Interkulturelle Öffnung der Personalauswahl - am Beispiel der Altenhilfe Prof. Dr. Juliana Roth Institut für Interkulturelle Kommunikation Ludwig-Maximilians-Universität München
Interkulturelle Öffnung bezieht sich auf Institutionen ist ein Prozess der Organisationsentwicklung wird von oben initiiert und gesteuert muss von unten akzeptiert werden
Interkulturelle Öffnung Interkulturelle Öffnung bedeutet, dass eine Institution in ihren Strukturen und Prozessen die Bedeutung von Kultur und kultureller Vielfalt beachtet.
Kultur ist das gemeinsame Alltagswissen menschlicher Gruppen gibt Orientierungen für das Handeln und steuert die Wahrnehmung ermöglicht die Bewertung von Handlungen besteht aus eingeschliffenen Selbstverständlichkeiten ist unbewusst wandelt sich langsam und ungleichmäßig
Kultur Meine Kultur ist im weitesten Sinne das, was mich zum Fremden macht, wenn ich von zu Hause fort bin.
Wo wirkt Kultur? Familie (Familienzugehörigkeit, Fürsorge, Pflichten, Verantwortung) Nähe und Distanz (Räumlicher/ emotionaler Abstand, Gefühlsäußerung, Zutraulichkeit) Schmerz (Schmerzbeschreibung, Schmerzäußerung) Nahrung (Mahlzeiten, Speisen)
Seelenessen Die gewohnte Nahrung gehört zu den wichtigsten Kernbereichen unserer Kultur. Diesem Umstand trägt der Ausdruck Seelenessen Rechnung. Wenn wir traurig, unglücklich, krank oder in der Ferne sind, ist das Verlangen nach dem gewohnten Essen besonders stark. Wenn Sie längere Zeit in einem anderen Land leben und arbeiten würden, was würden Sie vermissen?
Kulturtest I: a. Bei welchen Verwandten können Sie ohne Anmeldung übernachten? b. Haben Sie Ihre Berufswahl mit der Familie besprochen? c. Wissen Sie, wie viel Ihre Geschwister verdienen? d. Wissen Ihre Eltern, wie viel Sie verdienen? Kennen Sie Leute, die anders antworten würden?
Kulturtest II: Alle Leute lächeln. Dieser Gesichtsausdruck bedeutet: a. auf der ganzen Welt dasselbe, nämlich Freundlichkeit. b. überall was anderes. c. in Südostasien Verlegenheit.
Kulturtest III: Die Art, wie Menschen Schmerz beschreiben, ist a. überall gleich. b. anders bei Männern und bei Frauen. c. abhängig von Sprache und Kultur.
Interkulturelle Kompetenz Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, kulturelle Überschneidungssituationen zufriedenstellend meistern zu können.
Interkulturelle Kompetenz Was ist bei einer Trauerfeier das richtige Verhalten? Lautes Weinen, Schreien und wildes Gestikulieren oder stille Andacht und Haltung bewahren?
Interkulturelle Kompetenz Ist es richtig, sich im Bewerbungsgespräch als sachkompetent, als emotionsfähig oder als Mitglied einer einflussreichen Familie vorzustellen?
Interkulturelle Kompetenz Interkulturelle Kompetenz beschreibt die allgemeine Fähigkeit, in verschiedenen kulturellen Überschneidungssituationen anhand von bestimmten Wissensbeständen, Fertigkeiten und Einstellungen angemessen zu kommunizieren.
Altenpflege: Wissensbestände a. Migrationsbiographien b. Migrantisches Leben c. Existenz kultureller Unterschiede im Allgemeinen d. Kulturelle und soziale Merkmale der größten migrantischen Gruppen
Altenpflege: Fertigkeiten a. Kultur, Situation und Individuum auseinander halten b. Akzeptieren, dass in interkulturellen Situationen andere Regeln gelten c. Unklare Situationen und Widersprüchlichkeiten aushalten d. Eigene Stereotypen erkennen und zurückhalten e. Eigenen Ethnozentrismus einstellen
Interkulturelle Kompetenz in der Fremdländisch Personalauswahl Eine Bewerberin kommt einige Minuten zu spät zum Vorstellungsgespräch. Sie spricht fließend Deutsch, hat einen ausländischen Namen, den Sie nicht sofort aussprechen können, und sieht auch fremdländisch aus. Auch wenn sie erklärt, dass die Verspätung nicht ihre Schuld sei unerwarteter Stau oder Unfall auf der Bahnstrecke kann es doch sein, dass Sie sie als unzuverlässig einschätzen?
Interkulturelle Kompetenz in der Personalauswahl Der schwierige Name Enikö Csikszentmihalyi [wird ausgesprochen wie Enikö Tschiksentmihai ] kommt zum Vorstellungsgespräch in Ihr Büro. Sie merken, dass Sie den Namen nicht aussprechen können? Was machen Sie?
Interkulturelle Kompetenz in der Personalauswahl a. Ich lasse mir den Namen genau buchstabieren und die Aussprache beibringen. b. Ich vermeide es, diesen Nachnamen auszusprechen. c. Ich weiß, wie der Name ausgesprochen wird und spreche ihn fehlerfrei aus. d. Oh Gott, so was kann ich nicht aussprechen! e. Kann ich Enikö zu Ihnen sagen? f. Ich kann Ihren Namen nicht aussprechen. Könnten Sie mir helfen? g. Mein Gott, das kann ja kein Mensch lesen.
Mögliche Fallen Stereotypenfalle Ignoranzfalle Kulturalisierungsfalle
Schönes Leben D: Wenn Sie eine Million Euro im Lotto gewinnen, was würden Sie tun? M: Ich würde mir was kaufen, ich würde mir ein schönes Hotel suchen, in einer schönen Gegend, mit einem tollen Bad. Dort würde ich bleiben, bis die eine Million Euro aufgebraucht ist. D: So wie Ferien, einfach so? M: Ja, lange Ferien. D: Lange Ferien? Interessant. M: Ja! (Nach: Tim Riedel: Internationale Personalauswahl. Wie wir die Richtigen erkennen, auch wenn sie anders sind als wir. Göttingen 2015, 86).
Schönes Leben Erwartung des Interviewers: Nennung einer sinnvollen Aufgabe, z.b. seiner Familie, seiner Universität was Gutes tun, eine Weltreise oder Geldanlage machen. Ziel ist die Überprüfung der Leistungsbereitschaft Erwartung des Bewerbers: Einladung zum Fantasieszenario, Erfüllung des Traums vom guten Leben. Ziel ist die Darstellung von Träumen jenseits von Verpflichtungen
Wichtig im Bewerbungsgespräch Non-verbale und paraverbale Elemente: Vortragsart, Melodie, Sprechstil, Sprechpausen, Gesten, Mimik, Körpersprache
Beurteilung eines Bewerbers: Der Kandidat war kompetent und kannte sich inhaltlich gut aus. Allerdings erschien er als wenig durchsetzungsfähig.
Beurteilung eines Bewerbers Abfallender Tonfall + langsames Sprechtempo + ausweichender Blickkontakt + niedrige Lautstärke = Geringe Durchsetzungsfähigkeit Abfallender Tonfall + langsames Sprechtempo + ausweichender Blickkontakt + niedrige Lautstärke = Höflichkeit, Respekt, Bescheidenheit
Beurteilung eines Bewerbers Hiesige Kriterien für eine gute Beurteilung: a. Kurze, prägnante Antworten zur Sache b. Keine Familienmitglieder, Freunde, nahestehende hochgestellte Persönlichkeiten erwähnen c. Maßvoll auf eigene Qualitäten hinweisen d. Sachorientierung, wenig Small Talk e. Direkter Blickkontakt f. Fester Händedruck
Beurteilung eines Bewerbers Und woanders?