2.9 Hybride Steuerungskonzepte



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Transkript:

2.9 Hybride Steuerungskonzepte Philipp Dickmann 2.9 Hybride Steuerungskonzepte 143 Hybride Steuerungskonzepte bestehen aus unterschiedlichen, parallel angelegten Systemen. Sie werden eingesetzt, um Schwächen gegenseitig zu kompensieren und die Vorteile der verschiedenen Steuerungen auszunutzen. Hier lassen sich vier verschiedene hybride Ansätze unterscheiden: vertikal, horizontal, funktional und die Matrix. Zudem kann die hybride Logik, neben der operativen Steuerung, auch zur Ermittlung des optimalen Algorithmus und zur dynamischen Dimensionierung angewandt werden. In der modernen heterogenen Materialflusswelt fließen neben den eigentlichen Steuerungs-Algorithmen auch andere Ebenen mit Steuerungsinformationen in die Steuerungsentscheidung ein. So ist die Matrix-hybride Steuerung (MHS), unter dieser erweiterten Definition in der betrieblichen Umgebung heute schon lange Standard. Da die Sichtweise bisher disziplinär eingeschränkt ist, werden die Komplexität, die Möglichkeiten, aber auch die Probleme von MHS nicht erkannt. Bei einem hybriden Ansatz werden zwei oder mehrere Materialsteuerungsmethoden eigenständig etabliert. Auf den ersten Blick erscheint dies nicht sinnvoll, da dadurch eine erhöhte Komplexität und ein Mehraufwand für Pflege und Eingaben entstehen. Redundanz ist eine gängige Methode, um die nötige Stabilität gegen Störungen zu erreichen. In der Biologie oder auch in der Technik werden kritische Komponenten doppelt ausgelegt, um auch im Extremfall die Funktion sicher zu stellen. Dieses Prinzip kann auch auf die Steuerungsmethode übertragen werden. Die Komponenten von hybriden Steuerungen sind aber nicht nur redundant, sondern auch verschieden. Dadurch können die Schwächen des einen Systems durch die Stärken des anderen ausgeglichen werden. Häufig anzutreffende Kombinationen sind z. B. Grobsteuerungen mittels MRP, die durch eine Feinsteuerung aus Kanban oder belastungsorientierten Steuerung untergliedert sind. 2.9.1 Hybride operative Steuerungs-Algorithmen Die gängige Definition von hybrider Steuerung ist die Kombination von Steuerungsverfahren, welche die Entscheidung und Freigaben für den Auftragsstart definieren. Die Systeme können dabei sowohl in EDV als auch mittels physischer Karten bzw. Behälter abgebildet sein. Letztlich wird die Kopplung verschiedener operativer Steuerungs-Algorithmen angestrebt, mit welchen ein für die jeweilige Anwendung optimaler Algorithmus erzielt wird. Es sind vertikale (VHS) oder horizontale (HHS) Hybride Systeme [Gera 05] zu unterscheiden. Zur Auswahl der geeigneten Steuerungs-Algorithmen können die Kriterien von Lödding [Lödd 05] empfohlen werden.

144 2 Grundlegende Steuerungsverfahren im heterogenen Logistiknetz mit Kanban Abb. 2.9.1 Übersicht der hybriden Steuerungsalgorithmen Vertikale Hybride Systeme( VHS) Vertikal dezentrale Hybride Steuerungen (VDHS) [Gera 05]: Ein Glied der Kette wird dezentral redundant mit einem anderen Steuerungsverfahren gesteuert. Die gängigste Variante ist eine Mischung der Steuerungen innerhalb der Ebenen der Materialkette. Eine gemischte Anwendung z. B. von Kanban (bestandsorientiert) auf der Ebene des Kundenverbrauchs zur Absicherung der 100 % Lieferfähigkeit, mit einer MRP Steuerung (prognosebasiert) auf den darunter oder darüber liegenden Ebenen, ist sehr häufig in Unternehmen anzutreffen. Ein typisches Beispiel hierfür ist Synchro MRP [Hall 86]. Die Firma Yamaha wollte damit die Vorteile von Kanban in der Fertigung mit dem der Fortschrittszahlensteuerung in MRP kombinieren. Die Steuerungsregel ist sehr einfach: Es dürfen solange Aufträge eröffnet werden, bis die Schlagzahl aus dem Tagesprogramm erreicht wird. Ein anderer häufiger Ansatz ist die Kombination von Belastungs- mit Bestands- (z. B. Kanban) oder auch prognosebasierten (z. B. MRP) Verfahren. Die belastungsorientierten Steuerungsverfahren wurden maßgeblich zum Zweck der Feinsteuerung von Fertigungsprozessen, im Regelfall mit einem übergeordneten Steuerungsverfahren entwickelt und können daher grundsätzlich als VHS interpretiert werden (vgl. 2.3 Grundlegende Steuerungsverfahren). Darüber hinaus wurden noch kom-

2.9 Hybride Steuerungskonzepte 145 plexere Steuerungs-Algorithmen wie z. B. Hybrides Kanban-CONWIP [Bovi 97] entwickelt. Hier werden zwei Bestandsregelungen für jede einzelne Arbeitsfolge verknüpft. Der Auftrag darf nur gestartet werden, wenn eine Kanban-Karte vom Fertigwarenkorb und vom vorhergehenden Prozessschritt vorliegt. Bei Workload- Control [Jend 78] kommen die Aufträge von einem hierarchisch hybrid übergeordneten MRP-System in die bestandsorientierte Produktionseinheit. Aufträge, welche das System überlasten würden, werden zurückgehalten. Nur wenn die Freigabe aller einzelnen Arbeitssysteme auf Grund des Bestands gestattet wird, kann der Auftrag frei gegeben werden. Auch die Dezentrale Bestandsorientierte Fertigungsregelung (DBF) [Lödd 05] (vgl 2.7. Dezentrale Bestandsorientierte Fertigungsregelung) kann als hybride Steuerung interpretiert werden, da hier verschiedene Steuerungselemente zusammengeführt werden. Vertikal linear Verknüpfte Steuerungen (VLVS) werden vielfach auch als hybrid interpretiert, da einzelne Glieder alternativ wechselnde Steuerungen aufweisen. Horizontale Hybride Systeme z. B. Horizontal dezentral Hybrid [Hodd 91] Dies umfasst unter MRP mehrere parallele Steuerungsebenen, z. B. unterschiedliche Steuerungsverfahren je Materialfamilien. Ein sehr häufiger Ansatz ist die parallele Steuerung in einer Produktionsstufe mit verschiedenen Konzepten, wie beispielsweise je nach Station oder Produktfamilie mit Kanban oder MRP. Auch C-Teilemanagement ist hierfür ein typisches Beispiel: Für wenig werthaltige C-Teile wird ein unexaktes, aber auch einfaches Kanban eingesetzt, das jedoch 100 % Lieferfähigkeit mit hoher Sicherheit gewährleistet. Die darüber liegenden Ebenen sind beliebig anders gesteuert, häufig mit MRP. Funktionale Hybride Der Markov Decision Process (MDP) [Hodd 91; Hodd 91b] ist ein sehr flexibles horizontal hybrides Konzept, das wegen seiner hohen Komplexität vorwiegend für Systementwickler relevant ist, ebenso das funktional hybride interpretierbare PAC-Konzept [Buzz 92]. Matrixhybride Steuerung (MHS) Eine Mischung aus vertikalen (VHS) und horizontalen (HHS) Ansätzen ist die Matrixhybride Steuerung. Hierbei werden an allen Entscheidungsknoten redundant verschiedene Steuerungen in die Entscheidung eingebunden. Diese Methode ist ähnlich flexibel wie die funktionale Steuerung PAC. Das Problem bei der realen Anwendung von hybriden Steuerungen liegt in der Vielzahl der einzubindenden Entscheidungsebenen. Verglichen mit einfachem Kanban kann die Qualität der Steuerung deutlich verbessert werden, da eine große Zahl an Störgrößen sichtbar und dadurch behebbar wird, was eine positive Auswirkung auf die reale Umsetzung hat. Daraus leitet sich jedoch ab, dass nicht zu viele Steuerungssysteme kombiniert werden können. Der Mehraufwand muss in einem sinnvollen Verhältnis zur Verbesserung stehen, wobei zudem die Komplexität beachtet werden muss.

146 2 Grundlegende Steuerungsverfahren im heterogenen Logistiknetz mit Kanban 2.9.2 Hybride Steuerungen in der Simulation zur Ermittlung des optimalen Algorithmus und zur dynamischen Dimensionierung Ein anderer Ansatz Steuerungsmethoden hybrid anzuwenden erfolgt in Softwareapplikationen, die vollautomatisch, vergleichend verschiedene Steuerungssysteme darstellen und dann den optimalen Algorithmus errechnen. Hierbei erfolgt nur der Auswahlprozess für die Steuerungsmethode hybrid. Die Entscheidung für den Auftragsstart findet abhängig von dem auswählten Konzept statt [Schn 05; Dick 02; Dick 02b]. Die Dimensionierung und die Auswahl des Steuerungsverfahrens findet vergleichend zwischen den Steuerungen statt, die operative Steuerung selbst ist in diesem Fall nicht hybrid. 2.9.3 Hybride Steuerungen nach einer erweiterten Definition der Materialflusssteuerung In der Realität der Unternehmen werden neben den typischen, als Steuerung verstandenen Entscheidungslogiken oder algorithmen, in unterschiedlichen Ebenen, Informationen sowie Entscheidungsmethoden überlagernd einbezogen. Um eine maßgeschneiderte Steuerung zu erreichen, die alle firmenspezifischen Problemstellungen optimal löst, werden verschiedene Ansätze parallel verwendet. Das Ergebnis ist eine kumulierte Gesamtcharakteristik, bei der, je nach verwendeter Komponente, eine deutliche Annäherung an eine nötige Steuerungsqualität erreicht wird. Für die reale Anwendung wird durch die Mischung verschiedener Steuerungen eine annähernd immer optimale Steuerungsqualität erzielt. Kombinationsmöglichkeiten: Nach dieser erweiterten realitätsnäheren Definition existieren je nach Aufgabenstellung folgende Kombinationsmöglichkeiten für hybride Steuerungen: Simulationen und Szenerien von Simulationen Produktionsunterstützende EDV-Systeme mit implementierten Steuerungsinformationen z. B. MRP (Material Requirement Planing Systems), Ampel-, Bestellpunkt-, Mindestbestandssteuerungen, etc. Hochrechnungen von Abschnitten auf der Zeitachse (Vergangenheitsintervalle, Kundenabrufe, Kundenprognosen, reale Abrufe, etc.) Planwirtschaftliche Steuerungsvorgaben Warehouse- oder Lagerplatzinformationen Maschinen- und Arbeitsplaninformationen Physische Materialflussinformationen (z. B. leere Behälter, Karten, etc) Auslastungsorientierte Informationen bezogen auf Anlagen oder Personal Planungsroutinen Etc.

2.9 Hybride Steuerungskonzepte 147 Abb. 2.9.2 Durch hybride Kombination von Steuerungen kann eine Optimierung des Erfüllungsgrads, bezogen auf ein Eignungskriterium (z. B. Wiederbeschaffungszeit), erreicht werden. Zielbereich kann beispielsweise der Planungshorizont sein. Im Kurzfristbereich bringt hier Kanban und im Langfristbereich MRP bessere Ergebnisse Prinzipiell sollten möglichst gegensätzliche Materialflussebenen bzw. -ansätze miteinander kombiniert werden. Auf diese Weise werden viele Basisinformationen für die Entscheidung eingebunden und Störgrößen verifizierbar. Unter Berücksichtigung dieser erweiterten Definition des Begriffs der Steuerungsmethode ist die Matrixhybride Steuerung im heterogenen realen Materialfluss gängig. In den üblichen betrieblichen Abläufen sind verschiedene Entscheidungsebenen mit klaren Steuerungs-Algorithmen keine Seltenheit. Der Abgleich wird mit führenden Steuerungstools und mit untergeordneten Feinsteuerungstools oder auch nur auf Produktgruppen bezogenen, abweichenden Steuerungen zum Abdecken des gesamten Materialflusses erreicht. So kann zum Beispiel eine Produktionsplanung mit Kundenprognose, Fortschrittszahlen, MRP und Kanban auf Kundenmontageebene abgeglichen werden. In den darunter liegenden Ebenen wird eine Feinsteuerung mit eventuell kapazitätsbasierten Systemen, Kanban, MRP oder auch C-Teile-Kanban differenziert. Breitere und komplexere Zielsetzung Das Ziel solcher realer Matrixhybrider Systeme geht weit über die Ziele und Potentiale der klassischen Steuerung hinaus. Diese umfasst die Optimierung unter besten Rahmenbedingungen. Reale MHS ermöglichen vor allen das optimale Erreichen von Logistikzielen in den Ausnahmefällen. Bei dieser Variante fließen in die Entscheidungen wesentliche Informationen mit ein, die nicht in EDV-Systemen abgebildet werden können, wie z. B. nicht in Zahlen fassbare, also informelle, Informationen über sich anbahnende Krankheitsfälle. Beim Vergleich der verschiedenen Ergebnisse werden Hintergründe berücksichtigt,

148 2 Grundlegende Steuerungsverfahren im heterogenen Logistiknetz mit Kanban gegebenenfalls verifiziert und die Entscheidung abgesichert. Andererseits werden Fehler in einem der hybriden Systeme transparent, bevor es zu den Auswirkungen kommt. Es ist eine geringere Fehlerabsicherung nötig und Sicherheiten wie Puffer können ohne Risiko gesenkt werden bei gleichzeitig steigender Liefertreue. Die Zielrichtung ist grundlegend unterschiedlich. Das Ziel ist es nicht, so gut wie möglich mit Fehlern zu leben, sondern kontinuierlich weniger störungsanfälligere Prozesse zu erzeugen und damit auch im Krisenfall noch eine optimale Logistik zu erzielen. 2.10 Matrixhybride Materialflusssteuerung Philipp Dickmann; Eva Dickmann, LEPROS Um einen optimalen Materialfluss für vielfältigste Produkte und Rahmenbedingungen im zeitlichen Verlauf zu erzeugen, werden in realen Systemen alle zur Verfügung stehenden Informationen zur Steuerung mit eingebunden. Durch die übliche sehr begrenzte Definition des Begriffs Produktionssteuerung, wird kaum erkannt, dass komplexe Materialfluss-Umsetzungen heute schon vorhanden sind. Die Ziele, der Nutzen und die Problemstellung der erweiterten Definition von Produktionssteuerung sind wesentlich umfangreicher, als bei dem klassischen Begriff definiert. Wesentlich für den Erfolg oder Misserfolg einer Steuerung, ist das frühzeitige Erkennen aller Störungen aus den vorhandenen Informationen. Die Fülle der Informationen sollte möglichst wenig komplex und überschaubar sein. Die systematische Analyse und darauf folgende Synthese, erlaubt es dem Unternehmen, maßgeschneiderte Informationen für eine flächendeckend optimale Steuerungs-Mischung zu erhalten. Die Methode ist vergleichbar mit einem Setzkasten, bei dem einfach aus den passenden Bausteinen die optimale Kombination, in diesem Fall ein Eigenschaftsbild, zusammensetzt wird. Im folgenden Beitrag werden die Prinzipien basierend auf den Anforderungen der Implementierung dargestellt, bezogen auf ein Praxisbeispiel [Dick 02; Dick 02b]. 2.10.1 Matrixhybriden Steuerung (MHS) das Chaos der Steuerungsinformationen nutzen und beherrschen [Lepr 05b] In realen Materialflusssteuerungs-Systemen werden prinzipiell alle zur Verfügung stehenden Informationen genutzt, die helfen können Störungen eines optimalen Materialflusses zu verhindern. Mittels Valuecycle Optimizing (VCO, vgl. 2.14. Valuecycle Optimizing) kann eine Übersicht über die wesentlichen Störgrößen und die nötigen Informationen erzeugt werden. Entstehenden Störungen kann dadurch frühzeitig entgegen gewirkt werden. Die systematische Analyse