M E R K B L A T T Z U R BETRIEBLICHEN QUALITÄTSSICHERUNG (2. Neuauflage) f ü r h a n d w e r k l i c h e F l e i s c h e r e i b e t r i e b e HIER : CHEMISCHE ANALYSEN FÜR WURST- UND FLEISCHERZEUGNISSE IM RAHMEN DER FREIWILLIGEN SELBSTKONTROLLE (FSK) 1. Einleitung Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Jeder gewerbliche Hersteller trägt für seine Kunden ein Höchstmaß an Verantwortung im Hinblick auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit seiner Produkte und deren einwandfreie Zusammensetzung entsprechend den gesetzlichen Anforderungen. Produktzusammensetzung, Aufmachung und Bezeichnung richten sich nach der jeweiligen Rezeptur, die in Tradition des Unternehmens redlicher Herstellerbrauch ist, und nach der berechtigten Kunden- bzw. Verbrauchererwartung. Beides zusammen entspricht der sog. Verkehrsauffassung. Maßgeblich als Qualitätsstandard sind die nunmehr beinahe vollständig erstellten Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches. 2. Qualitätsanforderungen an die Zusammensetzung Oberste Maxime beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln ist der gesundheitliche Verbraucherschutz und der Schutz vor Täuschung. Der Schutz vor Täuschung ist gewährleistet, wenn ein Lebensmittel in Zusammensetzung und Kennzeichnung der Verkehrsauffassung, also der redlichen Herstellungspraxis und der berechtigten Verbrauchererwartung, entspricht. Werden Lebensmittel in den Verkehr gebracht, ist es von großer Bedeutung, die maßgebliche Verkehrsauffassung zu ermitteln und die richtige Verkehrsbezeichnung zu finden. Im Bereich der Europäischen Union ist nur in Ausnahmefällen die Verkehrsauffassung einheitlich und es gilt der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der jeweils bestehenden - 2 -
- 2 - nationalen Verkehrsauffassungen. In Deutschland wird die Verkehrsauffassung für viele Lebensmittel in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben. Sie dienen als Orientierungshilfe für Hersteller, Handel, Importeure, Verbraucher, Überwachung und Gerichte. Bei ihrer Anwendung ist zu beachten : Leitsätze sind keine Rechtsnormen und damit nicht rechtsverbindlich, ebenso nicht im Rang von Verwaltungsrichtlinien. In Beurteilungen und Stellungnahmen fungieren sie deshalb als Auslegungshilfe, sind aber nicht als Rechtsgrundlage zitierbar. Sie schränken auch keinesfalls die Zulässigkeit dessen ein, was nach nationalem oder Gemeinschaftsrecht erlaubt ist. Leitsätze sind dem Grunde nach objektivierte Sachverständigengutachten. Sie bringen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Verkehrsbezeichnung im Sinne der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) zum Ausdruck. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Irreführung im Sinne der Vorschriften des Lebensmittelrechts vorliegt, sind sie vorrangige Auslegungshilfe. Liegt bei Prüfung eines Lebensmittels eine Abweichung von der Beschreibung in den Leitsätzen vor, so ist das Lebensmittel bei ausreichender Kenntlichmachung der Abweichung gleichwohl verkehrsfähig. Eine ausreichende Kenntlichmachung im Sinne des 17 Abs. 1 Nr. 2 LMBG erfolgt weitgehend durch die vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente, z. B. die Angaben im Zutatenverzeichnis. Werden Lebensmittel lose abgegeben, so wird dem Erfordernis der ausreichenden Kenntlichmachung durch geeignete Angaben entsprochen (Schild neben der Ware plus Verzeichnis der kenntlichmachungspflichtigen Zusatzstoffe beim Verkauf). Bestehen Zweifel, ob eine erhebliche Abweichung der Beschaffenheit noch kenntlich gemacht werden kann oder ob bereits ein im Wesen anderes Produkt (Aliud) vorliegt und damit die angegebene Verkehrsbezeichnung nicht mehr zulässig ist, hat die/der Sachverständige bei der Interpretation der Leitsätze die herkömmlichen Regeln der Normauslegung entsprechend anzuwenden. Von einem Aliud ist beispielsweise dann regelmäßig auszugehen, wenn in dem entsprechenden Leitsatz für ein Lebensmittel mit der festgestellten Beschaffenheit eine andere Verkehrsbezeichnung aufgeführt ist. Die ursprünglich gewählte Verkehrsbezeichnung ist dann als irreführend im Sinne des 17 Abs. 1 Nr. 5b LMBG zu beurteilen. Für ein Lebensmittel in einer Fertigpackung, das mit einer bestimmten Verkehrsbezeichnung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum rechtmäßig in Verkehr ist, dem betreffenden Leitsatz aber nicht entspricht, regelt 4 Abs. 2 LMKV, dass dieses Lebensmittel grundsätzlich auch im Inland unter dieser Verkehrsbezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf. Diese Verkehrsbezeichnung ist durch beschreibende Angaben zu ergänzen, wenn anderenfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der sonstigen in der Verordnung vorgeschriebenen Angaben, der Verbraucher nicht in der Lage wäre, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden. - 3 -
- 3 - Die Leitsätze werden regelmäßig durch die Kommission überprüft und ggf. geändert. Darüber hinaus können Erkenntnisse, dass sich die Verkehrsauffassung geändert hat, zur Überprüfung des entsprechenden Leitsatzes auf dem üblichen Weg an das Sekretariat der Lebensmittelbuch-Kommission herangetragen werden. Nicht in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse aufgeführte Produkte können auch als regionale Erzeugnisse mit abweichender besonderer Verkehrsauffassung hergestellt, bezeichnet und in den Verkehr gebracht werden. Häufig handelt es sich um Regionalspezialitäten wie Calenberger Knappwurst, Harzer Schmorwurst, Pottsuse u. a. m.. Hersteller und Händler, die ihre Waren nach den Beschreibungen in den Leitsätzen oder den regionalen ausrichten und anbieten, können in hohem Maße darauf vertrauen, dass ihre Erzeugnisse auch von der amtlichen Lebensmittelüberwachung unbeanstandet bleiben. 3. Hilfestellung für den Praktiker Dieses Merkblatt gibt dem Fleischermeister bzw. Produktionsverantwortlichen eine Orientierungshilfe. Diese ist notwendig, da in Anbetracht andauernd rückläufiger Betriebszahlen immer weniger amtlich Überwachten ein immer noch wachsender Apparat an amtlichen Überwachern gegenüber steht, was nur zum Teil mit höheren rechtlichen Anforderungen einher geht. Hier sollen Fachbegriffe der Analytik dargestellt und erläutert werden, soweit diese Rückschlüsse erlauben hinsichtlich Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorgaben und damit Schutz vor amtlichen Beanstandungen ( 'Qualitätssicherung nach außen') Einhaltung produktionstechnischer, betrieblicher Vorgaben (Rezepturen und Technologie;,Qualitätssicherung nach innen ). Auf den Kernpunkt gebracht heißt dies: Aufbau und Intensivierung betrieblicher Selbstkontrolle- Einrichtungen zum Zweck des Nachweises der Erfüllung betrieblicher Sorgfaltspflichten gegenüber der amtlichen Lebensmittelüberwachung, Profilierung als Fachgeschäft gegenüber Kunden und Verbrauchern sowie Ausfindigmachen produktionstechnischer Schwachstellen und von Verbesserungsmöglichkeiten. Für viele kleine und mittlere Unternehmen des Fleischerhandwerks wird damit zusätzlich ein Einstieg in eine zeitgemäße Materialkostenkalkulation erleichtert. Dies ist vielfach dringend notwendig. Die FSK-Rahmenverträge des FNB und FSA mit dem Gissel-Institut in Hannover und dem Labor Dr. Warnecke in Dessau ermöglichen eine systematische Befassung, indem Analysenergebnisse Rezepturen und damit Anteilen standardisierten Verarbeitungsfleisches rechnerisch gegenüber gestellt werden. Im zweiten Ansatz kann der Praktiker mit Hilfe von z. B. GEHA-standardisierten Wurstrezepturen ggf. notwendige Änderungen seiner Hausrezepturen (qualitative Verbesserungen und/oder kalkulatorische Anpassungen der Rohstoffe) vornehmen. - 4 -
- 4-4. Untersuchungskriterien Grundsätzlich werden die von amtlicher Seite stichprobenartig entnommenen Lebensmittel nach den in 35 LMBG (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) genannten, anerkannten Untersuchungsverfahren analysiert. Für Wurstwaren und Fleischerzeugnisse sind die in folgender Übersicht benannten und erklärten Untersuchungskriterien von Bedeutung: Abkürzungen (Analysen) Fett Fett i. Tr. = Fett i. TS = Fett in Trockensubstanz Fett : Fl.-Eiw. = Fett/Fl.-Eiw. = Fett/FE Fachbegriffe / Erläuterungen Fettanteil gem. Analyse Fettvergleichswert, in Bezug auf Trockensubstanz Fett-Fleischeiweiß-Verhältnis H2O = Wasser Wasser (der untersuchten Probe) Fremd-H2O Fremdwasser, rechnerisch ermittelt über die Feder-Zahl = FW H2O : Fl.-Eiw. Wasser-Fleischeiweiß-Verhältnis = H2O/FE (Anteile Wasser bezogen auf Anteile Fleischeiweiß) GE Gesamteiweiß = Ges.-Eiw. (ermittelte Stickstoffmenge der Probe mal 6,25) (N x 6,25) FE = Fleisch-Eiw. Fleischeiweiß Hydrxiprolin Aminosäure, deren ermittelter Anteil (indirekt) der = Hypro Berechnung des Bindegewebeanteils dient BE = Bindegew.-Eiw. Bindegewebeeiweiß BEFFE = Beffe Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß = absoluter BEFFE-Anteil BEFFE im FE Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß, bezogen auf = BEFFE i. Fl.-Eiw. den Fleischeiweißanteil = relativer BEFFE-Anteil BE im FE Bindegewebseiweiß, bezogen auf den Fleischeiweiß- = BE i. Fl.-Eiw. anteil (selten genannt/ verwendet) = relativer BE-Anteil Fleisch- und Wurstwaren bestehen in der Hauptsache aus den aus gewachsenem Muskelfleisch resultierenden Hauptbestandteilen Wasser, Eiweiß und Fett, im weiteren aus muskeleigenen Mineralstoffen, zugesetztem Salz sowie Gewürzen und technologisch wirkenden Hilfsstoffen im Promille- bis Prozentbereich. Einzig Produkte der Gattung Brühwürste dürfen, je nach Art, verkaufsfertig maximal etwa 16 % Trinkwasser (technologisch bedingt) enthalten. - 5 -
- 5-3. Qualitätsmerkmale für Wurstwaren / Fleischerzeugnisse Ausgehend von dem Grundsatz, dass Magerfleisch im Vergleich zu den übrigen zur Wurstherstellung kommenden von Schlachttieren stammenden Rohstoffen die Wert gebende Komponente darstellt, wurden die in den Leitsätzen genannten Beffe-Werte als maßgebend für die analytische Beurteilung eingeführt. Tatsächlich ist Beffe sowohl in ernährungsphysiologischer als auch in preislicher Hinsicht Wert bestimmend. Weiterhin gilt der Grundsatz : Fett- und Wasseranteile müssen im herkömmlichen Rahmen liegen und werden neben den Beffe-Anteilen hilfsweise zur Gesamtbeurteilung herangezogen. Dieses Beurteilungsschema gestattet einerseits genügend Spielraum für Rezepturverbesserungen im Wettbewerb der Hersteller untereinander, andererseits garantiert es den Kunden und Verbrauchern ein breites Angebotsspektrum. Die Leitsätze bilden somit im Gegensatz zu alten DDR-Qualitätsnormen eine Art Rahmenvorgabe sozusagen die unterste Grenze redlicher Produktionsweise. Wesentlich : die Einhaltung der in den Leitsätzen vorgegebenen Ausgangsmaterialien sowie besonderen Merkmale für einzelne Produkte bzw. Produktgruppen sichert ein Höchstmaß an Produktionssicherheit. 4. Eiweiß-Kenngrößen Das gesamte Eiweiß ist im Falle von Fleischerzeugnissen Fleischeiweiß gleichzusetzen (Traditionsrezepturen). Der Chemiker errechnet das Gesamteiweiß und somit das Fleischeiweiß durch Analyse der Stickstoffmenge : Ges.-Eiweiß = Stickstoffmenge x 6,25 Daß dieses Verfahren zuverlässige Ergebnisse liefert, resultiert aus der Tatsache, daß Eiweiß tierischer Herkunft einen mittleren Stickstoffanteil von 16% aufweist (16% x 6,25 = 100 %). Die für den Praktiker auch visuell unterscheidbaren beiden Hauptkomponenten von Fleischeiweiß sind Bindegewebseiweiß = BE und Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß = BEFFE Beispiel zur Verdeutlichung : Mageres Schweinefleisch besteht aus Wasser (73,9 %), FE (20,7 %), intramuskuläres Fett (4,0%), Mineralstoffe u. a. (1,4%) und der BE-Anteil ergibt sich lt. Analyse zu 1 % absolut. Folglich enthält FE hier rd. 95 % BEFFE und rd. 5 % BE. Das sind absolute Mengen im Magerfleisch von 1,0 % BE und 19,7 % BEFFE. Dieses Muster -Schweinefleisch ist schier und enthält kein sichtbares Fett. - 6 -
- 6 - a) Fleischeiweiß (FE) wird in Leitsatz 1.71 definiert und besteht aus bindegewebseiweißfreiem Fleischeiweiß und Bindegewebseiweiß. FE = BEFFE + BE b) Bindegewebseiweiß (BE) enthält die für den Analytiker wichtige Aminosäure Hydroxiprolin. Deren Anteil in einer Wurstprobe wird ermittelt und daraus der Bindegewebsanteil berechnet. BE = Hydroxiprolin x 8 Dies funktioniert mit ausreichender Genauigkeit, da Hydroxiprolin ausschließlich im Bindegewebsanteil und dort in einem konstanten Verhältnis von 12,5 % vorkommt. c) Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß (BEFFE) ist gleichfalls nicht direkt analytisch zu ermitteln. Dieser absolute BEFFE-Anteil wird berechnet als BEFFE = FE - BE Man erkennt : BEFFE ist eine Maßzahl für den Magerfleischanteil. d) Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß im Fleischeiweiß (BEFFE im FE) wird auch als relativer BEFFE-Anteil bezeichnet und berechnet als BEFFE im FE = BEFFE / FE x 100 % Fazit : Die analytische Ermittlung von Fleischeiweiß und der Aminosäure Hydroxiprolin sind Basis für die Berechnung der BEFFE-Anteile einer Wurst oder eines Fleischerzeugnisses. Beide BEFFE-Anteile geben darüber Auskunft, wie viel Muskelfleisch per Rezeptur zum Einsatz kam und wie sehnen- bzw. bindegewebsarm (und damit hochwertig) die verwendeten Fleischmaterialien waren. Dies beantwortet die Fragen : Ist meine Rezeptur verkehrsfähig und nicht zu beanstanden? Muß ich aus Kalkulations- oder Qualitätsgründen Rezepturänderungen vornehmen? Häufig sind zu magere Rezepturen auch geschmacklich ungünstig. Allerdings wird der Unterschied zwischen sehr guter und guter Rezeptur in aller Regel nicht wahrgenommen und auch nicht honoriert. Generell gilt es, notwendige Änderungen nur äußerst behutsam durchzuführen, um den weiteren Kundenzuspruch zu erhalten. - 7 -
- 7-5. Wasser Der Wasseranteil von Würsten und Fleischerzeugnissen stammt in den weit überwiegenden Fällen aus dem eingesetzten Muskelfleisch der Schlachttiere. Es wird analytisch durch Ausdampfen der Probe bestimmt. Darüber hinaus gehende Wasseranteile, die beispielsweise bei Brühwürsten technologisch notwendig und lebensmittelrechtlich statthaft sind, werden als Fremdwasser bezeichnet. Die Bestimmung von Fremdwasser (FW) ergibt sich wie folgt : FW = Wasser-% per Analyse - Fleischeiweiß-% x 4 Der Faktor 4 heißt fachspezifisch Federzahl und beruht auf dem einfachen Verhältnis von 4 Teilen Wasser und 1 Teil Eiweiß in Muskelfleisch. Die Federzahl hat den Zweck, die natürliche biologische Schwankungsbreite im Wasseranteil von Fleisch mit einzubeziehen. Beispiel : Die Chemische Analyse einer Mortadella norddeutscher Art ergab 12,0 % Fleischeiweiß und 60,0 % Wasser FW = 60,0 % - 12,0 % x x 4 = 12,0 % Ergibt die Gleichung ein negatives Vorzeichen, ist dies auf Abtrocknung (z. B. Rohwürste und Rohschinken) zurückzuführen oder auch darauf, dass bei der bei Kochwurstrohstoffen eingetretene Vorgarverlust nicht ausgeglichen wurde. 6. Fett Fett wird aus Wurst- und Fleischerzeugnis-Proben mit speziellen Lösungsmitteln extrahiert und nach Gewichtsprozenten angegeben. Zur Beurteilung der Verkehrsfähigkeit wird dieser Wert insofern herangezogen, als er bei ansonsten übertroffenen Mindest-BEFFE-Anteilen im sog. herkömmlichen Rahnen liegen muß. Die in aller Regel lose zum Verkauf als Bedienware in handwerklichen Fleischereibetrieben feilgebotenen Erzeugnisse müssen seit 1984 Fettgehaltsstufen zugeordnet werden, z. B. in der Form von Aushängen. Darin werden für gängige Wurst- und Fleischwaren zur ergänzenden Verbraucherinformation Produkte mit absoluten Fettanteilen zwischen etwa 5% und 50% angegeben, d. h. gestaffelt in 5%-Intervallen mit einer Schwankungsbreite von plus/minus 5 %. Das Gros aller selbst gefertigten Produkte liegt bei etwa 25 % Fettanteil absolut, also dort wo mittelfette Käsesorten ebenfalls zu finden sind. Fette haben ihre volle Berechtigung, nämlich als Träger von Geschmacks- und Aromastoffen. - 8 -
- 8-7. Analysenbeispiele 7.1 Brühwurst : Norddeutsche Mortadella, Leitsatz 2.222.1 Lebensmittelrechtliche Mindestanforderungen sind einzuhalten, nämlich : Ausgangsmaterial : Besondere Merkmale : BEFFE BEFFE im Fleischeiweiß : grob entsehntes Rindfleisch, grob entfettetes Schweinefleisch, fettgewebereiches Schweinefleisch und Speck dürfen zur Verwendung kommen umgerötet; in Hüllen mit größerem oder mittelgroßem Kaliber herzustellen nicht unter 8,0 % absolut chemisch nicht unter 75,0 % (relativer BEFFE-Wert) Fremdwasseranteil : maximal 14,0 % bis 16,0 %, regional auch darüber, d. h. entsprechend der jeweiligen Verkehrsauffassung Fettanteil : 30 % plus/minus 5 %, je nach Region Die chemische Analyse ergab (z. B.) : Ges.-Eiweiß (N x 6,25) 12,0 g/ 100g Fleischeiweiß 12,0 g/ 100g Hydroxiprolin 0,250 g/ 100g Fett 25,0 g/ 100g H2O 60 g/ 100g Hier nicht besonders benannte Anteile an Mineralstoffen (Asche) ergeben sich als Differenz zu 100 %. Es handelt sich um fleischeigene plus solche aus Zutaten, wie z. B. Salz. Da ein deutsches Fleischerzeugnis vorliegt, wird erwartet, dass Fremdeiweiß nicht verwendet wird. Folglich ist der Anteil Fleischeiweiß mit dem Anteil Gesamteiweiß identisch. Die rechnerischen Analysenwerte leiten sich so ab : BE-% = Hydroxiprolin-% x 8 = 0,250 % x 8 = 2,0 % BEFFE-% = Fleischeiweiß-% - Bindegew.-Eiweiß-% = 12 % - 2 % = 10,0 % BEFFE im FE-% = BEFFE-% / FE-% x 100 % = 10/12 x 100 % = 83,3 % Das bisherige Analysenergebnis erlaubt die Bewertung : Der BEFFE-Anteil liegt 20 % über dem Sollwert. Der relative BEFFE-Wert liegt einer qualitätsbetonten Magerfleischauswahl entsprechend ausreichend weit über dem Mindestwert. Beide Teilergebnisse signalisieren die Verwendung von Ausgangsmaterialien gemäß den Anforderungen dieses Leitsatzes. - 9 -
- 9 - Der Fremdwasseranteil berechnet sich zu : Fremdwasser-% = Wasser-% lt. Analyse Wasser aus Muskelfleisch = 60,0 % - Fleischeiweiß-% x 4 = 60 % - 48 % = 12 % Der Fremdwasseranteil liegt somit im herkömmlichen Rahmen und ist nicht zu beanstanden. Was schließlich den Fettanteil betrifft, so liegt dieser eher niedrig, was eine die Qualität betonende Herstellung belegt. 7.2 Kochwurst : Leberwurst, Leitsatz 2.2312.5 Lebensmittelrechtliche Mindestanforderungen sind einzuhalten, nämlich : Ausgangsmaterial : Besondere Merkmale : BEFFE BEFFE im Fleischeiweiß : Fremdwasseranteil : Fettanteil : fettgewebereiches Schweinefleisch, Fettgewebe, Bindegewebe, Schweinemasken, Leber, auch Innereien dürfen zur Verwendung kommen grobe Körnung, aber auch fein zerkleinert nicht unter 8,0 % absolut chemisch nicht unter 75,0 % (relativer BEFFE-Wert) kein nachweisbares, Wasserzusatz lediglich zum Ausgleich von Kochverlusten beim Vorgaren des Magerfleisches statthaft 35 % plus/minus 5 %, je nach Region Die chemische Analyse ergab (z. B.) : Wasser 55,2 Gew.-% Fett 22,8 Ges.-Eiweiß 16,7 Hydroxiprolin 0,517 Fleischeiweiß 16,7 Bindegewebseiweiß 4,1 BEFFE 12,6 BEFFE im FE 75,2 BE im FE 24,8 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Fett i. Tr. 50,9 Fett/FE 1,4 Wasser/FE 3,3 Fremdwasser negativ - 10 -
- 10 - Aus dem Ergebnis folgt für das Produkt : Der absolute BEFFE-Anteil ist gut ausreichend und signalisiert hohe Anteile Magerfleisch und/ oder Leber. Der relative BEFFE-Anteil liegt äußerst knapp über der Mindestanforderung und beinhaltet ein hohes Beanstandungsrisiko. Folglich muß das Fleischmaterial besser, nämlich bindegewebsärmer, sortiert werden. Der relativ niedrige Fettanteil ist Folge des hohen Gehalts an Magerfleisch und / oder Leber. Aus Qualitätsgründen ist von Interesse, ob Kochverluste ausreichend ausgeglichen wurden, im gesetzlich zulässigen Rahmen. Letzteres wird mit Fremdwasser negativ belegt. 8. Abschließende Hinweise Die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse beschreiben Produkte mit einer gewissen Marktbedeutung im gesamten Bundesgebiet. Die dortigen Verkehrsbezeichnungen sind bei Einhaltung der Einzelanforderungen somit frei verwendbar. Daneben gibt es aber auch noch regionale Spezialitäten, für die spezielle Regelungen hinsichtlich Zusammensetzung und Bezeichnung gelten. Diese meist aus der Handwerkstradition entstandenen Produkte haben ihre Berechtigung in einem reichhaltigen Warensortiment, nämlich zur besseren Profilierung als regionales Fachgeschäft im Vergleich zu den überregional vermarktenden industriellen Großherstellern. Wenige dieser Produkte sind schriftlich mit regionaler Verkehrsauffassung beschrieben, was jedoch kein Manko ist. In Zweifelsfällen sollten sich Betroffene bei ihrer zuständigen Fleischerinnung vor Ort erkundigen oder sich an die Fachtechnische Beratungsstelle der Fleischerverbände Niedersachsen-Bremen Sachsen-Anhalt wenden. In diesem Zusammenhang sei betont, dass es nicht Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist oder sein kann, sozusagen normierend Verkehrsauffassungen festzulegen. Hannover / Halle, den 20.12.2002 M. Heinzig Diplom-Lebensmitteltechnologe