Das neue Vergaberecht

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Transkript:

Das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2016 die wichtigsten Neuerungen seit dem 18. April 2016 im Überblick Rechtsanwalt Dr. Franz Josef Hölzl, LL.M. Erfurt, 11. Mai 2016

Überblick zum Inhalt des Vortrags 1. Gesetzliche Vorgaben für Auftragsvergaben und ihre Hierarchie 2. Die wichtigsten vergaberechtlichen Grundsätze 3. Grundsätze der (elektronischen) Kommunikation in einem Vergabeverfahren 4. Die zulässigen Vergabeverfahren Zulässigkeit einer Direktvergabe an Wunschunternehmen? 5. Kommunikation im laufenden Vergabeverfahren was ist zu beachten? 6. Wissenswertes über die Bekanntmachung, die Vergabeunterlagen und die Leistungsbeschreibung 7. Wissenswertes zur Wertung von Angeboten 8. Begriff, Funktion und richtiger Einsatz von Rahmenvereinbarungen 9. Abschluss zukunftssicherer Verträge und Änderung laufender Aufträge 10. Kündigung von öffentlichen Aufträgen während der Vertragslaufzeit 1

1. Gesetzliche Vorgaben und ihre Hierarchie 2

In Deutschland: Zweiteilung des Vergaberechts Weichenstellung: EU-Schwellenwert Deutsches Vergaberecht EU-/GWB-Vergaberecht Gleichbehandlung Der wirtschaftliche Netto - Wert des Gesamtauftrags entscheidet darüber, welches Recht anzuwenden ist! Differenzierung gilt auch nach dem neuen Vergaberecht 3

Aktuelle Rechtslage: Gesetzliche Vorgaben für die Vergabe von Aufträgen ab dem 18. April 2016 Kaskade nprinzip Europäische Vergaberichtlinien (materielles Vergaberecht) und Rechtsmittelrichtlinie (Rechtsschutz im Vergabeverfahren) Konzessions -richtlinie KonzVO 4. Teil des GWB ( 97 ff.) Vergabeverordnung (VgV) Dienst- / Lieferleistungen ab EU-Schwellenwert mit Verweisung auf VSVgV Sicherheits - und Verteidigungsbereich SektVO Sektorenbereich VOB/A VOL/A VOF Entfällt! für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte 4

Gesetzliche Vorgaben des Vergaberechts für Aufträge ab / über den EU-Schwellenwerten EU-Vergaberichtlinien für Vergaben über den EU-Schwellenwerten Richtlinie 2014/24/EU zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen im Bereich der Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge vom 26. Februar 2014 Konzessionsrichtlinie 2014/23/EU v. 26.02.2014 über die Vergabe von Konzessionen Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG v. 21.12.1989, geänd. durch die (Änderungs-) Richtlinie 2007/66/EG vom 11.12.2007 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( 97 ff. GWB) Verordnung für die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) Vergabe- und Vertragsordnung für Bauaufträge (VOB/A), Abschnitt 2 Landesvergabegesetze Tariftreue Gesetze 5

Gesetzliche Vorgaben des Vergaberechts für Aufträge unter den EU-Schwellenwerten Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) v.a. Unterschwellenvergaben Voraussetzung: Binnenmarktrelevanz / grenzüberschreitendes Interesse Einzuhalten sind im Wesentlichen die Grundfreiheiten, das allgemeines Diskriminierungsverbot, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Vergabe- u. Vertragsordnung für Dienstleistungs- / Lieferaufträge (VOL/A), Abschnitt 1 Regelungen unverändert Anpassung erst später Diskrepanzen in Bezug auf die Regelungen der VgV Vergabe- und Vertragsordnung für Bauaufträge (VOB/A), Abschnitt 1 Regelungen unverändert Anpassung erst später Diskrepanzen in Bezug auf Regelungen des Abschnitt 2 Landesvergabegesetze Rundschreiben der Landesregierungen / Ministerien zb zu Wertgrenzen Haushaltsrecht (BHO, LHO, Haushaltsgrundsätzegesetz) einschließlich Verwaltungsvorschriften (VV) 6

Gliederung und wesentlicher Inhalt der neuen VgV 7 Abschnitte, zum Teil mit Unterabschnitten Abschnitt 1: Allgemeine Bestimmungen und Kommunikation 1. Allgemeine Bestimmungen (u.a. Anwendungsbereich, Schätzung des Auftragswerts, Interessenkonflikte, Dokumentation und Vergabevermerk) 2. Kommunikation (Grundsatz: elektronische Mittel, Anforderungen an diese) Abschnitt 2: Vergabeverfahren 1. Verfahrensarten (ua. Voraussetzung des Verhandlungsverfahrens; angemessene Fristsetzung) 2. Besondere Methoden und Instrumente im Vergabeverfahren (u.a. Rahmenvereinbarung; Möglichkeiten der evergabe) 3. Vorbereitung des Vergabeverfahrens (u.a. Vergabeunterlagen, Lose, Leistungsbeschreibung, Unteraufträge) 4. Veröffentlichung, Transparenz (u.a. Bekanntmachung, Vorinformation, elektronische Bereitstellung der Vergabeunterlagen) 7

Gliederung und wesentlicher Inhalt der neuen VgV 5. Anforderungen an Unternehmen, Eignung (u.a. EEE, Eignungsleihe, Ausschlussgründe) 6. Einreichung, Form und Umgang mit Angeboten und Teilnahmeanträgen 7. Prüfung und Wertung der Angebote, Vorabinformation und Zuschlag (Zuschlagskriterien, ungewöhnlich niedrige Angebote, Aufhebung) Abschnitt 3: Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen (Sonderregime) Abschnitt 4: Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Leistungen und von Straßenfahrzeugen Abschnitt 5: Planungswettbewerbe Abschnitt 6: Besondere Vorschriften für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen Abschnitt 7: Übergangs- und Schlussvorschriften 8

2. Die wichtigsten vergaberechtlichen Grundsätze 9

Die wichtigsten vergaberechtlichen Grundsätze Transparenz Wettbewerb Gleichbehandlung 10

Konsequenzen der vergaberechtlichen Grundsätze Transparenz Vorgabe gleicher Angebotsbedingungen für alle Unternehmen und Bindung an diese Grds. keine Änderung der Vorgaben im laufenden Vergabeverfahren! Nachvollziehbare Dokumentation des Verfahrens und der Entscheidungen Wettbewerb Freier Zugang zum Verfahren aller interessierten Unternehmen Beteiligung mehrerer Bieter bzw. Einholung mehrerer Angebote Ausschließlich Berücksichtigung von Angeboten geeigneter Bieter Verbot wettbewerbswidrigen Verhaltens zb. Absprachen, Kartelle Gleichbehandlung Neutralität des öffentlichen Auftraggebers Keine Anbieter- oder Produktspezifischen Vorgaben Ausschließlich Wertung von vergleichbaren Angeboten!! 11

3. Grundsätze der (elektronischen) Verfahrensführung und Kommunikation 12

Grundsätze der (elektronischen) Verfahrensführung Elektronische Durchführung von Vergabeverfahren bei Aufträgen ab dem EU- Schwellenwert seit 18. April 2016, das bedeutet insbesondere: Pflicht zur elektronischen Kommunikation während des gesamten Verfahrens, 97 Abs. 5 GWB Elektronische Erstellung und Bereitstellung der Bekanntmachung und Vergabeunterlagen auf einer Vergabeplattform, 40 Abs. 1 und 41 VgV Elektronische Angebotsabgabe Elektronische Vorbereitung der Auftragserteilung (Zuschlag) Anforderungen an elektronische Kommunikationsmittel in 9 bis 13 VgV geregelt, zu wahren ist insbesondere: Vertraulichkeit Integritätsschutz und die Kompatibilität Bislang keine Änderung für Aufträge unter dem EU-Schwellenwert Entwicklung ist zu beobachten ggf. Vorbereitung auf Einführung der elektronischen Verfahrensführung zeit- und kostenaufwändig 13

Grundsätze der (elektronischen) Kommunikation (1) Grundsätze der Kommunikation, 9 VgV Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden der öag und die Unternehmen grundsätzlich Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung (elektronische Mittel), 9 Abs. 1 VgV Die Kommunikation in einem Vergabeverfahren kann mündlich erfolgen, wenn sie nicht die Vergabeunterlagen, die Teilnahmeanträge, die Interessensbestätigungen oder die Angebote betrifft und wenn sie ausreichend und in geeigneter Weise dokumentiert wird, 9 Abs. 2 VgV Der öag kann von jedem Unternehmen die Angabe einer eindeutigen Unternehmensbezeichnung sowie einer elektronischen Adresse verlangen (Registrierung) Für den Zugang zur Auftragsbekanntmachung und zu den Vergabeunterlagen darf der öffentliche Auftraggeber keine Registrierung verlangen; eine freiwillige Registrierung ist zulässig 14

Grundsätze der (elektronischen) Kommunikation (2) Anforderungen an die verwendeten elektronischen Mittel, 10 VgV Der öffentliche Auftraggeber legt das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe verwendet werden, müssen gewährleisten, dass 1. die Uhrzeit und der Tag des Datenempfanges genau zu bestimmen sind, 2. kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist, 3. der Termin für den erstmaligen Zugriff auf die empfangenen Daten nur von den Berechtigten festgelegt oder geändert werden kann, 4. nur die Berechtigten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben haben, 5. nur die Berechtigten nach dem festgesetzten Zeitpunkt Dritten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben einräumen dürfen, 6. empfangene Daten nicht an Unberechtigte übermittelt werden und 7. Verstöße oder versuchte Verstöße gegen die Anforderungen gemäß Nummer 1 bis 6 eindeutig festgestellt werden können. Einheitliche Datenaustauschschnittstelle muss zur Verfügung gestellt werden 15

Grundsätze der (elektronischen) Kommunikation (4) Anforderungen an den Einsatz elektronischer Mittel im Vergabeverfahren, 11 VgV Elektronische Mittel und deren technische Merkmale müssen allgemein verfügbar, nichtdiskriminierend und mit allgemein verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang von Unternehmen zum Vergabeverfahren nicht einschränken. Der öffentliche Auftraggeber verwendet für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren ausschließlich solche elektronischen Mittel, die die Unversehrtheit, die Vertraulichkeit und die Echtheit der Daten gewährleisten. Der öffentliche Auftraggeber muss den Unternehmen alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen über 1. die in einem Vergabeverfahren verwendeten elektronischen Mittel, 2. die technischen Parameter zur Einreichung von Teilnahmeanträgen, Angeboten und Interessensbestätigungen mithilfe elektronischer Mittel und 3. verwendete Verschlüsselungs- und Zeiterfassungsverfahren 16

4. Die zulässigen Vergabeverfahren 17

4.1. Direktvergabe an Wunschunternehmen 18

Direktvergabe eines Auftrags an ein Wunschunternehmen, vgl. 14 Abs. 4 VgV Die Direktvergabe ist weiterhin die absolute Ausnahme! Keine oder keine geeigneten Angebote oder Teilnahmeanträge in dem vorausgehenden Vergabeverfahren Technisch / rechtlich gibt es nur ein Unternehmen, das die Leistung erbringen kann - Voraussetzung: Markterkundung + Dokumentation! Unvorhersehbare äußerst dringliche, zwingende Gründe - hausgemachte Gründe des AG ist kein vergaberechtlich Grund Beschaffung / Erwerb eines/r einzigartigen (Kunstwerks / künstlerischen Leistung) Dringlichkeit aber: unvorhersehbar und unverschuldet Sonderfall: Interimsvergabe Grundsatz! Aufträge sind in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Wettbewerb zu vergeben. 19

Direktvergabe von zusätzlichen Leistungen, vgl. Katalog des 132 Abs. 2 GWB 132 Abs. 2 Nr. 2: Zusätzliche Liefer-, Bau- und Dienstleistungen im Anschluss an einen bestehenden Vertrag. Es muss sich um Leistungen handeln, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des AN a. aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und b. mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre 132 Abs. 3: Zusätzliche Liefer- und Dienstleistungen im Anschluss an einen bestehenden Vertrag. Die Änderung des Auftrags darf den Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändern und der Wert der Änderung darf 1. die jeweiligen EU-Schwellenwerte nicht übersteigen und 2. Nicht mehr als 15 % des ursprünglichen Auftrags betragen 20

4.2. Zulässige Vergabeverfahren Überblick 21

Zulässige Verfahren für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen Vergabeverfahren (je nachdem, ob unter oder über dem EU- Schwellenwert Aufträge unter EU- Schwellenwert EU-Aufträge Kriterien am Beispiel der VgV 1. Freie Wahl (EU-Aufträge) Öffentliche Ausschreibung Offenes Verfahren 3 Abs. 1 und 2 VOL/A, 15 VgV 2. Frei Wahl (EU-Aufträge) Beschränkte Ausschreibung Nichtoffenes Verfahren 3 Abs. 3 VOL/A, 16 VgV 3. Ausnahme zu 1. und 2. Freihändige Vergabe Verhandlungsverfahr en 3 Abs. 5 VOL/A, 17 VgV 22

Zulässige Verfahren für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen Vergabeverfahren Aufträge unter EU- Schwellenwert EU-Aufträge Gesetzliche Vorgaben Wettbewerblicher Dialog 119 Abs. 7, 19 VgV Innovationspartnersc haft* Voraussetzungen gem. 119 Abs. 7, 19 VgV * Der öffentliche Auftraggeber kann für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags eine Innovationspartnerschaft mit dem Ziel der Entwicklung einer innovativen Lieferoder Dienstleistung eingehen. Der Beschaffungsbedarf darf nicht durch eine auf dem Markt bereits verfügbare Leistung befriedigt werden können. 23

Gemeinsame Vorgaben für alle Vergabeverfahren Numerus Clausus der Verfahrensarten! - Es gibt nur bestimmte zulässige Verfahrensarten Beachtung der Hierarchie der Verfahrensarten Neu: Wahlfreiheit zwischen offenem / nicht offenem Verfahren Zulässiges Vergabeverfahren ist unter Beachtung der Voraussetzungen im Katalog des 3 VOL/A Abschnitt 1 bzw. 119 GWB zu bestimmen Beurteilungsspielraum des öag für Bestimmung der Verfahrensart, aber öag trägt Darlegungs- und Beweislast Keine Vermischung der Verfahrensarten Kein Wechsel der Verfahrensart im laufenden Vergabeverfahren Transparente, diskriminierungsfreie Vergabe des Auftrags nach objektiv-sachlichen Kriterien Neu: Bekanntmachungsfristen sind für alle Verfahren um etwa 5 Tage verkürzt worden. Erleichterter Zugang zum Verhandlungsverfahren 24

Charakteristika des Verhandlungsverfahrens Verhandlungsverfahren ( 119 Abs. 5 GWB, 14 und 17 VgV) Nur wenige formale Anforderungen - größte Flexibilität für den öag Verfahren mit oder ohne vorausgehenden Teilnahmewettbewerb zur Prüfung der Eignung Ein oder mehrere Unternehmen werden zu Verhandlungen aufgefordert Eine oder mehrere Verhandlungsrunden öag und potentieller Auftragnehmer verhandeln über Auftragsinhalt und - bedingungen bis klar ist, was der AG ganz konkret einkaufen will, zu welchen Konditionen der Auftragnehmer liefert und zu welchem Preis Keine kürzeren Regelfristen als für andere Verfahrensarten Hoher Zeit- und ggf. Beratungsaufwand 25

Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahren mit vorausgehendem Teilnahmewettbewerb ( 119 Abs. 5 GWB, 14 Abs. 3 VgV) Nr. 1: die Bedürfnisse des öag können nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden, Nr. 2. der Auftrag umfasst konzeptionelle oder innovative Lösungen, Nr. 3. der Auftrag kann aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammen-hängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden, Nr. 4. die Leistung kann vom öag nicht mit ausreichender Genauigkeit beschrieben werden kann, 26

Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahren mit vorausgehendem Teilnahmewettbewerb ( 119 Abs. 5 GWB, 14 Abs. 3 VgV) Nr. 5. im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens sind keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht worden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt 27

4.3. Handhabung von typischen Problemen im laufenden Vergabeverfahren 28

4.3.1 Teilnehmer- und Bieterwechsel sowie nachträgliche Bildung einer Bietergemeinschaft 29

Teilnehmer- / Bieterwechsel: Grds. nicht zulässig! Bewerber / Bieter in einem Vergabeverfahren kann nur ein solches Unternehmen sein, das von Anfang an teilnimmt Die rechtliche Identität eines Bewerbers / Bieters / Bietergemein-schaft darf sich während des Vergabeverfahrens bis einschließlich Vertragsschluss grds. nicht ändern Gesellschafterwechsel ändert Identität u.u. nicht Die Auswechslung eines Bewerbers / Bieters oder die nachträgliche Bildung einer Bewerber-/ Bietergemeinschaft ist grds. weder im offenen noch im nicht offenen Verfahren zulässig Auswechslung / Änderung der rechtlichen Identität eines Bewerbers / Bieters führt auf der Grundlage des Nachverhandlungsverbotes grds. zwingend zum Ausschluss der Bietergemeinschaft Mangelnde Transparenz, kein fairer + chancengleicher Wettbewerb (zuletzt OLG Hamburg, 31.03.2014, 1 Verg 4/13) 30

Teilnehmer- / Bieterwechsel: Voraussetzungen Ausnahme: Bewerber- / Bieterwechsel im Verhandlungsverfahren Anders als in Vergabeverfahren, in denen mangels zulässiger Verhandlungen über den Angebotsinhalt ein Bieterwechsel nach Angebotsabgabe zu Rechtsunsicherheit und Intransparenz führt, weil Wirksamwerden und Zeitpunkt des Bieterwechsels nicht offenbar werden, besteht mangels Nachverhandlungsverbot im Verhandlungsverfahren grundsätzlich die Gelegenheit, Änderungen in der Person des Bieters, die noch während der Verhandlungsphase eintreten, transparent vorzunehmen. (OLG Düsseldorf, 03.08.2011, VII Verg 16/11) Voraussetzungen: Sicherstellung der Transparenz Auswechslung vor BAFO Keine Verschlechterung der Eignung Übernahme sämtlicher abgegebener Erklärungen 31

4.3.2 Änderung der Anzahl der Bieter, die für die Abgabe von Angeboten zugelassen werden 32

Änderung der Anzahl der zur Angebotsabgabe zugelassenen Bieter öag darf die Anzahl der erfolgreichen Teilnehmer, die zur Abgabe von Angeboten aufgefordert werden, beschränken oder Anzahl der Angebote sukzessive verringern Echter Wettbewerb muss sichergestellt sein Gibt der öag in der Bekanntmachung / Vergabeunterlagen die Zahl der Bieter, die für die Abgabe von Angeboten zugelassen werden, an, darf er diese weder erhöhen noch verringern (OLG München, 19.12.2013, Verg 12/13, zur VOF) Selbstbindung des öag Verstoß gegen das Willkürverbot und das Transparenzgebot 33

4.3.3 Änderung von Terminen, Fristen oder der Zahl der Verhandlungsrunden 34

Änderung von Terminen / Fristen im Vergabeverfahren Grds. keine Änderungen der Termine oder des Verfahrensablaufes während des Vergabeverfahrens zulässig Bei Widersprüchen zwischen der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen geht die Bekanntmachung vor Klarstellung durch Bieterrundschreiben ratsam Änderungen müssen ggf. durch ein Bieterrundschreiben oder eine Änderungsbekanntmachung bekannt / transparent gemacht werden Änderung von Terminen muss diskriminierungsfrei sein Vermerk in Vergabeakte ratsam 35

Durchführung einer zusätzlichen Verhandlungsrunde öag hat großen Handlungs- und Gestaltungsspielraum im Verhandlungsverfahren Kaum verfahrensrechtliche Beschränkungen, zu beachten sind die vergaberechtlichen Kardinalgebote! Zahl der Verhandlungsrunden nicht gesetzlich vorgeben! Grds. Selbstbindung des öag Aber: Weitere Verhandlungsrunde zulässig, wenn keine Bevorzugung eines bestimmten Bieters gegeben! (KG, Beschl. v. 17.05.2013, Verg 2/13) Maßnahme: Informieren aller Bieter durch Rundschreiben / E-Mail! Zukünftig: Ermöglichung von Flexibilität durch entsprechende Verfahrensbedingungen! 36

5. Kommunikation im laufenden Vergabeverfahren 37

Kommunikation im laufenden Vergabeverfahren Anforderungen an öffentliche Auftraggeber Verpflichtung zur absoluten Transparenz und Gleichbehandlung aller Bewerber / Bieter Inhaltlich gleiche und gleichzeitige Infor-mationen für alle, wenn der betreffende Gegenstand / die Antwort für alle Bewerber / Bieter verfahrens-, angebots- oder kalkulationsrelevant ist Keine zusätzlichen Angaben über Telefon oder anderswie für einzelne Bewerber / Bieter Geheimwettbewerb: Keine Weitergabe von Bewerber- bzw. Bieternamen / Bieterdaten oder Hin- und Her Tragen von Informationen Gefahr der Beanstandung / Rüge bei Bevorteilung eines bestimmten Bewerbers / Bieters! 38

6. Wissenswertes über die Bekanntmachung, die Vergabeunterlagen & Leistungsbeschreibung 39

6.1. Vorgaben für die Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen 40

Vorgaben für die Bekanntmachung & die Vergabeunterlagen Bei Widersprüchen zwischen der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen geht die Bekanntmachung vor öag muss den Vergabeunterlagen eine Checkliste beifügen, welche Nachweise und Erklärungen mit dem Angebot abzugeben sind Grds. keine inhaltlichen Ergänzungen und keine Änderungen der Termine oder des Verfahrensablaufes während des Vergabeverfahrens zulässig im Ausnahmefall: Bieterrundschreiben erforderlich Ergänzungen / Änderungen müssen ggf. bekannt gemacht werden / Gefahr der Verpflichtung zum Neubeginn des Vergabeverfahrens oder zur Wiederholung von einzelnen Verfahrensschritten Klare und eindeutige Formulierungen erforderlich - widersprüchliche Angaben werden zulasten des Auftraggebers ausgelegt Zeitpunkt der Bereitstellung der Vergabeunterlagen in Abhängigkeit von der Art des Vergabeverfahrens 41

6.2 Anforderungen an die Leistungsbeschreibung 42

Die hieb- und stichfeste Leistungsbeschreibung Die Leistungsbeschreibung ist das Kernstück der Vergabeunterlagen! 121 Abs. 1 GWB, 31 ff VgV: Die Leistung ist eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Im Zweifel Auslegung nach dem Verständnis eines fachkundigen Bieters Gefahr der Aufhebung / Rückversetzung des Vergabeverfahrens und kostspielige Wiederholung oder Neuvornahme! 43

Anforderungen an die Leistungsbeschreibung Grundsätze: So konkret wie möglich, aber auch nur so konkret wie erforderlich Gebot der eindeutigen Leistungsbeschreibung Gebot der erschöpfenden Leistungsbeschreibung Funktionale Leistungsbeschreibung Raum für Ideen des AN Die Leistungsbeschreibung ist Voraussetzung für die Ausarbeitung der Angebote und ihre Vergleichbarkeit die zutreffende Wertung der Angebote die richtige Vergabeentscheidung die reibungslose und technisch einwandfreie Ausführung der Leistung die vertragsgemäße und regelgerechte Abrechnung 44

6.3. Verbot der Ausrichtung der Vergabe auf einen bestimmten Anbieter 45

Verbot der Ausrichtung auf einen bestimmten Anbieter / ein bestimmtes Produkt, 31 Abs. 6 VgV öag verlangt Leistungen oder die Leistungen auf eine Art und Weise, die nur ein ganz bestimmter Anbieter auf Grund spezifischer Kenntnisse des Leistungsorts oder sonstiger Gegebenheiten beim Auftraggeber erbringen kann Quasi Direktvergabe, nur ein Unternehmen kommt in Betracht öag hat hinsichtlich der Leistung ein Bestimmungs- und Gestaltungsrecht Grenze: Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz, den Gleichbehandlungsgrund-satz oder das Diskriminierungsverbot Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse ausnahmsweise mit dem Zusatz oder gleichwertig, 31 Abs. 6 VgV Möglichkeit der Verfahrenssteuerung, aber: Gefahr der Beanstandung! 46

7. Wissenswertes zur Wertung von Angeboten 47

Todsünden in Angeboten Jegliche eigenmächtige Änderung der Vergabeunterlagen oder der Leistungsbeschreibung wird von der Rechtsprechung als sog. Änderung der Verdingungsunterlagen bewertet und führt zwingend zum Ausschluss! Anbieten unter bestimmten Bedingungen Verweis auf Gremienvorbehalt Beifügung eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen Nichtangabe von anzugebenden Informationen / Kreuzen etc. Korrektur / Streichungen in den Vergabeunterlagen Anbieten von nicht geforderten oder von anderen Leistungen 48

Todsünden in Angeboten Anbieten von Leistungen zu einem anderen Zeitpunkt als gefordert Angabe anderer Preise oder anderer Preiseinheiten als gefordert Verwendung eigener Formblätter oder Abänderung der Formblätter des Auftraggebers Abgabe eines unvollständigen Angebots Vier-Augen-Prinzip beim Eintüten - Darlegungs- und Beweislast beim Bieter Verweigerung der Aufklärung oder zu späte Antwort auf Aufklärungsersuchen Nichterfüllen von Mindestbedingungen zwingender Ausschluss Verspätete Abgabe, unabhängig davon, wie kurz 49

Was der öag bei der Wertung tun und lassen muss Prüfung Teilnahmeantrag / Angebot auf Eindeutigkeit Angebot unklar: Auslegung vor Aufklärung! Auslegung von Unklarheiten in den Vergabeunterlagen / der Leistungsbeschreibung gehen zulasten des öag Informieren von allen Bietern bei Fehlern in den Vergabeunterlagen Berichtigung / Ergänzung von Angeboten in einzelnen Punkten zulässig, wenn offensichtlich gebotene bloße Klarstellung / Behebung offensichtlicher sachlicher Fehler Preiskorrektur nur bei offensichtlichen Rechenfehlern und bei Behebung durch kleinere Rechenoperationen zulässig Angebote mit mehrdeutigen Angaben sind auszuschließen, das gilt auch für Nachunternehmererklärung -> Grundsätzlich: öag darf Angebot nicht zuschlagsfähig machen! 50

8. Begriff, Funktion und richtiger Einsatz von Rahmenvereinbarungen 51

Rahmenvereinbarung Begriff / Maßgaben Eine Rahmenvereinbarung ist eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen. In einer Rahmenvereinbarung werden die Bedingungen für Einzelaufträge festgelegt, innerhalb eines bestimmten Zeitraums abgeschlossen werden sollen. Festgelegt werden insbesondere die Art der Leistung, die Preise und ggf. die in Aussicht genommene Mengen. ( 103 Abs. 5 GWB; 21 VgV) Einsatzbereich: Wiederkehrende Beschaffungen Der Auftrag zur Erbringung von konkreten Leistungen wird nicht bereits durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung erteilt, sondern erst durch den später im Bedarfsfall erfolgenden Abruf einzelner Leistungen (= Auftrag / zivilrechtlicher Leistungsvertrag) Grds. kann aus einer Rahmenvereinbarung nicht auf den Abschluss von Einzelverträgen geklagt werden Rahmenvereinbarung darf nicht als bloße Markterkundung ins Leere vergeben werden (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.11.2012, 15 Verg 9/12) Die zulässige Regelhöchstlaufzeit beträgt vier Jahre Ausnahme in Abhängigkeit von der Leistung Ausstiegs- / Separatvergabemechanismen möglich 52

Rahmenvereinbarung - Anwendungsmöglichkeiten Rahmenvereinbarungen werden bei wiederkehrenden Beschaffungen im Museumsbereich wie, zb. Erstellung, Gestaltung, Druck von Ausstellungskatalogen / Postkarten/ Drucken Erbringung von Graphikleistungen / Werbeleistungen, Leistungen, die angesichts des technischen Fortschritts regelmäßig angepasst werden müssen, z.b. IT-Beschaffung (Hard-/Software, Wartung/Systempflege; Aktualisierung; Errichtung und Auswertung von Datenbanken) Beratungsleistungen (Rechts-, Unternehmensberatung etc.) Dienstleistungen aller Art (z.b. Transporte, Reinigung, Bewachung) Geringwertige Verbrauchsgüter (Bürobedarf etc.) 53

Rahmenvereinbarung - Vorteile Ist die Rahmenvereinbarung mit einem Wirtschaftsteilnehmer nach einem Verfahren im Sinne der 97 ff. GWB im Wettbewerb geschlossen worden, dürfen die Einzelverträge grds. ohne einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb, dh ohne erneute Einbeziehung des Marktes direkt vergeben werden Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung gelten nur eingeschränkt. Der in Aussicht genommene Vertragsumfang ist lediglich so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, nicht abschließend Erhebliche Beschleunigung der Beschaffung bei Abruf von Einzelverträgen Wirtschaftlichere Beschaffung: Bündelung der Nachfrage durch Abschluss einer Rahmenverein-barung durch mehrere Auftraggeber führt zu höheren Mengen und damit niedrigen Preisen Beschaffung erst im Bedarfsfall / geringere finanzielle Belastung 54

9. Abschluss von zukunftssicheren Verträgen und Änderung von laufenden Verträgen 55

Vorliegen einer wesentlichen Vertragsänderung Vergaberechtlich relevante wesentliche Vertragsänderungen liegen nach dem EuGH bzw. jetzt 132 GWB beispielsweise dann vor, wenn die vorgenommene Änderung: den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrags erkennen [sc. lässt]. [...] Bedingungen einführt, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären. [...] das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert. (EuGH, Urt. v. 19.06.2008, Rs. C-454/06 Pressetext, Rn. 34 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.01.2013, 11 U 33/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.07.2011, Verg 20/11). 56

Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit 132 Abs. 2 GWB (2) ( ) ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn 1. in den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert, 2. zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich geworden sind, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des Auftragnehmers a) aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und b) mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre, 3. die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert oder 57

Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit 132 Abs. 3 GWB (3) Die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist ferner zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderung 1. die jeweiligen Schwellenwerte nach 106 nicht übersteigt und 2. bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen ist der Gesamtwert der Änderungen maßgeblich. (4) Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel, wird für die Wertberechnung gemäß Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie gemäß Absatz 3 der höhere Preis als Referenzwert herangezogen. (5) Änderungen nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 sind im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen. 58

Beispiele für wesentliche / unwesentliche Vertragsänderungen Wesentliche Vertragsänderungen sind Änderung des Preises der Leistung, jedenfalls zugunsten des AN Änderung der Leistung inhaltlich, quantitativ oder qualitativ Auswechslung des Vertragspartners Gesellschaftsrechtliche Änderungen beim Vertragspartner Austausch eines zuschlagsrelevanten Nachunternehmers Keine wesentliche Vertragsänderung sind Geringfügig Änderungen Zusätzliche Leistungen unter engen Voraussetzungen Für den AN nachteilige Änderungen, z.b. Senkung des Preises im Verhältnis zum Marktpreis Änderungen, die im Vertrag angelegt sind, so konkret wie möglich Konsequenz einer wesentlichen Vertragsänderung -> Pflicht zur Beendigung des Vertrags und Neuvergabe! 59

10. Kündigung von öffentlichen Aufträgen während der Vertragslaufzeit 60

Kündigung während der Vertragslaufzeit Gesetzgeber schafft in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 18.07.2007, Rs. C-503/04) auf der Grundlage des 133 GWB Rechtssicherheit Öffentliche Aufträge dürfen während der Laufzeit gekündigt werden, wenn eine wesentliche Änderung vorgenommen wurde, die nach 132 GWB ein neues Vergabeverfahren erfordert hätte ( 133 Abs. 1 Nr. 1 GWB), zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ein zwingender Ausschlussgrund nach 123 Abs. 1 bis 4 GWB vorlag ( 132 Abs. 1 Nr. 2 GWB) oder der öffentliche Auftrag aufgrund einer schweren Verletzung der Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder aus den Vorschriften der 97 ff. GWB, die der EuGH in einem Verfahren nach Art. 258 AEUV festgestellt hat, nicht an den AN hätte vergeben werden dürfen ( 132 Abs. 1 Nr. 3 GWB) Kündigungsgründe in 133 GWB-E sind nicht abschließend, sondern bestehen neben anderen, z.b.: vertraglich vereinbarten Kündigungsgründen oder außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen, 314 BGB 61

Kündigung während der Vertragslaufzeit Bei kollusivem sittenwidrigem Zusammenwirken zwischen AG und AN im Sinne von 138 BGB kann der Vertrag nichtig sein mit der Folge, dass Vergütungs-, Rückforderungs- und Gewährleistungsansprüche wechselseitig ausgeschlossen sind Kündigung ist solange möglich, wie vertragliche Leistungspflichten bestehen Kündigung kann Schadensersatzanspruch des AN auslösen, 133 Abs. 2 GWB Wird ein öffentlicher Auftrag gem. 133 Abs. 1 gekündigt, kann der AN einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Für den Fall, dass ein Ausschlussgrund bestanden hat (Nr. 2; entspricht der Wertung des 628 BGB = Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung); steht dem AN ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den öffentlichen Auftraggeber nicht von Interesse sind. Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen, 133 Abs. 3 GWB (entspricht 314 Abs. 4 BGB, Verantwortlichkeiten und Mitverschulden können laut Gesetzesbegründung im Rahmen des Schadenrsersatzanspruches gewertet werden) 62

Kündigung während der Vertragslaufzeit Bei kollusivem sittenwidrigem Zusammenwirken zwischen AG und AN im Sinne von 138 BGB kann der Vertrag nichtig sein mit der Folge, dass Vergütungs-, Rückforderungs- und Gewährleistungsansprüche wechselseitig ausgeschlossen sind Klarstellung, dass Kündigungsmöglichkeit unabhängig davon besteht, ob der Vertrag innerhalb eines Nachprüfungsverfahrens nach 135 GWB-E für nichtig erklärt wird oder nicht (deshalb Unbeschadet des 135 können. ) Steht es im Ermessen des AG zu kündigen oder besteht bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes des 133 wegen des Gebots der Einhaltung des Unionsrechts eine Kündigungspflicht? 63

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Kontakt Dr. Franz Josef Hölzl, LLM Rechtsanwalt Tieckstraße 32 10115 Berlin T +49 30 915 78 520 F +49 30 940 42 972 M +49 172 745 8060 E franzjosef.hoelzl@lexantis.com www.lexantis.com 2016, Dr. Franz Josef Hölzl. Alle Rechte vorbehalten. 65