Ausgebremst für anderthalb Tage: Jeder Deutsche steht jährlich im Schnitt 38 Stunden im Stau. Das kostet pro Haushalt mehr als 500 Euro.

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pvm Es reicht! Magazin für Family Offices, Stiftungen und Vermögensverwalter 19 16 19 Ausgelaugt ab 14. August: Die Menschheit verbraucht inzwischen pro Jahr 160 Prozent der Rohstoffe, die die Erde von sich aus regenerieren kann. Jeden Sommer ist die Welt damit überlastet. Verbrannt in 48 Stunden: Wer einmal nach Australien und zurück fliegt, belastet die Erde mit zwölf Tonnen CO2. Damit ließe sich eine Wohnung rund dreieinhalb Jahre heizen. Ausgebremst für anderthalb Tage: Jeder Deutsche steht jährlich im Schnitt 38 Stunden im Stau. Das kostet pro Haushalt mehr als 500 Euro. Ausgabe 19_April/Mai 2016 _ Preis 9,90 Euro Es reicht! Maßlosigkeit gilt als eine der sieben Todsünden. Aber was ist mit dem Gegenteil? Ist Genügsamkeit ein Schlüssel zum Lebensglück? Wären die Finanzmärkte gerechter, wenn sich Exzesse vermeiden ließen? Wie viel Rendite kostet ein freiwilliger Verzicht in der Vermögensanlage? Und: Warum eine Politik des Weniger und der Suffizienz die neue Freiheitspolitik sein könnte.

36 Es reicht Im Jahr 2014 entstanden in Deutschland neue Kraftwerke, die Sonne, Wind oder Bio m asse nutzen, im Wert von 18,8 Milliarden Euro. Im selben Jahr flossen 41,5 Milliarden Euro ins deutsche Militär. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind derzeit etwa 400 nachhaltige Publikumsfonds im Vertrieb. 400 von insgesamt rund 8.500. Bei einem Unfall in einer Es reicht Mine in Brasilien starben im vergangenen Jahr 13 Menschen. Weil ein Fluss durch die Minenabfälle verseucht wurde, verendeten mindestens neun Millionen Fische. pvm 19 April/Mai 2016

Es reicht 37 Depots für Abstinenzler Nachhaltige Investments sollen Ressourcen schonen, aber kein schlechteres Rendite-Risiko-Profil aufweisen als herkömmliche Anlagen. Ob das klappt, hängt auch davon ab, wie stark die Anleger sich freiwillig beschränken wollen. Die Erfahrung von Vermögensverwaltern lehrt: Vielen Investoren ist nicht bewusst, dass Verzicht zu niedrigeren Renditen und höheren Risiken führen kann. Von Julia Groth Seit einiger Zeit kommen immer mehr Kunden zu Benjamin Betz, die nicht nur wollen, dass er ihr Kapital vermehrt, sondern dass er es vermehrt, ohne damit direkt oder indirekt anderen Menschen oder der Umwelt zu schaden. Eigentlich könnte sich der Vermögensverwalter von Bayerische Vermögen in Traunstein über diese Entwicklung freuen. Denn Betz ist in puncto nachhaltige Investments nicht unbeleckt. Im Gegenteil: Im Aktienteil seiner Kundenportfolios schließt er bewusst schon länger Finanz- und Rohstofftitel aus. Denn Banken, so sagt er, kommen ihren ursprünglichen Aufgaben, der Kredit vergabe und dem Zahlen von Zinsen, kaum noch nach. Und Rohstoffproduzenten sind nicht nur wenig umweltfreundlich, sondern leiden auch zunehmend unter politischen Risiken. Künftig könnten bei der Bayerischen Vermögen zudem die Aktien von Rüstungsherstellern tabu sein. Bisher sind diese nicht explizit ausgeschlossen, werden von der Vermögensverwaltung aber auch nicht gezielt gesucht. Indem wir Risiken vermeiden, die wir nicht einschätzen können, machen wir unsere Portfolios sicherer, erklärt Betz. Er ist sich sicher: Die typischen Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechen dem Grundgedanken der Vermögensverwaltung. Zu den Kriterien, nach denen Nachhaltigkeitsinvestoren auswählen, gehört in der Theorie ein Dreiklang: Da ist die ökologische Effizienz als möglichst ergiebige Nutzung von Rohstoffen und Energie. Dazu kommt das Prinzip der Konsistenz, bei dem es um die Vermeidung von Abfällen durch Recycling und effektive Rohstoffverwertung geht. Das dritte Prinzip heißt Suffizienz und hebt auf den verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen ab im Zweifel durch Verzicht auf Wachstum und Rendite. Das Problem bei der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Investments: Nicht allen Kunden ist klar, was sie eigentlich wollen und schließlich bekommen. Manche Anleger möchten zum Beispiel nur in nachhaltige Branchen wie den Erneuerbare-Energien-Sektor investieren. Betz versucht ihnen meist, solche Ideen auszureden. Man darf seinen gesunden Menschenverstand nicht ausschalten, sagt er. Wer nur saubere Investments will, statt erst einmal die ganz großen Übel auszuschließen, steht nämlich schnell mit einem wenig diversifizierten und äußerst volatilen Portfolio da. Je mehr Branchen man ausschließt, desto stärker knickt die Effizienzkurve ab und desto stärkere Schwankungen muss man im Vergleich zum breiten Markt aushalten, sagt Betz. Nachdem er seine etwas lockereren Ausschlusskriterien angewendet hat, bleiben dagegen immerhin 80 Prozent des Anlageuniversums erhalten ein Wert, mit dem man arbeiten kann, ist er überzeugt. Auch 75 Prozent wären noch in Ordnung. Danach wird es schwierig. Das Anlageuniversum ist dann zu klein für eine effiziente Geldanlage. Die Folge: Der eigentliche Zweck der Geldanlage droht zu scheitern. Immer mehr Anleger legen beim Investieren einen Schwerpunkt auf Suffizienz. Sie wollen mit ihrer Geldanlage niemandem schaden und sich lieber mit weniger bescheiden, etwa nach dem Motto: Mein Portfolio ist groß genug, auch ohne Aktien von Rüstungskonzernen und Ölproduzenten, auch ohne Anleihen von Staaten, die die Menschenrechte mit Füßen treten. Längst wollen nicht mehr nur kirchliche Einrichtungen und Stiftungen April/Mai 2016 pvm 19

38 Es reicht mit einer solchen Einstellung investieren. Der Markt für ethisch und ökologisch unbedenkliche Investments wächst quer durch alle Investorengruppen rasant, zeigen Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen. Im vergangenen Jahr erreichte er mit 197,5 Milliarden Euro investiertem Vermögen einen neuen Höchststand. Das Marktvolumen war im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent gewachsen. Investmenthäuser bringen immer mehr Nachhaltigkeitsfonds auf den Markt. Und Vermögensverwalter entwerfen für ihre Kunden vermehrt Anlagestrategien, die die sogenannten ESG-Kriterien environmental, social, governance berücksichtigen. Suffiziente Anlagen liefern gemischte Ergebnisse Zur Güte der nachhaltigen Portfolios aus Investorensicht gibt es mittlerweile zahlreiche Studien. Erste Ergebnisse deuten überraschenderweise darauf hin, dass die Berücksichtigung von Prinzipien wie Öko-Effizient, Konsistenz und Suffizienz das Rendite-Risiko-Profil einer Anlage sogar verbessern kann. Die Universität Kassel hatte vor zwei Jahren im Rahmen einer Meta-Studie 35 empirische Untersuchungen ausgewertet, die die Leistung nachhaltiger Fonds mit der von konventionellen Fonds verglichen. Ergebnis: 14 Studien kamen zu dem Schluss, dass sich Nachhaltigkeitsfonds besser entwickeln als herkömmliche Wer sich selbst bescheidet, sollte sich über die Risiko- Rendite-Folgen im Klaren sein. Marc Pietzonka KSW Vermögensverwaltung Produkte. Sechs Studien konstatierten eine schlechtere Performance. 15 Untersuchungen konnten keinen Performance-Unterschied ausmachen. Andere Metastudien zeichnen ein ähnliches Bild. Das gemischte Ergebnis ist auch ein Indiz dafür, dass Finanz profis den Begriff Nachhaltigkeit und dessen Leitprinzipien unterschiedlich interpretieren. Einige setzen auf den Best-in-Class-Ansatz, bei dem sie nur in die nachhaltigsten Unternehmen einer Branche investieren, aber keine Branche kategorisch außen vor lassen. Andere wählen den Best-of-Classes-Ansatz. Dabei werden Sektoren wie Rüstung oder Pornografie vom Portfolio ausgeschlossen. In jedem Fall gilt: Ein Nachhaltigkeitsinvestment kann immer nur so gut sein wie die Strategie, die dahintersteht. Und irgendwann wird sich die Selbstbeschränkung in der Performance niederschlagen. Viele Anleger sind sich dessen nicht bewusst, berichten Anlageprofis. Aufklärungsarbeit tut not. Wenn man sich Restriktionen auferlegt, muss man sich über die Folgen im Klaren sein, sagt Marc Pietzonka, Analyst bei der KSW Vermögensverwaltung mit Sitz in Nürnberg. Seiner Erfahrung nach wünschen viele Anleger entweder pauschal ein Nachhaltigkeitsinvestment, ohne genauere Vorstellungen zu äußern. Oder sie haben so konkrete Weltverbesserungsideen, dass ihnen das Gründen einer Stiftung oder eine Spende eher zu empfehlen wären als ein Investment. Man kann mit nachhaltiger Geldanlage etwas bewegen, aber Spenden haben eine ganz andere Wirkung, sagt Pietzonka. Man muss herausfinden, was die Anleger eigentlich wollen. Wollen Investoren spezielle Branchen ausschließen, ist das in der Regel noch kein Problem. Rüstung und fossile Energien sind bei unseren Kunden ein großes Thema, sagt Pietzonka. Bei anderen Wünschen wird es schon schwieriger: Wollen Anleger etwa nicht in Länder investieren, in denen die Todesstrafe vollstreckt wird, fällt einer der größten Märkte weltweit aus der Auswahl heraus: die USA. Die Entscheidung gegen US-Titel gehört aber zu jenen Einschränkungen, die das Risiko-Rendite-Profil massiv beeinträchtigen. Darüber müssen sich Anleger im Klaren sein. Wir weisen unsere Kunden mit solchen Wünschen dann in sehr deutlichen Worten auf die Risiken hin, sagt Pietzonka. pvm 19 April/Mai 2016

Es reicht 39 Die typischen Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechen dem Grundgedanken der Vermögensverwaltung. Benjamin Betz, Bayerische Vermögensverwaltung Zu enge Auswahl kostet Rendite Wohin es führen kann, wenn man sich beim Investieren zu stark beschränkt, konnte man in den vergangenen Jahren bei Solarfonds beobachten. Unter ökologischen Gesichtspunkten sind die Produkte ausgezeichnet; unter Renditeaspekten taugen sie weitaus weniger. Mehrere geschlossene Fonds, die in Solaranlagen investieren, bekamen in den vergangenen Jahren massive Zahlungsschwierigkeiten, viele Anleger verloren Geld. Auch bei Publikumsfonds, die auf einzelne Branchen setzen statt breit gestreut zu investieren, kommt es immer wieder zu herben Verlusten. Anlageexperten raten von einseitigen Themeninvestments grundsätzlich ab und empfehlen, stets auf eine ausreichende Diversifizierung zu achten. Vermögensverwalter wissen nun einmal, wie wichtig es ist, Kapital breit zu streuen, um auch nachhaltig Rendite zu erzielen. Wenn sich einer unserer Kunden nur auf ein Thema würde konzentrieren wollen, müssten wir die Risiken dieses Ansatzes kommunizieren, sagt Oliver Hiltscher, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Vermögensverwaltung Novethos Financial Partners in München. Um unrealistischen Kundenwünschen zuvorzukommen, hat Novethos eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Dabei kombinieren die Vermögensprofis das Research der Nachhaltigkeits-Rating-Agentur Oekom Research mit eigenen Kriterien, wie der Dividendenrendite. Je breiter Nachhaltigkeitskriterien gefasst sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Rendite nicht beeinträchtigt wird, sagt auch Hiltscher. So versuchen die Vermögensverwalter also, mit ihren Kunden einen Weg der maßvollen Selbstbeschränkung zu finden. Wenn ein Nachhaltigkeitsansatz dabei dann doch einmal mit einem schlechteren Rendite-Risiko-Profil einhergeht, muss das nicht unbedingt schlimm sein. Echte Weltverbesserer sind bereit, diesen Preis zu zahlen. Diese Erfahrung hat zumindest Claus Walter gemacht, Chef des Freiburger Vermögensmanagements (FVM). Der Asset Manager hat für all seine Investments einen Nachhaltigkeitsfilter implementiert, der eine Balance zwischen Ethik und Effizienz gewährleisten soll. Konkret heißt das: Wertpapiere von Unternehmen, die maßgeblich in bestimmten Branchen, wie Rüstung, Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Pornografie, tätig sind, müssen draußen bleiben. Ebenso Firmen, die gegen ESG-Kriterien verstoßen, etwa korrupt sind oder Kinderarbeit zulassen. Wir entscheiden individuell und zum Teil subjektiv, sagt Walter. Als der Vermögensverwalter für einen neuen nachhaltigen Stiftungsfonds die Dividenden und Cashflows vieler Unternehmen unter die Lupe nahm, musste er allerdings feststellen: In den Top 50 fanden sich ausgerechnet besonders viele Firmen, die Geschäfte mit Alkohol oder Tabak machen. Trotz guter Fundamentaldaten kamen Aktien dieser Unternehmen nicht in die Auswahl. Die Diversifizierung ist dadurch schwieriger geworden. Aber das ist es uns wert, sagt Walter. Wir finden nach wie vor genügend Werte, die unseren Kriterien gerecht werden. Als FVM mit seinem Stiftungsfonds auf Werbetour ging, sagte der Vermögensverwalter offen, dass einige Unternehmen mit sehr soliden Cashflows und stabilen Dividenden bewusst nicht im Portfolio vertreten sind. Die potenziellen Kunden waren zunächst überrascht, dass ausgerechnet Tabak- und Alkoholkonzerne oft besonders gut dastehen. Geraucht und getrunken wird eben immer, sagt Walter. Nach dem Überraschungsmoment überwog aber die Zustimmung zur Abstinenz. Wer Trinken und Rauchen nicht auch noch mit seinem Anlagekapital fördern will, nimmt ein bisschen weniger Rendite offenbar gern in Kauf. April/Mai 2016 pvm 19