Planungsgrundlagen zur. Warnung und Information der Bevölkerung bei Gefahrenlagen. Stand:

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ARBEITSGEMEINSCHAFT DER LEITER DER BERUFSFEUERWEHREN in Nordrhein-Westfalen Arbeitskreis Zivil- und Katastrophenschutz AGBF - NRW- PG-WarnD030330a Planungsgrundlagen zur Warnung und Information der Bevölkerung bei Gefahrenlagen Stand: 30.03.2003 Vorbemerkung: Im Zusammenhang mit Großschadensereignissen, im Katastrophenfall sowie im Zivilschutz kann die Warnung oder Information der Bevölkerung erforderlich werden: Bedarf für eine Warnung ist gegeben, wenn kurzfristig ein bestimmtes Verhalten der Bevölkerung erforderlich wird, z. B. das Aufsuchen sicherer Orte (Gebäude), um sich vor Schadstoffimmissionen zu schützen. Bedarf für eine Information ist gegeben, wenn zwar objektiv keine Gefährdung der Öffentlichkeit gegeben ist, dies jedoch aufgrund subjektiver Wahrnehmung oder nicht korrekter Information durch nicht autorisierte Dritte geboten erscheint, um Unruhe und Fehlreaktionen in der Bevölkerung zu vermeiden bzw. diesen entgegenzuwirken. Komplexe Gefahrenlagen erfordern häufig die Übermittlung detaillierter Handlungsanweisungen an die Bevölkerung. Hinzu kommt das Informationsbedürfnis der Bevölkerung. Somit beinhaltet auch eine Warnung in der Regel einen Informationsteil. Eine Warnung besteht somit aus 2 Phasen: a) Aufmerksamkeit erzeugen / akustische Initialwarnung /1/, nachfolgend als Wecken bezeichnet b) Informieren Die nachfolgenden Empfehlungen sollen den Gefahrenabwehrbehörden helfen, ein einheitliches und effektives System zum Schutz der Bevölkerung aufzubauen. 1. Rechtliche Grundlagen Die Verpflichtung, die Warnung der Bevölkerung vorzubereiten, ergibt sich 1.1 für die örtliche Gefahrenabwehrbehörde aus dem Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) /2/, hier insbesondere aus 24 a (2) sowie AGBF-NRW, Arbeitskreis Zivil- und Katastrophenschutz c/o Feuerwehr Münster, York-Ring 25, D-48159 Münster Telefon (0251) 2025-100, Telefax (0251) 2025-196, E-Mail: FritzenB@stadt-muenster.de

1.2 für die untere Katastrophenschutzbehörde aus dem Zivilschutzneuordnungsgesetz, hier: Artikel I: Zivilschutzgesetz (ZSG) /3/ 6 1.3 für den Bund aus dem Zivilschutzneuordnungsgesetz, hier: Artikel I: Zivilschutzgesetz (ZSG) /3/ 6. Der Bund ist verantwortlich für die Warnung vor den besonderen Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen. Das ZSG sagt in 6, Abs. 2 hierzu aus: Soweit die für den Katastrophenschutz erforderlichen Warnmittel (Anmerkung: der Länder) für Zwecke des Zivilschutzes nicht ausreichen, ergänzt der Bund das Instrumentarium. 2. Derzeitiger Stand 2.1 Warnsystem des Bundes: Der Bund baut seine Maßnahmen des Zivilschutzes auf dem friedensmäßig vorhandenen Potential der Länder auf. Dies bedeutet, daß er dieses Potential für die Wahrnehmung seiner verfassungsgemäßen Aufgaben im und für den Verteidigungsfall ggf. ergänzt. Grundlage und Kern der Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung sind die Vorkehrungen der Länder und Gemeinden auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr. Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes im Jahr 1997 hat der Bund den Zivilschutz der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Deutschland angepasst. Bereits im Vorfeld der Beratungen zum ZSNeuOG hat der Bund in den Jahren 1993 bis 1996 den von ihm finanzierten Warndienst bis auf wenige Zentralaufgaben reduziert. So hatte das BMI bereits 1992 entschieden, das Zivilschutz-Sirenennetz zum 01.01.1993 abzuschalten und unverzüglich abzubauen. Dies hatte zur Folge, daß das bundesweit voll funktionsfähige Sirenennetz, welches vom Bund über Jahrzehnte aufgebaut und betrieben wurde, bis auf wenige Ausnahmen demontiert wurde. Lediglich die Gemeinden, die bereit waren, die vorhandenen Sirenen auf ihre Kosten zu betreiben, konnten diese übernehmen. In 6 ZSNeuOG ist geregelt, daß die für die Warnung bei Katastrophen zuständigen Behörden der Länder (also die Gemeinden) im Auftrage des Bundes auch vor den besonderen Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen, warnen. Soweit die für den Katastrophenschutz erforderlichen Warnmittel für Zwecke des Zivilschutzes nicht ausreichen, ergänzt der Bund das Instrumentarium. Die Bundesregierung ist ermächtigt, zur Ausführung dieses Gesetzes das Verfahren für die Warnung der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall durch Rechtsverordnung näher zu regeln. Hierzu ist bisher keine Regelung getroffen. 2.2 Warnsystem des Landes NRW: Die öffentliche Warnung vor Gefahren über Rundfunk ist in einem Erlaß des Innenministers vom 30.03.1999 /4/ neu geregelt worden. Danach kann bei Großschadensereignissen, allgemeinen großräumigen Gefährdungslagen sowie Waldbrand- und Unwettergefahr überörtlich gewarnt bzw. informiert werden. Mit den ARD-Rundfunk-sendern, dem ZDF und Radio NRW wurden entsprechende Vereinbarungen über die Durchsage von Warnungen und Hinweisen an die Bevölkerung über den Hörfunk und ggf. in Form von Untertiteln über das Fernsehen getroffen.

3. Aktuelle Planungen des Bundes Nach den Terroranschlägen in den USA hat sich die bis dahin restriktive Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf die Vorbereitungen im Zivil- und Katastrophenschutz geändert. Dies gilt auch für den Warndienst. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Warnung der Bevölkerung im Rahmen des Zivilschutzes zukünftig durch eine Vernetzung vorhandener Informations- und Kommunikationstechniken erfolgen. 3.1 Für die Komponente Wecken ist insbesondere daran gedacht, die zur Steuerung von Funkuhren bereits vorhandene Technologie und Infrastruktur des DCF77-Signals auch für die Ansteuerung spezieller Warnempfänger zu nutzen. Nach Auskunft der Bundesregierung /5/ wird derzeit ferner auch unter dem Kostenaspekt geprüft, ob alternativ oder ergänzend die parallele Alarmierung über Mobil- bzw. Festnetztelefon oder auch der Aufbau eines modernen Sirenensystems in Betracht zu ziehen ist. 3.2 Für die amtlichen Gefahrendurchsagen zur Warnung der Bevölkerung vor Natur- und technischen Katastrophen /6/, d.h. zur Informationsübermittlung nach dem Wecken, hat der Bund bereits Mitte Oktober 2001 das satellitengestützte Kommunikationssystem MECOM in Betrieb genommen, das die Lagezentren der Innenministerien der Länder mit den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern und Presseagenturen vernetzt und so die Voraussetzung für eine schnelle, parallele Informationsweitergabe an die Bevölkerung auf Ebene des Bundes und der Länder schafft. 3.3 Nach Einschätzung der AGBF-NRW ist die Etablierung des Systems MECOM durch die Bundesregierung ein richtiger und weit reichender Schritt zur Realisierung einer effektiven Informationsweitergabe. Das System MECOM sollte daher auf Ebene der Bundesländer in der Weise weitergeführt werden, dass alle HVB in die Lage versetzt werden, die in ihrem Verantwortungsbereich örtlich vorhandenen Medien über das Gesamtsystem MECOM selektiv ansprechen zu können. Die durch den Bund für die Realisierung des Weckeffektes favorisierte Lösung auf Basis des DCF77-Signals wird durch die AGBF-NRW sehr kritisch bewertet. Zwar ist das Konzept technisch einfach realisierbar, doch ergeben sich zwei gravierende Mängel: a) Das System erlaubt nur eine begrenzte Anzahl zu selektierender Warnbereiche. Im günstigsten Fall erlaubt das System nur eine Selektion bis auf die Ebene der HVB. Eine weiter gehende Selektion bis hinab auf Teilbereiche von Städten oder Landkreisen ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht möglich, so dass sich das System für die wahrscheinlicheren, lokal begrenzten Ereignisse weniger eignet. b) Das System erfordert spezielle Warnempfänger bzw. die Erweiterung von Endgeräten des DCF77-Systems um die Warn-Komponente. Insofern gleicht das DCF77-System dem bereits vor Jahren durch den Bund konzipierten WARI- System. Das WARI-System sah die flächendeckende Ausstattung von Rundfunkempfängern mit Decodern vor, die (ähnlich dem ARI-System für Verkehrsfunkdurchsagen) durch die Gefahrenabwehrbehörde hätten aktiviert werden können. Dieses System konnte nicht etabliert werden, da die Industrie keine Chance gesehen hat, entsprechende Decoder wirtschaftlich vertretbar zu produzieren bzw. zu vertreiben. Auf entsprechende gesetzliche Vorgaben hat der Bund verzichtet, da sie ihm ebenfalls nicht durchsetzbar erschienen. Das WARI- System wurde schließlich vom Bund nicht weiter verfolgt. Es muß daher angenommen werden, dass auch das DCF77-System von der Bevölkerung nicht angenommen werden wird und der Bund auch dieses Projekt nicht realisieren kann.

Hinzu kommt, dass das DCF77-System, vorbehaltlich einer positiven Entscheidung der Bundesregierung, frühestens ab dem Jahr 2010 in nennenswertem Umfang genutzt werden kann. Eine Aussage darüber, ob das System dann flächendeckend sicher funktioniert, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden. Auch die Nutzung von Mobil- oder Festnetztelefonen zur Auslösung des Weck- Effektes muß sehr kritisch gesehen werden, da die Gefahrenabwehrbehörden hierbei auf öffentliche Telekommunikationssysteme zurückgreifen, welche erfahrungsgemäß bei Katastrophen aufgrund einer außergewöhnlich hohen zivilen Nutzung Kapazitätsengpässe aufweisen oder ausfallen können. 3.4 In den Nachbarländern Niederlande und Belgien wird derzeit der Ausbau des Sirenennetzes forciert. 4. Planungsgrundlagen für den Aufbau eines Warnsystems: 4.1 Die Warnung der Bevölkerung besteht in der Regel aus 2 Phasen: a) Wecken bzw. akustische Initialwarnung /1/, d.h. Aufmerksamkeit erzeugen b) Informieren bzw. Übermittlung der erforderlichen Verhaltensweisen 4.2 Die organisatorische und technische Realisierung einer Warnung erfordert unabhängig von der Technologie - den Aufbau eines Warnsystems. Art und Umfang des Warnsystems müssen auf Grundlage einer örtlichen Risikoabschätzung festgelegt werden. Kriterien hierbei sind u.a. : 4.2.1 Die Schnelligkeit des Warnsystems, welche aufgrund des Gefährdungspotenzials und der geographischen Lage der Gefahrenquelle(n) z.b. zu bewohnten Gebieten bestimmt werden muss. 4.2.2 Die Verfügbarkeit des Warnsystems, welche von der Zahl und Ausstattung der Einheiten der Gefahrenabwehr, der Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadensereignisses sowie der Existenz von bestehenden Informations- und Kommunikationssystemen abhängt. 4.3 Unabhängig von der Art des Warnsystems sollten die Phasen der Warnung wie folgt realisiert werden: 4.3.1 Das Wecken erfolgt mit einem Sirenensignal. 4.3.1.1 Das Signal kann mittels ortsfester oder mobiler Sirenen bzw. mittels ortsfester oder mobiler elektro-akustischer Anlagen (Lautsprecher) erfolgen. Einer ortsfesten Lösung (vergl. Ziffer 5) ist aufgrund der schnelleren Verfügbarkeit der Vorzug zu geben. 4.3.1.2 Als Sirenensignale sind ausschließlich die beiden aus der Zeit der bundesweiten Sirenen-Erprobung in der Bevölkerung bekannten Signale zu verwenden: 4.3.1.2.1 Heulton (auf- und abschwellend), 1 Minute Dauer Bedeutung: Rundfunkgerät einschalten

4.3.1.2.1.1 Die bisherige Bedeutung des Signals Rundfunkgerät einschalten sollte bei einer neuerlichen Bekanntmachung erweitert werden: Sichere (geschlossene) Räume aufsuchen, Passanten aufnehmen, Rundfunkgerät einschalten. Sobald die technischen Voraussetzungen zur Einsprache in den örtlichen Lokalsender (vergl. Ziffer 4.3.2.1) gegeben sind, ist die Bedeutung weiter zu ergänzen um: Rundfunkgerät einschalten und Lokalsender (Radio-NRW, ersatzweise WDR 2) einstellen. 4.3.1.2.2 Dauerton, 1 Minute Dauer Bedeutung: Entwarnung / Gefahr vorüber 4.3.1.2.3 Sofern die Sirenen noch zur Erst-Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehr herangezogen werden oder als Redundanz zum Funkalarmierungssystem dienen (vergl. Ziffer 5.3) ist hierfür das bundesweit eingeführte Signal zu verwenden: Dauerton, 1 Minute Dauer, zweifach unterbrochen Bedeutung: Feueralarm 4.3.1.3 Sollten aufgrund örtlicher Gegebenheiten weitere Sirenensignale erforderlich sein z. B. objekt-spezifische Signale mit der Aufforderung zu besonderem Verhalten), so müssen diese von den oben stehenden Signalen deutlich zu unterscheiden sein. 4.3.1.4 Die Bevölkerung ist über die Bedeutung der Sirenensignale durch die örtliche Gefahrenabwehrbehörde (und ggf. ergänzend durch die Betreiber besonderer Objekte) in regelmäßigen Abständen (mind. halbjährlich) zu informieren. Nach Möglichkeit ist die Information schriftlich (Hauswurfsendung o. ä.) herauszugeben, damit sie als Merkblatt in den Haushalten verfügbar ist. 4.3.1.5 In jedem Falle ist ein bundesweit einheitliches System anzustreben. Eine unterschiedliche Verwendung von Sirenensignalen in den Bundesländern oder gar in einzelnen Kommunen kann zu unverantwortlichen Fehlinterpretationen und in der Folge zu Fehlreaktionen von Personen führen. 4.3.2 Die dem Wecken nachfolgende Information erfolgt über die örtlichen Rundfunksender (Lokalfunk). 4.3.2.1 Auf Ebene der unteren Katastrophenschutzbehörden sollte eine direkte Möglichkeit zur Einsprache in das laufende Rundfunkprogramm durch den HVB (bzw. die Leitstelle für Feuerschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz - FRK -) geschaffen werden. Dies gilt insbesondere für Lokalsender, die zeitweise (z. B. nachts) zu einem überregionalen Gemeinschaftsprogramm zusammengeschaltet werden und bei denen somit eine individuelle Informationsweitergabe durch die jeweilige Lokalredaktion nicht möglich ist. Die Technologie ist verfügbar. Die Investitionskosten belaufen sich auf ca. 10.000 Euro.

4.3.2.2 Zur zeitnahen, parallelen Aktivierung aller lokalen Medien sollte auf Ebene des jew. HVB das System MECOM (vergl. Ziffer 3.2) verfügbar sein. Hierzu sollten sich die HVB über ihre jew. zuständige Bezirksregierung an das Innenministerium wenden und um Bereitstellung eines Systemzugangs bitten. Da die Polizei im Land NRW über ein eigenes Kommunikationsnetz verfügt, welches bis auf die Ebene der HVB reicht, ist die Voraussetzung für einen sicheren und preiswerten Anschluß der Leitstellen FRK gegeben. 4.3.3 Auf den Einsatz von Lautsprecherfahrzeugen zur Informationsübermittlung sollte bei der Warnung größerer Gebiete verzichtet werden, da dieses System sehr zeitaufwendig ist. Zudem wird bei der Informationsübertragung mittels Lautsprecher die Bevölkerung zum Öffnen von Fenstern veranlasst, was i. d. R. dem gewünschten Verhalten entgegensteht. Anmerkung: Die Vorhaltung von Lautsprecherfahrzeugen kann aus anderen einsatztaktischen Erwägungen, z. B. der Räumung von Gefahrenbereichen oder der Warnung bzw. Information der Bevölkerung in lokal begrenzten Bereichen, geboten sein. 4.3.4 Zur Abrundung der Information der Bevölkerung sollte nach Möglichkeit ein Auskunftstelefon verfügbar sein, über das die Bevölkerung individuell Informationen abrufen kann. Das Auskunftstelefon kann mit anderen Bürgertelefonen der Verwaltung kombiniert werden, sofern der Zugriff durch die Gefahrenabwehrbehörde jederzeit gewährleistet ist. 5. Aufbau eines stationären Sirenennetzes Dort, wo das örtliche Gefahrenpotenzial die unverzügliche Warnung der Bevölkerung erforderlich macht, bleibt der Wiederaufbau eines Sirenensystems ohne Alternative. 5.1.1 Moderne elektronische Sirenensysteme lassen auch eine Sprachdurchsage zu. Allerdings erfordert die Option der Sprachdurchsage einen erheblichen planerischen Mehraufwand, da Interferenzen vermieden werden müssen. Dies erfordert i.d.r. eine höhere Zahl von Sirenenstandorten. Unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr sollte von der Option einer Sprachdurchsage abgesehen werden, sofern das System der Informationsübermittlung durch die Medien (vergl. Ziffer 4.3.2) gesichert ist. Wie unter Ziffer 4.3.3 bereits ausgeführt, wird bei der Informationsübertragung mittels Lautsprecher(-Sirenen) die Bevölkerung zum Öffnen von Fenstern veranlasst, was i. d. R. dem gewünschten Verhalten entgegensteht. 5.2 Fachfirmen in Deutschland bieten elektronische Sirenen in einer ausgereiften, robusten Bauart an. Dabei werden Sirenen mit Leistungen zwischen 500 und 2.400 Watt angeboten. Sirenen mit größerer Leistung sind aufgrund des höheren Wirkungsgrades wirtschaftlicher, können aber aufgrund der akustischen Immissionen nicht überall eingesetzt werden. Es wird somit i.d.r. eine detaillierte Fachplanung erforderlich werden. 5.3 Für eine grobe Abschätzung des örtlichen Bedarfs und der Kosten für die Errichtung eines neuen Sirenensystems kann ggf. auf die Auslegung eines früher vorhandenen Sirenensystems zurückgegriffen werden. Die diesbezüglichen Daten müßten in den Verwaltungen der unteren Katastrophenschutzbehörden vorhanden sein. Aufgrund der höheren Leistung moderner elektronischer Sirenen kann die Anzahl der Sirenenstandorte deutlich reduziert werden. Für eine grobe Planung kann von einem

Verhältnis (alt/neu) von 1:3 bis 1:5 ausgegangen werden. Je Sirene sind Kosten von ca. 6.500 Euro zu veranschlagen. Hinzu kommen Installationskosten, die bei einer Montage auf Gebäuden zwischen 2.500 und 6.000 Euro liegen. Wird die Errichtung eines separaten Mastes erforderlich, sind zusätzliche Montagekosten von ca. 18.000 Euro zu veranschlagen. 5.4 Zur Auslösung der Sirenen sollte nicht bzw. nicht alleine auf das System zur (stillen) Funkalarmierung der (Freiwilligen) Feuerwehr und der übrigen im Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen zurückgegriffen werden. Somit kann das Sirenensystem neben der Warnung und Information der Bevölkerung auch als redundantes System zur Alarmierung von Einsatzkräften herangezogen werden, sofern die Funkalarmierung ausfällt. 5.5 Zur Finanzierung der zu erwartenden hohen Kosten können nach 24 FSHG /2/ die Betreiber von Anlagen oder Einrichtungen, von denen besondere Gefahren ausgehen, herangezogen werden. 5.6 Als Reaktion auf die geänderte Gefährdungslage nach den Terroranschlägen in den USA vom 11.09.2001, fördert der Freistaat Bayern den Wiederaufbau von Sirenen. Danach erhält eine Gemeinde für den Aufbau von Sirenen im Umkreis von 10 km um einen Störfallbetrieb einen Staatszuschuß in Höhe von 50 % der Kosten. Aufgrund der Zahl der Störfallbetriebe sowie der Bevölkerungsdichte, insbesondere in den Ballungsräumen des Landes NRW, wäre eine vergleichbare Regelung in NRW zu begrüßen. 5.7 Es ist ferner zu berücksichtigen, dass auch dem Bund aus dem Zivilschutzgesetz /3/ die Verpflichtung zur Warnung der Bevölkerung vor den besonderen Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen, zukommt (vergl. Ziffer 1.3). Sofern das lokal erforderliche Warnsystem den Anforderungen des Bundes an ein solches System unter dem Aspekt des Zivilschutzes nicht genügt, ist der Bund hierüber in Kenntnis zu setzen, um ihm Gelegenheit zur Ergänzung des Warnsystems zu geben (vergl. Ziffer 2.1). Die Meldung sollte über die jew. Bezirksregierung und das Innenministerium des Landes erfolgen. Diese und weitere Planungsgrundlagen können im Internet abgerufen werden unter www.agbf-nrw.net / Arbeitskreis "Zivil &KatSchutz". Literatur: /1/ Konzept des Deutschen Städtetages zur Reform des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland, Brandschutz, Deutsche Feuerwehrzeitung 11/2002 /2/ Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) /3/ Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes Zivilschutzneuordnungsgesetz (ZSNeuOG) vom 25.03.1997 (BGBl. I. S.726), hier: Artikel I: Zivilschutzgesetz (ZSG), 6 /4/ Durchsagen über Rundfunk bei besonderen Schadensfällen sowie Waldbrand- und Unwettergefahren, RdErl. d. Innenministeriums NRW vom 30.03.1999 - II C I - 2412 (SMBl. NW 2133) /5/ Bevölkerungsschutz in Deutschland, Pressemitteilung des BMI Nr. 026 vom 06.02.2003 /6/ Ausreichend Zivil- und Katastrophenschutz bei Terroranschlägen, Deutscher Bundestag, Drucksache 15/137 vom 03.12.2002