmäßig. Den Zeitpunkt der dritten N-Gabe sollte sich vorrangig nach der aktuellen N-Pflanzenversorgung richten. Grundsätzlich sollten Sie Bestände mit hohem N-Bedarf und Standorte mit regelmäßiger Vorsommertrockenheit und schneller Abreife relativ zeitig, d. h. möglichst im Ligula- Stadium (EC 39: Fahnenblatt voll entwickelt) bis spätestens zum Beginn des Ährenschiebens (EC 51) abdüngen. Bei geringem N- Bedarf und ausreichender Wasserversorgung sind N-Gaben bis spätestens Beginn Blüte möglich. Allgemein wirken frühe N-Gaben stärker ertragserhöhend, späte Übersicht: Wann ist eine N-Spätgabe notwendig? geringe Notwendigkeit Bestände mit geringem Ertragspotenzial bzw. schlechter Bestandesführung ertragsschwache Standorte mit häufigem Trockenstress reichliche N-Versorgung bis zum Ährenschieben kein N-Bedarf zum Ährenschieben bis zur Reife infolge hoher N-Nachlieferung (z. B. Standorte mit regelmäßiger organischer Düngung) kranke und nicht standfeste Bestände verkürzte Abreife Foto: Dr. Albert hohe Notwendigkeit Erzeugung von Qualitätsweizen Bestände mit hohem Ertragspotenzial und guter Bestandesführung ertragsstarke Standorte mit ausgeglichener Wasserversorgung bzw. hoher Niederschlagswahrscheinlichkeit keine oder geringe organische Düngung in der Fruchtfolge verhaltene N-Versorgung bis zum Ährenschieben nicht abgedeckter N-Bedarf zum Ährenschieben bis zur Reife, Diagnosemöglichkeiten: Pflanzenanalyse Nitrat-Schnelltest N-Tester gesunde und standfeste Bestände lange Abreife ohne Trocken- und Hitzestress 84 top agrar 2/2012
dagegen verbessern hauptsächlich den Rohproteingehalt. Als fester N-Dünger wird KAS wegen seiner schnellen und sicheren Wirkung bevorzugt eingesetzt. Die Ausbringung von AHL mit Schleppschläuchen ist ebenfalls möglich. Eine späte AHL-Gabe von 50 kg N/ha können Sie zum Zeitpunkt Mitte bis Ende der Blüte geben. Sie bewirkt, wie Versuche in Thüringen gezeigt haben, eine Rohproteinsteigerung von ca. 1 %. Preisgünstigeren Harnstoff können Sie mit gutem Erfolg bei ausreichender Bodenfeuchte bzw. bei zu erwartenden Niederschlägen einsetzen. In Regionen mit Schwefelmangel kann die Applikation S-haltiger Dünger die Backqualität verbessern. Als eine interessante Alternative zur üblichen 3-Teilung der N-Düngung hat sich in den letzten Jahren in Sachsen der Einsatz von stabilisierten N-Düngern zu Weizen bewährt. Dabei lässt sich eine Überfahrt einsparen. In unseren Versuchen auf mehreren Standorten führte das Zusammenfassen der Schosser- mit der Ährengabe zu positiven Ergebnissen. Gerade in trockenen Jahren trägt die in stabilisierter Form zeitlich in das Schossen verlagerte Spätgabe zu sicheren Erträgen bei. Auf diese Weise lassen sich die negativen Auswirkungen der Vorsommertrockenheit auf die N-Verwertung abmildern. Vor allem auf leichten Böden in trockenen Regionen erwies sich in mehrjährigen Versuchen die Injektionsdüngung (CULTAN) mit ammoniumhaltigen Düngerlösungen im Vergleich zu drei KAS-Gaben als vorteilhaft. Auch die bedarfsgerechte Grunddüngung und Kalkung sowie die Optimierung aller anderen acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen tragen dazu bei, die N-Verwertung zu verbessern und die N-Bilanzüberschüsse zu senken. Die wichtigsten Bestimmungsgrößen für die N-Spät düngung zur Qualitätssicherung entnehmen Sie der Übersicht. Dr. Erhard Albert top agrar 2/2012 85