Deutscher Bibliotheksverband e. V. erhält bis zu zehn Millionen Euro

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DOI 10.1515/ bd-2013-0006 Bibliotheksdienst 2013; 47(1): 51 57 Olaf Zimmermann Bündnisse für Bildung: Große Verantwortung und Herausforderung Deutscher Bibliotheksverband e. V. erhält bis zu zehn Millionen Euro Zusammenfassung: Unter der gemeinsamen Überschrift Kultur macht stark wurden 35 Gewinner, darunter auch der Deutsche Bibliotheksverband e. V. (dbv), gekürt, die in den nächsten fünf Jahren lokale Bündnisse für Bildung verwirklichen werden. Ziel des vom Bundesbildungsministerium ins Leben gerufenen Förderprogramms ist es unter anderem, den in Deutschland ausgeprägten Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg abzuschwächen. Es gilt, die Stärken der verschiedenen Partner zu erkennen und zu nutzen und so die kulturelle Bildung immer weiter zu entwickeln und zu begleiten. Dazu gehört auch ein Blick auf gescheiterte Vorhaben. Schlüsselwörter: Kultur macht stark, Bündnisse für Bildung, kulturelle Bildung Abstract: Under the common header Kultur macht stark 35 Winners were chosen (among them also the Deutsche Bibliotheksverband e. V. (dbv)), which are supposed to realize local alliances for education within the education system for the next five years. The aim of this ambitious program, founded by the german federal ministry of education, is, among others, to weaken the coherence between social background and educational success in Germany. It is essential, to recognize the strengths of all the different partners and to benefit from them, in order to enhance the cultural education. This also includes a review on failed projects. Keywords: Kultur macht stark, local alliances, cultural education Olaf Zimmermann: o.zimmermann@kulturrat.de Am 20. September 2012 wurden in Berlin die 35 Gewinner bekannt gegeben, die in den kommenden fünf Jahren lokale Bündnisse für Bildung unter der gemeinsamen Überschrift Kultur macht stark realisieren werden und dafür bis zu 230 Millionen Euro vom Bundesbildungsministerium zur Verfügung gestellt

52 Olaf Zimmermann bekommen. Der Deutsche Bibliotheksverband e. V. erhält bis zu zehn Millionen Euro aus dem ambitionierten Programm. 1 Folgende Verbände und Initiativen wurden ausgewählt: mit bis zu 20 Mio. Euro gefördert werden: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V. (dvv) Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. (BKJ) Verband deutscher Musikschulen e. V. (VDM) mit bis zu zehn Mio. Euro gefördert werden: Deutscher Bundesjugendring e. V. (dbjr) Deutscher Bühnenverein Bundesverband der Schulfördervereine e. V. (BSFV) Bundesverband Museumspädagogik e. V. (BVMP) Deutscher Bibliotheksverband e. V. (DBV) Deutscher Chorverband e. V. Paritätischer Gesamtverband mit bis zu sechs Mio. Euro gefördert werden: Bundesverband Popularmusik Bundesverband Tanz in Schulen e.v Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e. V. Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands e. V. Deutsche Sportjugend im DOSB e. V. (dsj) Deutscher Museumsbund e. V. Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e. V. Stiftung Lesen mit bis zu drei Mio. Euro gefördert werden: ASSITEJ Bundesrepublik Deutschland e. V. (Internationale Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche) Bund Deutscher Amateurtheater e. V. (BDAT) Bundesarbeitsgemeinschaft der mobilen spielkulturellen Projekte e. V. (BAG Spielmobile) Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler e. V. (BBK) Bundesverband Freier Theater e. V.

Bündnisse für Bildung 53 Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände Türkische Gemeinde in Deutschland e. V. Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum e. V. Verein zur Förderung katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (aksb) mit einem Betrag von weniger als drei Mio. Euro gefördert werden: Arbeitsgemeinschaft Kino-Gilde deutscher Filmkunsttheater e. V. (AG Kino- Gilde e. V.) Arbeitskreis für Jugendliteratur e. V. Borromäusverein e. V. Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise e. V. Bundesverband Deutscher Kinder- und Jugendmuseen Bundesverband Jugend und Film e. V. (BJF) JAS Jugend Architektur Stadt e. V. Zirkus macht stark Dieser Auswahl ging ein wettbewerbliches Verfahren voraus. Am 10. Mai 2012 stellte Bundesbildungsministerin Annette Schavan, zusammen mit dem Präsidenten des Deutschen Kulturrates, Max Fuchs, in Berlin das Programm Kultur macht stark vor und forderte Verbände und Initiativen auf, in einen Wettbewerb um die besten Konzepte zu treten. Eine vom Bundesbildungsministerium formulierte Förderrichtlinie setzte den Rahmen. Eckpunkte dieser Förderrichtlinie sind: Förderung von außerschulischen Bildungsmaßnahmen insbesondere auf dem Gebiet der kulturellen Bildung, Unterstützung von bildungsbenachteiligten Kindern und Jugendlichen in ihrer Entwicklung, Entwicklung tragfähiger bürgerschaftlicher Netzwerke. Die Förderrichtlinie zielt explizit darauf ab, den in Deutschland ausgeprägten Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg abzuschwächen. Interessierte bundesweit tätige Verbände und Initiativen konnten bis zum 31. 7. 2012 dem Bundesbildungsministerium ein Konzept vorlegen, in dem sie aufzeigten, wie sie im Zusammenspiel mit weiteren Akteuren die Eckpunkte der Förderrichtlinie umsetzen wollen. Insgesamt hatte die Jury 163 Konzepte zu bewerten. Davon wurden 35 Konzepte ausgewählt und am 20. 9. 2012 die Auswahl bekanntgegeben.

54 Olaf Zimmermann 2 Jury der Bündnisse für Bildung Hatice Akyün, Journalistin und Autorin Prof. Ida Bieler, Professorin für Violine an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf, Leiterin des Projektes vivaldi, bei dem benachteiligte Kinder und Jugendliche von Studierenden Geigenunterricht erhalten Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Vorsitzender der Jury, ehem. Kulturstaatssekretär in NRW Dr. Annette Lepenies, Diplompsychologin, ehem. Lehrerin an Grund- und Hauptschulen, ehem. Dozentin am Sozialpädagogischen Institut Berlin, verschiedene Ausstellungsprojekte zur Generationenfrage Prof. Andrea Tober, Professorin für Musikvermittlung und Selfmanagement an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, Leiterin des Education- Programms der Berliner Philharmoniker Olaf Zimmermann, Geschäftsführer Deutscher Kulturrat Jetzt müssen die Gewinner ihr Konzept verfeinern, so dass 2013 die ersten Bündnisse vor Ort starten können. Die ausgewählten Verbände müssen nun unter Beweis stellen, dass sie mit Partnern vor Ort zusammenarbeiten und mit ihnen gemeinsam ein Bündnis für Bildung aufbauen. Sie stehen zusätzlich vor der Herausforderung schlanke Verwaltungsstrukturen zu etablieren, denn die gesamte Administration der zugewiesenen Mittel, die Weiterleitung an die Akteure vor Ort sowie die Prüfung der ordnungsgemäßen Verwendung obliegt den ausgewählten Verbänden und Initiativen. Das ist eine große Verantwortung und Herausforderung. Ich bin dennoch fest davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist, die Bündnisse für Bildung mit Unterstützung der Bundesverbände zu bilden. Diese Verbände verfügen einerseits über den erforderlichen Unterbau vor Ort. Sie haben zugleich die Stabilität, um am Aufbau dauerhafter Strukturen mitzuarbeiten. Denn darum geht es bei den Bündnissen für Bildung. Sie sollen eben keine kurzfristigen Projekte sein, bei denen ein Feuerwerk an Ideen gezündet wird, an denen sich kurz erfreut werden kann, um danach enttäuscht in den wieder verdunkelten Himmel zu blicken. Die Bündnisse für Bildung bauen auf dem dauerhaften Engagement der Zivilgesellschaft auf. Zivilgesellschaftliche Akteure aus ganz unterschiedlichen Bereichen sollen jeweils vor Ort ein Bündnis für Bildung aufbauen, das dauerhaft und strapazierfähig ist. Denn nur durch ein kontinuierliches Engagement wird es möglich sein, die nach wie vor bestehende Bildungsungerechtigkeit in Deutschland abzubauen.

Bündnisse für Bildung 55 3 Enger Zusammenhang von Herkunft und Bildung Seit Erscheinen der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 wird dem deutschen Bildungswesen fortlaufend der enge Zusammenhang von Herkunft und Bildung wissenschaftlich bescheinigt. Alle bisher unternommenen Anstrengungen wie die Entwicklung von Bildungsplänen für die frühkindliche Bildung in Kindertageseinrichtungen, der Ausbau von Ganztagsschulen und die Entwicklung von Bildungsstandards in ausgewählten Schulfächer haben noch nicht zu einem durchschlagenden Erfolg bei der Förderung von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern geführt. Auch wenn, und dieses muss den Bildungspolitikern zugute gehalten werden, einige Zeit einzukalkulieren ist, bis Umsteuerungsmaßnahmen im Bildungswesen Früchte tragen. Im Nationalen Bildungsbericht, der im Juni 2012 vorgelegt wurde, wird auf einige Hoffnungsschimmer am Horizont eingegangen. So werden mehr unter Dreijährige in Kindertageseinrichtungen betreut, verhältnismäßig selten wird diese Betreuungsmöglichkeit allerdings für Kinder mit Migrationshintergrund in Anspruch genommen. Nahezu alle Kinder zwischen drei und sechs Jahren besuchen eine Kindertagestätte und profitieren damit von der verbesserten frühkindlichen Bildung, allerdings bestehen bei Kindern mit Migrationshintergrund auch hier noch Potenziale. Als besondere Herausforderung wird im Nationalen Bildungsbericht herausgestellt, dass Kinder, in deren Familien wenig deutsch gesprochen wird, zu einem Drittel in Kindertageseinrichtungen betreut werden, in denen mehr als die Hälfte der Kinder zu Hause ebenfalls nicht deutsch sprechen. Hier bestehen besondere Anforderungen in der Sprachförderung. Positiv wird hervorgehoben, dass sich durch den Aufbau von Ganztagsschulen das Angebot kultureller Bildung in der Schule erweitert hat. Dabei wird besonders auf die Angebote im Rahmen der offenen Ganztagsschule hingewiesen. Nach wie vor ist eine schwierige familiäre Situation ein Hindernis für Erfolg im Bildungssystem. Der Bildungserfolg hängt zu einem erheblichen Teil vom häuslichen Umfeld ab. Besonders Kinder aus einem bildungsfernen Elternhaus mit finanziellen und sozialen Problemen sind davon negativ betroffen. 4 Stärken zusammenbringen Die Chance der Bündnisse für Bildung besteht darin, gerade jene Kinder, die aus schwierigen Elternhäusern kommen, zu erreichen. Diese Kinder sind, und das muss an dieser Stelle auch selbstkritisch gesagt werden, zumeist auch nicht in den Einrichtungen der kulturellen Bildung oder Kultureinrichtungen zu finden. Auch wenn diese Institutionen mit dem Anspruch antreten, möglichst allen

56 Olaf Zimmermann Kindern und Jugendlichen die Teilhabe zu ermöglichen. Allzu oft haben Einrichtungen der kulturellen Bildung einen bildungsbürgerlichen Anspruch und es daher schwer, sich auf Kinder aus bildungsfernen Schichten einzulassen. Die Stärke der Bündnisse für Bildung muss darin bestehen, die unterschiedlichen Kompetenzen der verschiedenen Partner in die Bündnisse einzubringen. Liegt die Stärke des einen im Bereich der kulturellen Bildung, so liegt die des anderen in der sozialen Arbeit und die des dritten Partners in der Gemeinwesenorientierung. Erst die Mischung und die Zusammenarbeit vor Ort werden die Qualität und den Charme der Bündnisse für Bildung ausmachen. Dabei werden je nach Sozialstruktur und Lage die Bündnisse sicherlich sehr unterschiedlich aussehen. Was in dem einen Ort sinnvoll ist, kann in dem nächsten der falsche Weg sein. Es wird auf die Neugier der Akteure und ihre Bereitschaft ankommen, sich auf Neues einzulassen, damit die Bündnisse funktionieren. Hiervon kann ein Entwicklungsschub für die kulturelle Bildung insgesamt ausgehen. Der demografische Wandel wird Anpassungen in der Infrastruktur unausweichlich machen. Wenn in Deutschland weniger Menschen leben und darüber hinaus der Anteil der älteren Menschen deutlich steigt, wird die Infrastruktur angepasst werden müssen. Das gilt für Schulen, für Einrichtungen der Jugendhilfe, für Sportvereine, für Altenheime, für Volkshochschulen, für den öffentlichen Nahverkehr und auch für Einrichtungen der kulturellen Bildung sowie Kulturinstitutionen. Die Bündnisse für Bildung können daher auch ein Labor für neue Formen der Zusammenarbeit sein und damit ein Netz bauen, wie Qualität in der kulturellen Bildung auch unter veränderten demografischen Voraussetzungen gelingen kann. 5 Politiken zusammen denken Kulturelle Bildung sitzt schon immer zwischen den Stühlen. Sie wird traditionell sowohl von der Bildungs-, der Kultur- als auch der Jugendpolitik geprägt und gestaltet. Insofern bringen die Akteure der kulturellen Bildung die besten Voraussetzungen mit, um in einem Verantwortungsvieleck nach vorne zu schauen und neue Ideen der Zusammenarbeit zu entwickeln. Das Förderprogramm Bündnisse für Bildung kann daher auch als ein Experimentierraum gesehen werden, um mithilfe einer Anschubfinanzierung vom Bund dauerhafte tragfähige Strukturen vor Ort zu entwickeln. Wichtig ist, dass bei den Bündnissen für Bildung, wie bei jedem guten wissenschaftlichen Experiment, das gelegentliche Scheitern zugelassen wird. Mich irritieren schon seit Jahren manche der immer wieder öffentlich zelebrierten

Bündnisse für Bildung 57 best-practice-beispiele aus Bereichen der kulturellen Bildung. Wenn alle diese best-practice-beispiele wirklich einen so durchschlagenden Erfolg gehabt hätten wie behauptet, müssten die Probleme in der kulturellen Bildung deutlich kleiner sein. Viel spannender ist es doch zu erfahren, was nicht geklappt hat und warum manche Vorhaben gescheitert sind. Aus Fehlern klug werden, das sollte auch für die Bündnisse für Bildung gelten dürfen. Der Jury wurde die Aufgabe übertragen, die ausgewählten Projekte zu begleiten. Ich freue mich auf diesen Prozess. Ich bin gleichermaßen gespannt auf gelungene wie auch misslungene Bündnisse. Ich erwarte spannende Experimente. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Chausseestraße 103 10115 Berlin Tel.: 030/24728014 Email: o.zimmermann@kulturrat.de