Vortrag zur Fichtentagung 2017 des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha, 09.05.2017 Der Waldumbau Eine Chance für den Thüringer Wald in Zeiten des Klimawandels Sonja Gockel Georg-August-Univ. Göttingen / Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha
Die Fichte im Waldumbau - Vorstellung eines Modellprojektes von ThüringenForst Bild: Wolfram Gleichmar
Zukunftsaufgabe Waldumbau Generationenübergreifend Waldbaulich begründet Standörtlich differenziert Räumlich abgestimmt
Politischer Hintergrund
Auszug Koalitionsvereinbarung der regierenden Parteien in Thüringen 2009 Um den Folgen des Klimawandels zu begegnen, sind in Thüringen Waldumbaumaßnahmen auf einer Fläche von mehr als 100.000 ha erforderlich. Hierbei sind insbesondere Belange der Forstwirtschaft, des Naturschutzes und des Tourismus zu berücksichtigen. Dieser Prozess soll an herausragender Stelle beispielhaft gestaltet werden. [ ]
Auszug aus dem Entwurf des Koalitionsvertrages der regierenden Parteien in Thüringen 2014 [ ]. Wir wollen den begonnenen Waldumbau zu ökologisch wertvollen Mischwäldern konsequent fortführen. [ ]
Modellprojekt Waldumbau in den mittleren-, Hoch und Kammlagen des Thüringer Waldes Sonja Gockel Georg- Aug.-Univ. Göttingen / Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha
Modellprojekt - Gebietskulisse Gebietsgröße ca. 8.000 ha Aktive WU-Zone ca. 1.200 ha Flächenanteil Fichte = 86 % Flächenanteil Fichte AK III (61-80 J.) = 34% Rotwildeinstandsgebiet Rennsteig Grenze Gebietskulisse Projektgebiet aktive Waldumbauzone Reviergrenze
Kernziele des Modellprojektes Artenreichen, strukturierten Bergmischwald schaffen Stabile Waldökosysteme als Anpassung an den Klimawandel entwickeln Gewährleistung der Multifunktionalität der Waldnutzung auch für zukünftige Generationen Zuwachsstarke und leistungsfähige Wälder fördern Bessere Lebensbedingungen für Wild schaffen
und davon abgeleitet: Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für den Waldumbau in Thüringen für die forstliche Praxis mit fachlicher und wissenschaftlicher Begleitung gesellschaftlich verankert
Waldbauliche Schwerpunkte 1. Etablierung und Förderung von Fichten in Hochlagen mit geeigneter Herkunft (Hochlagenfichte) 2. Baumartenveränderung mit Ziel: Bergmischwald (Berücksichtigung der neuen Baumartenempfehlungen) 3. Strategien zum Umgang mit dichter Fichten- Naturverjüngung falscher Herkunft 4. Pflege- und Entwicklungskonzepte für mittelalte Fichtenreinbestände
Baumarten für die Standort- und Klimaanpassung Rotbuche Eberesche Bergahorn Spitzahorn aber auch Nadelhölzer wie Fichte (DKV-Sonderherkunft) Weißtanne Douglasie
Thüringer Waldgeschichte
Thüringer Waldgeschichte Orkan- und Borkenkäferkatastrophe (1946 1954) 21 Tsd ha Schadfläche 1,85 Mio Festmeter Schadholz (davon 92 % Nadelholz) Kriegsfolgen als Problem: Personalmangel, Probleme bei Saat- und Pflanzgutversorgung Wildschäden, Mäuseschäden, Witterung fehlende Pflegemaßnahmen
Folge und somit Teil der Ausgangssituation heute Anbau von verschiedenen Provenienzen in den Hochlagen Ungeeigneter Phänotyp der Tieflagenherkünfte Schnee- und Sturmbruchschäden
Bilder: Karina Kahlert
Klimawandel Höhere Temperaturen Geänderte Niederschlagsverhältnisse Regen fehlt in der Wachstumsperiode Regenfälle verschieben sich in den Winter Zunehmende Witterungsextreme
Die Auswirkungen auf den Wald Häufigere und kräftigere Schadereignisse (Beispiel: Kyrill) Mittlere sowie Hoch- und Kammlagen des Thüringer Waldes besonders betroffen aufgrund von Relief und Baumart
Kyrill 2007 Bild: ThüringenForst
Kyrill 2007 Schadensbilanz Rund 6.300 ha Kahlfläche, ca. 4.700 ha stark verlichtete Flächen 90 Prozent der geschädigten Flächen Fichtenbestockung Schäden nahmen mit zunehmenden Berghöhen zu Beimischung anderer Baumarten reduzierte Schäden bei Fichtenbeständen Sogar wenige Laubhölzer bewirkten schon einen erheblichen Stabilisierungseffekt
Nach dem Sturm ist vor dem Sturm Zukünftige Risikovorsorge mindestens 20%-igen Mischbaumanteil bei allen Pflanzungen sichern Baumartspezifische und standortgerechte Anpassung an klimatische Verhältnisse Stabilisierung der Fichtenreinbestände = höchste Priorität
Das Projekt braucht regionale Zusammenarbeit Waldumbau geht alle an
Arbeitspakete innerhalb des Projektes Modellprojekt AP 1 AP 2 AP 3 AP 3 Waldbau Wildmanagement & Jagd Betriebswirtschaft Forsttechnik mit fachlicher und wissenschaftlicher Begleitung
AP 1 - Waldbau Bild: IP
Bild: U. Koch Waldbauliche Schwerpunkte 1 und 2 Etablierung Hochlagenfichte / Baumartenveränderung
Praktische Umsetzung aktiver Waldumbau Ziel: 60 ha im Jahr durch Pflanzung / Saat in der Aktiven Waldumbauzone Vollzug in 2014 = 85 ha Vollzug in 2015 = 36 ha Vollzug in 2016 = 72 ha Pflanzen aus der FBS Breitenworbis wenig Schutzmaßnahmen
Praktische Umsetzung aktiver Waldumbau Zeitpunkt Etablierung Baumarten Baumart 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Hochlagenfichte Buche Bergahorn Eberesche Weißtanne Moorbirke Europ. Lärche Spitzahorn Douglasie
Schwerpunkt 3 Strategien zum Umgang mit dichter Fichten-Naturverjüngung falscher Herkunft Versuchsanlage im Forstamt Finsterbergen Revier Gräfenroda Pflege gem. Waldbau-RL (1800 St./ha) Förderung verschiedener Phänotypen
Schwerpunkt 3 Strategien zum Umgang mit dichter Fichten-Naturverjüngung falscher Herkunft Versuchsanlage im Forstamt Finsterbergen Revier Gräfenroda (Pflege im August 2016)
AP Wildmanagement und Jagd Bild: IP
Jagdstrategische Gliederung des Projektgebietes Übergangsbereich/ Pufferzone Intervalljagdgbiete Rotwild Aktive Waldumbauzone NSG Schneekopfmoor
AP Jagd - Jagdstrategie Rotwildeinstandsgebiet der Hoch- und Kammlage im Mittleren Thüringer Wald Passive Waldumbauzone Pufferbereich Aktive Waldumbauzone maximale Ruhe optimierte Lebensraumansprüche wenige effiziente jagdliche Eingriffe wenige effiziente jagdliche Eingriffe über Gruppen- und Bewegungsjagden straffe Bejagung / Verdrängung zur Sicherung waldbaulicher Maßnahmen
Schulungen im Rahmen des Modellprojektes zu aktuellen Themen und Fragestellungen des Wald(um)baues (und Jagd) mit externer Expertise Vorbereitung durch FFK für örtliche Praktiker
Öffentlichkeitsarbeit überregional
Öffentlichkeitsarbeit - regional Walderlebniswochen Ringberg Hotel Suhl
Öffentlichkeitsarbeit - Zielgruppen Geführte ebike-touren inkl. Pflanzaktion
Bild: IP Ausblick für die Baumart Fichte die Fichte wird auch künftig ein charakteristischer und unverzichtbarer Bestandteil des Thüringer Waldes sein Facelift mit entsprechender Beimischung der Baumarten des natürl. Bergmischwaldes und der geeigneten Fichtenprovenienz vonnöten Ziel: ökologisch, klimaangepasst und wirtschaftlich
Zusammenfassung Bild: IP
In aller Kürze Vorhabensziel: Schaffung stabiler, leistungsfähiger Bergmischwälder für Gesellschaft und Natur in Zeiten des Klimawandels Projekt-Laufzeit: 10 Jahre (Beginn im Jahr 2013) Gebietskulisse: Investitionsvolumen: ca. 7,5 Mio. EUR Umfang: Umsetzung: Zentraler Teil des Thüringer Waldes 1,5 Mio. Pflanzen ThüringenForst mit Partnern aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung
Großprojekt der AöR Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft Vielzahl Dienststellen aktiv involviert (Zentrale, FFK Gotha, mehrere FöÄ & Rev., MSP, FBZ) Kernziele des Projektes für Gesellschaft und Umwelt positive Außenwahrnehmung Thüringer Forstwirtschaft Verwaltungsaufwand gering haltend Ansatzpunkt für langfristige waldbauliche und forstliche Forschung
Partner Wissenschaft: Universität Göttingen, Institut für Waldbau TU Dresden, Fachrichtung Forstwissenschaften Johann Heinrich von Thünen Institut, Eberswalde FH Erfurt, Fachbereich Forstwirtschaft und Ökosystemmanagement Veterinärmedizinischen Universität Wien Naturschutzbehörden verschiedener Ebenen Naturschutzverwaltungen Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald Regionale PEFC-Arbeitsgruppe Thüringen Landesjagdverband & Hegegemeinschaften Regionalverbund Thüringer Wald e.v....
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! http://www.thueringenforst.de/waldumbauportal/ ThüringenForst Anstalt öffentlichen Rechts Forschungs- und Kompetenzzentrum Jägerstraße 1 99867 Gotha Tel.: 03621 225-0 Fax: 03621 225-222 E-Mail: ffk-gotha@forst.thueringen.de Ansprechpartner: Ingolf Profft (ingolf.profft@forst.thueringen.de) Sonja Gockel (sonja.gockel@forst.thueringen.de)
Walderneuerung Aktive Waldumbauzone Flächenanteile Baumarten [%] Baumart 2014 2015 2016 Laubholz Bergahorn 21 9 32 Rotbuche 13 33 59 Eberesche 2 1 0 Nadelholz Europäische Lärche Fichte Sonderherkunft 1 5 0 62 50 3 Weißtanne 1 1 0 44 / 44