Haftung wegen Rücksichtspflichtverletzung und Drittwirkung des Vertrags Positive Vertragsverletzung culpa in contrahendo Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
Die Schädigung des Vertragspartners vollzieht sich bei einem Leistungshindernis, streng genommen, nicht durch den Ausfall der Leistung, zu der der Schuldner ja gar nicht verpflichtet ist, sondern durch die Herbeiführung des Leistungshindernisses ( 283 BGB) oder die mangelnde Information hierüber ( 311a Abs. 2 BGB). unterliegt also einem generellen Verbot, das auch jenseits des Leistungsausfalls gilt. verstößt gegen die Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ( 241 Abs. 2 BGB) zeitigt unmittelbar und ohne Fristsetzung einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung ( 280 Abs. 1 BGB), den man früher (vor der Schuldrechtsreform von 2002) als Anspruch wegen positiver Vertragsverletzung bezeichnete.
Die Haftung wegen Verletzung der Rücksichtspflicht konkurriert mit der Deliktshaftung für die Verletzung absoluter Rechte ( 823 Abs. 1 BGB), hat für den geschädigten Vertragspartner aber den Vorteil einer strikten Haftung für Erfüllungsgehilfen ( 278 BGB), die anders als im Deliktsrecht ( 831 Abs. 1 BGB) keine Entlastung durch Nachweis sorgfältiger Auswahl und Überwachung zulässt. greift auch bei der fahrlässigen Verursachung reiner Vermögensschäden ein, für die kein Deliktsschutz besteht (z. B. die versehentliche Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, die mangelnde Warnung vor Leistungsstörungen).... wird auch durch eine Schlechtleistung begründet, die zu Mangelfolgeschäden im Vermögen des Gläubigers führt. (Nach anderer Ansicht besteht eine direkte Haftung für die Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Leistung, z. B. nach 433 Abs. 1 S. 2 BGB, die jedoch eine Leistungspflicht ist und daher eine Haftung nur nach 281 ff. BGB begründet.) Der Verschuldensvorwurf knüpft hier nicht daran an, dass der Schuldner die mangelfreie Leistung unterlassen hat, sondern ergibt sich daraus, dass er den Gläubiger mit der mangelhaften Leistung in Kontakt gebracht hat, obwohl er dies erkennen konnte. rechtfertigt nicht den Ersatz für den Minderwert der Leistung oder einen entgangenen Gewinn, die nur als Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden können.
Die Haftung wegen Verletzung der Rücksichtspflicht wird ergänzt um einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn dem Gläubiger die Leistung nicht mehr zumutbar ist ( 282 BGB). Besonders geregelt sind der Schadensersatz statt der Leistung wegen Erfüllungsverweigerung ( 281 Abs. 2 BGB) und der Teilleistung oder Teilschlechtleistung ( 281 Abs. 1 S. 2, 3 BGB), die jeweils neben der Störung der Leistungspflicht auch eine Verletzung der Rücksichtspflicht bedeuten. wird unter derselben Voraussetzung ergänzt um ein Rücktrittsrecht ( 324 BGB), das analog auch bei einseitigen Verträgen zu gewähren ist.
Die Haftung wegen Verletzung der Rücksichtspflicht kann nicht erst mit dem Vertragsschluss einsetzen, der nur für die Entstehung der Leistungspflichten von Bedeutung und ansonsten ein zufälliges Datum ist. ist als Haftung für culpa in contrahendo auch schon vorher begründet, sobald die Parteien in geschäftlichen Kontakt getreten sind und voneinander die Rücksicht auf ihre Rechte, Rechtsgüter und Interessen erwarten können ( 311 Abs. 2 BGB). erstreckt sich daher auch auf vorvertragliche Rechtsgutverletzungen (Bananenschale im Kaufhaus). greift auch ein, wenn einer Seite gerade die Unwirksamkeit eines Vertrags zum Vorwurf gereicht. Hier setzt im Fall des Irrtums oder mangelnder Vertretungsmacht allerdings schon die besondere verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht aus 122, 179 Abs. 2 BGB ein. gilt im Übrigen, dass die Verantwortung für die Vertragswirksamkeit (insbesondere die Formpflicht aus 311b Abs. 1 BGB) grundsätzlich bei beiden Kontrahenten liegt und einer nur haftet, wenn er den anderen irregeführt hat. (Hier ist das positive Interesse zu ersetzen.) gibt es entgegen einer von der Rechtsprechung verwendeten Formel keine Haftung für den grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen, weil es (jenseits von Diskriminierungsverboten, insbesondere des AGG) keine Pflicht zum Vertragsschluss gibt. gibt es aber eine Haftung für die Vortäuschung einer nicht (mehr) vorhandenen Abschlussbereitschaft. (Hier ist das negative Interesse zu ersetzen.)
Die Haftung für culpa in contrahendo ist auch bei der Verursachung eines reinen Vermögensschadens begründet, die gerade durch Bindung des Vertragspartners an einen nachteiligen Vertrag durch eine fahrlässige Fehl- oder Falschinformation entsteht. ist nicht durch die Arglistanfechtung ( 123 BGB) ausgeschlossen, die durch die Einführung des Haftungsinstituts der culpa in contrahendo gewissermaßen überholt ist. ist aber subsidiär zur Haftung für die vertraglich versprochene Beschaffenheit der Leistung, und zwar nach Ansicht der Rechtsprechung erst ab dem ersten Leistungsversuch. nach richtiger Ansicht von Vornherein, denn das Regime für die Verletzung einer Leistungspflicht ist abschließend. bezieht sich vor allem auf Angaben zur Wirtschaftlichkeit oder Verwendbarkeit einer Leistung, die jenseits der Beschaffenheitsvereinbarung ( 434 BGB) liegt. führt zu einer Vertragsaufhebung oder Vertragsanpassung nach 324 BGB.
Die Haftung für culpa in contrahendo trifft auch einen Dritten, wenn dieser besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat ( 311 Abs. 3 BGB), weil er in wirtschaftlicher Sicht der eigentliche Vertragspartner und der Vertrag zu seinem Interesse gedacht ist. sich als Sachwalter einer Partei so aufgeführt hat, dass der andere davon ausgehen kann, dass er zur Not in die Vertragserfüllung einspringen wird (Hintermänner eines Anlageprojekts). besteht auch gegenüber dritten Geschädigten, wenn dieser erwarten kann, dass der andere Teil auch auf seine Rechtsgüter Rücksicht nimmt (Sturz eines Angehörigen des Käufers auf der Bananenschale). kann nicht eingreifen, wenn jemand durch Nicht- oder Schlechterfüllung einer Leistungspflicht geschädigt wird. Hier besteht eine Haftung nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
Die vertragliche Schutzwirkung zugunsten Dritter ist angelehnt an den Vertrag zugunsten Dritter, der zwischen Versprechenden und dem Versprechensempfänger abgeschlossen wird und ein Recht auf Leistung an einen Dritten begründet, das diesem selbst und daneben auch dem Versprechensempfänger zustehen kann ( 328 Abs. 1, 335 BGB). begründet keinen Leistungsanspruch, sondern nur eine Haftung, die aber an die Nichterfüllung der Leistungspflicht (z. B. Erstellung eines Gutachtens, Überlassung einer tauglichen, ungefährlichen Mietsache) anknüpft. lässt sich nur unter besonderen Voraussetzungen annehmen, nämlich in erster Linie der erkennbaren Leistungsnähe des Dritten, der zwangsläufig und damit für den Schuldner ersichtlich mit der Leistung in Berührung kommt (durch Vorlage des Gutachtens, Einzug der Angehörigen in die dem Mieter überlassene Wohnung), nach Ansicht der Rechtsprechung noch die Gläubigernähe des Dritten; dieses Erfordernis soll jedoch nicht verhindern, dass ein Anspruch entsteht, wenn der Gläubiger für den Leistungsmangel selbst verantwortlich ist (falsches Material beim Gutachten), und ist daher besser aufzugeben.
Die vertragliche Schutzwirkung zugunsten Dritter... soll nach Ansicht der Rechtsprechung nur eingreifen, wenn dem Dritten kein gleichwertiger vertraglicher Anspruch zusteht (sogenannte Subsidiarität der Drittwirkung); dies ist insofern richtig, als die Annahme einer Drittwirkung nicht die Haftung in der Leistungskette verdrängen darf, die sich nach 278 BGB richtet. unterliegt grundsätzlich denselben Beschränkungen wie die Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger ( 334 BGB).... ist eigentlich auch ein Modell für die Fälle, in denen man gewöhnlich das Recht zur Schadensliquidation im Drittinteresse annimmt: Hier kommt es zu einer zufälligen Schadensverlagerung, weil der Inhaber des Ersatzanspruchs keinen Schaden erlitten hat, nämlich der Verkäufer einer beschädigten Sache nicht, weil er diese, obwohl sie ihm noch gehört, bereits versendet und so den Gefahrübergang herbeigeführt hat ( 447 BGB). bei der sogenannten mittelbaren Stellvertretung der Auftragnehmer, der die ihm gehörende Sache seinem Auftraggeber herausgeben, weil er von diesem in jedem Fall Aufwendungsersatz erhält ( 670 BGB). Hier wird dem Anspruchsinhaber nach herkömmlicher Ansicht gestattet, den Schaden des anderen gegenüber dem Schädiger geltend zu machen, wobei er den Schadensersatzanspruch nach 285 BGB oder 667 BGB an den anderen abzutreten hat.