1 Systemische Strukturaufstellungen mit NLP der Beginn einer wunderbaren Freundschaft Systemische Aufstellungen gehören zu den wichtigsten aktuellen Innovationen im Bereich von Beratung und Coaching. Nachdem im INNTAL-INSTITUT schon von Anfang an Themen wie NLP im Team und Gruppendynamik im Programm waren, erscheint es nur folgerichtig, jetzt auch die systemischen Strukturfragen anzugehen. Die Erfahrungen mit NLP in spezifischen Kontexten haben das Institut vor allem im Bereich der Business-Anwendungen bekannt gemacht. Die Ausbildungen zum Business-Practitioner und Business-Master sind hier seit vielen Jahren gefragt. In jüngerer Zeit kamen auch Anwendungen im Sport und in der Pädagogik hinzu. Seminarleiter Claus Blickhan machte schon zu Beginn deutlich, dass es ihm um mehr ging, als nur als nur Erweiterungen des NLP-Repertoires aufzuzeigen. Vielmehr können wir auch umgekehrt in den Aufstellungen mehr Transparenz durch die Anwendung von NLP erreichen. Dadurch werden Aufstellungen nicht nur besser erlernbar, sondern gewinnen auch an Effektivität. Es geht also um mehr als nur ein zusätzliches Tool es geht um Kombination, Ressourcen- Transfer und die Integration der Ansätze NLP und Aufstellung. Dabei ist Aufstellung nicht gleich Aufstellung; mit Bezug auf ihre humanistischen Grundlagen und die therapeutische Ausrichtung bietet sich für die Integration mit NLP besonders die Systemische Strukturaufstellung (SyST ) an, die Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer in den letzten Jahren entwickelt und bekannt gemacht haben. Im Kurhaus von Bad Aibling starteten 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Seminar im Institut in der Rosenheimer Straße wäre es mit dieser Gruppengröße wohl etwas eng geworden. Für die Aufstellungen machte sich das großzügige Platzangebot im Konzertsaal durchaus positiv bemerkbar. Die Teilnehmer kamen aus den verschiedensten Arbeitsbereichen: Mediziner und Unternehmensberater, Trainer und Lerncoaches und viele andere bildeten ein erwartungsvolles und motiviertes Forum. Die NLP-Erfahrungen der Teilnehmer reichten vom Basiskurs-Teilnehmer bis zu NLP-Mastern, Coaches und Trainern. Einige kannten auch bereits verschiedene Arten von Aufstellungen aus eigener Erfahrung. Nach der Vorstellungsrunde waren die Teilnehmer selbst an der Reihe, ihre Vorstellungen zum Begriff System zusammen zu tragen. Der Vergleich mit der Systemdefinition von Frederik Vester bestätigte das Vorverständnis: Ein System ist ein Ganzes, das aus individuellen Elementen besteht. Diese Elemente interagieren in bestimmten Prozessen und Strukturen, die sich wechselseitig
2 bedingen und durch Feedback weiter entwickeln. Dadurch ist ein System mehr als die Summe seiner Teile, und es ist zu synergetischen Effekten fähig. Für das Systemische Coaching zitierte Claus Blickhan die komparative Definition von Varga von Kibed: Ein Ansatz ist um so systemischer, je mehr er die Beziehungen zwischen den Elementen berücksichtigt statt die Elemente selbst. Er wies auf die System-Tauglichkeit des NLP hin unter Verweis auf Formate wie Meta-Monitor und Meta-Mirror, die genau diesen Blick auf die Interaktion das Dazwischen schärfen. Zuerst sammelten nun die Teilnehmer Erfahrungen mit der unterschiedsbasierten Arbeit. Das Prinzip besteht darin, die inhaltlichen Gefühls- und Bewertungsqualitäten nicht absolut zu betrachten. Konkret bedeutet das, die oft persiflierte Frage Wie geht es Dir? durch die Vergleichsfrage zu ersetzen Ist es besser, schlechter, gleich oder anders? Dadurch werden inhaltliche Komponenten besser herausgefiltert und die Arbeit hin auf Verbesserungen fokussiert. Hier wird die Verbindung zur Ressourcenorientierung im NLP deutlich. Dieses Prinzip kam bei den Teilnehmern gut an, schien aber für viele verständlicherweise noch etwas gewöhnungsbedürftig zu sein. Schon vor der ersten Mittagspause fand die erste Demonstration einer Aufstellung statt. Um den Einstieg in die Übungsrunden zu vereinfachen, schlug der Trainer für die Aufstellung ein Thema mit nur wenigen Repräsentanten vor: der Klient und ein Ziel. Schnell fand sich eine Klientin, die eine berufliche Veränderung zum Ziel hatte. In dem Vor-Interview, das in der SySt ebenso wie im NLP immer Standard ist, sprach die Klientin auch die Bedeutung des aktuellen Arbeitgebers und der zukünftigen Kunden an. Dies sollte noch berücksichtigt werden. Dann war es so weit: Die Klientin stellte nacheinander die Repräsentanten auf; zuerst für sich selbst A genannt - und dann für das Ziel. Der bisherige Arbeitgeber und die zukünftigen Kunden wurden als gewählte Repräsentanten zwar gewählt, aber nicht aufgestellt; sie blieben auf ihren Stühlen sitzen und rückten nur einige Zentimeter in die Mitte, um sich so kenntlich zu machen. In der Aufstellung führten Veränderungen der Perspektive und der Blickrichtung schnell zu einem besseren Kontakt zwischen A und Ziel. Das klärte die Beziehung zum alten Arbeitgeber, und besonders die Kunden bewerteten dies positiv. Dann trat die Klientin an Stelle von A und übernahm das bearbeitete Bild. In der folgenden Auswertung war sie mit dem Ergebnis der Arbeit sehr zufrieden. Es schien sich einiges für sie geklärt zu haben. Am Nachmittag übten die Teilnehmer diese einfache Zielaufstellung in kleinen Gruppen, betreut von Claus und Daniela Blickhan und zwei Assistenten.
3 Der zweite Teil des Nachmittags diente der Arbeit mit der Wunderfrage, die Steve de Shazer entwickelt hat und die Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibed in die Systemische Aufstellung übernommen haben. Sie ist eigentlich nur grammatikalisch eine Frage; im inhaltlichen Prozess wirkt sie vielmehr als eine lösungsorientierte Trance-Intervention. Sie hilft dem Klienten zu erfahren, woran er erkennt, dass sein Problem gelöst wäre, und dient schon im Vor- Interview quasi als warm-up für die spätere Arbeit. Die Wunderfrage unterstützt so den ressourcenorientierten Rahmen für die Aufstellung. In den Übungsrunden wurde den Teilnehmern die unterstützende Wirkung dieser Intervention schnell deutlich. In der Schlussrunde sprachen die Teilnehmer die Fülle an Informationen an, die schon im ersten Tag enthalten war, und besonders die verständliche und nachvollziehbare Präsentation. Einige offene Fragen wurden direkt beantwortet, andere sollten in den nächsten Tagen mehr in den Mittelpunkt rücken. Der zweite Tag begann mit einer Zusammenfassung des Stoffs vom Vortag. Dann gab es noch einige Basis-Informationen und Selbsterfahrungs-Übungen, und schon ging es recht schnell in die erste große Aufstellung: eine Team- Aufstellung. Die Klientin nannte ein Thema aus der aktuellen Arbeit an ihrer Universität. Sie stellte Repräsentanten für sich selbst, ihre Praktikantin, drei Professoren, deren Teams und Sekretärinnen auf. Um nicht zu viele Personen zu benötigen, wurden die Teams durch je einen Repräsentanten verkörpert. Die Aufteilung zwischen den Unzufriedenen und den Anderen im Team übernahm jeweils die rechte bzw. linken Hand der Team-Repräsentanten. In der Folge zeigte sich überraschend trennscharf der Unterschied zwischen beiden Seiten. Nach der Aufstellung des Anfangsbildes und der ersten Befragung zeichneten sich erste Möglichkeiten zur Verbesserung ab. Durch die nun folgenden Interventionen kam zunehmend Klarheit in die Situation. Und immer wieder gab es wichtige Rückmeldungen der Repräsentanten: zum Beispiel, dass die Irritationen, die in einem der aufgestellten Teams angesprochen wurden, sich als weniger schwierig erwiesen als die Probleme, die in einem anderen Team eher unter den Teppich gekehrt worden waren. Insgesamt dauerte diese Aufstellung über eine Stunde. Als die Klientin schließlich von A übernahm und die Erfahrungen in der Situation selbt erlebte, betonte sie die gewonnene Klarheit und eine deutliche gspürte Erleichterung. Am Nachmittag übten die Teilnehmer in zwei großen Gruppen jeweils Team- Struktur-Aufstellungen. Die Beispiele reichten von Strukturen in Landes- Ministerien bis zum Kindergarten-Elternbeirat. Dabei rutschte den übenden Coaches ab und zu die klassische Psycho-Frage Wie geht es Dir damit? heraus. Dies führte dann in der Regel in ausführliche emotionale Beschreibungen, die für
4 die Gesamtstruktur eher weniger relevantes individuelles Material hineintrugen. Claus Blickhan wies auch auf das Risiko hin, dass so die Gruppendynamik angeheizt werden kann; das System wird durch diese Fragetechnik leicht zur Re-Inszenierung des Problems eingeladen. In seinen Demonstrationen war zu hören und erleben, wie die Besser-Schlechter-Gleich-Anders-Frage durch zielorientiertes Führen zur stärkeren Klärung beiträgt. In den folgenden Übungsrunden wurde verschiedenes deutlich: Obwohl es sich für die meisten Teilnehmer um die ersten Gehversuche in und mit Aufstellungen handelte, war es verblüffend, wie naturgetreu die Aufstellungen die behandelten Situationen abbildeten. Bis hin zur Mimik, Gestik und zu typischen Äußerungen konnten die Klienten ihre Situation wieder erkennen. Und es war für die Teilnehmer sehr ermutigend, dass in allen Übungen wesentliche Fortschritte für die Klientinnen und Klienten erreicht werden konnten. Am dritten Tag wurden zum Einstieg noch einmal kritische und hilfreiche Muster gezeigt, die sowohl in Aufstellungen als auch für das soziale Panorama von Lucas Derks gelten. Den Großteil des Tages nahm dann eine Aufstellung ein, in der es nicht um Personen ging, sondern um die Struktur von Konflikten und Entscheidungen: das Tetralemma. Dies entsteht, wenn in einem typischen Dilemma das Eine oder das Andere auch noch die Positionen Beides und Keins von Beiden genutzt werden. Beides kann von einem Kompromiss bis zu einer echten Integration reichen; Keins von Beiden macht den Blick über den Kontext hinaus möglich und erinnerte an die klassische Meta-Position in NLP-Formaten. Zusätzlich kommt eine 5. Position als Freies Element hinzu. Was das bedeutet, war dann gleich in der Demonstration zu sehen. Die Klientin, die eine berufliche Entscheidung bearbeitete, stellte zunächst Ihre eigene Repräsentantin und die vier Positionen auf. Die Repräsentantin für die 5. Position wurde nur einen Schritt in das System hineingeführt und dann losgelassen mit dem ressourcevollen Auftrag, es sich einfach gut gehen zu lassen und zu tun, wonach ihr ist. Dann folgte die Tetralemma-Aufstellung dem bereits bekannten Ablauf. Als Ergebnis zeigte sich, dass als wesentlicher Punkt für eine tragfähige Entscheidung zu berücksichtigen ist, wie die bisherigen Kooperationspartner gesehen werden. Außerdem kann sich die Klientin aus ihrer selbst auferlegten Verpflichtung ihnen gegenüber entlassen. Dann wurde der Blick frei: Die neuen Kunden haben ein Gesicht bekommen, sagte die Klientin zum Abschluss. Auch diese Aufstellungsform wurde in Gruppen intensiv geübt. Die Erkenntnisse der Vortage trugen Früchte, es waren schon deutliche Fortschritte in der Aufstellungskompetenz zu erkennen. Schließlich trugen die Teilnehmer ihre Erfahrungen im Plenum zusammen.
5 In der Runde zum Seminarabschluss äußerten sich die Teilnehmer zufrieden bis begeistert. Viele sprachen an, dass ihre Erwartungen übertroffen waren, und dass sie die Kombination von NLP und Systemischer Struktur-Aufstellung als ausgesprochen sinnvoll, passend und bereichernd erlebt hatten. Der Aufbau des Seminars, die Mischung von Theorie und Praxis sowie die Leistung, den komplexen und umfangreichen Stoff so verständlich und praxisgerecht zu vermitteln, wurden ausdrücklich hervorgehoben. Einige Teilnehmer äußerten den Wunsch, dieses Seminar wiederholen zu können, um noch weiter üben zu können und zu einem vertieften Verständnis der Technik der SySt zu gelangen. Deshalb gibt es künftig einen Wiederholer- Rabatt für Seminare dieser Art. Durch die aktuelle Nachfrage ist der nächste SYST Grundkurs bereits für den 26. 28. 10. 2007 terminiert. Zum Autor: Rainald Runge ist NLP-Lehrtrainer (DVNLP) und Coach. Als Leiter des "European Institute of Advanced Business Coaching" (EUIABC) bietet er in Deutschland Seminare zum interkulturellen Training (Schwerpunkt China) und in China Kommunikationstrainings mit NLP an. Nach dem (Zweit-)Studium in Pädagogik und Psychologie bereitet er seine Dissertation über "Selbstbestimmtes Lernen" vor. Seine Business- Erfahrung sammelte er sowohl im Vertrieb als auch als Personaldisponent in einem internationalen Unternehmen. Mit der möglichen Verbindung von NLP mit Aufstellungsarbeit beschäftigt er sich selbst seit einigen Jahren. Im Rahmen seines Lehrauftrages an der Peking University (Beijing, V.R. China) sind NLP, Kybernetik und die systemische Perspektive zentrale Themen der Vorlesungen und Seminare.