VORTRAG DER GESUNDHEITS- UND FUERSORGEDIREKTION an den Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates Qualitätskontrolliertes Mammographie-Screening-Programm für den Kanton Bern ohne Verwaltungskreis Berner Jura Ausgabenbewilligung (mehrjähriger Verpflichtungskredit) für die Jahre 2012-2020 1. Zusammenfassung Am 4. September 2008 hat der Grosse Rat die Motion (M 114/2008) Heuberger, Oberhofen (Grüne), vom 9. April 2008 Brustkrebsvorsorge angenommen. Diese verlangt die Entwicklung und die Umsetzung eines kantonalen Brustkrebsvorsorgeprogramms für alle Frauen im Kanton Bern unter Berücksichtigung der Bundesvorgaben, um eine Übernahme der Kosten durch die soziale Krankenversicherung zu ermöglichen. Die Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie ab dem 50. Altersjahr alle zwei Jahre ist seit dem 1. Januar 2010 definitiv Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (technische Leistung und medizinische Interpretation), sofern die Untersuchung im Rahmen eines Programms mit Qualitätssicherung durchgeführt wird. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion wird gestützt auf dem von Fachleuten erarbeiteten Grobkonzept eine Institution für den Kanton Bern ohne Verwaltungskreis Berner Jura beauftragen, ein qualitätskontrollierte Mammographie-Screening-Programm aufzubauen und während mindestens acht Jahren 1 durchzuführen. Für die durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nicht gedeckten Kosten (Programmlogistik, Qualitätssicherungsmassnahmen und Massnahmen zur Überprüfung der Programmwirksamkeit) wird ein Betrag von insgesamt maximal CHF 4 700 000.-- während neun Jahren (sechsmonatige Aufbauphase im zweiten Semester 2012 und acht Jahren Durchführung) entrichtet. 2. Rechtsgrundlagen Artikel 12e Buchstabe c der Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31) Verordnung vom 23. Juni 1999 über die Qualitätssicherung bei Programmen zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie (SR 832.102.4) Weisung R-08-02 des Bundesamtes für Gesundheit, Qualitätsprüfungen an Mammographie-Einrichtungen vom 28. April 2003 (Revision-Nr. 2 vom 1. April 2011) Artikel 2 und Artikel 4 Absatz 1 und Absatz 2 des Gesundheitsgesetzes vom 2. Dezember 1994 (GesG; BSG 811.01) Artikel 47, 48 Absatz 2 und 50 Absatz 3 des Gesetzes vom 26. März 2002 über die Steuerung von Finanzen und Leistungen (FLG; BSG 620.0) Artikel 148 und 152 Absatz 4 der Verordnung vom 3. Dezember 2003 über die Steuerung von Finanzen und Leistungen (FLV; BSG 621.1) 1 gemäss Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung vom 23. Juni 1999 über die Qualitätssicherung bei Programmen zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie (SR 832.102.4)
3. Beschreibung des Geschäfts 3.1 Ausgangslage in der Schweiz Seite 2 Die Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie ab dem 50. Altersjahr alle zwei Jahre ist im Rahmen eines Programms mit Qualitätssicherung seit dem 1. Januar 2010 definitiv Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Ziel eines Mammographie-Screening-Programms ist die möglichst frühe Entdeckung von bösartigen Veränderungen im Brustgewebe von Frauen und damit die Verbesserung der Prognose hinsichtlich Krankheitsverlauf, Verminderung gesundheitlicher Probleme in Folge der Erkrankung (d.h. Senkung der Morbidität) und Senkung der Sterblichkeit. Zurzeit bestehen Mammographie-Screening-Programme in den Kantonen Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, St.Gallen, Thurgau, Waadt und Wallis. Im Kanton Graubünden ist der Start im Juni 2011 geplant. Am 1. Juli 2008 hat der Schweizerische Verband für Brustkrebs-Früherkennungs-Programme (VBKF) als nationale Einrichtung seine Tätigkeit aufgenommen. Der VBKF fasst alle bestehenden Brustkrebs-Früherkennungsprogramme in der Schweiz zusammen. Er setzt sich unter anderem für eine effiziente Koordination der Programme, für einheitliche und hohe Qualitätsstandards, für eine einheitliche und gute Information der eingeladenen Frauen und für eine flächendeckende Implementierung von Mammographie-Screening-Programmen in der Schweiz ein. 3.2 Ausgangslage im Kanton Bern Für ein Programm zur Früherkennung von Brustkrebs im Berner Jura im Rahmen eines Pilot-Projekts hat der Regierungsrat des Kantons Bern am 2. April 2008 für die Jahre 2008 bis 2011 einen Kredit von insgesamt maximal CHF 550'000 bewilligt. Das Pilotprojekt wird im Rahmen eines gemeinsamen Programms mit den Kantonen Jura und Neuenburg durchgeführt. Das Programm setzt verschiedene Vorstösse um: Eine Motion, die als Postulat im Grossen Rat im Jahre 2003 angenommen wurde, eine von rund 5'200 Personen unterschriebene Petition, die 2005 bei der interjurassischen Versammlung eingereicht wurde, sowie eine Resolution der interjurassischen Versammlung aus dem gleichen Jahr. Die ersten Mammographien wurden Anfang 2009 durchgeführt. Im ersten Jahr betrug die Teilnahmequote 28% und im zweiten Jahr 49%. Diese interkantonale Zusammenarbeit wird im gleichen Rahmen ab dem Jahr 2012 weitergeführt. Der jährliche Betrag zu Lasten des Kantons Bern zur Abgeltung der ungedeckten Kosten wird sich unter CHF 100 000 belaufen, d.h. im finanzkompetenten Bereich der Gesundheits- und Fürsorgedirektion. 3.3. Motion (M 114/2008) Heuberger, Oberhofen (Grüne), vom 9. April 2008 Brustkrebsvorsorge Am 4. September 2008 hat der Grosse Rat die Motion (M 114/2008) Heuberger, Oberhofen (Grüne), vom 9. April 2008 Brustkrebsvorsorge als Motion angenommen. Diese überwiesene Motion verlangt die Entwicklung und die Umsetzung eines kantonalen Brustkrebsvorsorgeprogramms für alle Frauen im Kanton Bern unter Berücksichtigung der Bundesvorgaben, um eine Übernahme der Kosten durch die soziale Krankenversicherung zu ermöglichen. Im Planungsprozess 2009 beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat aufgrund der schwierigen finanzpolitischen Ausgangslage, auf die Umsetzung von verschiedenen politischen Vorstössen (unter anderen die Motion (M114/2008) zu verzichten. Anlässlich der Budgetdebatte in der Novembersession 2009 stimmte der Grosse Rat jedoch einer Planungserklärung der SP/JUSO zu, wonach auf die Umsetzung der parlamentarischen Vorstösse nicht definitiv, sondern nur vorläufig zu verzichten sei. Der Regierungsrat hat sich deshalb im Rahmen der Planungsarbeiten zur Erarbeitung von Voranschlag 2011 und Aufgaben-/Finanzplan 2012-2014 noch einmal mit den entsprechenden Vorstössen
Seite 3 auseinandergesetzt. Dabei hat er nicht zuletzt gestützt auf die Budgetdebatte des Grossen Rates in der Novembersession 2009 die Motion Brustkrebsvorsorge (haushaltsneutrale Umsetzung innerhalb der GEF) aus der letztjährigen Übersicht gestrichen, d.h. er wird diese nun definitiv um- respektive die entsprechenden Arbeiten fortsetzen. Die Bernische Krebsliga hat der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, Auftraggeberin, im März 2011 ein Grobkonzept für ein qualitätskontrolliertes Mammographie-Screening-Programm im Kanton Bern eingereicht. Das von einer Arbeitsgruppe von Fachleuten erarbeitete Grobkonzept umschreibt die fachlich-technischen und organisatorischen Aspekte des Aufbaus und der Durchführung eines qualitätskontrollierten Mammographie-Screening-Programms im Kanton Bern. Das Grobkonzept sieht eine Organisationsstruktur vor, welche auf dem Modell einer dezentralen, regionalen Durchführung der Mammographie basiert einschliesslich Erstlesung der Bilder in akkreditierten Röntgeninstitutionen und deren Radiologinnen/Radiologen sowie einer zentralisierten Zweit-/Drittlesung. Der Versand der Bilder ist über ein digitales Netzwerk organisiert. Frauen mit verdächtigen Mammographie- Befunden werden im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens zur weiteren Abklärung an zertifizierte öffentliche oder private Brustzentren überwiesen. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion wird eine Institution beauftragen, gestützt auf das vorliegende Grobkonzept ein qualitätskontrolliertes Mammographie-Screening- Programm für den Kanton Bern ohne Verwaltungskreis Berner Jura aufzubauen und während mindestens acht Jahren gemäss Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung vom 23. Juni 1999 über die Qualitätssicherung bei Programmen zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie (SR 832.102.4) durchzuführen, da nach Bundesvorgaben eine Realisierungsdauer von mindestens acht Jahren zu garantieren ist. Die Koordination und die Zusammenarbeit mit dem bestehenden interkantonalen Programm für die Frauen aus dem Berner Jura wird sichergestellt. Die beauftragte Institution muss grundsätzlich nachweisen, dass sie über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügt. Neben der fachlichen Kompetenz in den Bereichen Logistik und Qualitätsmanagement sind weitere spezielle Anforderungen zu erfüllen: Die Institution ist in der Lage, die Bevölkerung und insbesondere Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren zu motivieren, Massnahmen zur Krebsprävention zu ergreifen und am Mammographie-Screening-Programm teilzunehmen. Die Institution informiert klar und verständlich über ihren Auftrag und ihre Dienstleistungen in der Öffentlichkeit, insbesondere auch die Zielgruppe. Die Institution muss unabhängig von den Interessen der von ihr im Programm engagierten Leistungserbringer sein und über die Fortführung oder den Ausschluss der Beteiligung des Leistungserbringers am Mammographie-Screening-Programm entscheiden können. Die Institution muss mit den Spitälern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Einzugsbereich des Mammographie-Screening-Programms als akzeptierte Partnerin auftreten. Die Institution handelt, wo immer möglich, auf der Grundlage des aktuellsten Standes wissenschaftlicher Kenntnisse und praktischer Erfahrung. Die Institution muss Gewähr für Kontinuität bieten und die Programmleitung zuverlässig für eine längere Zeitperiode übernehmen können. Nach einer unter Beizug der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und der Finanzdirektion erfolgten, beschaffungsrechtlichen Prüfung kann festgehalten werden, dass der Auftrag zum Aufbau und Betrieb des Mammographie-Screening-Programms im Kanton Bern nicht öffentlich ausgeschrieben werden muss. Dies namentlich deshalb, weil die Durchführung des Mammographie-Screening- Programms mit erheblichen ungedeckten Kosten verbunden ist (vgl. unten Ziff. 4). Da diese ungedeckten Kosten vom Kanton übernommen werden, trägt die beauftrage Insti-
Seite 4 tution einerseits kein eigenes wirtschaftliches Risiko und hat andererseits nicht die Möglichkeit, einen Gewinn zu erzielen. Die beauftragte Institution handelt also in keiner Weise aus Gewinnabsicht, sondern in Verfolgung ideeller Zwecke. Der Auftrag ist somit nicht kommerzieller Natur und nicht als Auftrag im Sinne des öffentlichen Beschaffungsrechts zu qualifizieren. 4. Finanzielle Auswirkungen Grundsätzlich finanzieren die Krankenversicherer die technische Leistung sowie die medizinische Beurteilung für die einzelne Mammographie entsprechend KLV bei Frauen ab dem 50. Altersjahr alle zwei Jahre, sofern die Untersuchung im Rahmen eines qualitätskontrollierten Mammographie-Screening-Programms stattfindet. Die Leistung ist von der Franchise befreit, der Selbstbehalt von 10% muss jedoch von den Teilnehmerinnen übernommen werden. Das Inkasso bei den Krankenversichern erfolgt durch das Mammographie-Screening-Programmzentrum, welches die beteiligten Leistungserbringer entsprechend der erbrachten Leistungen entschädigt. Die Kosten für den Aufbau, die Programmlogistik, ein Teil der Qualitätssicherungsmassnahmen sowie die Massnahmen zur Überprüfung der Wirksamkeit des Mammographie-Screening-Programms sind nicht mit den Leistungen zu Lasten der Grundversicherung gedeckt. Für die durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nicht gedeckten Kosten wird ein Betrag von insgesamt maximal CHF 4 700 000.-- während neun Jahren (sechsmonatige Aufbauphase im zweiten Semester 2012 und acht Jahren Durchführung) entrichtet, da nach Bundesvorgaben 2 eine Realisierungsdauer von mindestens acht Jahren zu garantieren ist. Die nachfolgende Tabelle zeigt das Mehrjahresbudget sowie die ungedeckten Kosten eines Mammographie-Screening-Programms im Kanton Bern: 2012 3 2013 2014 2015 2016-2020 Aufbau Durchführung Betrag CHF Betrag CHF Betrag CHF Betrag CHF Betrag CHF Programmkosten Personalkosten 232 000 521 500 521 500 544 700 544 700 Allgemeine Kosten 4 115 000 227 000 207 000 207 000 207 000 Raummiete 20 000 40 000 40 000 40 000 40 000 Betriebskosten 5 0 156 666 180 000 180 000 165 000 Verwaltungskosten 52 500 76 000 76 000 76 000 76 000 Abschreibungen 0 22 000 22 000 22 000 28 000 Total Kosten 419 500 1 043 166 1 046 500 1 069 700 1 060 700 Dienstleistungsertrag 6 0 299 988 360 000 540 000 630 000 ungedeckte Kosten 419 500 743 178 686 500 529 700 430 700 Kreditsumme/Kreditart/Konto/Produkt/Rechnungsjahr: Maximal CHF 4 700 000.-- 2 Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung vom 23. Juni 1999 über die Qualitätssicherung bei Programmen zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie (SR 832.102.4) 3 Für die sechsmonatige Aufbauphase 4 Jahresbeitrag Schweizerischer Verband für Brustkrebs-Früherkennungs-Programme, Übertragungssystem der Mammographien, Information/Kommunikation 5 Einladung/Reminder, Resultatsmitteilung, Qualitätsmanagement 6 Ist abhängig von der Anzahl durchgeführter Mammographien, d.h. der Teilnahmequote; Erfahrungszahlen aus den bestehenden Programmen
Seite 5 Mehrjähriger Verpflichtungskredit, der voraussichtlich durch folgende Zahlungstranchen abgelöst wird: 2012: max. CHF 450 000.-- 2013: max. CHF 750'000.-- 2014: max. CHF 700'000.-- 2015: max. CHF 550'000.-- 2016 bis 2020: max. CHF 450 000.-- Kreis SPA/KAZA (Funktionsbereich KAZA); Konto 365000 (Betriebsbeiträge an private Institutionen); Kostenkonto 913001; Produktgruppe Gesundheitsschutz und Sanitätsdienst, Produkt Übertragbare Krankheiten und Präventivmedizin. Der Kredit ist im Voranschlag und im Finanzplan enthalten (haushaltsneutrale Umsetzung). 5. Fakultatives Referendum Dieser Beschluss untersteht gemäss Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe c der Kantonsverfassung vom 6. Juni 1993 dem fakultativen Referendum. 6. Antrag Wir ersuchen Sie, dem beigelegten Beschlussentwurf zuzustimmen. Bern, 11. August 2011 DER GESUNDHEITS- UND FÜRSORGEDIREKTOR: Philippe Perrenoud Regierungsrat Geht zum Mitbericht an die Finanzdirektion Beilage: - Beschlussentwurf Beilage in den Akten der Finanzkommission: - Grobkonzept für ein qualitätskontrolliertes Mammographie-Screening-Programm im Kanton Bern, eingereicht bei der GEF im März 2011 Zuständige Sachbearbeiterin: Frau Dr. med. Anne-Marie Maurer, Abteilung Epidemiologie, Kantonsarztamt, Tel. 031 633 79 32