Was ist Selbsthilfe?
Was ist Selbsthilfe? 1. Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Selbsthilfe hören? 2. Mit welchen Themen befassen sich ihrer Ansicht nach Selbsthilfegruppen/Initiativen? 3. Was geschieht in Selbsthilfegruppen/Initiativen? 4. Was denken Sie, wie viele Selbsthilfeinitiativen es in München gibt?
Definition von Selbsthilfe Selbsthilfezentrum München Selbsthilfe wird (im Sinne dieser Richtlinien) verstanden als ein selbst organisiertes Handeln, das auf persönlicher Betroffenheit beruht. Selbst organisiertes Handeln findet in Selbsthilfeinitiativen, Selbsthilfegruppen und Vereinen statt. Selbsthilfe beinhaltet gegenseitige, unentgeltliche Unterstützung und Aktivitäten zum Wohle der Gemeinschaft auf vorrangig ehrenamtlicher Basis. Es ergänzt die Leistungen des professionellen Versorgungssystems und/oder greift neue Bedarfe und innovative Lösungsansätze auf. (Quelle: Förderrichtlinien zur Förderung der sozialen Selbsthilfe der Landeshauptstadt München, Sozialreferat 2010)
Einordnung der Selbsthilfe ins Bürgerschaftliche Engagement Zum bürgerschaftlichen Engagement gehört auch die Selbsthilfe, die im weiteren Sinne das selbstorganisierte Tätigwerden mit anderen bezeichnet, im engeren Sinne die gegenseitige Hilfe von Personen, die sich auf Grund eines bestimmten Problems zusammengefunden haben. Solche Formen der wechselseitigen Unterstützung stellen eine moderne Ergänzung für traditionelle (z.b. familiäre) Unterstützungsformen dar. Sie sind aber auch eine Neuaneignung und Neuinterpretation dieser Unterstützungsformen, indem in ihnen der Öffentlichkeitsbezug stärker betont wird. Im Bereich der Selbsthilfe finden sich zahlreiche Personen und Kontaktstellen, die sich öffentlich für Anliegen einsetzen und gesellschaftliche und soziale Probleme enttabuisieren. Der Übergang zu den anderen Formen des Engagements ist fließend. Quelle: Bericht der Enquetekommission "Zukunft des Bürgerschaflichen Engagements" 2002
Definition Selbsthilfegruppe/ selbstorganisierte Initiative Um eine Selbsthilfegruppe bzw. selbstorganisierte Initiative handelt es sich, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: - in der Gruppe/Initiative engagieren sich selbst oder indirekt Betroffene, - die Gruppe/Initiative organisiert sich selbst und bestimmt die Inhalte und die Form ihrer Arbeit eigenständig - die Gruppe/Initiative wird nicht dauerhaft professionell geleitet - die Gruppe/Initiative arbeitet nicht gewinnorientiert. (Quelle: Förderrichtlinien zur Förderung der sozialen Selbsthilfe der Landeshauptstadt München, Sozialreferat 2010)
Selbsthilfe als besondere Form Bürgerschaftliches Engagements Zentrales Unterscheidungskriterium der Selbsthilfe zum Bürgerschaftlichen Engagement im allgemeinen ist der Aspekt der direkten oder indirekten Betroffenheit von einem Thema. Allerdings kann auch der Begriff der Betroffenheit sehr weit gefasst sein, v.a. im Bereich der sozialen Selbsthilfe (z.b. Mütter gegen Atomkraft, Initiative gegen Lärm,...) Selbsthilfe findet außerdem in Gruppenzusammenhängen statt, während andere Formen des Bürgerschaftlichen Engagements auch als eine Aktivitäten Einzelner für andere stattfindet.
Formen der Selbsthilfe klassische Selbsthilfegruppen (Gesprächsgruppen, eher nach Innen gerichtet) Selbstorganisierte Initiativen (größere Initiativen, die auch nach außen gerichtete Zielsetzungen verfolgen wie, z.b. Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Kooperationen mit dem professionellen System, Beteiligung an fachpolitischen Diskursen usw., Initiativen im Umwelt und Kulturbereich, Bürgerinitiativen) Selbsthilfeorganisationen (größere Selbsthilfeinitiativen, die z.t. auch mit professionellem Personal zur Absicherung der ehrenamtlichen Tätigkeiten Arbeiten (Münchner Angsthilfe MASH e.v., Aidshilfe e.v., Verwaiste Eltern München e.v....) Landes- und Bundesverbände der Selbsthilfe (z.b. Deutsche Rheumaliga e.v., Deutsche Parkinsonvereinigung e.v., Diabetikerbund Bayern e.v., Bayerische Krebsgesellschaft e.v., Gehörsolenverband e.v.... )
Themen der Selbsthilfe Selbsthilfegruppen befassen sich mit mehr als 1.000 Themen (bundesweite Studie der NAKOS von 2010). ca. 70% Gesundheitsselbsthilfe von A wie Adipositas... bis Z wie Zölliakie, chronische Erkranlungen, Behinderung, Suchterkrankungen, psychische Erkrankungen, Depressionen, bipolare Störungen, Ängste, Zwänge, usw. ca. 30% soziale Selbsthilfe Arbeitslosigkeit, Trennung/Scheidung, Mobbing, sexuelle Identität, Adoption, Verschuldung, Alleinerziehende, Eltern- Kind-Initiativen, Familienzentren, Migrantengruppen, Wohnprojekte, Mieterinitiativen, Tauschnetze, Zeitbanken usw.
Was leistet Selbsthilfe? Selbsthilfezentrum München Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Betroffenen zu sozialen Themen, Krankheiten... Beitrag zur Lebensbewältigung gegenseitige Hilfe und Unterstützung... gemeinsame Projekte mit anderen für andere... Beratung und Veranstaltungen
Selbsthilfe befördert... Stärken und Potentiale der Beteiligten... jede und jeder bringt seine Fähigkeiten ein individuelle Bewältigungsressourcen... ein neuer Umgang mit persönlichen Themen und Problemen Soziale Kompetenzen... miteinander und füreinander handeln
Aktivitäten von Selbsthilfeinitiativen Austausch von Erfahrungen und Information im Gespräch Gemeinsame Aktivitäten der Gruppenmitglieder Beratungsdienste für Betroffene und Angehörige Aktive gegenseitige Unterstützung: Besuche, Begleitungen, konkrete gegenseitigen Hilfeleistungen Organisation von Fachveranstaltungen mit Experten (Vorträge, Fachtage, Exkursionen...) Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die jeweiligen Themen - Aufklärung und Entstigmatisierung Interessenvertretung in Gremien und Lobbyarbeit auf politischer Ebene (z.b. Patientenvertretung) Aufgreifen ungedeckter Bedarfe Entwickeln und Umsetzen innovativer Konzepte
Aktuelle Themen und Entwicklungen in der Selbsthilfe Oft zeitliche Überforderung der Aktiven in der Selbsthilfe durch viele zusätzliche Aufgaben Fragwürdig : neue Interessenten wollen Leistung möglichst ohne längerfristiges, eigenes Engagement Generationenwechsel in der Selbsthilfe - Gründergeneration sucht Nachfolger Sorge um das weitere Bestehen mancher Ortsgruppen von Selbsthilfe-Verbänden Neue Formen der Selbsthilfe entstehen durch digitale Kommunikationsmedien: "Virtuelle Selbsthilfe" in Form von Foren, Chats und anderen Web 2.0 Angeboten boomt
Finanzielle Förderung von Selbsthilfe Selbsthilfezentrum München Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und - verbände erhalten finanzielle Unterstützung: Gruppen und Initiativen, die sich mit Gesundheitsthemen befassen, erhalten finanzielle Förderung durch die Krankenkassen (seit 2000, SGB V, 20 c verpflichtende Leistung der gesetzlichen Krankenkassen) In Bayern werden Selbsthilfegruppen, die sich mit den Themen chronische Erkrankung oder Behinderung befassen, auch von den Bezirken und vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Integration gefördert (Stelle: Zentrum Bayern Familien und Soziales) Gruppen und Initiativen, die sich mit sozialen Themen befassen, erhalten in einigen Kommunen finanzielle Förderung (freiwillige Leistung)
Wie ist Selbsthilfe organisiert? SELBSTHILFE SELBSTHILFE- UNTERSTÜTZUNG BUNDESEBENE LANDESEBENE SH-Organisationen (Bundesverbände) Selbsthilfe-Organisationen (Landesverbände) DAG-SHG (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen) BAG-SHB (Bundes Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe) NAKOS (Nationale Informations- und Kontaktstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfe) SeKo - Selbsthilfekoordination Bayern REGIONALE EBENE Selbsthilfegruppen vor Ort Selbsthilfekontakt-stellen in den Kommunen und Regionen
Strukturen der Selbsthilfeunterstützung auf Bundesebene BAG SELBSTHILFE e.v. Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.v. Dachorganisation von 116 Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihren Angehörigen, die bundesweit Aktivitäten entfalten, 13 Landesarbeitsgemeinschaften sowie 5 Fachverbände DAG Selbsthilfegruppen e.v. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.v. Fachverband zur Unterstützung von Selbsthilfegruppen und von Menschen, die sich für Selbsthilfegruppen interessieren. Mitglieder sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Selbsthilfekontaktstellen, Träger von Selbsthilfekontakt-stellen, Gruppen, Verbände, Fachkräfte aus psychosozialen und Gesundheitsberufen, sonstige interessierte Einzelpersonen
Selbsthilfe in Bayern 11.000 Selbsthilfegruppen im Gesundheits- und Sozialbereich mit ca. 500.000 Mitgliedern zu über 800 Themen Verein Selbsthilfekontaktstellen Bayern e.v. = 30 Einrichtungen, die Selbsthilfegruppen unterstützen Selbsthilfekoordination Bayern (SeKo Bayern) = landesweite Netzwerkstelle mit dem Ziel, die Selbsthilfebewegung in Bayern zu stärken; Sitz in Würzburg, Gründung 2002 Quelle: SeKo-Bayern
Selbsthilfe kontaktstellen in Bayern 30 Einrichtungen davon 20 Selbsthilfekontaktstellen, 3 Kontaktstellen im Aufbau, 7 in Nebenaufgabe Quelle: SeKo-Bayern
Selbsthilfe in München ca. 1.300 Selbsthilfegruppen/ - initiativen und Organisationen ca. 200 Gruppen treffen sich im SHZ zu Themen wie z.b.: Arbeitslosigkeit, Alter, neue Wohnformen, Freizeit, Chronische Erkrankungen, Sucht und Psychiatrie, Männer, Frauen und Kinder, Familie und Beziehungen, Migration, Nachbarschaft, Tauschbörsen und Umwelt, Sexualität und Engagement für andere...
Das Selbsthilfezentrum München Westendstraße 68
Das Selbsthilfezentrum München Das SHZ ist seit 1985 die zentrale Kontakt- und Informationsstelle für die Selbsthilfe in München Das SHZ ist eine Einrichtung in Freier Trägerschaft, Trägerverein ist FöSS e.v. Verein zur Förderung von Selbsthilfe und Selbstorganisation Das SHZ wird finanziert zu 2/3 aus Mitteln der Landeshauptstadt München (Sozialreferat sowie Referat für Gesundheit und Umwelt) und zu 1/3 aus Mitteln der Krankenkassen
Leistungen des Selbsthilfezentrums Information & Vermittlung in Selbsthilfegruppen 4.500 Beratungen pro Jahr per Telefon, e-mail, vor Ort Unterstützung von Selbsthilfegruppen Raumvergabe an ca. 200 Gruppen im Jahr (7 Räume) Beratungen zu Gründung, Organisation, Finanzierung, bei Konflikten, Seminare/Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen Selbsthilfe in der Stadt verankern Vernetzung zwischen Fachwelt und Selbsthilfe Gremienarbeit im Sozial- und Gesundheitsbereich, Kooperationsprojekte
Thematische Schwerpunkte des SHZ Gesundheitsselbsthilfe (z.b. chronische Erkrankungen, Sucht, psychische Erkrankungen, Prävention) Soziale Selbsthilfe (z.b. Migration, Familie, Kultur, Umwelt, ) außerdem: Lobby- und Gremienarbeit Geschäftsstelle Selbsthilfebeirat Geschäftsstelle Runder Tisch der Krankenkassenförderung
SHZ Mitwirkung in Forschungsprojekten Gesunde Städte Netzwerk 1991 FP Von der Schwierigkeit, sich einzumischen Bayerischer Forschungsverbund Public Heath 1995 FP Beratungskonzepte und Dienstleistungen von Selbsthilfegruppen 2000 Buchprojekt - Was Selbsthilfe leistet (Engelhardt, Simeth, Stark - Lambertus-Verlag) 2000 FP Modelle der Einbindung von Selbsthilfe-Initiativen in das gesundheitliche Versorgungssystem Stadt, Krankenkassen, Ärzteverbände 2002 MP: Kooperation Krankenhaus und Selbsthilfe 2002 FP: Entwicklung und Trends in der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe 2005 MP: dialog - Münchner Ärzte und Selbsthilfegruppen 2008-2012 Modellprojekt: Soziale Arbeit und Selbsthilfe 2014/2016 Befragung von Initiativen der Migrantenselbstorganisation zu ihren Angeboten für Flüchtlinge und Neuankömmlinge aus ihren Communitys
www.shz-muenchen.de Selbsthilfezentrum München
Kontakt München - SHZ Selbsthilfezentrum München Westendstr. 68 80339 München (089) 53 29 56-11 www.shz-muenchen.de Kontakt - SeKo Bayern Theaterstraße 44 97080 Würzburg Tel. 0931-20 78 16 41 selbsthilfe@seko-bayern.de www.seko-bayern Download unter: www.seko-bayern.de/files/seko_wegweiser_2014.pdf
Neue Bezüge zwischen Selbsthilfe und BE I - Trends Selbsthilfegruppen suchen zunehmend die Unterstützung von Freiwilligen/Ehrenamtlichen (nicht selbst Betroffenen) über Ausschreibungen, Vermittlung durch Freiwilligenagenturen - Unterstützung bei spezifischen Aufgaben: z.b. Kassenführung/ Buchhaltung, Büroarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Aufbau und Pflege der Internetseite, Abdeckung von Beratungszeiten usw. - Übernahme von zentralen Aufgaben der Gruppenorganisation (Gesprächsleitung, Gruppenleitung, Vorstandstätigkeit im Verein)
Neue Bezüge zwischen Selbsthilfe und BE II - Fragen Rückt die Selbsthilfe damit von einem zentralen sie konstituierenden Prinzip "von Betroffenen für Betroffene" ab? Ist der Ruf nach freiwilligen Helfern/Helferinnen Ausdruck einer Krise der Selbsthilfe, weil diese nicht mehr im Stande ist, zentrale Aufgaben der Gruppenorganisation selbst zu übernehmen? Oder erschließt sich die Selbsthilfe hier einfach neue Ressourcen und Kompetenzen auf einem wachsenden Markt des freiwilligen Engagements? Welche Konsequenzen hat die Beteiligung von nicht selbst betroffenen Freiwilligen für Selbsthilfegruppenarbeit?
Neue Bezüge zwischen Selbsthilfe und BE III - Konsequenzen Übernahme von konkreten, praktischen Aufgaben durch Freiwillige meist weniger problematisch als Übernahme zentraler Funktionen wie der Gruppenleitung oder Vorstandstätigkeit. Vorteile: Zuverlässige Übernahme notweniger Aufgaben durch weniger belastete Personen, Erweiterung des Kompetenzspektrums und damit der Handlungsmöglichkeiten der Initiative Nachteile: Fehlen der Betroffenenkompetenz, Sonderstatus der Freiwilligen, Gefahr der Bevormundung, Fremdbestimmung, Anreiz zur Delegation von immer mehr Aufgaben
Neue Bezüge zwischen Selbsthilfe und BE IV - Bedingungen Information der Freiwilligen über die Strukturen und Arbeitsweisen in der Selbsthilfelandschaft im Vorfeld genaue Abklärung der Rolle der Freiwilligen in der Selbsthilfegruppe genaue Festlegung der Aufgaben (Tätigkeitsprofile) Definition des zeitlichen Umfangs des Engagements klare Festlegung von Ansprechpartnern für die Freiwilligen in der Selbsthilfeinitiative und transparente Definition ihrer Kompetenzen
Neue Bezüge zwischen Selbsthilfe und BE V - Rolle der Kontaktstellen? Beiden Seiten (Selbsthilfeinitiativen, Freiwilligenagenturen und Freiwilligen) als Ansprechpartner zur Verfügung stehen Mit den Selbsthilfegruppen kritisch reflektieren, warum sie die Unterstützung von Freiwilligen benötigen den Selbsthilfegruppen Unterstützung bei der Ausarbeitung von Anforderungs- bzw. Tätigkeitsprofilen für die Freiwilligen anbieten Verständigung mit den Freiwilligenagenturen über deren Anforderungen für die Vermittlung von Freiwilligen an die Selbsthilfe Erfahrungen auswerten und Konsequenzen reflektieren (ggf. Entwicklung von Fortbildungsangeboten bzw. Adaptierung vorhandener z.b. aus dem Freiwilligenmanagement)
Kontakt SeKo Bayern Scanzonistraße 4 97080 Würzburg Tel. 0931-20 57 910 selbsthilfe@seko-bayern.de www.seko-bayern Kontakt zum SHZ Selbsthilfezentrum München Westendstr. 68 80339 München (089) 53 29 56-11 www.shz-muenchen.de Download unter: www.seko-bayern.de/files/seko_wegweiser_2014.pdf