Working Paper. Und sie lohnt sich doch! Riestern ist auch und gerade für Geringverdiener wichtig 30.06.2008



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ALLIANZ DR E S DN E R ECONOM IC R E S EARCH Working Paper 107 30.06.2008 M AKROÖKONOMIE FINANZMÄRKTE W I RTSCHAF T SPOLITIK BRANCHEN Dr. Martin Gasche Und sie lohnt sich doch! Riestern ist auch und gerade für Geringverdiener wichtig

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 Working Paper Nr. 107 1. Das Anreizproblem... 3 2. Annahmen... 4 3. Gesetzliche Rente... 5 4. Gesetzliche Rente und Riester-Rente... 8 5. Informationsprobleme und Versorgungsmentalität... 11 6. Rendite der Riester-Rente... 12 7. Fazit... 16 8. Anhang... 18 2

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H A U T O R : DR. MARTIN GASCHE Tel.: +49.69.263-5 22 74 martin.gasche@dresdner-bank.com In jüngster Vergangenheit hat es eine breite Medienberichterstattung darüber gegeben, dass sich die Riester-Rente für Geringverdiener nicht lohne. Begründet wurde dies damit, dass die zu erwartenden gesetzlichen Rentenansprüche dieser Personengruppe unterhalb des staatlich garantierten Grundsicherungsniveaus lägen und eine zusätzliche Riester-Rente das Alterseinkommen nicht erhöhen würde, weil die Riester-Rente voll auf die Grundsicherung angerechnet werde. Im Folgenden soll die Diskussion etwas versachlicht werden, indem gezeigt wird, dass sich die notwendige Anzahl der Beitragsjahre zur Erreichung einer Rente in Höhe des Grundsicherungsniveaus (Mindestbeitragszeit) signifikant reduzieren lässt, wenn zur gesetzlichen Rente noch zusätzlich eine Riester-Rente abgeschlossen wird. Dabei ist die Reduktion der Mindestbeitragszeit umso größer, je geringer das Einkommen ist. Die Riester-Rente lohnt sich also besonders für Geringverdiener. Und dies nicht (nur) wegen der Förderung, sondern weil durch die Riester-Rente das Alterseinkommen auch für Geringverdiener mit geringen Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenver-sicherung über das Grundsicherungsniveau hinaus gesteigert werden kann. DAS ANREIZPROBLEM Beitragsjahre und Einkommen bestimmen Höhe der GRV-Rente Jährliche Sparleistung, Verzinsung und Beitragsjahre bestimmen Höhe der Riester-Rente Grundsicherung im Alter gewährt bei Bedürftigkeit Mindesteinkommen Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in Deutschland ist nach dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz organisiert. Dies bedeutet, dass sich die Rentenhöhe eines Versicherten nach dessen Einkommensposition relativ zum Durchschnittseinkommen während der gesamten Beitragszeit richtet. Die in einem Jahr erworbenen Rentenansprüche sind damit umso höher, je höher das verbeitragte Einkommen in diesem Jahr im Vergleich zum Durchschnittseinkommen ist, und die insgesamt erworbenen Rentenansprüche, sind umso größer, je länger ein Versicherter in das Rentensystem eingezahlt hat. Kurz: die GRV-Rente hängt von der individuellen Einkommenshöhe im Vergleich zum Durchschnittseinkommen und von den Beitragsjahren ab. Die Riester-Rente ist ebenfalls nach dem Äquivalenzprinzip organisiert. Vom Grundprinzip her speisen die Beiträge einen Kapitalstock, der verzinst und später als Rente ausgezahlt wird. Der Kapitalstock und damit die ausgezahlte Rente ist umso größer, je höher die pro Jahr eingezahlten Beiträge sind, je höher die Verzinsung ist und je länger die Beitragszahlungen getätigt werden. Die Höhe der Riester-Rente hängt damit ähnlich wie die GRV-Rente von der jährlichen Sparleistung und von der Beitragsdauer ab. Ökonomisch gesehen ist eine Versicherung, die sich nach dem Äquivalenzprinzip richtet, also einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Beiträge und der Höhe der Leistung herstellt, positiv zu beurteilen, da man für die Beiträge eine Gegenleistung erhält, die Beiträge also keinen Steuercharakter haben. Die ökonomischen Anreize, die von der Beitragszahlung in eine Rentenversicherung ausgehen, hängen aber ganz entscheidend von dem neben dem Rentenversicherungssystem etablierten System der Grundsicherung ab. In Deutschland garantiert der Staat jedem Bürger in Form der Grundsicherung im Alter ein Mindesteinkommen auf Sozialhilfeniveau. Liegen die Alterseinkommen, also gesetzliche Rente, Riester-Rente, Betriebsrente und andere Einkommen insgesamt unterhalb dieses Grundsicherungsniveaus, stockt der Staat das Alterseinkommen auf. Derzeit beträgt nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Grundsicherungsbedarf für einen über 65-Jährigen im Durchschnitt 627 EUR im Monat. Für den Fall, dass die gesetzliche Rente niedrig ist, kann dies bedeuten, dass selbst mit einer ergänzenden kapitalgedeckten 3

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 Rente (z.b. Riester-Rente) das gesamte Alterseinkommen nicht über das Grundsicherungsniveau hinausgeht, die Beitragszahlungen in die Rentenversicherungen also nichts genutzt haben, weil man das Grundsicherungseinkommen auch ohne diese Beitragszahlungen bekommen hätte. Steuercharakter der Rentenversicherungsbeiträge ergibt sich aus dem Zusammenspiel des Rentensystems mit dem Grundsicherungssystem Steuercharakter der Beiträge für das Riester-System problematischer als für das GRV-System Alle Beitragszahlungen sowohl in die gesetzliche Rentenversicherung also auch in die Riester-Rente haben in diesem Fall Steuercharakter, da sie nicht zu einem höheren als dem ohnehin vom Staat garantierten Alterseinkommen geführt haben. Damit zeigt sich eine grundsätzliche Konsequenz, wenn der Staat ein unbedingtes Mindesteinkommen im Alter gewährt: Alle Beitragszahlungen in eine Rentenversicherung, egal welcher Provenienz, haben Steuercharakter, nutzen also nichts, solange die damit generierte Rente das staatlich garantierte Mindesteinkommensniveau nicht übersteigt. Dieses Anreizproblem ist also kein Problem des Rentenversicherungssystems weder der GRV noch der Riester-Rente sondern ein allgemeingültiges Problem in einem fürsorgenden Sozialstaat. Der Steuercharakter der Beiträge wirkt sich allerdings in den Systemen unterschiedlich aus. Da die GRV eine Zwangsversicherung ist, gibt es nur wenige Möglichkeiten, dieser Besteuerung auszuweichen. Die Riester-Rente dagegen ist freiwillig, die Steuervermeidung also leicht möglich, indem man keinen Vertrag abschließt oder nicht mehr einzahlt. Insofern ist ein tatsächlich bestehender Steuercharakter der Beiträge, aber auch ein fälschlicherweise durch Desinformationen suggerierter Steuercharakter für das Riester-System problematischer als für das GRV-System. Im Folgenden wird zunächst der Fall betrachtet, dass eine Person nur Ansprüche in der GRV erwirbt. Dargestellt wird, für welche Kombinationen aus Beitragsdauer und Einkommenshöhe in diesem Fall das beschriebene Anreizproblem auftritt, die Beiträge also Steuercharakter haben. Im zweiten Schritt wird angenommen, dass zur GRV-Rente noch eine Riester-Rente hinzutritt. Dabei zeigt sich, wie sich das Gesamtrenteneinkommen erhöht und auch für Geringverdiener über das Grundsicherungsniveau gesteigert werden kann, so dass das Anreizproblem entschärft wird, sich die Beitragszahlungen also auch und gerade für Geringverdiener lohnen. ANNAHMEN Für die Berechnungen sind einige Annahmen notwendig: Als Grundsicherungsbedarf werden 630 EUR unterstellt. Es wird vom Basisjahr 2008 ausgegangen und angenommen, dass der Grundsicherungsbedarf mit der gleichen Rate zunimmt wie die gesetzlichen Renten steigen, er in diesem Sinne also real konstant bleibt. Das Grundsicherungsniveau und das Rentenniveau stehen damit stets im gleichen Verhältnis zueinander, 1 sodass in der GRV zum Erwerb einer Rente auf Grundsicherungsniveau stets die gleiche Anzahl von Entgeltpunkten erforderlich ist und die Berechnungen deshalb zeitunabhängig vorgenommen werden können. Die ausgewiesenen Renten in Euro-Beträgen sind also als reale Größen zu interpretieren, wobei als Deflator die Rentenanpassungsrate unterstellt wurde. Für die Berechnungen zur Riester-Rente wird davon ausgegangen, dass in jedem Jahr eine Sparleistung von 4 % des Bruttoeinkommens getätigt wird. Für Bezieher sehr niedriger Einkommen wird angenommen, dass sie die Mindesteigenleistung (Sockel- 1 Diese Annahme ist durchaus realistisch, da für die Regelsatzbemessung der Grundsicherung im Alter die Entwicklung der Nettoein- kommen von Single-Haushalten (ohne Sozialhilfe- und Grundsicherungsempfänger) des untersten Quintils auf der Einkommensskala entscheidend ist. In diesem untersten Einkommensquintil dürften Rentnerhaushalte einen hohen Anteil ausmachen, sodass die Ren- 4 tenanpassungsrate und die Anpassungsrate des Regelsatzes weitgehend übereinstimmen werden.

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H betrag) von 60 EUR jährlich erbringen. Deren Sparleistung ergibt sich dann aus dem Sockelbetrag zuzüglich der Zulage. 2 Die Rente wird nach Ablauf der Beitragszeit in gleich hohen Beträgen als Annuität ausgezahlt. Die Sparbeiträge und der Kapitalstock werden mit einer realen Rate von 3 % p.a. verzinst. Es wird also davon ausgegangen, dass die nominale Rendite der Riester-Rente immer um 3 Prozentpunkte über der Rentensteigerungsrate der GRV liegt. 3 Die Rentenbezugszeit wird einheitlich auf 20 Jahre festgesetzt. Um die Rentenzahlungen und die Grundsicherung im Alter vergleichbar zu machen, müssen von den GRV-Bruttorenten die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abgezogen werden. Denn Bezieher der Grundsicherung im Alter erhalten Gesundheitsleistungen und Pflegeleistungen, ohne Beiträge zu zahlen. 4 Dabei wird ein Krankenversicherungsbeitragssatz von 14,1 %, ein Zusatzbeitragssatz zur Krankenversicherung von 0,9 % und ein Pflegeversicherungsbeitragssatz von 2 % unterstellt. 5 Der Rentenzahlbetrag aus der GRV ergibt sich aus der Bruttorente abzüglich des vollen Pflegeversicherungsbeitrags, des vollen Zusatzbeitrags und des hälftigen Krankenversicherungsbeitrags. 6 Der anzuwendende Beitragssatz beläuft sich also auf 9,95 %. Steuerliche Sachverhalte werden bei der Rentenberechnung aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt. Für die hier betrachteten niedrigen Renteneinkommen unterhalb des Grundfreibetrags der Einkommensteuer ergibt sich aber grundsätzlich kein Unterschied zwischen den ausgewiesenen Bruttobeträgen ohne Berücksichtigung der Einkommensteuer und den Nettorenten. GESETZLICHE RENTE Hohe Mindestbeitragszeiten in der GRV für Geringverdiener Zunächst wird die gesetzliche Rente betrachtet. Verdient man das Durchschnittseinkommen von jährlich rund 30.000 EUR brutto und zahlt Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung, erwirbt man derzeit in Westdeutschland einen monatlichen Rentenanspruch von 26,27 EUR. Hat man z.b. 25 Jahre lang Beiträge nach dem Durchschnittseinkommen gezahlt, beträgt die Bruttorente 656 EUR. Nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ergibt sich ein Rentenzahlbetrag von rund 590 EUR. Um einen Rentenzahlbetrag in Höhe der Grundsicherung von 630 EUR monatlich zu erreichen, sind knapp 27 Beitragsjahre nach dem Durchschnittseinkommen erforderlich (Grafik 1). Sofern das Grundsicherungsniveau mit der gleichen Rate erhöht wird wie die Renten, wird sich an dieser Mindestbeitragszeit für Durchschnittsverdiener auch in Zukunft nichts ändern. Verdient man nur die Hälfte des Durchschnittsseinkommens, also derzeit rund 15.000 EUR im Jahr, dann müsste man schon über 54 Jahre in die Rentenversicherung einzahlen, um eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu erhalten. Zahlt dieser Versicherte dagegen nur 30 Jahre ein, erhält er real nur rund 355 EUR Rente (Grafik 2). Alle zusätzlichen privaten Renteneinkommen, die in der Summe unter 275 EUR monatlich liegen, erhöhen damit das Alterseinkommen nicht. Ein Versicherter, der dagegen stets 150 % des 2 Für die hier behandelte Fragestellung ist nur die Höhe der Sparleistung relevant, nicht die Zusammensetzung der Sparleistung aus Eigenleistung und Förderung. Selbstverständlich lohnt sich die Riester-Rente umso mehr, je höher die Förderung ist. 3 Legt man die Daten des Rentenversicherungsberichts 2007 zugrunde, werden unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors und des Nachholfaktors die Renten z.b. zwischen 2008 und 2021 in Westdeutschland um durchschnittlich 1,8 % p.a. zunehmen. Implizit wird also für diesen Zeitraum für die Riester-Rente eine (nominale) Verzinsung von durchschnittlich 4,8 % unterstellt, was als recht konservativ gelten kann. 4 So sind mit dem GKV-Modernisierungsgesetz die Bezieher von Sozialhilfe und der Grundsicherung im Alter leistungsrechtlich den gesetzlich Krankenversicherten gleichgestellt worden, ohne jedoch Beiträge zahlen zu müssen. Die Sozialhilfeträger erstatten vielmehr den Krankenkassen die in Rechnung gestellten Kosten für die medizinische Behandlung. 5 Zur Vereinfachung wird hier ein konstanter Gesamtbeitragsatz unterstellt. 6 Die andere Hälfte des Krankenversicherungsbeitragssatzes zahlt der Rentenversicherungsträger. 5

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 Durchschnittseinkommens (derzeit also rund 45.000 EUR) verdient, hat schon nach rund 18 Beitragsjahren Rentenansprüche in Höhe der Grundsicherung erworben. Alle zusätzlichen Beitragszahlungen, egal ob in die gesetzliche oder in eine private Rentenversicherung, führen danach zu höheren Alterseinkommen und haben somit in diesem Sinne keinen Steuercharakter mehr. 7 Fragt man, wie hoch das Einkommen sein muss, um bei einer gegebenen Anzahl von Beitragsjahren eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung zu erhalten, dann zeigt sich, dass man bei 20 Beitragsjahren schon rund 133 % des Durchschnittseinkommens, also derzeit rund 40.000 EUR jährlich (3.335 EUR brutto monatlich), verdienen muss. Hat man 35 Beitragsjahre Zeit, reichen schon 76 % des Durchschnittseinkommens, derzeit rund 22.900 EUR jährlich aus. Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten reduziert die Mindestbeitragszeit Besonders für Frauen besteht die Gefahr, dass sie später nur über ein geringes Renteneinkommen verfügen, da sie oft einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, deshalb niedrigere Einkommen erzielen und wegen der Kindererziehung unterbrochene Erwerbsbiographien, also weniger Beitragsjahre aufweisen. Doch in der gesetzlichen Rentenversicherung wirken Kindererziehungszeiten rentenerhöhend. Betrachtet man eine/n Alleinstehende/n mit einem Kind, das nach 1992 geboren wurde, 8 dann erhöht sich die Rente aufgrund der Kindererziehung um rund 79 EUR monatlich ohne Berücksichtigung der Höherbewertung von Beitragszeiten. Die Höherbewertung kommt hinzu, wenn die Kindererziehenden in den ersten 10 Lebensjahren des Kindes erwerbstätig sind und niedrige Einkommen erzielen. Sie wirkt sich am stärksten bei denjenigen aus, die gerade 2/3 des Durchschnittseinkommens, also derzeit 20.000 EUR, verdienen. Dort führt in den Beispielsrechnungen die Höherbewertung zu einer um nochmals knapp 50 EUR höheren Bruttomonatsrente. Das Ergebnis der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und der Höherbewertung von Beitragszeiten ist ein signifikanter Rückgang der Mindestbeitragszeit: So ist mit 15.000 EUR Jahreseinkommen, also 50 % des Durchschnittseinkommens, das Grundsicherungsniveau nicht erst nach 54 Jahren (alleinstehend ohne Kind), sondern nach 44 Jahren erreicht. Für ein Jahreseinkommen von 20.000 EUR reduziert sich die Mindestbeitragszeit von 41 Jahre auf 33 Jahre und für Durchschnittseinkommensbezieher von 27 auf 24 Jahre. Bei zwei nach 1992 geborenen Kindern erhöht sich der monatliche Einkommensvorteil nochmals um weitere 79 EUR, so dass die Mindestbeitragszeit beim halben Durchschnittseinkommen (derzeit 15.000 EUR) noch 38 Jahre und beim Durchschnittseinkommen 21 Beitragsjahre beträgt. 7 Ein Steuercharakter anderer Art, nämlich ein impliziter Steueranteil an den Beitragszahlungen, ergibt sich im Fall der Beiträge zur GRV aus der Tatsache, dass die implizite Verzinsung der GRV niedriger ist als die Kapitalmarktrendite. Ein Teil des GRV-Beitrags ist verloren hat Steuercharakter weil man durch eine entsprechende Anlage am Kapitalmarkt eine Rente in Höhe der GRV-Rente mit geringeren Beiträgen generieren könnte. Vgl. dazu z.b. Sinn, H.W. (2000): Why a Funded Pension System is Useful and Why It is Not Useful, in: International Tax and Public Finance, 7, S. 389-410. 8 Bei der Berechnung der Rente wird eine Kindererziehungszeit von 3 Jahren berücksichtigt, die zu drei zusätzlichen Entgeltpunkten führt. Zudem wirken sog. Kinderberücksichtigungszeiten rentenerhöhend. Pflichtbeiträge werden für diese Zeit höher bewertet, indem 50 % der aufgrund der gezahlten Pflichtbeiträge erworbenen Entgeltpunkte zusätzlich gutgeschrieben werden. Die Obergrenze für 6 diese Höherbewertung ist 1 Entgeltpunkt jährlich. In den Beispielrechnungen werden 7 Jahre Kinderberücksichtigungszeiten unterstellt.

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H 100 Grafik 1 Erforderliche Beitragsjahre zum Erwerb von GRV-Rentenansprüchen auf dem Grundsicherungsniveau (Mindestbeitragszeit) 80 Beitragsjahre 60 40 20 0 30% 40%50% 60% 70% 80%90% Quelle: Eigene Berechnungen. 100% 110%120% 130% 140% 150%160% des Durchschnittseinkommens 170% 180%190% 200% Grafik 2 1.200 Reale Monatsrente in Abhängigkeit von den Beitragsjahren und der Einkommenshöhe a) 1.000 EUR monatlich 800 600 400 200 0 a) In den Berechnungen wird unterstellt, dass im Zeitverlauf das Verhältnis des Jahresbruttoeinkommens zum jeweiligen Durchschnittseinkommen konstant bleibt, der ausgewiesene Einkommensbetrag also nur anfänglich gilt und dann mit der gleichen Rate wächst wie das Durchschnittseinkommen. 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 Beitragsjahre 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 Grundsicherung Quelle: Eigene Berechnungen. Mit der GRV-Rente allein können Geringverdiener das Grundsicherungsniveau kaum überschreiten Insgesamt kann man festhalten, dass die Wahrscheinlichkeit, eine gesetzliche Rente unterhalb des Grundsicherungsniveaus zu erhalten, vor allem für Bezieher geringer Einkommen das sind nicht nur Geringqualifizierte, sondern auch Teilzeitbeschäftigte und Personen mit unterbrochenen Erwerbsbiographien besonders hoch ist. Personen, die über ihr gesamtes Erwerbsleben hinweg nicht mehr als die Hälfte des Durchschnittseinkommens (derzeit 15.000 EUR) verdienen, werden immer eine gesetzliche Rente unterhalb des Grundsicherungsniveaus haben. Personen mit 2/3 7

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 des Durchschnittseinkommens (derzeit 20.000 EUR) müssen 41 Beitragsjahre aufweisen, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erhalten. Von einer niedrigen GRV-Rente dürften besonders Frauen betroffen sein, weil sie typischerweise unterbrochene Erwerbsbiographien und auch einen hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigung haben. Allerdings wirkt sich die Kindererziehung rentenerhöhend aus, so dass die Nachteile ein wenig abgefedert werden können. Zudem sind Geringqualifizierte mit niedrigen Stundenlöhnen sowie Arbeitslose gefährdet, da die Bundesagentur für Arbeit (Arbeitslosengeld I) bzw. der Bund (Arbeitslosengeld II) für Arbeitslose geringere Beiträge entrichten. 9 GESETZLICHE RENTE UND RIESTER-RENTE Es stellt sich nun die Frage, ob die besonders gefährdeten Personen mit Hilfe der privaten Vorsorge die Möglichkeit haben, ein Alterseinkommen über dem Grundsicherungsniveau zu erzielen und sich damit Beitragszahlungen in die Rentensysteme lohnen. Deshalb wird nun die Riester-Rente mit in die Betrachtung einbezogen und eine Gesamtrente als Summe aus GRV-Rente und Riester-Rente in Abhängigkeit von den Beitragsjahren und der Einkommenshöhe berechnet. Zur Vereinfachung wird angenommen, dass die Beitragsjahre bei der gesetzlichen Rente und der Riester-Rente übereinstimmen. Damit kann das oben für die gesetzliche Rente verwendete Maß der Mindestbeitragszeit weiterhin benutzt werden. Riester-Rente kann das Alterseinkommen signifikant erhöhen Riester-Rente reduziert für Geringverdiener die Mindestbeitragszeit überproportional Durch eine zusätzliche Riester-Rente kann das Einkommen je nach Beitragszeit signifikant erhöht werden. Bei einer Beitragszeit von zum Beispiel 25 Jahren (zur Riester-Rente und zur GRV) steigt das Gesamtrenteneinkommen im Vergleich zur GRV-Rente um 43 %. Insgesamt macht die Riester-Rente für Gering- und Durchschnittsverdiener je nach Einkommensklasse und Beitragszeit rund 20 % bis 40 % des Gesamtrenteneinkommens aus. 10 Somit reduziert eine zusätzlich zur gesetzlichen Rente abgeschlossene Riester-Rente die Anzahl der Beitragsjahre, die man benötigt, um eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung zu erreichen (Mindestbeitragszeit). Dies zeigt ein Vergleich der Grafik 3 mit der Grafik 2. Für einen Durchschnittsverdiener (derzeit 30.000 EUR Jahreseinkommen) verkürzt sich z.b. die Mindestbeitragszeit um 7 Jahre von 27 auf 20 Jahre, für einen Single mit einem Jahreseinkommen von 15.000 EUR von 54 auf 36 Beitragsjahre. Die Reduktion der Mindestbeitragszeit durch die Riester-Rente ist damit umso größer je geringer das Einkommen ist (Grafik 4). Geringverdiener profitieren also überproportional von der Riester-Rente. Mithin wird hier die Bedeutung der Riester-Rente auch und insbesondere für die Geringverdiener deutlich. Sobald die Mindestbeitragszeit überschritten ist, lohnen sich die Rentenbeiträge und zwar sowohl die zur GRV also auch die Riester-Beiträge. Jedes weitere Beitragsjahr kann dabei ein zusätzliches monatliches Einkommen von 10 bis 60 EUR für Gering- bis Durchschnittsverdiener bringen. Das heißt, die Riester-Rente lohnt sich umso mehr, je länger einbezahlt wird und dies gilt auch für die Geringverdiener! Bei einem Jahresbruttoeinkommen von 15.000 EUR kann man zum Beispiel mit 5 weiteren Beitragsjahren über die Mindestbeitragszeit hinaus ein zusätzliches über das 9 Besonders gravierend ist dies für die Empfänger von Arbeitslosengeld II, da die Beiträge so bemessen werden, als verdiente der Arbeitslose 205 EUR im Monat. Ein Jahr Bezug von Arbeitslosengeld II in Westdeutschland erzeugt damit einen monatlichen Rentenanspruch von rund 2,15 EUR (=205*12/30054*26,27). 10 Der Anteil der Riester-Rente steigt mit der Beitragszeit aufgrund der Wirkungen des Zinseszinseffektes bzw. der Tatsache, dass die kapitalgedeckte Rente eine höhere Rendite aufweist als die gesetzliche Rente. Auch für Bezieher sehr geringer Einkommen ist der Riester- 8 Anteil hoch, da die Sparleistungen (Eigenleistung+Zulage) einen relativ höheren Anteil am Einkommen ausmachen.

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Grundsicherungsniveau hinausgehendes Einkommen von rund 110 EUR monatlich (ausgedrückt in heutigen Preisen) generieren. Das sind 17 % mehr Alterseinkommen Monat für Monat. 11 Deshalb ist es wichtig, mit der zusätzlichen Altersvorsorge früh zu beginnen, damit eine entsprechend lange Beitragszeit erreicht wird. monatliche Gesamtrente in EUR a) In den Berechnungen wird unterstellt, dass im Zeitverlauf das Verhältnis des Jahresbruttoeinkommens zum jeweiligen Durchschnittseinkommen konstant bleibt. Der ausgewiesene Einkommensbetrag also nur anfänglich gilt und dann mit der gleichen Rate wächst wie das Durchschnittseinkommen. Mindestbeitragszeit in Jahren 1.800 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 a) In den Berechnungen wird unterstellt, dass im Zeitverlauf das Verhältnis des Jahresbruttoeinkommens zum jeweiligen Durchschnittseinkommen konstant bleibt. Der ausgewiesene Einkommensbetrag also nur anfänglich gilt und dann mit der gleichen Rate wächst wie das Durchschnittseinkommen. Grafik 3 Reale Monatsrente (GRV + Riester) in Abhängigkeit von den Beitragsjahren und der Einkommenshöhe a) 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 Beitragsjahre 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 Grundsicherung Quelle: Eigene Berechnungen. 70 60 50 40 30 20 10 0 Grafik 4 Erforderliche Beitragsjahre zum Erwerb einer Gesamtrente (GRV + Riester) auf dem Grundsicherungsniveau (Mindestbeitragszeit) a) 12.000 13.000 14.000 15.000 16.000 17.000 18.000 11 Die Monatsgesamtrente steigt von 644 EUR auf 756 EUR. 19.000 20.000 21.000 22.000 23.000 24.000 25.000 26.000 27.000 28.000 29.000 30.000 Derzeitiges Jahresbruttoeinkommen in EUR GRV-Rente alleinstehend ohne Kind Gesamtrente (GRV-Rente + Riester-Rente) alleinstehend ohne Kind Gesamtrente alleinstehend 1 Kind Quelle: Eigene Berechnungen. 9

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 Bedeutend niedrigere Mindestbeitragszeit für Alleinerziehende Keine Änderung der grundsätzlichen Ergebnisse bei Annahmenvariationen Betrachtet man die von niedrigen Einkommen und unterbrochenen Erwerbsbiographien besonders betroffenen Alleinstehenden mit Kind, zeigt sich, dass die Mindestbeitragszeit noch niedriger liegt und sich die Riester-Rente lohnt. 12 So beträgt die Mindestbeitragszeit für ein sehr geringes Bruttojahreseinkommen von 12.000 EUR 37 Jahre. Das sind 27 Jahre weniger als im Fall der GRV-Rente ohne Kind (Abbildung 4). Damit zeigt sich auch hier, dass die Niedrigeinkommensbezieher von den Kindererziehungszeiten in der GRV und von der Riester-Rente in besonderem Maße profitieren. Für das halbe Durchschnittseinkommen (derzeit 15.000 EUR jährlich) beträgt die Mindestbeitragszeit für Alleinstehende mit Kind 30 Jahre. Das ist eine Beitragszeit, die selbst bei einer unterbrochenen Erwerbsbiographie durchaus erreichbar sein dürfte. 13 Wichtig ist allerdings dabei, dass mit dem Ansparen in die Riester-Rente frühzeitig begonnen wird, so dass man auch hier auf 30 Jahre und mehr kommt. Noch günstigere Ergebnisse erzielt man, wenn man eine höhere Verzinsung der Riester-Rente unterstellt. Nimmt man eine reale Verzinsung von 4 % anstatt 3 % p.a. an, dann beträgt die Mindestbeitragszeit für einen Single mit dem halben Durchschnittseinkommen nicht 36 Jahre, sondern 33 Jahre. Die Mindestbeitragszeit erhöht sich allerdings wieder, wenn man von einer längeren Rentenbezugsdauer als den unterstellten 20 Jahren ausgeht. Hier ist der Anstieg der Mindestbeitragszeit allerdings relativ gering: Bei einer z.b. um 25 % längeren Rentenbezugszeit von 25 Jahren, erhöht sich die Mindestbeitragszeit für den Bezieher des halben Durchschnittseinkommens um ein Jahr auf 37 Jahre. Für den Durchschnittsverdiener wirkt sich die verlängerte Rentenbezugszeit kaum auf die Mindestbeitragszeit aus. Die Mindestbeitragszeit steigt auch, wenn man die vereinfachende Annahme aufhebt, dass die Beitragszeiten zur GRV und Riester-Rente gleich lang sind. So könnte man argumentieren, dass zu Beginn der Erwerbszeit Gedanken an die Altersvorsorge noch keine große Rolle spielen und deshalb nicht gleich mit Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eine Riester-Rente abgeschlossen wird. Mithin wird in den Berechnungen alternativ angenommen, dass die Beitragszeit zur Riester-Rente um 10 Jahre kürzer ist als die in der GRV, die Riester-Rente also immer 10 Jahre später abgeschlossen wird als die Beitragspflicht zur Rentenversicherung eingesetzt hat. Dies würde z.b. bedeuten, dass eine Person nicht mit dem Beginn der Ausbildung und damit der Sozialversicherungspflicht im Alter von 16 Jahren eine Riester-Rente abschließt, sondern erst später im Alter von 26 Jahren. Die Mindestbeitragszeiten für den alleinstehenden Durchschnittsverdiener würden dann 23 Jahre in der GRV und 13 Jahre in der Riester-Rente betragen. Für den Bezieher des halben Durchschnittseinkommens müssten mindestens 40 Jahre Beitragszeiten in der GRV und entsprechend 30 Beitragsjahre zur Riester-Rente gegeben sein. 14 Je mehr sich allerdings die Erkenntnis durchsetzt, dass eine zusätzliche Altersvorsorge umso lohnender ist, je früher damit begonnen wird, desto mehr wird die Differenz zwischen den Beitragszeiten in beiden Rentensystemen schrumpfen. 12 Für die hier behandelte Fragestellung ob die Riester-Rente sich auch für Geringverdiener lohnt ist für die Höhe der Riester-Rente eine Unterscheidung nach Familienstand und Anzahl der Kinder nur für Bezieher ganz geringer Einkommen relevant, da unabhängig von der Förderung angenommen wurde, dass die Sparleistung immer 4 % des Einkommens beträgt. Für Bezieher sehr geringer Einkommen kann die Sparleistung (Sockelbetrag plus Förderung) einen höheren Anteil am Bruttoeinkommen ausmachen. 13 Geringverdiener haben meist keine Hochschulausbildung, so dass ein Beitragsbeginn spätestens im Alter von 20 Jahren realistisch ist. Damit kann die potenzielle Erwerbszeit 45 Jahre und länger andauern. 14 Es reichte also, wenn der Riester-Vertrag im Alter von Mitte 30 abgeschlossen werden würde. 10

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H INFORMATIONSPROBLEME UND VERSORGUNGSMENTALITÄT Bisher wurde gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Renteneinkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus zu beziehen, deutlich reduziert werden kann, wenn zur GRV-Rente noch eine Riester-Rente hinzutritt und wenn die Beitragszeiten in beide Systeme lang sind. Es ist also keinesfalls so, dass sich Beitragszahlungen in die Riester-Verträge für Geringverdiener nicht lohnen, sondern es ist so, dass Beitragszahlungen in die GRV oft nur mit zusätzlichem Riester-Vertrag lohnend werden. Weitreichende Informationen erforderlich Jenseits dieser einfachen Berechnungen muss man sich aber klar machen, dass es für den einzelnen nicht so einfach ist, für sich selbst ein solches Kalkül anzustellen. Denn, um beurteilen zu können, ob man im Alter ein Gesamtrenteneinkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus haben wird und sich somit Beitragszahlungen in die Riester-Rente aber auch in alle anderen Rentensysteme nicht mehr lohnen, müsste man weitreichende Informationen über die eigenen zukünftigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie über Einkommen und Vermögen eines etwaigen Ehe- bzw. Lebenspartners haben, so zum Beispiel die vollständige eigene Erwerbsbiographie, also alle Zeiten der abhängigen Beschäftigung, Zeiten der Arbeitslosigkeit und Selbständigkeit oder Teilzeitarbeit sowie den Zeitpunkt des Renteneintritts. die derzeitigen und zukünftigen beitragspflichtigen Einkommen in der GRV. In den Beispielrechnungen wurde unterstellt, dass das Erwerbseinkommen über das gesamte Erwerbsleben das angegebene Niveau hat. Diese Annahme ist aber restriktiv, da Erwerbsbiographien i.d.r. durch mit dem Alter im Vergleich zum Durchschnittseinkommen steigenden Einkommen gekennzeichnet sind. Nur wenige Personen werden für alle Zukunft ausschließen können, dass ihr Einkommen einmal höher ausfallen könnte. die Beteiligung an anderen Alterssicherungssystemen und die daraus entstehenden Anwartschaften. So kann ein Versicherter z.b. zusätzliche Rentenansprüche aus Betriebsrentensystemen, aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, aus berufständischen Versorgungswerken, aus der Beamtenversorgung oder aus anderen Formen der privaten Altersvorsorge erworben haben. Alle Einkommen aus diesen Systemen speisen das Gesamtalterseinkommen und erst die Summe aller Einkommen entscheidet über die Berechtigung auf Grundsicherung im Alter. die Anzahl der Kinder. Da Zeiten der Kindererziehung und der Familienstand für die Rentenhöhe und die Förderung bei der Riester-Rente entscheidend sind, müsste auch dies bekannt sein. die Einkommen unterhaltsverpflichteter Personen. Da Leistungen der Grundsicherung im Alter nur dann erfolgen, wenn keine andere unterhaltverpflichteten Personen eintreten, die Leistungen also subsidiär sind, müssten diese Personen, deren Erwerbsbiographien und Einkommen ebenfalls bekannt sein. So kann es sein, dass das Haushaltseinkommen über dem Grundsicherungsbedarf liegt, weil z.b. der Ehepartner über höhere Renteneinkommen verfügt. Generell muss beachtet werden, dass die hier geführten Berechnungen nur für den ungünstigsten Fall gelten, dass kein anderes Einkommen im Haushalt vorhanden ist. 11

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 die Höhe des Vermögens. Selbst wenn keine hohen Alterseinkommen vorhanden sind, kann das Vermögen so hoch sein, dass keine Berechtigung auf Grundsicherung im Alter besteht. Hier müssten z.b. zukünftige mögliche Erbschaften ins Kalkül einbezogen werden. die Höhe einer möglichen Hinterbliebenenrente. Selbst wenn die eigene Rente nicht hoch ist, kann ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestehen, der das Gesamteinkommen über das Grundsicherungsniveau hebt. Verzicht auf zusätzliche Altersvorsorge aufgrund eines Informationsdefizits wäre riskant Menschenbild des Transferoptimierers entspricht nicht der Realität Eine Person müsste all diese Informationen über ihre eigenen Verhältnisse haben und zusätzlich noch eine Prognose über die zukünftige Höhe der Fürsorgeleistungen des Staates aufstellen, um abschätzen zu können, ob sie ein Alterseinkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus erzielen wird und sich deshalb der Abschluss bzw. die Beitragszahlung in eine Riester-Rente nicht lohnt. Da dies nur den allerwenigsten möglich sein dürfte, werden Entscheidungen über die Altersvorsorge immer mit unvollständigen Informationen und unter Unsicherheit getroffen. Ein Verzicht auf zusätzliche Altersvorsorge aus solch einem Informationsdefizit heraus wäre höchst riskant. Sicherer wäre es für den Einzelnen, auf jeden Fall eine zusätzliche Altersvorsorge wie die Riester-Rente abzuschließen. Sollte sich tatsächlich herausstellen und das kann der Versicherte, wenn überhaupt, relativ sicher erst kurz vor Renteneintritt wissen dass sein Gesamtrenteneinkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus liegen würde, dann bliebe immer noch die Möglichkeit, den Riester-Vertrag vorzeitig aufzulösen. Der Sparer erhielte dann zumindest sein eingezahltes Kapital zurück. Doch einer solchen vorzeitigen Auflösung wie auch dem gesamten oben aufgezeigtem Kalkül liegt ein Menschenbild zugrunde, das so sicherlich nicht für die Mehrheit zureffen wird. Denn dieses Kalkül geht von einem Transferoptimierer aus, der die Transferleistungen des Staates maximieren will und sich völlig auf die Solidarität der Gesellschaft verlässt, ohne selbst eine solche Solidarität oder den Willen zur Eigenvorsorge und Eigenverantwortung zu zeigen. Zwar mag es solche Personen im Einzelfall geben. Doch ist diese Versorgungsmentalität bestimmt nicht die Regel. RENDITE DER RIESTER-RENTE Zwar ist die Frage nach der Höhe der Rendite der Riester-Rente eine nachgelagerte Fragestellung, da sich selbst bei einer sehr hohen Rendite, die Riester-Rente nach dem oben beschriebenen Kalkül nicht lohnen kann. Trotzdem bestimmt die Rendite, also diejenige Verzinsung, die sich ergibt, wenn man die Einzahlungen (Sparleistung) in Beziehung zu den erwarteten Rentenzahlungen setzt, ganz entscheidend die Attraktivität eines Anlageprodukts mit. Deshalb wird im Folgenden die Rendite der Riester-Rente für einige Beispiele berechnet. Rendite der Riester-Rente hängt von der Förderung ab Da die Riester-Rente dadurch charakterisiert ist, dass der Sparer nicht die gesamte Sparleistung selbst tragen muss, sondern der Staat in Form von Zulagen oder Steuerersparnissen faktisch einen Teil der Sparsumme übernimmt, hängt die Höhe der Rendite nicht nur vom Kapitalmarktzins, sondern auch von der Höhe der Förderung ab. Die Förderung wiederum variiert nach Einkommen, Familienstand und Anzahl der Kinder, so dass die Rendite der Riester-Rente (selbst beim gleichen Produkt) je nach individuellen Verhältnissen höchst unterschiedlich ausfallen kann. Zudem weisen 12

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H U-förmiger Verlauf der Riester- Förderung die Förderquoten (Fördersumme in Relation zur Sparleistung) aufgrund der speziellen Konstruktion der Riester-Förderung in Abhängigkeit vom Einkommen einen u-förmigen Verlauf auf. So ist z.b. bei Alleinstehenden die Förderquote für sehr geringe Einkommen (5.000 EUR) mit 72 % sehr hoch, sinkt aber mit zunehmenden Einkommen schnell bis auf 26 % für Einkommen von 15.000 EUR um dann wieder auf 44 % für hohe Einkommen anzusteigen (Grafik 5). Grundsätzlich scheint das Ausmaß der Förderung weitgehend unsystematisch zu sein. Erkennbar ist nur eine stärkere Förderung bei ganz geringen Einkommen sowie bei Personen mit Kindern. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Personen mit Kindern in jeder Einkommensklasse eine höhere Förderung erhalten als Personen ohne Kinder (Grafik 5). Grafik 5 Förderquote in % der Sparleistung 100 80 60 40 20 0 Förderung bei der Riester-Rente in Abhängigkeit vom Einkommen und vom Familienstatus Alleinstehend Verheiratet, alleinverdienend, ohne Kind Quellen: BMF, eigene Berechnungen. 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000 40.000 45.000 50.000 75.000 100.000 Jahresbruttoeinkommen Alleinstehend, 1 Kind Verheiratet, alleinverdienend, 2 Kinder Unter Berücksichtigung dieser je nach Einkommen und Familienstatus unterschiedlichen Förderquoten wird im Folgenden für einen repräsentativen Riester-Sparer eines Geburtsjahrgangs die Rendite der Riester-Rente berechnet. Dabei wird angenommen, dass er im Jahr 2008 eine Riester-Rente abschließt und dann bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters 4 % seines Bruttoeinkommens in den Riester- Vertrag einbezahlt. Wie oben wird davon ausgegangen, dass sich die Einkommensposition des Sparers über die Zeit nicht verändert. Zusätzlich wird unterstellt, dass seine Förderquote konstant bleibt. 15 Die Rentenbezugszeit entspricht seiner ferneren Lebenserwartung beim Renteneintritt. Die Riester-Rente wird in gleich hohen Annuitäten ausgezahlt. Die Sparbeiträge und der angesammelte Kapitalstock werden mit dem Kapitalmarktzins abzüglich eines Abschlags von einem Prozentpunkt für besondere Verwaltungs- und Sicherungskosten verzinst. Der unterstellte Kapitalmarktzins (ohne Abschlag) sinkt im Zeitverlauf von 6,8 % auf 5,9 % im Jahr 2050, womit den Effekten der demographischen Entwicklung auf die Kapitalmarktrendite Rechnung getragen wird. 16 Die Renditen werden zur Vereinfachung in dem Sinne als Brut- 15 Dies ist eine starke Annahme, da dies bedeutet, dass die Zulagen und der Höchstbetrag des Steuerabzugs im Zeitverlauf entsprechend angehoben werden und dass sich am Sonderausgabenabzug selbst sowie am Steuertarif nichts ändert. 16 Im Vergleich zu oben wird also nun die Annahme einer real konstanten Verzinsungsrate aufgegeben. Der Verlauf der Kapitalmarktverzinsung wurde in einem Simulationsmodell des mea, Mannheimer Forschungsinstitut Ökonomie und Demographischer Wandel, generiert. Vgl. Börsch-Supan, A., Ludwig A. und J. Winter: Aging pension reform, and capital flows: A multi-country simulation model, in: Economica, 73, S. 625-658, 2006. 13

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 torendite ausgewiesen, dass die Besteuerung der Alterseinkünfte sowie der Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen unberücksichtigt bleiben. Hohe Renditen der Riester-Rente Wie zu erwarten war, ist die Rendite der Riester-Rente umso höher, je höher die Förderung ist (Grafik 6). Für den alleinstehenden Durchschnittsverdiener beläuft sie sich je nach Geburtsjahrgang zwischen 6 % und knapp 11 % (Grafik 6 und Grafik 7). Sie liegt damit erheblich über der nominalen impliziten Rendite der GRV, die je nach Geburtsjahrgang zwischen 2,4 % und 2,8 % ausmacht. Die Rendite der Riester-Rente für einen alleinstehenden Geringverdiener mit 15.000 EUR Jahreseinkommen liegt aufgrund der geringeren Förderquote unterhalb der Rendite des Durchschnittsverdieners (Grafik 6). Dagegen können alle anderen betrachteten Personengruppen mit 15.000 EUR Jahreseinkommen zum Teil zweistellige Renditen realisieren (Grafik 8), Alleinstehende mit einem Kind zum Beispiel je nach Geburtsjahrgang zwischen 7 % und 18 %. Auch für die Bezieher sehr geringer Einkommen ist die Rendite besonders lukrativ. Bei einem Jahreseinkommen von z.b. 10.000 EUR beträgt die Rendite für einen Alleinstehenden ohne Kind mit einer Fördequote von 39 % je nach Geburtsjahrgang zwischen 6 % und 13 %. Alleinstehende mit einem Kind und 10.000 EUR Jahreseinkommen können aufgrund der Förderquote von 85 % stets zweistellige Renditen erzielen. Sehr hohe Renditen für die älteren Riester-Sparer Die Rendite für die älteren Geburtsjahrgänge ist durchweg besonders hoch. Hier macht sich zusätzlich zum ohnehin etwas höheren Kapitalmarktzins durch die kurze Beitragszeit und aufgrund des hohen Förderanteils eine Art Hebeleffekt bemerkbar. Mithin kann mit einer im höheren Alter abgeschlossenen Riester-Rente zwar wegen der kurzen Beitragszeit kein hoher Rentenzahlbetrag mehr generiert werden, die Rendite des eingesetzten Kapitals ist aber besonders hoch. Mit zunehmender Beitragszeit (jüngere Geburtsjahrgänge) wird die Förderquote für die Höhe der Rendite unbedeutender und die Höhe des Kapitalmarktzinses wird wichtiger, da dann vor allem die Zinserträge für die Höhe des Kapitalstocks (Zinseszinseffekt) bzw. die Rentenhöhe relevant sind. Insgesamt gilt es festzuhalten, dass die Förderung der Riester-Rente eine überdurchschnittlich hohe Rendite beschert und sich in diesem Sinne die Riester-Rente gerade auch für Geringverdiener lohnt. Problematisch ist allerdings bei der Gruppe der Alleinverdiener der starke Rückgang der Förderquote im Niedrigeinkommensbereich. Wenn über eine Reform der Riester-Rente vor dem Hintergrund drohender Altersarmut nachgedacht wird, sollte vor allem dieses schnelle Absinken der Förderquoten bei Alleinstehenden im niedrigen Einkommensbereich und ganz grundsätzlich der u-förmige Verlauf der Förderquoten ins Blickfeld genommen werden. 14

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H % Grafik 6 Rendite der Riester-Rente für Alleinstehende in Abhängigkeit vom Einkommen 14 12 10 8 6 4 2 0 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Geburtsjahrgang 10.000 EUR (Förderquote 39 %) 15.000 EUR (Förderquote 26 %) 30.000 EUR (Förderquote 32 %) 75.000 EUR (Förderquote 39 %) GRV Quelle: Eigene Berechnungen. GRV: Implizite Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung als interner Zinsfuß einer Zahlungsreihe bestehend aus den Beitragszahlungen in die GRV und den Rentenzahlungen an einen repräsentativen Versicherten des jeweiligen Geburtsjahrgangs. % 20 18 16 14 12 10 8 6 4 Grafik 7 Rendite der Riester-Rente für einen Durchschnittsverdiener (30.000 EUR Jahreseinkommen) 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Geburtsjahrgang Alleinstehend ohne Kind ( Förderquote 32 %) Alleinstehend, ein Kind (Förderquote 29 %) Verheiratet ohne Kind (Förderquote 26 %) Verheiratet, 2 Kinder (Förderquote 57 %) Quelle: Eigene Berechnungen. 15

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 % 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Grafik 8 Rendite der Riester-Rente für einen Geringverdiener (15.000 EUR Jahreseinkommen) 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Geburtsjahrgang Alleinstehend (Förderquote 26 %) Alleinstehend, 1 Kind (Förderquote 57 %) Verheiratet, ohne Kind (Förderquote 51 %) Verheiratet, 2 Kinder (Förderquote 92 %) Quelle: Eigene Berechnungen. FAZIT Zunächst muss festgehalten werden, dass das hier aufgezeigte Anreizproblem nichts mit der Riester-Rente an sich oder überhaupt mit der kapitalgedeckten Altersvorsorge zu tun hat. Es handelt sich vielmehr um ein Problem, das sich für jedes auf dem Äquivalenzprinzip beruhende Rentenversicherungssystem im Zusammenspiel mit dem Fürsorgesystem des Sozialstaats ergibt. Das Problem besteht darin, dass Beitragszahlungen zur Rentenversicherung nichts nutzen ökonomisch gesprochen Steuercharakter haben wenn der Staat ein Mindesteinkommen garantiert, das über den zu erwartenden Renteneinkommen liegt. Sicherlich kann man nicht von der Hand weisen, dass für bestimmte Personengruppen das Risiko besteht, ein Gesamtalterseinkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus zu haben, und dass dieses Risiko in Zukunft möglicherweise steigen wird. Denn das Rentenniveau in der GRV wird allmählich gesenkt, und es kommen zunehmend Personen ins Rentenalter, deren Erwerbsbiographien lange Phasen der Arbeitslosigkeit, Teilzeitarbeit oder geringfügigen Beschäftigung aufweisen. Dieses Risiko kann aber reduziert werden, wenn zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird. Da gerade bei Geringverdienern die Riester-Förderung mit teilweise über 90 % der Sparleistung ausgesprochen hoch und die erforderliche Eigenleistung entsprechend gering ist, ist ein Riester-Vertrag besonders für die Geringverdiener eine attraktive Sparform. Er reduziert die Wahrscheinlichkeit im Alter auf Fürsorgeleistungen des Staates angewiesen zu sein und erhöht die Chance, ein Einkommen über dem Grundsicherungsniveau zu erzielen. Fazit: Riestern lohnt sich! Konkret hat die Analyse gezeigt, dass die Antwort auf die Frage, ob sich Beitragszahlungen in die Rentenversicherung lohnen, hauptsächlich vom Einkommen, der Beitragszeit und dem Ausmaß der zusätzlichen privaten Vorsorge abhängt. Verlässt man sich nur auf die GRV-Rente, wird die Rente bei Einkommen von nicht mehr als dem halben Durchschnittseinkommen (heute rund 15.000 EUR im Jahr) nie über das Grundsicherungsniveau hinauskommen. Dies ändert sich allerdings, wenn zusätz- 16

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H lich in einen Riester-Vertrag gespart wird. Denn dann reduziert sich die Beitragszeit, die erforderlich ist, um eine Rente in Höhe des Grundsicherungsniveaus zu beziehen (Mindestbeitragszeit) signifikant. Dabei ist die Reduktion der Mindestbeitragszeit für Geringverdiener überproportional hoch. Für Bezieher des halben Durchschnittseinkommens reduziert sich die Mindestbeitragszeit z.b. von 54 Jahre auf 36 Jahre. Somit zeigt sich, wie wichtig die Riester-Rente für Geringverdiener ist und wie wichtig es ist, schon früh mit dem Riester-Sparen anzufangen. Für Geringverdiener ist die Förderung im Rahmen der Riester-Rente grundsätzlich hoch, was zu einer hohen Rendite der Riester-Produkte beiträgt. Mit Blick auf die Rendite lohnt sich die Riester-Rente damit in den allermeisten Fällen. Da die kapitalgedeckte Altersvorsorge (z.b. Riester-Rente) eine größere Rendite aufweist als die GRV, also mit jedem in ein kapitalgedecktes Vorsorgeprodukt eingezahlten Beitragseuro ein höherer Rentenanspruch als in der GRV erworben werden kann, ist die noch stärkere Fokussierung auf die Kapitaldeckung angezeigt. Im Ergebnis darf den Niedrigeinkommensbeziehern also auf keinen Fall von der Riester-Rente abgeraten werden, weil sie angeblich nicht nutze. Es ist im Gegenteil ratsam, die Geringverdiener, die noch keine Riester-Rente abgeschlossen haben, zu ermuntern, dies baldmöglichst zu tun, damit sich sowohl die Beitragszahlungen in die GRV als auch in einen Riester-Vertrag lohnen und ein höheres Alterseinkommen erzeugen. Kurz: Erwartete niedrige Renteneinkommen bedeuten nicht, dass man die Riester-Rente ganz bleiben lassen sollte, sondern dass die Anstrengungen bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge sogar noch verstärkt werden müssten. 17

A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 Anhang Monatlicher GRV-Rentenzahlbetrag a) in EUR in Abhängigkeit von den Einkommen und den Beitragsjahren (Alleinstehend ohne Kinder; Westdeutschland) Derzeitiges Jahreseinkommen 10.000 12.000 15.000 20.000 25.000 30.000 40.000 50.000 % des Durchschnittseink. Beitragsjahre 33% 40% 50% 67% 83% 100% 133% 166% 1 8 9 12 16 20 24 31 39 2 16 19 24 31 39 47 63 79 3 24 28 35 47 59 71 94 118 4 31 38 47 63 79 94 126 157 5 39 47 59 79 98 118 157 197 6 47 57 71 94 118 142 189 236 7 55 66 83 110 138 165 220 275 8 63 76 94 126 157 189 252 315 9 71 85 106 142 177 213 283 354 10 79 94 118 157 197 236 315 394 11 87 104 130 173 216 260 346 433 12 94 113 142 189 236 283 378 472 13 102 123 153 205 256 307 409 512 14 110 132 165 220 275 331 441 551 15 118 142 177 236 295 354 472 590 16 126 151 189 252 315 378 504 630 17 134 161 201 268 335 401 535 669 18 142 170 213 283 354 425 567 708 19 150 179 224 299 374 449 598 748 20 157 189 236 315 394 472 630 787 21 165 198 248 331 413 496 661 826 22 173 208 260 346 433 519 693 866 23 181 217 272 362 453 543 724 905 24 189 227 283 378 472 567 756 945 25 197 236 295 394 492 590 787 984 26 205 246 307 409 512 614 819 1.023 27 213 255 319 425 531 638 850 1.063 28 220 264 331 441 551 661 882 1.102 29 228 274 342 457 571 685 913 1.141 30 236 283 354 472 590 708 945 1.181 31 244 293 366 488 610 732 976 1.220 32 252 302 378 504 630 756 1.007 1.259 33 260 312 390 519 649 779 1.039 1.299 34 268 321 401 535 669 803 1.070 1.338 35 275 331 413 551 689 826 1.102 1.377 36 283 340 425 567 708 850 1.133 1.417 37 291 349 437 582 728 874 1.165 1.456 38 299 359 449 598 748 897 1.196 1.495 39 307 368 460 614 767 921 1.228 1.535 40 315 378 472 630 787 945 1.259 1.574 41 323 387 484 645 807 968 1.291 1.614 42 331 397 496 661 826 992 1.322 1.653 43 338 406 508 677 846 1.015 1.354 1.692 44 346 416 519 693 866 1.039 1.385 1.732 45 354 425 531 708 885 1.063 1.417 1.771 a) Bruttorente abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. 18

Working Paper / Nr. 107 / 30.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H Monatlicher Gesamtrentenzahlbetrag a) (GRV + Riester) in EUR in Abhängigkeit von den Einkommen und den Beitragsjahren (Alleinstehend ohne Kinder, Westdeutschland) Derzeitiges Jahreseinkommen 10.000 12.000 15.000 20.000 25.000 30.000 40.000 50.000 % des Durchschnittseink. 33% 40% 50% 67% 83% 100% 133% 166% Beitragsjahre 1 10 12 15 20 25 31 41 51 2 20 25 31 41 51 61 82 102 3 31 37 46 61 77 92 123 154 4 41 49 62 82 103 123 165 206 5 52 62 77 103 129 155 206 258 6 62 75 93 124 155 186 249 311 7 73 87 109 146 182 218 291 364 8 83 100 125 167 209 250 334 417 9 94 113 141 189 236 283 377 471 10 105 126 158 210 263 315 421 526 11 116 139 174 232 290 348 465 581 12 127 153 191 254 318 382 509 636 13 138 166 208 277 346 415 553 692 14 150 180 224 299 374 449 598 748 15 161 193 241 322 402 483 644 805 16 172 207 259 345 431 517 690 862 17 184 221 276 368 460 552 736 920 18 196 235 294 391 489 587 783 979 19 208 249 311 415 519 623 830 1.038 20 219 263 329 439 549 658 878 1.097 21 231 278 347 463 579 694 926 1.157 22 244 292 365 487 609 731 975 1.218 23 256 307 384 512 640 768 1.024 1.280 24 268 322 403 537 671 805 1.073 1.342 25 281 337 421 562 702 843 1.124 1.405 26 294 352 440 587 734 881 1.174 1.468 27 306 368 460 613 766 919 1.226 1.532 28 319 383 479 639 799 958 1.278 1.597 29 333 399 499 665 832 998 1.330 1.663 30 346 415 519 692 865 1.038 1.384 1.730 31 359 431 539 719 898 1.078 1.438 1.797 32 373 448 560 746 933 1.119 1.492 1.865 33 387 464 580 774 967 1.161 1.547 1.934 34 401 481 601 802 1.002 1.203 1.603 2.004 35 415 498 623 830 1.038 1.245 1.660 2.075 36 429 515 644 859 1.073 1.288 1.718 2.147 37 444 533 666 888 1.110 1.332 1.776 2.220 38 459 550 688 917 1.147 1.376 1.835 2.293 39 474 568 710 947 1.184 1.421 1.895 2.368 40 489 587 733 978 1.222 1.467 1.955 2.444 41 504 605 756 1.008 1.261 1.513 2.017 2.521 42 520 624 780 1.040 1.300 1.560 2.079 2.599 43 536 643 804 1.071 1.339 1.607 2.143 2.679 44 552 662 828 1.104 1.380 1.655 2.207 2.759 45 568 682 852 1.136 1.420 1.704 2.273 2.841 a) Bruttorente abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. 19