Diätassistenten auf dem Weg zur Profession
Christian Lang Diätassistenten auf dem Weg zur Profession Begründungslinien einer professionsspezifischen Interaktionslogik
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar ISBN 978-3-86573-861-5 2015 Wissenschaftlicher Verlag Berlin Olaf Gaudig & Peter Veit GbR www.wvberlin.de / www.wvberlin.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, auch einzelner Teile, ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für fotomechanische Vervielfältigung sowie Übernahme und Verarbeitung in EDV-Systemen. Druck und Bindung: SDL Digitaler Buchdruck, Berlin Printed in Germany 22,00
VORWORT Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen sind von einer hohen Dynamik geprägt. Damit verbunden sind gesellschaftliche Individualisierungsprozesse, Pluralisierung von Lebens- und Wissensformen, Veränderungen in der Arbeitswelt, die durch Rationalisierung und Technologisierung, Globalisierung von Märkten hervorgerufen werden. Davon betroffen ist auch das Bildungssystem mit der Folge einer Diversifizierung der Bildungswege und Qualifizierungsabschlüsse und der Schaffung eines europäischen Bildungsraumes. Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe und im Speziellen auf das berufliche Handlungsfeld der Diätassistenten/innen, das mit neuen Aufgabenzuschnitten und der Forderung nach evidenzbasiertem Handeln einhergeht. Damit eröffnen sich neue Formen der curricularen Ausgestaltung der einschlägigen Bildungswege. Bislang führte die Ausbildung des/der Diätassistenten/innen eher ein Schattendasein im berufsbildenden System. Die Ausbildung nimmt hierzulande eine Sonderstellung ein, da diese nicht im dualen System verortet ist, sondern über eine bundesrechtlich geregelte Berufszulassung geregelt wird. Der Beruf des/der Diätassistenten/in zählt zu den nicht-akademischen Heilberufen und die Ausbildung ist an staatlich anerkannten Berufsfachschulen verortet, wenngleich diese in anderen europäischen Ländern schon längst auf tertiärem Niveau angesiedelt ist. Darüber hinaus nimmt dieser Beruf in der Akademisierungseuphorie, die zurzeit in den Gesundheitsberufen vorherrscht, eine eher marginale Rolle ein. So ist zu begrüßen, dass in der vorliegenden Ausarbeitung das bisherige Handlungsverständnis der Diätassistenten/innen, das weitgehend auf naturwissenschaftlichen Inhalten und einem technisch-instrumentellen Verständnis basiert, infrage gestellt wird. Aufgrund des veränderten Aufgabenspektrums hin zur Ernährungsberatung und -therapie verliert dieses einseitige Verständnis zunehmend seine Legitimation. Christian Lang nimmt die interaktionistische Perspektive professionellen Handelns in den Blick und eröffnet darüber einen anderen Zugang zum diätetischen Handeln, in dem der Klient in seiner Lebenswelt und Biografie ernst genommen wird. So erfährt dieser eine Teilhabe im diätetischen Prozess. Die Anerkennung und Wertschätzung der individuellen Lebenswelt des Klienten ist von zentraler Bedeutung, denn der 5
diätetische Beratungs- und Therapieprozess wird von vielfältigen kulturellen und biografischen Mustern geprägt. Dies erfordert von den Diätassistenten/innen auf der einen Seite unterschiedliche theoretische Grundlagen, um so den Klienten verstehen und professionelle Handlungsbedarfe herleiten zu können. Auf der anderen Seite können diese jedoch nicht unreflektiert übernommen werden, denn aufgrund der Singularität des Klienten kann nur bedingt Regelwissen im Handlungsprozess übernommen werden. Es bedarf vielmehr einer hohen Deutungskompetenz der Diätassistenten/innen, diese in der Sprache des Einzelfalls zu interpretieren und eine Verständigung mit dem Klienten anzustreben. Darüber können Bedarfe gemeinsam erarbeitet werden und in den Therapieprozess einfließen. Die Subjektivität des Klienten findet so Eingang in den diätetischen Prozess, der als gemeinsamer Gestaltungsprozess zwischen Klient und Diätassistenten/in bezeichnet werden kann. Christian Lang nähert sich mit diesem Professionalisierungsansatz einem zentralen Gegenstand des diätetischen Handelns an. Die Reflexion über Handlungsauffassungen und den damit einhergehenden Folgerungen sind für das Selbstverständnis der Diätassistenten/innen prägend. Denn die Art und Weise, wie wir über Handlungen sprechen, hat Auswirkungen auf den Zugang zu bestimmten Handlungen und präformiert die Wahrnehmung. Die daraus entstehenden Spannungen sind konstitutiv für den diätetischen Handlungsprozess und können in den Bildungsgängen vielfältige Bildungsanlässe eröffnen. So bieten die vorliegenden Ausführungen vielfältige Facetten, dem genuinen Gegenstand des diätetischen Handelns auf die Spur zu kommen, diesem eine Gestalt zu verleihen und eine subjektorientierte Sichtweise in den diätetischen Diskurs einzubringen. Das theoretisch fundierte Handlungsverständnis kann mit dem vorliegenden Buch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zugleich bietet es viele Anregungen, das Selbstverständnis der Diätassistenten/innen zu schärfen und über eine andere Berufsbezeichnung nachzudenken, die dem professionellen Handeln näher kommt. Eine lohnenswerte Aufgabe für alle Beteiligten. Berlin, im März 2015 Roswitha Ertl-Schmuck 6
INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG... 9 1.1 Hinführung und Problemstellung... 9 1.2 Eingrenzung des Forschungsgegenstands... 15 1.3 Methodisches Vorgehen... 16 2 DER BERUF DIÄTASSISTENT/IN EIN ÜBERBLICK... 20 2.1 Wesentliche berufsbildkonstituierende Momente... 21 2.2 Diätassistenten/innen definieren sich neu Ein Annäherung an das Handlungsfeld... 28 2.2.1 Rechtliches & Ausbildung... 29 2.2.2 Berufliches Handlungs- und Selbstverständnis. 29 2.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse... 38 3 EINE INTERAKTIONISTISCHE PERSPEKTIVE PROFESSIONELLEN HANDELNS... 40 3.1 Professionstheoretische Auswahl und Abgrenzung... 41 3.2 Strukturlogik professionellen Handelns nach Oevermann... 47 3.3 Die Struktur des Arbeitsbündnisses... 51 3.4 Grenzen als Anknüpfungspunkte... 57 4 BEGRÜNDUNGSLINIEN EINER PROFESSIONSSPEZIFISCHEN INTERAKTIONSLOGIK... 63 4.1 Zentrale Widersprüche im diätetischen Arbeitsbündnis... 64 4.2 Handeln unter Ungewissheit... 73 4.3 Das Dialogische Prinzip in der Diätetik... 75 4.3.1 Eine Annäherung an die dialektische Subjektorientierung... 77 7
4.3.2 Das dialogische Prinzip als Basis der Beziehungsgestaltung... 79 4.4 Zusammenfassung Konturen einer professionsspezifischen Interaktionslogik als Kernelement diätetischen Handelns... 82 5 DIE DIÄTETIK ALS GENUINE WISSENSBASIS... 86 5.1 Die Diätetik als Handlungswissenschaft... 88 5.2 Bedeutung der Diätetik als Handlungswissenschaft für das Handeln von Diätassistenten/innen... 94 6 ZUSAMMENFASSUNG DIÄTASSISTENTEN/INNEN AUF DEM WEG ZUR PROFESSION... 96 LITERATURVERZEICHNIS... 102 8