Begabungsförderung. März Service de l enseignement obligatoire de langue allemande Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht

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Transkript:

Direction de l'instruction publique, de la culture et du sport Direktion für Erziehung, Kultur und Sport Service de l enseignement obligatoire de langue allemande Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht CANTON DE FRIBOURG / KANTON FREIBURG Begabungsförderung Konzept zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Begabungen in den deutschsprachigen obligatorischen Schulen des Kantons Freiburg März 2009 Verabschiedet vom Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht der Direktion für Erziehung, Kultur und Sport des Kantons Freiburg

1. Inhaltsverzeichnis 1. Inhaltsverzeichnis...2 2. Für die eilige Leserin, den eiligen Leser (Zusammenfassung)...3 2.1. Grundsätze... 3 3. Gesetzliche Grundlagen...4 4. Definitionen und Modelle...4 4.1. Triadisches Interdependenz-Modell... 5 4.2. Münchner Begabungsmodell... 6 5. Identifikation besonderer Begabung...7 5.1. Beobachtungen... 7 5.2. Unterforderung... 8 6. Begabungsfördernde Massnahmen...9 6.1. Vorgehen...10 6.2. Anreicherung (Enrichment)...11 6.3. Beschleunigung (Acceleration)...11 6.4. Gruppierung (Grouping)...12 6.5. Ausserschulische Förderung...12 7. Zusammenarbeit der Beteiligten...13 8. Angebot der Fachperson...13 9. Quellennachweis...14 Autorin: Regula Benninger Meier Kontakt: regula.benninger@fr.educanet2.ch In diesem Konzept verwendete Abkürzungen BGF DOA FP BGF KG LP OS PS Begabungsförderung Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht Fachperson Begabungsförderung Kindergarten Lehrperson Orientierungsschule Primarschule DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 2

2. Für die eilige Leserin, den eiligen Leser (Zusammenfassung) Innerhalb der vergangenen fünfzehn Jahre ist die Begabungsförderung (BGF) zu einem wichtigen pädagogischen Thema für die Volksschule geworden. Die Auffassung hat sich durchgesetzt, dass ein umfassender Umgang mit den heterogenen Lernvoraussetzungen in einer Klasse auch Förderangebote für besonders begabte Kinder notwendig macht. Deshalb setzte das Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht (DOA) vor knapp vier Jahren eine neue stufenübergreifende Arbeitsgruppe ein, die sich mit allen wichtigen Fragen des Förderangebots für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen beschäftigt. Diese Arbeitsgruppe gab den Anstoss zum vorliegenden Konzept. Seit einem Jahr verfügt das DOA über eine pädagogische Mitarbeiterin als Fachperson für die Begabungsförderung. 2.1. Grundsätze! Ein Recht auf Förderung haben sowohl lernschwache Kinder wie auch jene Kinder und Jugendlichen, die zu weitergehenden Leistungen fähig sind.! Es gehört zur Lernkultur, dass jede Schülerin, jeder Schüler anders sein darf.! Erster und wichtigster Förderort eines Kindes mit besonderen Begabungen ist seine Stammklasse.! Begabungsförderung ist nicht eine Frage der Struktur und Organisation, sondern in erster Linie eine pädagogische Haltung eines Kollegiums von Lehrpersonen.! Die Lehrpersonen erhalten bei dieser anspruchsvollen Aufgabe der Begabungsförderung eine aktive und kompetente Unterstützung (Beratung, Materialien, Aus- und Weiterbildung). DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 3

"! "! Schulgesetz #"!$ 3. Gesetzliche Grundlagen Das Schulgesetz des Kantons Freiburg schreibt vor, dass Jedes Kind... das Recht auf einen Unterricht (hat), der seinem Alter und seinen Fähigkeiten entspricht. 1!"# Dieses Konzept schafft die Grundlagen für einen Unterricht, der Kindern mit besonderen Begabungen ermöglicht, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. 4. Definitionen und Modelle Begabung Hochbegabung Begabtenförderung Begabungsförderung wird im Allgemeinen als Begriff für vorhandene Potentiale oder Anlagen definiert, ohne Aussage darüber, wie ausgeprägt eine Begabung ist. bedeutet, dass der Entwicklungsstand in einem oder mehreren Bereichen markant über demjenigen der entsprechenden Altersgruppe liegt. (sog. Grouping ) bietet spezielle Kurse an, welche für hochbegabte Kinder und Jugendliche konzipiert sind. Die Zulassung zu diesen Programmen erfolgt im Allgemeinen über einen IQ-Test oder verschiedene Fragebogen. unterstützt Kinder und Jugendliche dabei, ihre spezifischen, überdurchschnittlichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Weder besondere Begabung noch Hochbegabung führen zwingend zur Realisierung von aussergewöhnlichen Leistungen. Es braucht dazu eine dynamische Wechselwirkung günstiger Anlagen und einer fördernden Umwelt. Verschiedene Modelle, entwickelt nach umfangreichen Studien, veranschaulichen diese Wechselwirkungen. 1 des Kantons Freiburg vom 23. Mai 1985. DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 4

"! "! Abbildung 4.1. Triadisches Interdependenz-Modell RENZULLI und MÖNKS definieren aussergewöhnliche Leistungen als Ergebnis von drei 2 ineinander fliessenden Faktoren, ergänzt durch äussere Einflussgrössen!"# #"!: Schule Freunde Motivation Kreativität IQ Hochleistung Familie Ein Kind, das nachweislich über hohe geistige Fähigkeiten verfügt, kann nur dann eine aussergewöhnliche Leistung erbringen, wenn es sich von der Aufgabe in hohem Masse angesprochen fühlt. Die Motivation zeigt sich in der Beharrlichkeit, Faszination oder durch den inneren Antrieb eine Aufgabe zu lösen. Flexibilität, Originalität im Denken sowie die Offenheit für Neues charakterisieren die Kreativität. Erst wenn alle Faktoren optimal zusammenspielen, kann sich eine aussergewöhnlich hohe Leistung oder ein begabtes Verhalten zeigen. Eine grosse Rolle spielt ausserdem das soziale Umfeld. Eine hohe Begabung kann sich nur dann entfalten, wenn auch die drei äusseren Einflussfaktoren (Schule, Familie, Freunde/Gleichaltrige oder Peers) günstig ineinander greifen. 2 aus Mönks, 2005, S. 26 DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 5

"! "! Abbildung: 4.2. Münchner Begabungsmodell 3 HELLER!"# #"! beschreibt in seinem Modell das Zusammenspiel von Begabungsfaktoren, Persönlichkeits- und Umweltmerkmalen, sowie daraus resultierende Leistungsbereiche. (Prüfungs-) Angst Stressbewältigung Leistungsmotivation Arbeits-/Lernstrategien Kontrollüberzeugung Intellektuelle Fähigkeiten Kreative Fähigkeiten Umweltvariablen Persönlichkeitsmerkmale Mathematik Soziale Kompetenz Technik Praktische Intelligenz Begabungsfaktoren Leistungsbereiche Informatik, Schach Kunst (Musik, Malen) Künstlerische Fähigkeiten Sprachen Musikalität Psychomotorik Naturwissenschaften Sport Soziale Beziehungen Familiäre Lernumwelt Familienklima Instruktionsqualität Klassenklima Krit. Lebensereignisse Dieses Modell zeigt, welche Bereiche aussergewöhnlicher Begabung unterschieden werden können. Damit sich Potentiale zu überdurchschnittlichen Leistungen entwickeln, müssen zahlreiche weitere Faktoren günstig zusammenwirken. Auch hier können Lehrpersonen Einfluss nehmen und gerade diejenigen Faktoren verstärkt fördern, welche bei nicht erfolgreichen Schülerinnen und Schülern einen Schwachpunkt bilden. Gerade wenn eine Diskrepanz zwischen Begabung und Schulleistung besteht, kann dieses Modell Ansatzpunkte für gezielte Massnahmen liefern. 3 nach Heller, 1995, S. 15 DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 6

"! "! Hofer/Rohrbach, 5. Identifikation besonderer Begabungen Das Erkennen von besonderen Begabungen bildet die Grundlage für die Planung von Fördermassnahmen. Für die Erkennung besonderer Begabungen ist es wichtig, systematisch vorzugehen und verschiedene Informationsquellen zu nutzen. Heute ist bekannt, dass in jeder Klasse Kinder sind, die über deutlich höhere Kompetenzen in einem oder mehreren Bereichen verfügen als erwartet wird. Deshalb ist die gezielte Förderung besonderer Begabungen eine wichtige Aufgabe jeder Lehrperson. 5.1. Beobachtungen Bei Kindern mit besonderen Begabungen können folgende Eigenschaften häufig beobachtet werden!"# 4 #"!:! Hat sich Lesen und Rechnen selbstständig vor Schuleintritt beigebracht! Verfügt über einen grossen Wortschatz! Überragende Lern- und Begriffsleistungen; grosser Wissensdurst! Hohes Allgemeinwissen, resp. hohes Spezialwissen! Hohe Lerngeschwindigkeit! Starke Neugierde; intensive Beschäftigung mit numerischen, klassifikatorischen, gliedernden oder ordnenden Tätigkeiten (in der Freizeit)! Hohe Konzentration (Fokussierung)! Beharrungsvermögen bei interessanten, interessierenden Aufgaben (Persistenz)! Nonkonformismus, Selbstdarstellung im Sinne von ausgeprägtem Eigenwillen (Wille zur Selbststeuerung)! Divergente Lösungsstrategien! Ablehnung von Routine und Drill! Einzelgänger/in, hat ältere Freunde und Freundinnen! Ausgeprägtes Führungsverhalten! Sensibilität für die Probleme anderer (hohes moralisches Niveau) 4 2000 DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 7

"! "! "! Huser, "! Stamm, Ein Kind, dessen Leistungen schwach bis mittelmässig sind, kann also trotzdem besonders begabt sein, aber vielleicht:! versteckt es sein Können, um nicht aufzufallen! hat es eine Teilleistungsschwäche! kommt es aus einem anderen Kulturkreis! fehlt ihm ein förderliches Umfeld! möchte es nicht als Streber gelten 5.2. Unterforderung Leidet ein Kind schon längere Zeit an Unterforderung, haben sich ev. Merkmale aus folgender Liste entwickelt!"# 5 #"!:! Nachlassen von Interesse, und Motivation! Minimalismus, absichtliche Fehler! Mangelnde Konzentration, Flüchtigkeitsfehler! Verringerte Impulskontrolle, heftige Gefühlsausbrüche! Flucht in eine Traumwelt! Vor allem Mädchen: ziehen sich zurück, werden traurig, depressiv, richten den Zorn gegen sich selber! Vor allem Jungen: werden aggressiv, spielen den Klassenclown, stören den Unterricht, reagieren mit Zorn gegen ihre Umwelt! Häufig krank, Schlaf- und Essstörungen! Kopf- und Bauchschmerzen, andere psychosomatische Störungen 6 Margrit Stamm belegt in ihrer Studie!"# #"!, dass nicht alle Kinder mit hohem Potential erkannt werden. In der 1. Klasse werden ca. ein Drittel, in der 5. Klasse sogar zwei Drittel aller Kinder mit hohem Potential von den Lehrpersonen unterschätzt. Die Lehrpersonen sind deshalb darauf angewiesen, auch andere Meinungen (Eltern, Schulkameraden, Fachpersonen) einzuholen. 5 6 2007 2005 DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 8

Folgende Hilfsmittel können zur Identifikation dieser Fähigkeiten dienen:! Beobachtungen anhand von Checklisten! Fragebogen für Lehrpersonen (auch Fachlehrpersonen)! Fragebogen für Eltern! Fragebogen für die Schülerin/den Schüler! Nomination durch Peers! Durchführung von Vortests! schulpsychologische Abklärung Es sind immer mehrere der genannten Hilfsmittel einzusetzen. Trotz dem breiten Spektrum möglicher Begabungen ist zudem ein besonderes Augenmerk auf die Erkennung sprachlicher und mathematischer Kompetenzen zu legen. Bei hohem Potential in diesen beiden, für die Schulkarriere entscheidenden Bereichen, werden sich bei Nichterkennen, bei massiver Unterforderung und fehlender Förderung am ehesten negative Verhaltensweisen entwickeln. 6. Begabungsfördernde Massnahmen Die hier aufgeführten Fördermassnahmen sind keinesfalls vollständig. Weitere Massnahmen können in Absprache mit dem Inspektorat eingeleitet werden, wenn es die individuellen Gegebenheiten erfordern. Im nachfolgenden Ablaufschema wird verdeutlicht, welche Massnahme zu welchem Zeitpunkt einzuleiten ist. Begabungsfördernde Massnahmen werden mit Hilfe eines Protokolls evaluiert. Damit eine Lehrperson alle Fördermöglichkeiten innerhalb der Klasse und innerhalb des Schulhauses optimal ausschöpfen kann, steht ihr die Fachperson Begabungsförderung beratend zur Seite. Gemäss den Grundsätzen (vgl. 2.1.) ergeben sich folgende Prioritäten begabungsfördernder Massnahmen: 1. Differenzierung und Anreicherung des Unterrichtsstoffes 2. Projektarbeit, Talentportfolio, Förderecke im Schulzimmer 3. Klassenübergreifende Projekte, Ressourcenraum 4. Gastunterricht 5. Beschleunigung 6. Gruppierung DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 9

6.1. Vorgehen Beobachtung (vgl. 4.) LP vermutet Unterforderung Eltern vermuten Unterforderung Gemeinsames Gespräch, evtl. mit Einbezug der FP BGF Evtl. Einbezug des schulpsych. Dienstes Information von Schulleitung und Inspektorat Massnahmen in der Regelklasse, mit Unterstützung der FP BGF (Anreicherung) Evaluation: Falls keine Verbesserung der Situation Einbezug des Inspektorates Prüfung zusätzlicher Massnahmen (Beschleunigung, Gruppierung) DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 10

"! "! Sisti-Wyss, 6.2. Anreicherung (Enrichment) Ort Beispiele Zuständigkeit! grösseres Lernangebot durch Differenzierung! Methodenvielfalt Innerhalb der Klasse Klassenlehrperson! Offene Projekte! Förderecke im Schulzimmer! Einführung eines Portfolios Innerhalb des Schulortes! Mittel- oder langfristige klassenübergreifende Projekte, wie Theater, Schülerzeitung, IKT Schulleitung Innerhalb des Schulortes! Ressourcenraum Schulteam! Gastunterricht in einer fremdsprachigen Inspektorat Klasse! Basisstufe! Talenttage für alle Schülerinnen und Schüler Schulleitung! Fördertag, klassenübergreifend Schulteam 7 Weitere Elemente begabungsfördernden Unterrichts!"# #"!:! Verschiedene Lerntypen berücksichtigen, Methodenvielfalt! Geeignete Lehrmittel einsetzen im Umgang mit Heterogenität! Nach Möglichkeit Einbezug neuer Technologien (z.b. Internet)! Vermehrt offene Fragen stellen bzw. divergentes Denken fördern! Unterstützung in Arbeits- und Lerntechniken! Problemstellungen anbieten, deren Lösungsweg eigenständig erarbeitet werden kann; verschiedene Strategien zulassen 6.3. Beschleunigung (Acceleration) Ort Beispiele Zuständigkeit! Gastunterricht in einer höheren Klasse! Freistellen von einzelnen Lektionen für ausserschulische Klassenlehrperson Innerhalb des Schulortes Weiterbildung Schulleitung! Frühzeitige Einschulung Inspektorat! Überspringen einer Klasse 7 2001 DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 11

6.4. Gruppierung (Grouping) Ort Beispiele Zuständigkeit Fachperson Begabungsförderung Innerhalb der Schulregion! Förderhalbtage (regelmässig 1x pro Woche) Inspektorat Ein regionaler Förderhalbtag kann eingeführt werden, wenn integrative Massnahmen ausgeschöpft sind. Hochbegabte Kinder können wöchentlich an einem Halbtag regional zusammengeführt werden, und zwar während der Unterrichtszeit. Während dieser Zusammenlegung, welche auf ein Semester beschränkt wird, werden sie von einer Lehrperson mit einer speziellen Ausbildung für die Begabungsförderung betreut. Diese Lehrperson arbeitet eng mit der Klassenlehrperson zusammen. Der Entscheid über die Durchführung der Förderhalbtage und die Aufnahme eines Kindes liegt beim Inspektorat. Die Ziele der Förderhalbtage sind:! eine spezielle Herausforderung bieten! Kinder auf hohem Niveau fördern, Selbstwertgefühl verbessern! Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken, Projektarbeit! gezielte Förderung der Stärken 6.5. Ausserschulische Förderung Ort Beispiele Zuständigkeit! Musik! Sport Ausserhalb der Schule Eltern! Sprachen! Spezielle Hobbies DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 12

7. Zusammenarbeit der Beteiligten Werden begabungsfördernde Massnahmen eingeleitet, so dient ein Protokoll zur Erstellung eines Situationsberichts. Dieses Protokoll wird von der FP BGF ausgefüllt und zur Kenntnisnahme weitergeleitet: für die PS an die LP, Schulleitung und das Inspektorat, auf Stufe der OS an die LP und die Schuldirektion. Dasselbe Protokoll dient bei jeder weiteren Besprechung zur Evaluation der bisher getroffenen Massnahmen. Die Lehrperson informiert die Eltern über begabungsfördernde Aktivitäten. Diese können auch als Expertenpersonen für Talenttage oder als Unterrichtshelfer/innen beim Förderhalbtag miteinbezogen werden. Die Förderung begabter Kinder ist keine ausschliesslich schulische Aufgabe. Die ausserschulische Förderung liegt in erster Linie in der Verantwortung der Eltern. 8. Angebot der Fachperson Die Fachperson für Begabungsförderung steht den Schulen, insbesondere den Lehrpersonen, für vielfältige Dienstleistungen zur Verfügung:! Beratung von Lehrpersonen! Unterstützung der Lehrperson bei Elterngesprächen! Unterstützung und Beratung der Lehrperson bei anreichernden, beschleunigenden oder gruppierenden Massnahmen! Evaluation getroffener Massnahmen! Zur Verfügung stellen geeigneter Materialien! Organisation schulinterner oder regionaler Weiterbildungen! Organisation regionaler Förderhalbtage! Kontakt mit den Aus- und Weiterbildungsstellen! Kontakt mit der Elternbildung Deutschfreiburg! Kontakt mit dem Netzwerk Begabungsförderung Schweiz DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 13

9. Quellennachweis 1. Schulgesetz des Kantons Freiburg (1985), Art. 33,1: Recht auf Unterricht. 2. Mönks, F. J., Ypenburg, I. H. (2005) Unser Kind ist hochbegabt (4. Auflage). München: Ernst Reinhardt Verlag. 3. Heller, K. A. (1995): Begabungsdefinition, Begabungserkennung und Begabungsförderung im Schulalter. In: Wagner, H. (Hrsg.): Begabung und Leistung in der Schule. Modelle der Begabtenförderung in Theorie und Praxis. Bad Honnef, S. 6-36. 4. Hofer, V., Rohrbach, D. (2000) Bildungsinhalte zum Thema Hochbegabung an Pädagogischen Hochschulen: vorgeschlagene Schwerpunktsetzungen in den Studienplänen (Seminararbeit, eingereicht bei Dr. W. Althof, Dept. Erziehungswissenschaften Uni Fribourg). 5. Huser, J. (2007) Lichtblick für helle Köpfe. (4. überarbeitete Auflage) Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons ZH. 6. Stamm, M. (2005) Zwischen Exzellenz und Versagen - Frühleser und Frührechnerinnen werden erwachsen. Zürich/Chur: Verlag Rüegger. 7. Sisti-Wyss V. (2001) Dossier Unterricht - Begabungsförderung in der Volksschule (Teil 2). %!&http://www.ag.ch/bf/shared/dokumente/pdf/012_dossier_unterricht_teil_1.pdf&!% DOA, März 2009 Konzept Begabungsförderung Seite 14