Arbeitszeit, Schlafdauer und Unfallrisiko Untersuchung direkter und indirekter Effekte mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen

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Multinomiale logistische Regression

Transkript:

Arbeitszeit, Schlafdauer und Unfallrisiko Untersuchung direkter und indirekter Effekte mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen Anna Arlinghaus Gesellschaft für Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationspsychologische Forschung (GAWO) e.v. Oldenburg Department of Environmental Health, Harvard School of Public Health, Boston, MA, USA Liberty Mutual Research Institute for Safety, Center for Injury Epidemiology, Hopkinton, MA, USA 59. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft, Krefeld, 27.2.-1.3.2013

Ko-Autoren David A. Lombardi 1,2, Joanna L. Willets 1, Simon Folkard 3,4, David C. Christiani 2 1 Liberty Mutual Research Institute for Safety, Center for Injury Epidemiology, Hopkinton, MA, USA 2 Department of Environmental Health, Harvard School of Public Health, Boston, MA, USA 3 Institut de Psychologie, Université Paris Descartes, Paris, France 4 Body Rhythms and Shiftwork Centre, University of Wales Swansea, Swansea, U.K.

Hintergrund Risikofaktoren für Arbeitsunfälle können komplexe Zusammenhänge aufweisen Einschränkungen traditioneller epidemiologischer Methoden bzgl. Direkte und indirekte Effekte Verschiedenartige Items und Skalierungen Komplexität der Zusammenhänge / Modelle Strukturgleichungsmodelle (SEM) als Lösungsansatz?

Lange Arbeitszeiten und Unfallrisiko Dembe et al. (2005)

Kurze Schlafdauer und Unfallrisiko * * * Lombardi et al. (2010) * p<0.05

Fragestellungen Kann man das Unfallrisiko anhand von SEM vorhersagen? Ist dies in einer großen, gewichteten Stichprobe möglich? Lassen sich Zusammenhänge zwischen langen Arbeitszeiten, kurzer Schlafdauer und dem Unfallrisiko zeigen? Unter Einbezug direkter und indirekter Effekte Unter Kontrolle potentiell konfundierender Faktoren

National Health Interview Survey (NHIS) Querschnittserhebung von ca. 13.000 Personen pro Jahr Repräsentative Stichprobe der U.S. Haushalte Zusammenfügen der Daten aus 2004-2009 ergab n=86.317

Spezifikation des Modells Wöchentliche Arbeitszeit Beruf Branche Bildung Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Auswertung mit SEM SEM Modelltests und Fit Maximum Likelihood Schätzung Komplexe Stichprobe (Gewichtung, Schichtung) Berechnung von linearen und logistischen Regressionen im selben Modell Direkte und indirekte Effektschätzungen Software: Mplus

Stichprobenmerkmale und Model Fit 648 Unfälle (0,7%) 50,8% Männlich Mittleres Alter: 41 Jahre Mittlere Arbeitszeit: 40,1 Std./Woche Mittlere Schlafdauer: 7 Std./Tag Model Fit akzeptabel RMSEA = 0.016 [90% CI: 0.015-0.016] Comparative Fit Index (CFI) = 0.98 Tucker-Lewis Index (TLI) = 0.97

Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells Arbeitszeit a) (10h-Kategorien <20 60+ Std/Woche) 0.14 1.14 Kurze Schlafdauer a) (1h-Kategorien 10 - <5 Std/Tag) 1.10 Unfall (J/N) Alle Pfadkoeffizienten sign. mit p<0.05 " Alle Kategorien sign. # Einige Kategorien sign. Logistische Regression (OR) Lineare Regression (Beta) a) Kategoriale Variablen b) Dummy Variablen für alle Kat. c) Referenz: Festes Gehalt d) Referenz: Männlich e) Kontinuierliche Variable

# " -0.17-0.17 Beruf b) Bildung b) Stundenlohn c) Geschlecht d) # n.s. 1.70 0.60 Arbeitszeit a) (10h-Kategorien <20 60+ Std/Woche) -0.02 0.14 1.14 Kurze Schlafdauer a) (1h-Kategorien 10 - <5 Std/Tag) 0.06 0.03 Alter e) 1.10 n.s. 1.02 Unfall (J/N) Traurig Nervös Unruhig Hoffnungslos Aufwand Wertlos 0.15 Psychological distress BMI e) 1.14 Alle Pfadkoeffizienten sign. mit p<0.05 " Alle Kategorien sign. # Einige Kategorien sign. Logistische Regression (OR) Lineare Regression (Beta) a) Kategoriale Variablen b) Dummy Variablen für alle Kat. c) Referenz: Festes Gehalt d) Referenz: Männlich e) Kontinuierliche Variable

Zusammenfassung Lange Arbeitszeiten verringern die Schlafdauer und erhöhen das Unfallrisiko Kurze Schlafdauer ist ein Risikofaktor für Arbeitsunfälle Mediation durch Schlaf und Arbeitszeit Komplexes (aber nicht vollständiges) Modell zur Vorhersage von Arbeitsunfällen

Diskussion - Einschränkungen Querschnittsanalyse keine kausalen Zusammenhänge Subjektive Daten Erinnerungsfehler, soziale Erwünschtheit, kogn. Verzerrungen möglich Keine Information über Arbeitszeit und Schlaf zum Unfallzeitpunkt vorhanden

Diskussion Stärken von SEM SEM scheint ein brauchbarer Ansatz zur Untersuchung von Unfällen zu sein Anwendung in Populationsstichproben möglich (inkl. gewichteter und geschichteter Stichproben) SEM erlaubt das Testen realistischerer Modelle direkter und indirekter Effekte mit höherer statistischer Power als traditionelle Methoden (z.b. Logistische Regression)

Zum Nachlesen:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Dr. Anna Arlinghaus anna.arlinghaus@gawo-ev.de www.gawo-ev.de

Spezifikation des Modells Beruf Lombardi et al. (2010) Branche Bildung Wöchentliche Arbeitszeit Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Dembe et al. (2008); ILO (http://laborsta.ilo.org); BLS (www.bls.gov); Vorausgehende Auswertungen Beruf Branche Bildung Wöchentliche Arbeitszeit Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Basner et al. (2007) Beruf Branche Wöchentliche Arbeitszeit Bildung Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Beruf Fogelholm et al. (2007) Branche Bildung Wöchentliche Arbeitszeit Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Beruf Wirtz & Nachreiner (2010) Branche Bildung Wöchentliche Arbeitszeit Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Beruf Patel et al. (2006) Branche Bildung Wöchentliche Arbeitszeit Ethnie Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index

Spezifikation des Modells Beruf Branche Peele et al. (2005) Bildung Ethnie Wöchentliche Arbeitszeit Stundenlohn Geschlecht Kurze Schlafdauer Alter BMI* Unfall Psychological distress *Body Mass Index