Schwangerschaftsabbruch

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Transkript:

Schwangerschaftsabbruch 1. Einleitung 1.1. Mögliche Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch 1.2. Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs 2. Stellungnahme der NAK zum Schwangerschaftsabbruch 3. Ausführungen zu besonderen Fragestellungen 3.1. Vitale Gefährdung der Mutter 3.2. Bleibende schwere Schädigungen des Kindes 3.3. Schwangerschaft durch Vergewaltigung 3.4. Schwangerschaft von schwer geistig behinderten oder schwer psychisch kranken Frauen 3.5. Schwangerschaft von Minderjährigen 3.6. Schwangerschaftsabbruch und Schuld 3.7. Adoption 3.8. Beteiligung von Glaubensgeschwistern an Schwangerschaftsabbrüchen 3.9. Vorbeugung von Schwangerschaftsabbrüchen 4. Kurzaussage Anhang A Gesetzliches und Medizinisches A.1. Gesetzliche Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch A.1.1. Indikationsregelungen A.1.2. Die Fristenregelung A.2. Methoden des Schwangerschaftsabbruchs A.2.1. Mechanische (instrumentelle) Methoden A.2.2. Medikamentöse Methoden A.3. Medizinische Risiken eines Schwangerschaftsabbruches Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 1 von 16

1. Einleitung Unter einem Schwangerschaftsabbruch, auch Interruptio oder Abruptio genannt, versteht man den gezielten Abbruch einer intakten Schwangerschaft. Der Embryo bzw. Fötus wird abgetötet. Gesellschaftlich ist die Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen ein umstrittenes Thema. Diskutiert werden dabei das Lebensrecht des Embryos bzw. Fötus, das Selbstbestimmungsrecht der Frau, die Eigenverantwortung der Eltern sowie religiöse Gebote und ethische Vorstellungen. Daraus folgen sehr unterschiedliche Beurteilungen und juristische Regelungen. Diese reichen von weitgehender Entscheidungsfreiheit der Schwangeren bis zum völligen Verbot eines Schwangerschaftsabbruchs, verbunden mit harten Strafen. Gesetzliche Schranken gegen jeglichen Schwangerschaftsabbruch existieren nur noch in wenigen Staaten. In einigen Ländern wurde und wird der Schwangerschaftsabbruch sogar als ein legitimes Mittel zur Geburtenkontrolle eingesetzt oder es werden Schwangerschaften abgebrochen, weil das Kind nicht das gesellschaftlich erwünschte Geschlecht hat. Es ist anzunehmen, dass ungeachtet der Gesetzeslage Schwangerschaftsabbrüche außerordentlich häufig erfolgen jährlich weltweit ca. 40 Millionen bei ca. 150 Millionen Geburten. Nach Schätzungen wird jeder zweite Schwangerschaftsabbruch durch unqualifizierte Personen durchgeführt, insbesondere in Entwicklungsländern. Schwere gesundheitliche Schäden oder ein tödlicher Verlauf sind dann häufig. In entwickelten Ländern mit strikten Regelungen gegen Schwangerschaftsabbruch findet ein "Abtreibungstourismus" in Länder statt, die Schwangerschaftsabbruch erlauben. Die meisten Religionen, insbesondere die christlichen Kirchen, stehen einem Schwangerschaftsabbruch ablehnend gegenüber. 1.1. Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch Trotz einer gewissen gesellschaftlichen Akzeptanz und gesetzlicher Möglichkeiten ist der Entschluss zum Schwangerschaftsabbruch in der Regel keine leichte oder oberflächliche Entscheidung. Ungewollte Schwangerschaften sind weltweit der häufigste Grund, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Wenn empfängnisverhütende Methoden oder Medikamente nicht oder nur einem Teil der Bevölkerung zur Verfügung stehen, ist der Schwangerschaftsabbruch ein wesentliches Element der Geburtenkontrolle. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 2 von 16

Haben Mütter bereits mehrere Kinder, kann es sein, dass weitere Kinder z.b. aus finanziellen Gründen abgelehnt werden, um die Ausbildung der vorhandenen Kinder zu ermöglichen, oder weil die Grenzen der persönlichen Belastbarkeit überschritten würden. Dies betrifft Länder mit geringem Einkommen, aber auch Wohlstandsgesellschaften. Detaillierte Gründe, mit denen ein Schwangerschaftsabbruch gerechtfertigt wird, sind vielfältig. Im sozialen und juristischen Bereich werden vor allem folgende Begründungen genannt: Man fühlt sich zu jung für ein Kind, steht mitten in der Ausbildung oder geht noch zur Schule. In dieser Situation kann es auch sein, dass die Eltern der Schwangeren den Abbruch nahelegen oder sie dazu drängen. Man meint, zu alt für ein Kind zu sein, ist gerade wieder in den Beruf eingestiegen, fürchtet das Unverständnis der Umgebung. Es sind finanzielle Sorgen und Angst vor sozialem Abstieg vorhanden. Es fehlt die geeignete Partnerschaft. Der Partner möchte keine Kinder, drängt zum Abbruch, droht mit Trennung. Der Kindsvater ist nicht bekannt bzw. nur eine Zufallsbekanntschaft. Der Kindsvater lebt in einer anderen Beziehung, möchte seine Untreue nicht offenbaren und drängt aus diesen Gründen zum Abbruch. Traumatisierende Umstände, wie Vergewaltigung oder Inzest, haben zur Schwangerschaft geführt und lassen der Frau das Austragen des Fötus unmöglich erscheinen. Medizinische Probleme und Konflikte, die zum Abbruch einer Schwangerschaft führen, können vor allem folgende sein: Bei chronischen oder bösartigen Krankheiten, die eine unaufschiebbare Behandlung erfordern, raten möglicherweise die behandelnden Ärzte zum Schwangerschaftsabbruch. Unabhängig davon kann die Mutter Angst haben, ob ihr Körper die Schwangerschaft bewältigen wird oder sich ihr Zustand durch diese insgesamt verschlimmern wird. Eine weitere Sorge kann sein, ob sich das Kind trotz Medikamenteneinnahme der Mutter gesund entwickeln wird. In manchen Fällen legen Ärzte einen Schwangerschaftsabbruch nahe, weil bei der pränatalen Diagnostik (Ultraschall, genetische Untersuchung) schwerwiegende Auffälligkeiten beim Fötus festgestellt wurden, die ein normales Leben nicht zulassen werden. Manche Eltern akzeptieren ein behindertes Kind nach Vorliegen des pränatalen Befundes nicht oder fühlen sich mit der Behinderung des Kindes überfordert. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 3 von 16

1.2. Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs Der Schwangerschaftsabbruch erscheint den Frauen und Paaren in den genannten Situationen als beste Lösung in ihrer Notsituation. Sie beachten, da sie oft unter Entscheidungs- und Zeitdruck stehen, möglicherweise nicht, dass sie dieses Ereignis nicht einfach vergessen können. Häufig begleitet es sie emotional und gedanklich durch ihr weiteres Leben. Auch wenn die Lebensgestaltung frei von religiösen Werten erfolgt, werden Schwangerschaftsabbrüche im Gewissen als Normverletzung erfahren und festgehalten. Neben den medizinischen Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs kann der Eingriff auch psychische Folgen haben. In vielen Fällen kommt es trotz der eigenständigen Entscheidung zu einer Trauerreaktion, die zum Teil aufgrund starker Schuldgefühle und fehlender Akzeptanz in der Umgebung nicht verarbeitet werden kann. In späteren Belastungssituationen kann die Trauer in pathologischer Form wieder aufbrechen und krank machen. Deshalb sollten sich die Mutter bzw. die Eltern vor einer Entscheidung eingehend mit der medizinischen Prognose sowie den sozialen und psychischen Aspekten einer Schwangerschaft bzw. eines Schwangerschaftsabbruchs auseinandersetzen. Auch wenn es individuell verständliche Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch gibt, soll wegen der Tragweite der Entscheidung der kirchliche Standpunkt ein besonderes Gewicht haben. 2. Stellungnahme der NAK zum Schwangerschaftsabbruch Die Kirche Fürsprecherin des Lebens Das Leben ist von Gott gegeben. Menschliches Leben ist zu schützen und zu bewahren. Die ist Fürsprecherin des Lebens. Leben beginnt mit der Vereinigung von Eizelle und Samenzelle. Bereits die befruchtete Eizelle ist individuelles Leben, das ein Recht auf Schutz genießt. Das Lebensrecht eines Kindes darf nie außer Acht gelassen werden. Kinder sind aus der Sicht des christlichen Glaubens ein Geschenk Gottes, und jeder Mensch ist von Gott gewollt, geschaffen und geliebt. Ab dem Moment der Zeugung mit Befruchtung der Eizelle ist der Mensch als beseelt anzusehen. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 4 von 16

Schwangerschaftsabbruch Übertretung des fünften Gebots Die lehnt Schwangerschaftsabbrüche ab, denn diese sind eine Übertretung des fünften Gebots. Die Schwere der Schuld vor Gott, die damit verbunden ist, kann unterschiedlich sein; Gott allein bemisst sie. Das Wissen und Wollen des Sünders um sein Handeln ist hierbei entscheidend; ebenso können bestimmte Einflüsse eine Rolle spielen, wie zum Beispiel allgemeine Lebenssituationen, gesellschaftliche Strukturen, staatliche Rechtsnormen, Notlagen. Die Erfahrung lehrt, dass auch bei gläubigen Christen ein Schwangerschaftsabbruch Thema sein kann. Die Gründe, warum Schwangerschaften beendet werden, sind dabei zwar individuell, hängen aber auch ab vom Verhalten im gesellschaftlichen Umfeld. Ist nach ärztlichem Befund das Leben der Mutter durch ein Austragen der Schwangerschaft gefährdet, soll das Leben der Mutter gerettet werden. Gleichwohl ist auch in diesem Fall das fünfte Gebot übertreten, wenngleich die Schuld durchaus gering sein kann. Bei anderen Beweggründen zum Schwangerschaftsabbruch kann es eine Alternative sein, das Kind auszutragen und nach der Geburt zur Adoption freizugeben. Respektierung der Eigenverantwortung seelsorgerische Begleitung Wegen der Tragweite der Entscheidung sollte der Apostel in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Er veranlasst die seelsorgerische Begleitung. Mütter bzw. Paare, die sich mit den medizinischen, persönlichen und theologischen Gesichtspunkten auseinandergesetzt haben, dürfen sich darauf verlassen, dass die Kirche ihre eigenverantwortliche Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch respektiert und sie unvoreingenommen seelsorgerisch betreut. Aus ihrer Erkenntnis über Sünde und Schuld und die damit verbundenen Folgen rät die Kirche im Falle eines Schwangerschaftsabbruchs beiden Elternteilen, die begangene Sünde Gott zu bekennen und um Vergebung zu bitten. Schwangerschaftsabbrüche sind gesellschaftlich ein sensibler Bereich. Die Schweigepflicht der Amtsträger hat hohe Bedeutung! Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 5 von 16

3. Ausführungen zu besonderen Fragestellungen 3.1. Vitale Gefährdung der Mutter Wenn eine eindeutige, unzweifelhafte Lebensgefährdung für die Frau durch die Schwangerschaft diagnostiziert wird, stellt die Kirche ihre ernsthaften Bedenken gegen den Schwangerschaftsabbruch zurück und spricht sich dafür aus, das Leben der Mutter zu retten. In entsprechenden Situationen raten möglicherweise die betreuenden Ärzte auch aus Sicherheitsgründen teils schon zum Schwangerschaftsabbruch, bevor tatsächlich eine Lebensgefährdung eingetreten ist. Eine sorgfältige Abwägung ist angebracht. 3.2. Bleibende schwere Schädigungen des Kindes Ursachen einer schweren Schädigung des Kindes können Gendefekte, Chromosomen- Störungen und Einwirkung von äusseren Faktoren während der Schwangerschaft wie Alkohol, Infektionskrankheiten oder Nebenwirkungen von Medikamenten sein. In vielen Ländern gibt es medizinische Leitlinien, nach denen bei erhöhtem Risiko, beispielsweise bei bekannten Erbkrankheiten oder einem höheren Lebensalter der Mutter, die Ärzte zur speziellen vorgeburtlichen (pränatalen) Diagnostik raten müssen. Diese Art der vorgeburtlichen Diagnostik konzentriert sich auf vermutete Defekte. Sie kann nicht alle möglichen Fehlbildungen und insbesondere nicht den Schweregrad der Behinderungen erfassen. Auch kann sie andererseits nicht die Geburt eines gesunden Menschen garantieren. In einigen Ländern ist es inzwischen Pflicht, dass im Vorfeld der Diagnostik ein eingehendes Beratungsgespräch über die Möglichkeiten und die Konsequenzen einer solchen Untersuchung durchgeführt wird, um der Mutter bzw. den Eltern die Entscheidung zu erleichtern. Eltern haben das Recht auf Nichtwissen und können angebotene Untersuchungen ablehnen. Wird ein Defekt mit schweren körperlichen und / oder geistigen Behinderungen diagnostiziert und den Eltern mitgeteilt, zeigen diese oftmals unwillkürlich eine Reaktion, die einer Trauerreaktion gleicht. Die Hoffnung auf ein gesundes Kind wird zerstört, sie verlieren es und lehnen das behinderte Kind im ersten Moment ab. In dieser Situation kann der Rat, die Schwangerschaft abzubrechen, eine vorschnelle Lösung sein. Die zunächst ablehnende Haltung der Eltern gegenüber dem behinderten Kind kann sich Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 6 von 16

nämlich im Verlauf der Schwangerschaft ändern, so dass das Kind dann doch liebevoll angenommen wird. Aus den Erfahrungen im Umgang mit behinderten Menschen und deren Familien kann festgehalten werden: Leben an sich ist trotz Behinderung wertvoll. Leben kann trotz Behinderung erfüllt sein. Behinderte selbst schätzen in der Regel ihr Leben und sind möglicherweise zufrieden damit. Nicht selten entwickeln Eltern zu ihren behinderten Kindern eine besondere Liebe. Behinderte oder kranke Menschen haben oft besondere Fähigkeiten. Beispielsweise können Menschen mit Trisomie 21 eine hohe Sozialkompetenz entwickeln, die für die betroffenen Familien bereichernd sein kann. Behinderte Kinder können auf eine Ehe / Familie auch stabilisierend wirken. Es kann hilfreich sein, Kontakt mit betroffenen Familien und Selbsthilfegruppen aufzunehmen. Gesondert betrachtet werden bei der vorgeburtlichen Diagnostik teils Missbildungen, die mit einem Leben nach der Geburt nicht vereinbar sind, oder bei denen die Kinder nach kurzer Zeit versterben. Von ärztlicher Seite wird hier häufig ein Schwangerschaftsabbruch vorgeschlagen. Auch wenn es menschlich verständliche Gründe gibt, ein schwer beeinträchtigtes Kind abzulehnen, sollte wegen der Tragweite der Entscheidung der kirchliche Standpunkt einbezogen werden. Besteht der Wunsch nach einem Seelsorgegespräch, steht in erster Linie dafür der Apostel zur Verfügung, der die seelsorgerische Begleitung veranlasst. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine Tötung von kranken Menschen oder solchen, die nicht gewünscht sind, christlicher Lehre entgegensteht. Dazu gehört letztlich auch die Tötung von Leben, das wahrscheinlich nach der Geburt verstirbt bzw. nur kurze Zeit überlebt. Der Seelsorger soll unabhängig von der getroffenen Entscheidung eine verständnisvolle, bedingungslose Seelsorge gewährleisten. 3.3. Schwangerschaft durch Vergewaltigung Schwangerschaftsabbrüche nach Vergewaltigung sind laut offiziellen Statistiken selten. Frauen, die vergewaltigt wurden, sind in der Regel sowohl körperlich als auch seelisch verletzt. Sie leiden häufig an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dazu gehört Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 7 von 16

das Wieder-Erleben der Situation in sog. Flashbacks, die sich in Alpträumen, emotionaler Taubheit, Schreckhaftigkeit, Übererregung, Ängsten und in der Vermeidung sozialer Kontakte sowie sexueller Beziehungen äußert. Entsteht aus der Vergewaltigung eine Schwangerschaft, kann das Wieder-Erleben der Situation durch das Kind verstärkt werden. Auch können die Aggressionen der Mutter gegen den Vergewaltiger und ihre Verbitterung (meist unbewusst) auf das unerwünschte Kind gerichtet sein. Wird dies der Frau bewusst, kann es zu Schuldkomplexen und weiteren psychischen Störungen führen. Dieses Spannungsfeld kann auch die Entwicklung des Kindes erheblich beeinträchtigen. Probleme, die bei der seelsorgerischen Begleitung einer vergewaltigten Frau bedeutsam sein können: Sie wird Hemmungen haben, sich auszusprechen, insbesondere gegenüber einem Mann / Seelsorger. (Möglicherweise gibt es in der Kirche geeignete Glaubensschwestern, die in diesen Fällen Ansprechpartnerinnen sein können.) Ihr Selbstwertgefühl kann gebrochen sein. Sie kann sich beschmutzt fühlen. Manche Frauen fühlen sich fälschlicherweise mitschuldig. Grundsätzlich muss vermieden werden, eine Mitschuld für die Vergewaltigung bei der Frau zu suchen. Eine psychotherapeutische Begleitung der Frau ist zu empfehlen. Sie darf nicht von einer Strafanzeige abgehalten werden. Seelsorger sind Fürsprecher des gezeugten Lebens. Deshalb werden sie einerseits größte Rücksicht auf die Erlebnissituation der Frau zeigen, aber andererseits auch über das Austragen des Kindes und über die Möglichkeit der Freigabe zur Adoption sprechen. 3.4. Schwangerschaft von schwer geistig behinderten oder schwer psychisch kranken Frauen Je nach Art und Ausprägung ihrer Erkrankung können schwer geistig Behinderte oder schwer psychisch Erkrankte keine Eigenverantwortung übernehmen, so dass ein gesetzlicher Vertreter (Eltern, Vormund) mit der Übernahme dieser Verantwortung beauftragt wird. In diesen Fällen ist es in der Regel auch nicht möglich, dass die so Erkrankten als Vater oder Mutter für ein Kind sorgen. In solchen Situationen wird überlegt, ob die Austragung der Schwangerschaft für Mutter und Kind aus den oben genannten Gründen zu verantworten wäre. Die Kirche wird ihren Standpunkt zum Leben nicht aufgeben, aber letztlich die von der verantwortlichen Person getroffene Entscheidung respektieren. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 8 von 16

3.5. Schwangerschaft von Minderjährigen Bei Schwangerschaften von Minderjährigen kann es zu erheblichen Problemen kommen, wenn die Ausbildung noch aussteht und die persönliche Entwicklung zum Erwachsenen unabgeschlossen scheint. Oftmals hat die Schwangere kein eigenes Einkommen. In der Regel kann sie daher für ihr Kind nicht alleine sorgen, so dass in einem solchen Fall die Entscheidung über das Fortbestehen der Schwangerschaft selten von der Schwangeren allein getroffen wird. Um sie in ihrer Situation zu unterstützen und um das neue Leben annehmen zu können, sollten auch der Kindsvater sowie die Eltern der Schwangeren und des Kindsvaters in die Beratung und Seelsorge einbezogen werden. Dazu ist die Zustimmung der Schwangeren erforderlich. Beratungsstellen können Hinweise auf finanzielle Förderung und soziale Unterstützung geben. 3.6. Schwangerschaftsabbruch und Schuld Schwangerschaftsabbrüche sind eine Übertretung des fünften Gebots und somit Sünde. Die Verantwortung für einen Schwangerschaftsabbruch liegt bei beiden Elternteilen. Die mit der Sünde verbundene Schuld vor Gott kann bei einzelnen der dargestellten Begleitumstände gering sein. Die praktische Erfahrung zeigt allerdings, dass bei Betroffenen teils erhebliche Schuldgefühle bestehen. Gott um Vergebung zu bitten und Gnade zu empfangen, kann auch eine Hilfe bei der psychischen Verarbeitung eines Schwangerschaftsabbruchs sein. 3.7. Adoption Als Alternative zu einem geplanten Schwangerschaftsabbruch besteht die Möglichkeit, das Kind zur Adoption freizugeben. Bei einer Adoption (Annahme an Kindes statt) entsteht ein Eltern-Kind-Verhältnis ohne Rücksicht auf die Abstammung. Neben der bekannten Inkognito-Adoption, bei der es keine Verbindung zwischen den leiblichen Eltern des Kindes und ihm und seiner neuen Familie gibt, besteht die Möglichkeit der halboffenen Adoption, bei der zwischen leiblichen Eltern und Kind mittels Briefen und Fotos über eine neutrale Adresse Kontakt aufrechterhalten werden kann. Bei der Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 9 von 16

offenen Adoption kennen sich leibliche Eltern und Adoptiveltern und halten auch dauerhaft Kontakt. Offene Adoptionen erfolgen oftmals innerhalb einer Familie oder unter Freunden. Weitere Details gibt es in der Fachliteratur oder auf entsprechenden Internetportalen. 3.8. Beteiligung von Glaubensgeschwistern an Schwangerschaftsabbrüchen Jeder Mensch trägt die Verantwortung für sein Handeln. Dies gilt auch für Glaubensgeschwister, die an Schwangerschaftsabbrüchen aktiv mitwirken. Wenn Geschwister dadurch in Gewissenskonflikte kommen, sollen sie sich an den Apostel wenden, der die seelsorgerische Betreuung veranlasst. In den meisten Staaten gibt es Rechtsgrundlagen, nach denen niemand gezwungen werden darf, sich an einem Schwangerschaftsabbruch zu beteiligen. 3.9. Vorbeugung von Schwangerschaftsabbrüchen Eine Familienplanung durch Methoden oder Medikamente, die die Verschmelzung von Eizelle und Samenzelle verhindern, wird befürwortet, um eine ungewollte Schwangerschaften mit der möglichen Konsequenz eines Schwangerschaftsabbruchs zu verhindern. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 10 von 16

4. Kurzaussage Die versteht sich als Fürsprecherin des Lebens. Bereits die befruchtete Eizelle ist individuelles Leben, das ein Recht auf Schutz genießt. Die lehnt Schwangerschaftsabbrüche ab, weil diese eine Übertretung des fünften Gebots darstellen. Die damit verbundene Schuld Gott gegenüber kann je nach Lebensverhältnissen sehr unterschiedlich sein. Auch wenn es menschlich verständliche Gründe gibt, eine Schwangerschaft abzubrechen, soll wegen der Tragweite der Entscheidung der kirchliche Standpunkt ein besonderes Gewicht haben. Mütter bzw. Paare, die sich mit den medizinischen, persönlichen und theologischen Gesichtspunkten auseinandergesetzt haben, dürfen sich darauf verlassen, dass die Kirche ihre eigenverantwortliche Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch respektiert und sie unvoreingenommen betreut. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 11 von 16

Anhang A Gesetzliches und Medizinisches A.1. Gesetzliche Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch Die gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch sind weltweit sehr unterschiedlich. Begründungen, die einen Schwangerschaftsabbruch zulassen, sind in nachstehendem Auszug mit X gekennzeichnet. (Stand: 2013) Bei grundsätzlich bestehendem Verbot ist der Schwangerschaftsabbruch in den meisten Ländern in bestimmten Härtefällen innerhalb bestimmter Fristen und bei bestimmten Indikationen zugelassen. Teils bleibt er auch verboten, wird aber nicht strafrechtlich verfolgt. Häufig gibt es eine Kombination aus einer Fristenregelung (meist 10. bis 12. Entwicklungswoche) und einer Indikationsregelung (medizinische, kindliche und kriminologische Indikation). Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 12 von 16

A.1.1. Indikationsregelungen Indikation wird die Begründung genannt, mit der ein Schwangerschaftsabbruch juristisch zulässig ist. Eine medizinische Indikation liegt vor, wenn der Schwangerschaftsabbruch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse notwendig ist, um Lebensgefahr oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheit der schwangeren Frau abzuwenden; in diesen Fällen besteht keine zeitliche Begrenzung. Eine kindliche Indikation (eugenische Indikation) liegt vor, wenn die Gefahr einer schweren körperlichen oder geistigen Schädigung des Kindes besteht, evtl. auch durch Erkrankung der Mutter verursacht. In Deutschland wird eine kindliche Indikation nicht akzeptiert. Man begründet hier den Abbruch der Schwangerschaft bei kindlicher Missbildung über eine unzumutbare Belastung für die Eltern durch die Erkrankung des Kindes. Somit würde es sich um eine medizinische Indikation handeln. Eine kriminologische Indikation liegt vor, wenn dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt (sexueller Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger) beruht. Der Abbruch nach der kriminologischen Indikation ist je nach Gesetzgebung nur am Anfang einer Schwangerschaft zulässig. In einigen Ländern gibt es auch die soziale Indikation, d. h. den legalen Schwangerschaftsabbruch bei kinderreicher Familie oder anderen sozialen Härtefällen. Indikationsregelungen insbesondere die medizinische Indikation sind in den meisten Staaten eingeführt. A.1.2. Die Fristenregelung In etlichen Ländern ist ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer genau festgesetzten Frist möglich, ohne dass besondere Gründe vorliegen müssen. 1 1 Hierunter fällt auch die in Deutschland geltende Beratungsregelung. Nach der Beratungsregelung bleibt ein Schwangerschaftsabbruch straflos, wenn die Schwangerschaft innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und sie dem Arzt durch die Bescheinigung einer anerkannten Beratungsstelle eine mindestens drei Tage zurückliegende Schwangerschaftskonfliktberatung nach 219 StGB (Deutschland) nachgewiesen hat. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 13 von 16

A.2. Methoden des Schwangerschaftsabbruchs A.2.1. Mechanische (instrumentelle) Methoden Saugcurettage Die Saugcurettage wird in der frühen Schwangerschaftsphase (6. bis circa zur 12. Schwangerschaftswoche) als Abbruchmethode angewandt. Hierzu wird der Muttermund (Gebärmutterhals, Zervix) mit Stiften geweitet. Hiernach wird ein Saugröhrchen (Kanüle) durch den Gebärmutterhals eingeführt und der Fötus mit dem Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Curettage (operativ) Bei der Curettage (auch: Kürettage) wird nach der Aufdehnung des Muttermundes die Entleerung der Gebärmutter mit einer sogenannten Curette (ein löffelartiges Instrument) vollzogen, womit der Fruchtsack mit dem Embryo und die Gebärmutterschleimhaut entfernt werden. A.2.2. Medikamentöse Methoden Durch pharmakologische Methoden kann die Funktion des Mutterkuchens gestört und können Wehen erzeugt werden. Medikamentöser Abbruch Mifepriston, die so genannte Abtreibungspille, blockiert die Wirkung des Gelbkörperhormons (Progesteron) und führt über eine Funktionsstörung des Mutterkuchens (Placenta) innerhalb weniger Tage zum Absterben des Embryos. Das ca. 2 Tage später verabreichte Prostaglandin (Misoprostol) führt dazu, dass die Gebärmutter sich zusammenzieht und die Gebärmutterschleimhaut mitsamt dem Fruchtsack und dem in der Regel abgestorbenen Embryo ausstößt. Diese Form des medikamentösen Abbruchs ist länderabhängig nur innerhalb der ersten Wochen zugelassen. Medikamentöse Spätabbrüche Schwangerschaftsabbrüche aus gesundheitlichen Gründen (medizinische Indikation) werden auch nach der 14. Schwangerschaftswoche (SSW) durchgeführt (in Deutschland ca. 2 Prozent aller Abbrüche). Bei diesen Abbrüchen ist Mifepriston, gefolgt von einem Prostaglandin, inzwischen in vielen Ländern Standardmethode. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 14 von 16

Frühestens ab der 22. Schwangerschaftswoche kann es bei Spätabbrüchen vorkommen, dass ein Kind überlebt. Um eine Lebendgeburt zu verhindern, wird deshalb bei möglicher Lebensfähigkeit des Fötus diesem oft die Blutzufuhr der Nabelschnur unterbunden oder Kaliumchlorid injiziert, welches einen Herzstillstand auslöst ( Fetozid ). Fetozid Der Fetozid bezeichnet das absichtliche Töten eines oder mehrerer Föten im Mutterleib. Er wird als medikamentöser Spätabbruch durchgeführt. Dieser Eingriff kann zur Reduktion einer Mehrlingsschwangerschaft, aber auch bei festgestellten Fehlbildungen zur Beendigung der Schwangerschaft durchgeführt werden. Pille danach Bei der Notfallverhütung oder Pille danach wird im Unterschied zur Abtreibung versucht, eine mögliche Schwangerschaft zu vermeiden. Die Wirkung der Pille danach ist abhängig vom Zeitpunkt der Einnahme. Vor dem Eisprung besteht die Wirkung darin, den Eisprung um mehrere Tage zu verschieben, so dass keine Befruchtung stattfinden kann. Mehrere Fachgesellschaften sehen darin die alleinige Wirkung der zum Einsatz kommenden Substanzen Levonorgestrel und Ulipristalacetat. Bei Einnahme nach stattgefundenem Eisprung erscheint die Pille danach wirkungslos. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Einnistung oder Weiterentwicklung der befruchteten Eizelle nicht beeinflusst wird. Die Datenmenge, auf die sich die Fachgesellschaften stützen, ist allerdings sehr klein. Eine Verhinderung von Einnistung und Weiterentwicklung würde im Widerspruch stehen zur kirchlichen Grundhaltung, dass menschliches Leben vom Augenblick der Befruchtung an bestmöglich zu schützen ist. A.3. Medizinische Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben bei den jährlich auf 40 Millionen geschätzten Schwangerschaftsabbrüchen 70.000 Frauen fast ausschließlich in Folge illegaler und / oder unter ungeeigneten Umständen durchgeführter Schwangerschaftsabbrüche. Dies betrifft insbesondere Entwicklungsländer, in denen die Kosten für einen medizinisch korrekten Schwangerschaftsabbruch oft nicht bezahlt Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 15 von 16

werden können, oder Länder mit gesetzlichem Verbot, in denen Schwangerschaftsabbrüche illegal und oft nicht fachgerecht durchgeführt werden. In solchen Situationen werden Schwangerschaftsabbrüche auch durch die Mutter selbst oder nichtqualifizierte Personen versucht mit illegal erworbenen Medikamenten oder mechanischen Methoden. Teils werden unwirksame oder gefährliche Mittel oder Methoden verwendet. Es kann auch zu Komplikationen kommen: Infektionen oder Verletzungen, teils mit nachfolgender Kinderlosigkeit bzw. Frühgeburtlichkeit und sogar zum Tod der Mutter. Nicht selten führen Schwangerschaftsabbrüche auch zu psychischen Problemen bei der Mutter, oder vorbestehende Beschwerden können verstärkt werden. Gehäuft kommt es zu Schuldgefühlen in unterschiedlicher Ausprägung. Aus den Selbstvorwürfen heraus kann Trauer nicht zugelassen werden. Die Folgen sind nicht selten rasch nachfolgende erneute Schwangerschaften, verbunden mit einer übermäßigen Angst während der Schwangerschaft. Stand: 13.11.2013 (2. überarbeitete Auflage: 21.04.2017) Seite 16 von 16