7 Zusammenfassung und Fazit

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Transkript:

In der vorliegenden Arbeit wurden Hochwasserereignisse ermittelt, die sich für die Hochwasserbemessung von Talsperren und Hochwasserrückhaltesystemen in Flussgebieten eignen. Des Weiteren wurde eine Methode für die probabilistische Bewertung von hydrologischen Szenarien für die Risikoanalyse von Hochwasserrückhaltesystemen in Flussgebieten vorgestellt. Die Hochwasserschutzwirkung einer oder mehrerer Stauanlagen ist stark davon abhängig, welche ereignisspezifischen Hochwasserabläufe angenommen bzw. erwartet werden. Die Hochwasserbemessung sollte deshalb die Vielfalt hydrologischer Belastungsszenarien berücksichtigen. Die Erkenntnis spiegelt sich auch in der neuen DIN 19700 (2004) wieder, in der z. B. der Nachweis der Hochwassersicherheit einer Talsperre mit Hilfe extremer Hochwasserganglinien, deren Scheitelwerte durch Überschreitungswahrscheinlichkeiten charakterisiert werden, gefordert wird. Weil bei der Bemessung einer Anlage die Retention berücksichtigt und der gewöhnliche Hochwasserrückhalteraum als leer angesetzt werden darf, wird eine Überprüfung der Hochwassersicherheit mit Ganglinien gefordert, die bei den anlagenspezifischen Retentionsbedingungen aufgrund ihrer Form eine Stauinhaltsmaximierung bewirken, auch wenn sie in ihrem Scheitelabfluss geringere Jährlichkeiten als von der DIN 19700 gefordert, aufweisen. Dabei sind auch mehrgipflige Ganglinien zu berücksichtigen. Extreme Abflussereignisse für die Hochwasserbemessung von Stauanlagen wurden in dieser Arbeit auf verschiedene Weise erzeugt. Für die Bemessung von Einzelanlagen wurden zwei Modelle für die Hochwassermerkmalssimulation entwickelt. Bei der Hochwassermerkmalssimulation werden synthetische Hochwasserereignisse mit Hilfe einer analytischen Funktion für deren zeitlichen Verlauf stochastisch erzeugt. Diese Funktion und deren Parameterverteilungen ist das Ergebnis aus der Auswertung von gemessenen Abflussdaten. Um auch komplexere Ganglinienformen zu berücksichtigen, wurden zwei Ganglinienfunktionen entwickelt, mit denen auch mehrgipflige Ganglinien in der Bemessung berücksichtigt werden können. Um die Anzahl der erforderlichen Parameter möglichst klein zu halten, wurden nur zweigipflige Ganglinien berücksichtigt. Ganglinien mit mehr als zwei Gipfeln treten außerdem in der Realität selten auf und führen aufgrund ihrer Form nicht zwangsläufig zu einer verminderten Hochwasserschutzwirkung wie dies bei zweigipfligen Ganglinien der Fall ist. Somit kann die Genauigkeit der Aussage zur Hochwassersicherheit bei der Berücksichtigung von Ganglinien mit mehr als zwei Gipfeln ohnehin nicht verbessert werden. 167

Zweigipflige Ganglinien werden durch die Superposition (1. Typ von Ganglinienfunktion) bzw. die Verschneidung (2. Typ von Ganglinienfunktion) von zwei Einzelwellen, die jeweils analytisch mit der Kozeny-Funktion beschrieben werden, beschrieben. Beim ersten entwickelten Modell zur Hochwassermerkmalssimulation wird die Hochwassersicherheit einer Anlage für ein vorgegebenes Wiederkehrintervall (z. B. 1 000-jährliches Ereignis als üblicher Wert für die Bemessung der Hochwasserentlastungsanlage von großen Talsperren) mit vielen verschiedenen Ganglinienformen überprüft. Auf der Basis von Bemessungsniederschlagshöhen und Einzugsgebietseigenschaften, wie z. B. der Konzentrationszeit, werden die Ganglinienformen in einem für realistisch gehaltenen Bereich variiert, um auf diese Weise eine Überdimensionierung der Talsperren durch Annahme unrealistischer Ganglinienformen zu vermeiden. Die Ganglinie, die zur maximalen resultierenden Wasserspiegelhöhe führt, wird als inhaltsmaximierende Ganglinie definiert. Werden für die unterschiedlichen Bemessungsfälle die Randbedingungen nach DIN 19700 (2004) angesetzt, kann mit diesem Verfahren die Hochwassersicherheit von Talsperren unter der Berücksichtigung von mehrgipfligen Ganglinien bemessen werden. Da die Ganglinien unabhängig von gemessenen Abflussdaten gewonnen werden, ist es möglich unter der Annahme von Gebietseigenschaften, dieses Modell auch für Gebiete einzusetzen, für die keine Messungen vorliegen. Somit zeigt die vorliegende Arbeit für den Teilaspekt der hydrologischen Auslegung Lösungen auf, auch bei schmaler oder gänzlich fehlender Datenbasis Bemessungsereignisse mit möglichst realitätsnahen ein- und zweigipfligen Ganglinien zu erhalten. Entscheidend dabei ist, dass das Modell durch die zusätzliche Berücksichtigung der Einzugsgebietseigenschaften Ergebnisse mit einer möglichst hohen Vertrauenswürdigkeit erzeugt. Aufgrund der getroffenen vereinfachten Annahmen ist dieses Modell am besten in Verbindung mit anderen Bemessungsverfahren zur Plausibilitätsüberprüfung von Bemessungsergebnissen geeignet. Das Verfahren liefert allerdings keine Aussage über die tatsächliche Auftretenswahrscheinlichkeit der ermittelten Ganglinien und kann daher nicht für die stochastische Hochwasserbemessung nach der Zuverlässigkeitstheorie eingesetzt werden. Am Beispiel der drei Talsperren Gottleuba, Lichtenberg und Eibenstock hat sich gezeigt, dass das Verfahren sehr gut für die Bemessung eingesetzt werden kann und bei dem Verfahren durch die Randbedingungen bei der Generierung eine Überdimensionierung durch unrealistische Ganglinienformen vermieden werden kann. Es hat sich auch gezeigt, dass es, wie in der DIN 19700 (2004) gefordert, wichtig ist, auch mehrgipflige Ganglinien zu berücksichtigen. Dies kann insbesondere bei Talsperren mit kleineren Einzugsgebieten maßgebend sein, wie sich bei den beiden Talsperren Gottleuba und Lichtenberg mit einem Einzugsgebiet zwischen 30 und 40 km² gezeigt hat. Dagegen hat sich am Beispiel der Talsperre Eibenstock mit einem Einzugsgebiet von ca. 200 km² ergeben, dass bei größeren Einzugsgebieten aufgrund des weitaus größeren möglichen Abflussvolumens eher eingipflige Ganglinienformen inhaltsmaximierend wirken. 168

Aufbauend auf dem ersten vereinfachten Modell wurde ein zweites, komplexeres Modell für die Hochwassermerkmalssimulation entwickelt, das die statistischen Verteilungen der Hochwassereigenschaften an der betrachteten Stelle im Gewässer nachbildet. Somit kann dieses Modell nicht nur für eine stochastische Bemessung der Hochwassersicherheit nach DIN 19700 (2004), wie in dem Anwendungsbeispiel geschehen, sondern auch für eine voll probabilistische Bemessung nach dem Zuverlässigkeitskonzept angewendet werden. Bei diesem Modell werden unabhängig voneinander ein- und zweigipflige Ganglinien generiert. Es wird dabei in Abhängigkeit von der Auftretenswahrscheinlichkeit ein- bzw. zweigipfliger Ganglinien jeweils ein eingipfliges oder zweigipfliges Ereignis erzeugt. Bei den eingipfligen Ganglinien werden jeweils über eine bivariate Wahrscheinlichkeitsverteilung die Abhängigkeiten zwischen den Hochwassereigenschaften Scheitel und Volumen sowie Volumen und Scheitelanstiegszeit berücksichtigt. Für die Ermittlung der bivariaten Wahrscheinlichkeitsverteilung wurde die Copula-Methode verwendet. Bei der Generierung der zweigipfligen Ganglinien werden neben den Parameterverteilungen aus dem eingipfligen Ganglinienmodell die Hochwassereigenschaften zeitlicher Abstand der beiden Gipfel, Höhe des Direktabflussscheitelwerts, Verhältnis zwischen der Höhe des Direktabflussscheitels und des zweiten Gipfels und Position des Scheitelwerts mit den entsprechenden Verteilungen berücksichtigt. Da nicht alle Hochwassereigenschaften bei der Generierung berücksichtigt werden können, werden die Eigenschaften der generierten Ganglinien sicherheitshalber mit denen der Datenbasis verglichen. Da im Allgemeinen die gemessenen Abflussdaten für eine statistisch abgesicherte Schätzung der Parameterverteilungen eines so komplexen Modells einen zu kurzen Zeitraum umfassen, wurde ein Verfahren vorgestellt, bei dem für die Ermittlung der Parameterverteilungen des Modells Hochwasserereignisse aus einer stochastisch-deterministisch generierten Abflussreihe verwendet werden. Durch diese Informationserweiterung war es möglich das komplexe Modell zu parametrisieren. Die stochastisch-deterministische Simulation kann aber keinesfalls lange gemessene Abflussdaten ersetzen, da diese für die Kalibrierung des deterministischen Niederschlag-Abfluss-Modells und für die Verifizierung der stochastisch-deterministisch ermittelten Zeitreihen erforderlich sind. Die Validierung der mit dem komplexen Modell gewonnenen synthetischen Zuflussereignisse zu der Wuppertalsperre hat gezeigt, wie gut das in dieser Arbeit entwickelte Modell alle maßgebenden Hochwassereigenschaften der Datenbasis sowohl von ein- als auch zweigipfligen Ereignissen nachbildet. Somit konnten mit den generierten Ereignissen für eine fiktive Talsperre (orientiert an der Wuppertalsperre) über eine stochastische Bemessung die Hochwasserstauziele Z H1 und Z H2 für den Nachweis der Hochwassersicherheit nach DIN 19700 festgelegt werden. Bei beiden in dieser Arbeit entwickelten Modellen zur Hochwassermerkmalssimulation zeigen die Ergebnisse, dass mit der Einführung der zweigipfligen Ganglinienfunktion bei der Bemessung von Hochwasserrückhalteanlagen ein weitaus größeres Hochwasserspekt- 169

rum berücksichtigt werden kann und dies für eine adäquate Hochwasserbemessung auch erforderlich ist. Bei größeren Einzugsgebieten ist die Hochwasserschutzwirkung einer oder mehrerer Stauanlagen stark durch die ereignisspezifischen Hochwasserabläufe, wie z. B. der räumlichen Verteilung der hochwasserauslösenden Niederschlagsereignisse, bestimmt. Bei der Bemessung der Hochwasserschutzwirkung mit Hilfe der Risikoanalyse und bewertung (Risk Assessment) ist es daher von großer Bedeutung, alle möglichen Hochwassersituationen zu berücksichtigen. Daher ist es bei größeren Flussgebieten sinnvoll, die Hochwasserereignisse über flächenhaft verteilte stochastisch generierte Niederschlagsfelder in Kombination mit einem deterministischen Niederschlag-Abfluss-Modell zu gewinnen. Die für die Bemessung verwendeten hydrologischen Szenarien und damit auch deren Auswirkungen, wie z. B. Schäden, müssen probabilistisch bewertet werden. Hochwasserereignisse sind ein multivariater Zufallsprozess in Abhängigkeit von mehreren, meist korrelierten Zufallsvariablen. Die in den Anwendungsbeispielen in dieser Arbeit ermittelten hydrologischen Szenarien wurden daher mit Hilfe von bivariaten Wahrscheinlichkeitsverteilungen probabilistisch bewertet. Hierzu wurde wiederum die Copula-Methode angewendet. Die probabilistische Bewertung von stochastisch-deterministisch ermittelten hydrologischen Szenarien mit Hilfe von multivariaten Methoden wurde am Beispiel der beiden Einzugsgebiete der Wupper und der Unstrut durchgeführt. Dabei war es wichtig, neben dem Hochwasserscheitel auch das Hochwasservolumen zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck wurden bei beiden Einzugsgebieten für die Ereignisse im Zufluss der Talsperren (bei der Wupper die Wuppertalsperre und bei der Unstrut das HRB Straußfurt und die Talsperre Kelbra) eine bivariate Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Hochwassereigenschaften Scheitel und Volumen ermittelt. Bei größeren Einzugsgebieten wie z. B. der Unstrut kann es für die Risikoanalyse von großer Bedeutung sein, auch die Koinzidenz von Hochwasserereignissen in den verschiedenen Teileinzugsgebieten zu berücksichtigen - also wie wahrscheinlich es z. B. ist, dass in beiden Teileinzugsgebieten ein großes Hochwasserereignis zeitgleich stattfindet. Hierzu wurde an der Unstrut für die zeitgleich auftretenden Scheitelwerte im Zufluss der beiden Stauanlagen eine bivariate Häufigkeitsanalyse durchgeführt. Beim BMBF-Projekt an der Unstrut wurde speziell mit dieser differenzierten probabilistischen Bewertung der verwendeten hydrologischen Szenarien mit Hilfe eines Entscheidungsunterstützungssystems (EUS) die Risikoanalyse und anschließende Risikobewertung der verschiedenen Ausbauzustände des Hochwasserrückhaltessystems an der Unstrut durchgeführt (Schumann, 2008). Anhand der Anwendungsbeispiele konnte gezeigt werden, dass die Generierung stochastisch-deterministischer Ereignisse unter Berücksichtigung räumlich verteilter Niederschläge, insbesondere für große Einzugsgebiete mit unterschiedlicher Hochwassergenese, 170

sehr gut funktioniert, um in die Risikoanalyse von Talsperren und anderen technischen Hochwasserrückhaltesystemen eingehende hydrologische Szenarien zu beschreiben. Dabei hat sich bei der Ermittlung von bivariaten Wahrscheinlichkeitsverteilungen die Copula- Methode besonders gut bewährt. Die Ergebnisse zeigen, dass je nach Bemessungskonzept und -ziel, angesetzten Randbedingungen, Größe des Einzugsgebietes, Datenverfügbarkeit und Anzahl der Hochwasserrückhalteeinrichtungen unterschiedliche Verfahren für Ermittlung der Bemessungszuflüsse erforderlich und sinnvoll sind. Für die Bewertung der Hochwasserschutzwirkung von Hochwasserrückhaltesystemen in großen Flussgebieten ist z. B. eine Anwendung der Hochwassermerkmalssimulation nicht sehr gut geeignet, da dabei die räumliche Verteilung der Ereignisses im Gebiet nicht berücksichtigt wird. Des Weiteren kann es aufgrund der Datenverfügbarkeit in dem betrachteten Einzugsgebiet nicht möglich sein, die Parameter für komplexe Verfahren zu schätzen. Zusammenfassend ist zu resümieren, dass jede Ermittlung von Bemessungsereignissen, ob auf statistischer oder statistisch-deterministischer Grundlage, mit Annahmen verbunden ist. Problematisch ist bei allen Verfahren die aufgrund der kleinen geforderten Überschreitungswahrscheinlichkeiten für die Bemessung erforderliche Extrapolation über den Beobachtungszeitraum hinaus und die damit verbundenen Unsicherheiten. Daher sollten alle in dem Einzugsgebiet verfügbaren Informationen und alle Möglichkeiten für die Informationserweiterung (zeitliche, räumliche und kausale) für die Ermittlung bzw. Plausibilitätsüberprüfung der Bemessungsereignisse genutzt werden. Generell sollten immer möglichst mehrere unterschiedliche Verfahren für die Ermittlung der Bemessungsereignisse angewendet und die Ergebnisse dieser Verfahren zur Plausibilitätsüberprüfung verglichen werden um eine Über- oder Unterbemessung der Anlage zu vermeiden. 171