Politik Felix Reibestein Die USA und der Konflikt um das iranische Atomprogramm vor dem Hintergrund zweier verschiedener Sicherheitsdilemmas Studienarbeit
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 3 2. Vorgeschichte des Konflikts... 4 3. Die USA und der Iran vor dem Hintergrund verschiedener Sicherheitsdilemmas... 5 3.1. Das Sicherheitsdilemma des Iran... 5 3.2. Das Sicherheitsdilemma der USA... 10 4. Optionen der Konfliktlösung Chancen und Probleme... 13 4.1. Diplomatische Lösungen... 13 4.2. Eindämmung und von innen herbeigeführter Regimewechsel... 16 4.3. Militärische Optionen... 19 5. Fazit... 24 6. Literaturverzeichnis... 27 2
1. Einleitung Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran in Bezug auf das iranische Nuklearprogramm ist im Moment wohl eines der brisantesten Themen der internationalen Beziehungen. Die Komplexität der Krise ist weitaus größer als auf den ersten Blick erscheinen mag, hätte eine Eskalation doch sicher Auswirkungen auf andere globale Bereiche. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten sind seit der Revolution im Iran 1979 zutiefst getrübt. Durch die Machtübernahme der Ajatollahs und der damit einhergehenden Geiselaffäre mutierte der Iran für die USA vom Verbündeten zum Gegenspieler. Als dann im August 2002 durch Informationen seitens einer iranischen Oppositionsgruppe bekannt wurde, dass Teheran geheime Anlagen zur Urananreicherung betreibe und durch IAEA-Untersuchungen sich der Verdacht erhärtete, der Iran könne Atomwaffen produzieren, war der Höhepunkt des amerikanisch-iranischen Gegensatzes erreicht. Es darf zu recht daran gezweifelt werden, ob das Verhältnis der beiden Staaten auf einem solchen Tiefpunkt wie heute wäre, wenn kein iranisches Nuklearprogramm existieren würde. Der Konflikt wirft natürlich die Frage auf, warum der Iran nach dem Besitz von Atomwaffen strebt und die USA dies verhindern wollen. Die Vermutung liegt nahe, dass es beiden Staaten dabei um ihre Sicherheitsinteressen geht. Daher lautet die zentrale Fragestellung dieser Arbeit: Lässt sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran im Hinblick auf das iranische Nuklearprogramm mit zwei verschiedenen Sicherheitsdilemmas der Akteure erklären? Die Relevanz der Fragestellung erklärt sich durch eine damit verbundene Ursachenforschung. Wenn eine Abhängigkeit der Politik der USA bzw. des Irans im Zuge der Krise aufgrund der Sicherheitsdilemmas belegt werden kann, sind damit möglicherweise auch einige Punkte hinsichtlich der Konfliktursachen geklärt. Die Arbeit soll nicht beantworten, ob der Iran bereits jetzt oder in naher Zukunft in der Lage ist, zur Atommacht zu werden. Dies ist aufgrund der unterschiedlichen Berichte auch schwer möglich. Die Arbeit soll im Zusammenhang mit dem Sicherheitsdilemma nur klären, warum der Iran bestrebt sein könnte, sich nukleare Waffen anzueignen. Nach einer kurzen Abhandlung der Vorgeschichte des Konflikts, werden im Punkt 3. Argumente zusammengetragen, die dafür sprechen, dass sowohl der Iran als auch die USA im Laufe der Krise um das iranische Nuklearprogramm ihre Politik an ihren unterschiedlichen Sicherheitsinteressen ausrichten. Im Punkt 4. soll schließlich aufgezeigt werden, welche Optionen den USA zur Konfliktlösung zur Verfügung stehen und welche Auswirkungen diese auf die Sicherheitsdilemmas der beiden Konfliktparteien hätten. Bei der Bearbeitung des Themas wird hermeneutisch vorgegangen und die deduktive Methode angewendet. Wie mit der Fragestellung schon angedeutet, wird die Hypothese überprüft, 3
dass sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran in Bezug auf das iranische Atomprogramm mit zwei unterschiedlichen Sicherheitsdilemmas erklären lässt. Der zentrale Begriff dieser Arbeit das Sicherheitsdilemma stammt von der realistischen Theorie der internationalen Beziehungen ab. Aufgrund dessen orientiert sich die Argumentationsweise auch weitestgehend am Realismus. Der Forschung zum Thema ist aufgrund der Aktualität der Krise um das Nuklearprogramm des Irans noch nicht weit vorangeschritten. Viele Arbeiten befassen sich mit der Beschreibung des Konflikts, nur wenige aber beleuchten dabei die Sicherheitsinteressen des Iran bzw. der USA genauer. Daher besteht auch ein erheblicher Mangel an Monografien. Zwei von denen, die aber leider nicht verfügbar waren, sollen hier erwähnt werden. 1 Bei der Bearbeitung konnten daher hauptsächlich nur Zeitschriftenartikel und Aufsätze herangezogen werden. Bei der verwendeten Literatur sind die Arbeiten von Dueck/ Takey 2, Sagan 3 und Khosrozadeh 4 hervorzuheben, weil sie die nützlichsten Informationen für die Analyse lieferten und gut in die Argumentationsstruktur integriert werden konnten. 2. Vorgeschichte des Konflikts Der Iran versucht sich seit 1987 an der Entwicklung eines Nuklearprogramms für militärische Zwecke. 5 Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) wurde durch die Aussagen von Exiliranern 2002 darauf aufmerksam. Laut deren Aussagen lasse sich das Atomprogramm Irans sowohl zivil als auch militärisch nutzen. Inspektionen der IAEO ergaben den Befund, dass die Kapazitäten in der Anreicherungsanlage in Natanz ausreichten, um etwa zehn bis zwanzig Nuklearwaffen pro Jahr herstellen zu können, wenn vorher genügend hoch angereichertes Uran produziert werden würde. Daraufhin wurde Teheran für die Offenlegung seines gesamten Atomprogramms ein Ultimatum bis Ende Oktober 2003 gestellt, dem seitens Iran vorerst auch nachgegangen wurde. Zu Spannungen zwischen der islamischen Republik und dem Westen kam es erst wieder, als bekannt wurde, dass der pakistanische Nuklearwissenschaftler Abdul Qader Khan technologisches Know-how und Material an Iran geliefert hat. 6 Lange Verhandlungen mit der EU-Troika (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) führten letztendlich dazu, dass Teheran Ende 2004 die ausschließlich zivile Nutzung der Nuklear- 1 Khosrozadeh, Behrouz, Die Ayatollahs und der Große Satan. Iran USA, Berlin 2007.; Emirates Centre for Strategic Studies and Research (Hrsg.), Iran s Nuclear Program. Realities and Repercussions, Abu Dhabi 2007. 2 Dueck, Colin/ Takeyh, Ray, Iran`s Nuclear Challenge, in: Political Science Quarterly 122 (2007), Heft 2, S. 189-205. 3 Sagan, Scott D., How to Keep the Bomb From Iran, in: Foreign Affairs 85 (2006), Heft 5, S. 45-59. 4 Khosrozadeh, Behrouz, Countdown für Golfkrieg IV? Chronologie einer globalen Krise, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 51 (2006), Heft 3, S. 305-315. 5 Die Intentionen des Irans zum Starten eines solchen Atomprogramms sind aufgrund der Argumentationsstruktur dieser Arbeit in Punkt 3.1. nachzulesen. 6 Vgl. Khosrozadeh, Golfkrieg IV (wie Anm. 4), hier S. 306. 4