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Transkript:

Serie Streifzüge durch die Naturwissenschaften Autor: Hans Stobinsky

- 1 - Sehen: Licht als Reporter 1. Über Selbstverständlichkeiten denkt man am wenigsten nach Sehen ist für uns ein alltäglicher, ständig ablaufender Vorgang, wir sind von Kind an daran gewöhnt. Aber wer denkt schon darüber nach, wie Sehen eigentlich funktioniert? Wir wollen uns deshalb einmal damit beschäftigen. Das besonders faszinierende am Sehen ist die Tatsache, dass wir von Dingen erfahren, die weit von uns weg sein können, Sehen ist (wie Hören) ein sogenannter Fernsinn. Im Gegensatz dazu können wir nicht auf Entfernung tasten oder schmecken und die Reichweite des Riechens ist sehr eingeschränkt. (Wobei man bedenken sollte, dass beim Riechen die Duftstoffe doch direkt in die Nase gelangen müssen!) Wie kommt also die Welt in unseren Kopf? 2. Die Sprache lockt uns auf die falsche Fährte Formulierungen wie seinen Blick schweifen lassen, einen Blick auf etwas werfen oder gar sein Auge auf jemanden werfen (das könnte man ja eigentlich höchstens zweimal tun!) beinhalten eigentlich, dass von uns etwas in die Welt, die wir betrachten, hinausgeworfen wird. Doch kann das sein? Eine Art Angel, die uns die Umgebung in unser Gehirn holt? Man merkt schnell: Hier steckt in einer sprachlichen Darstellung eine offenbar falsche, völlig unmögliche Vorstellung. 3. Was braucht man zum Sehen? Fangen wir also ganz von vorne an: Was ist zum Sehen notwendig? Von unserer Seite sicherlich Augen, wenn wir etwas weiter denken: hinter den Augen ein Gehirn, beides hilft uns wenig im Dunkeln, also ist noch Licht erforderlich. 4. Woher kommt das Licht, mit dem wir sehen? Dunkelheit bedeutet kein Sehvermögen, immer mehr Licht also besseres Sehen? Schon wieder eine Sackgasse: Schauen wir direkt in eine Lampe oder gar in die Sonne, sehen wir genau so wenig wie in der Dunkelheit: es ist nur alles ganz hell statt schwarz. Betrachten wir also den Vorgang genauer: Welches Licht hilft uns zum Sehen? Nicht das, das unmittelbar von einer Lichtquelle in unsere Augen gelangt. Dieses Licht muss zuerst auf den Gegenstand gelenkt werden, den wir sehen wollen. Von dort kommt es schließlich in unser Auge. 5. Welche Rolle spielt das Licht? Offenbar muss sich das Licht der Lichtquelle, das uns unmittelbar neutral hell erscheint, von dem Licht, das von einem beleuchteten Objekt kommt, unterscheiden. Und weiterhin unterscheidet sich das Licht von verschiedenen Objekten, owohl es von der gleichen Lichtquelle stammt. Das Licht muss also beim Kontakt mit einem Gegenstand verändert werden. Diese Veränderungen deutet unser Gehirn, um uns ein Bild von einem Gegenstand zu liefern. Versuchen wir den Vorgang mit einem Vergleich zu verstehen: Wenn wir im Fernsehen Bilder aus fernen Ländern sehen, dann haben Reporter uns diese Bilder geholt, wir mussten nicht selbst auf Reisen gehen. Das Licht spielt eine ähnliche Rolle: Wir schicken es als Reporter in die Welt, die Reporter können bei ihrer Abreise alle gleich sein (man könnte sogar einen Reporter-Klon verwenden!). Aber jeder Reporter kehrt mit anderen Nachrichten zurück; jeder wurde auf andere Art verändert.

- 2-6. Wie wird das Licht verändert? Am Licht kann man vor Allem zwei Eigenschaften verändern: die Helligkeit und die Farbe. 6.1. Der Gegenstand dreht am Dimmer Eine Veränderung der Helligkeit ist am einfachsten zu verstehen: Der beleuchtete Gegenstand nimmt einen mehr oder weniger großen Teil des auftreffenden Lichtes weg. Doch was macht er damit? Unsere Alltagssprache meint: Er schluckt das Licht. Verdaut er es dann? Wieder ein sprachlicher Irrweg. Eine bekannte Erscheinung kann uns weiterhelfen: Schwarze Oberflächen heizen sich stärker auf als weiße. Was steckt dahinter? Schwarz bedeutet, dass die Oberfläche praktisch kein Licht reflektiert: Die Veränderung des Lichtes ist sehr weitgehend, vom eingestrahlten Beleuchtungslicht gelangt nur sehr wenig in unser Auge. Die Erwärmung ist die Verdauung nach dem Schlucken des Lichtes: das Licht wird in Wärme umgewandelt. Die (umgangssprachliche) Erklärung der Erwärmung Schwarz zieht die Wärme an ist also ebenfalls unrichtig! Das allgemeine physikalische Prinzip ist die Erhaltung der Energie: Energie kann nicht vernichtet oder neu geschaffen werden, möglich sind nur Energieumwandlungen, hier die Umwandlung von Lichtenergie in Wärmeenergie. Dieses Prinzip wird technisch in der Solartechnik zur Brauchwassererwärmung genutzt. Fassen wir zusammen: Oberflächen können auftreffendes Licht mehr oder weniger vollständig absorbieren (d.h. in Wärmeenergie umwandeln) und damit die Menge des wieder abgegebenen, reflektierten Lichtes vermindern: Das Objekt erscheint mehr oder weniger dunkel. 6.2. Das Objekt macht sich bunt Etwas tiefer in die Physik des Lichtes müssen wir schauen, wenn wir das Phänomen Farbe verstehen wollen. Aber auch hier hilft uns ein bekanntes Naturschauspiel: der Regenbogen. Er führt uns vor Augen, dass im farblosen (weißen) Sonnenlicht viele Farben versteckt sind (vielleicht wurde Ihnen diese Tatsache in der Schule mit einem Prisma vorgeführt). Je nach (chemischer) Beschaffenheit der Oberfläche werden nicht alle Farbanteile gleichmäßig absorbiert, sondern manche mehr und manche weniger. Unser Auge kann die erzeugten Unterschiede in der Mischung des beobachteten Lichtes erkennen, das Gehirn erzeugt daraus eine Farbwahrnehmung (die bekanntermaßen oft sehr subjektiv ist!). Der gesehene Gegenstand ist also eigentlich nicht farbig, er macht sich farbig, indem er das Licht so verändert, dass unser Gehirn daraus eine Farbwahrnehmung entstehen lässt. (Daher die vertrackte Frage: Welche Farbe hat rote Farbe in der geschlossenen Dose?)

- 3-7. Zusammenfassung Wir sehen einen Gegenstand mit Hilfe des Lichtes, das er in unser Auge reflektiert. Unser Bild des Gegenstandes entsteht durch die Interpretation der Veränderungen in Helligkeit und Farbe, die er an dem Beleuchtungslicht vorgenommen hat. So real uns auch das wahrgenommene Bild erscheinen mag: Es ist nie der Gegenstand, der sich in unserem Gehirn befindet, sondern ein Produkt unseres Gehirns. Mit dieser Erkenntnis wird auch schnell verständlich, weshalb wir so leicht auf Täuschungen hereinfallen können. So gesehen sind Künstler immer (mehr oder weniger) geschickte Betrüger! Die nachfolgende Grafik soll die Zusammenhänge abschließend darstellen: Lichtquelle Objekt Gehirn verändertes Licht Auge Deutung der Sinnesinformationen (Ab-)Bild des Objektes Aufnahme des veränderten Lichtes, nervöse Information über das Licht

- 4 - Fachbegriff-Erklärungen Absorption, absorbieren Allgemein: In der Physik: Schwächung der Stärke (Intensität) einer Strahlung (Teilchen oder Welle), wenn sie durch einen Stoff (Absorber) hindurchgeht. In der Chemie: Aufnahme eines Stoffes durch einen anderen. Speziell: A. des Lichtes: Licht(energie) wird von einem Körper aufgenommen, die absorbierte Energie wird entweder in Wärme umgewandelt oder im Inneren der Teilchen aufgenommen (Anregung oder Abtrennung von Elektronen). A. von Teilchen (z.b. einer radioaktiven Strahlung): Die Teilchen verschwinden durch Wechselwirkung mit den Atomen des Absorbers. A. von Gasen, z.b. beim Lösen eines Gases in einer Flüssigkeit (beispielsweise Sauerstoff in Wasser). A. von Stoffen durch die Haut (Medikamente, Kosmetika). lat. absorbere hinunterschlucken, aufsaugen. Reflexion, reflektieren Zurückwerfen einer Welle (Schall oder Licht) an einer Grenzschicht zwischen zwei verschiedenen Medien (z.b. Luft/Glas). Im übertragenen Sinn: über etwas nachdenken. lat. reflectere (zurück-, um-)wenden, zurückdenken