BVMW [MITTELSTANDSFORUM] LIQUIDITÄT 2013 Wie Mittelständler flüssig bleiben Strategien für eine stabile Unternehmensfinanzierung Referat von Dr. Wolfgang Nießen Spitz Corporate Finance GmbH Neumarkt / Oberpfalz Nürnberg, 25. September 2013
AGENDA 1. Aufgaben und Ziele der Unternehmens-Finanzierung 2. Finanzierungs-Situation im Mittelstand 3. Auswirkungen der aktuellen Finanzmarkt-Änderungen 4. Alternative Finanzierungsformen und ihre Konsequenzen 4.1. Eigenkapital-bezogene Instrumente 4.2. Fremdkapital-bezogene Instrumente 4.3. off-balance-lösungen 5. Zusammenfassende Handlungsempfehlungen
1. Aufgaben und Ziele der Unternehmensfinanzierung Primäraufgabe: Konsequenz: Sicherung der notwendigen Kapitalausstattung im Unternehmen Planung, Steuerung und Kontrolle durch konsequentes Finanz-Management mit den Zielen 1. Sicherung der Liquidität 2. Minimierung der Finanzierungskosten 3. Wahrung der Unabhängigkeit und Flexibilität Existenzgefährdung bei Vernachlässigung dieser Führungsfunktion Finanz-Management ist Chef-Sache
2. Finanzierungs-Situation im Mittelstand Dominante Finanzierungsformen im Mittelstand: 1. Einbehaltung von Gewinnen (trotz steuerlicher Hemmnisse) 2. Inanspruchnahme von Bankdarlehen als klassische Lösung Komfortable Finanzierungssituation durch gut funktionierendes deutsches Bankensystem relativ geringe Eigenkapitalausstattung im Mittelstand entsprechend hoher Anteil der Bankverbindlichkeiten Bankenregulierung nach Basel II als Auslöser von deutlichen Veränderungen während der letzten Jahre
2. Finanzierungs-Situation im Mittelstand
3. Auswirkungen der aktuellen Finanzmarkt-Änderungen Globale Krise in 2008 / 2009 noch nicht überwunden: 1. Währungs-Krisen durch unsolide Staatshaushalte 2. Instabilität des globalen Banken-Systems 3. Flutung der Finanzmärkte mit billigem Geld 4. Ungewöhnliche Zins-Konstellation in Deutschland
3. Auswirkungen der aktuellen Finanzmarkt-Änderungen Durchschnittsrendite von Inhaberschuldverschreibungen Effektivzinssatz für Kurzfrist-Kredite bis 1 Mio. Euro Inflationsrate (Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes) Effektivzinssatz für Kurzfrist-Kredite bis 1 Mio. Euro Durchschnittsrendite von Inhaberschuldverschreibungen Inlationsrate (= Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes) (Quelle: Zeitreihen-Datenbank der Deutsche Bundesbank)
3. Auswirkungen der aktuellen Finanzmarkt-Änderungen Weitere Verschärfung der Bankenregulierung durch Basel III Konsequenzen für die Finanzierung im Mittelstand: 1. Zweiteilung des Finanzmarktes nach Bonität der Unternehmen 2. Erschwerter Zugang zu Bank-Krediten durch - restriktivere Vergabe - erhöhte Anforderungen an Bonität / Rating und Sicherheiten 3. Verschlechterte (Risiko-adäquate) Konditionen 4. Tendenziell eher kurzfristige als längerfristige Kreditlaufzeiten Höchste Zeit zur Beschäftigung mit alternativen Finanzierungsformen
4. Alternative Finanzierungsformen und ihre Konsequenzen Bilanz AKTIVA (Vermögen = Mittelverwendung) PASSIVA (Kapital = Mittelherkunft) Anlagevermögen = materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter zum Zweck der dauerhaften (langfristigen) Nutzung Umlaufvermögen = Wirtschaftsgüter mit (im Regelfall) kurzer Verweildauer aufgrund von häufigen Zu- und Abgängen Eigenkapital = von Gesellschaftern gezeichnetes Haftungskapital und Rücklagen und ausgewiesene Jahresergebnisse Fremdkapital = zeitlich befristet und ohne Haftung bereitgestellt von Dritten mit Rückzahlungsanspruch
4.1. Fördermittel / Zuschüsse Kostengünstigst Kapital ohne Rückzahlungspflicht Keine Sicherheiten erforderlich Größere Bankenunabhängigkeit Unmittelbare Ergebniswirkung und Erhöhung des Eigenkapitals Bindung an programmspezifische Voraussetzungen Administrative Hürden und teilweise langwierige Antragsbearbeitung Ideale Quelle zur Stärkung des Eigenkapitals Positive Rating-Wirkung durch Ergebnissteigerung und Steigerung der EK-Quote Verbesserte Chance zur Aufnahme von weiterem Fremdkapital
4.1. Echtes Eigenkapital / Offene direkte Beteiligung Volle Verlust- / Risiko-Beteiligung Keine expliziten Sicherheiten Keine fixierten Termine für Kapitalrückzahlungen Feste Kalkulationsgrundlage Keine Eingriffe in operatives Geschäft Hohe Rendite-Erwartung (durch laufende Ergebnisse und beim Exit Anteil am Wertzuwachs) Sehr teueres Kapital Mitsprache-Recht bei strategischen Entscheidungen Höhere Informationspflichten und Kommunikationskosten Positive Rating-Wirkung durch Erhöhung von Eigenkapital und Eigenkapital-Quote Sehr gute Voraussetzung für die Aufnahme von weiterem Fremdkapital Aber: Belastung der Rentabilität (beim Exit eventuell auch der Liquidität)
4.1. Mezzanine-Kapital als wirtschaftliches Eigenkapital (teilweise) Verlust-/Risiko- Beteiligung Keine Stellung von Sicherheiten Keine Änderung der Gesellschafter- Struktur Nachrangigkeit in Bezug auf Gläubiger Zinszahlungen steuerlich abzugsfähig Vorleistungen zum Erhalt von Mezzanine-Kapital Tendenziell teueres Kapital Gute Bonität und Wachstum- Potenziale erforderlich Zusätzliche Informationspflichten und Kommunikations-Kosten Teilweise Mitsprache-Rechte bei wichtigen Entscheidungen Typisch / atypisch stille Beteiligung, Nachrang-Darlehen, Genussrechte positive Rating-Wirkung durch Erhöhung von Eigenkapital und Eigenkapital-Quote verbesserte Chance zur Fremdkapital-Aufnahme
4.2. Bankkredite (Langfrist-Darlehen, Kontokorrent-Kredite) Unverändert relativ kostengünstiges Kapital Keine expliziten Mitspracherechte Informationspflichten im Rahmen «guter» Finanzkommunikation Zinszahlungen steuerlich abzugsfähig Kreditvergabe und Konditionen in Abhängigkeit von der Bonität Stellung von rating-abhängigen Sicherheiten Geringe Beteiligung an Verlusten und Risiken Klassische Kreditfinanzierung unverändert populär negative Rating-Wirkung durch Verminderung der Eigenkapital-Quote reduzierte Chance zur Aufnahme von weiterem Fremdkapital
4.2. Förderdarlehen und Bürgschaften Zinsgünstige Darlehen mit langer Laufzeit und tilgungsfreier Anlaufphase Sehr geringe Sicherheiten aber persönliche Haftung Zinszahlungen steuerlich abzugsfähig gramm-spezifische Voraussetzungen Keine Voll-Finanzierung sondern angemessene Eigenbeteiligung Administrative Hürden und teilweise langwierige Bearbeitung Keine Vertragsverpflichtungen VOR Antragbewilligung Ideale Quelle zur Stärkung des Eigenkapitals Positive Rating-Wirkung durch Ergebnissteigerung und Steigerung der EK-Quote Verbesserte Chance zur Aufnahme von weiterem Fremdkapital
4.2. Factoring = Verkauf von Forderungen aus operativem Geschäft Zusätzliche Risiko-Absicherung = Wegfall Forderungsausfallrisiko Besseres Debitoren-Management (Bonitätsprüfung, Mahnwesen) Chance auf bisher nicht genutzte Skonto-Potenziale Factoring-Gebühren steuerlich abzugsfähig Forderungsankauf nur innerhalb des vereinbarten Limits bleme in der Kundenbeziehung bei konsequentem Forderungs- Management des Factors Tendenziell höhere Kosten Branchenbeschränkung (kein jekt-geschäft) Populärer werdender Bestandteil von Working Capital Management Chance zur Nutzung für Unternehmen mit guter Bonität positive Rating-Wirkung bei Rückzahlung von Fremdkapital
4.2. Schuldscheindarlehen Klare Kalkulationsgrundlage durch langfristig fixierte Zinssätze und fixierte Rückzahlungstermine Anpassbar an Finanzierungsbedarf und Kapitalmarktsituation Unternehmen selbst aber nicht seine Wirtschaftsgüter dienen als «Sicherheit» Kosten steuerlich abzugsfähig Wegen relativ hoher Kosten für Vorbereitung und Platzierung nur bei großem Mindest-Volumen Mindestens gute Bonität notwendig Folgekosten durch jährliches Rating und regelmäßige Information der Kapitalgeber Hohe Anforderungen an die Bonität Nur für den gehobenen Mittelstand geeignete Finanzierungsinstrumente indirekte positive Rating-Wirkung durch Vermeidung von Fremdkapital-Aufnahme Chance zur gleichzeitigen Rentabilitäts- und Liquiditäts-Verbesserung
4.2. Asset Backed Securities = vermögensgedeckte Wertpapiere Schnelle Umwandlung hoher Forderungen in Liquidität Zusätzliche Risiko-Absicherung = Wegfall Forderungsausfallrisiko Chance auf bisher nicht genutzte Skonto-Potenziale Indirekte Beteiligung an den Vorteilen des Kapitalmarktes Relativ hohe Transaktions-Kosten Hohe Bonitätsanforderungen Mindest-Volumen 25 Mio. Euro durch Bündelung mehrerer Unternehmen Teilnahme für Mittelstand nur indirekt über Banken Ausgetrockneter Markt durch Negativfälle während der Finanzkrise Chance zur Nutzung für größere mittelständische Unternehmen mit guter Bonität positive Rating-Wirkung bei Rückzahlung von Fremdkapital
4.2. Finetrading = Einkaufsfinanzierung über Zwischenhändler Sehr schnell verfügbare zusätzliche Liquidität Verlängertes Zahlungsziel Entlastung der Kreditlinien und Sicherheiten bei Banken Erweitung des Kreditversicherungslimits Stundungsgebühren steuerlich abzugsfähig Begrenztes Finanzierungsvolumen Nur für handelbare Ware und kreditversicherte Besteller Gebühren höher als bei vergleichbaren Bankkrediten Einrichtungsaufwand (Anpassung von IT-System und Ablauforganisation) Innovatives Finanzierungsinstrument vor allem für KMU negative Rating-Wirkung durch Verminderung der Eigenkapital-Quote reduzierte Chance zur Aufnahme von weiterem Fremdkapital
4.2. Kunden- und Lieferantenkredite Liquiditätsverbesserung durch erhaltene Anzahlungen Große Flexibilität / Freiheit bei der Inanspruchnahme von Zahlungszielen Teilweise Unterlegung mit adäquaten Sicherheiten Beschränkung auf jektgeschäft Sehr hohe Kosten bei Skonto- Verzicht Langfristige Kredite nur durch starke Partner Populäre aber oft teuerste Kreditfinanzierung negative Rating-Wirkungen durch Aufnahme von Fremdkapital und bei verändertem Zahlungsverhalten (Verzicht auf Skonto-Nutzung)
4.3. Off-Balance-Finanzierung durch Leasing Chance zur Realisierung stiller Reserven (sale-and-lease-back) Klare Kalkulationsgrundlage Tendenz zur Ausstattung mit moderneren Wirtschaftsgütern Leasing-Raten handels- und steuerlich abzugsfähig Kongruenz von Zahlung und Aufwendungen / Kosten Kein Eigentumserwerb und damit kein Einsatz der Wirtschaftsgüter als Sicherheit In der Regel höhere Kosten als Bankkredite Bankübliche Bonitätsanforderung Höhere Fixkostenbelastung Populär gewordende Sonderform des Mietens statt Kaufens indirekte positive Rating-Wirkung durch Vermeidung von Fremdkapital-Aufnahme Chance zur gleichzeitigen Rentabilitäts- und Liquiditäts-Verbesserung
4.3. Off-Balance-Finanzierung durch Zweckgesellschaft Realisierung von Expansionsplänen oder FuE-jekten ohne Belastung der eigenen Kreditlinien Auslagerung der Finanzierung durch Inanspruchnahme von «fremdem» Eigenkapital Mehrjährige Glättung von Ergebnis und Cash-Flow Hohe Kosten für die Einrichtung einer Zweckgesellschaft Beteiligung von dritten Finanzierungspartnern Angebot von wenigen spezialiserten Fonds Nur für den gehobenen Mittelstand geeignetes Finanzierungsinstrument positive Rating-Wirkung durch Verbesserung der Eigenkapital-Quote bei Auslagerung von Teilfunktionen in die Zweckgesellschaft
4.3. Off-Balance-Finanzierung durch Unternehmenskasse Attraktives Konzept für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf Rentabilität und Steuerbelastung Verbesserung der Liquidität und Rentabilität des Unternehmens Frei gestaltbare Kapitalverwendung der Unternehmenskasse Steigerung der Bankenunabhängigkeit Kosten für die Einrichtung und operative Tätigkeit einer pauschaldotierten Unterstützungskasse Vorteilhaftigkeit bedroht bei Änderungen der steuerlichen Begünstigung Intelligentes Finanzierungsinstrument - auch für KMU geeignet positive Rating-Wirkung bei Auslagerung von Pensionsverpflichtungen Kombination von ökonomischen und personalpolitischen Vorteilen
5. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen Eigenkapital- Quote und Rating Working Capital Management Finanzierungsregeln Finanzkommunikation Achten Sie auf angemessene EK-Quote trotz Steuernachteil Reduzieren Sie konsequent Ihr Umlaufvermögen Sorgen Sie für kongruente Fristen bei der Finanzierung Sehen Sie Ihre Hausbanken als Partner Werden oder bleiben Sie Herr Ihrer Zahlen aber niemals der Sklave Finanzieren Sie das minimierte Umlaufvermögen mit kurzfristigem Fremdkapital Unterlegen Sie Aufnahme von Fremdkapital mit 25 bis 35 % Eigenkapital Pflegen Sie offene und auf Vertrauen basierende Kommunikation
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