Ihre Gesprächspartner/-innen: AK-Elternbefragung: Wohin mit meinem Kind? Pressekonferenz Mittwoch, 28. Februar 2018, 10 Uhr Arbeiterkammer Linz

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Transkript:

Ihre Gesprächspartner/-innen: Dr. Johann Kalliauer Erika Rippatha diplômée Präsident der AK Oberösterreich Leiterin des AK-Frauenbüros AK-Elternbefragung: Wohin mit meinem Kind? Pressekonferenz Mittwoch, 28. Februar 2018, 10 Uhr Arbeiterkammer Linz

In keinem anderen Bundesland sind Beruf und Familie so schwer zu vereinbaren, wie in Oberösterreich: Vier von zehn Eltern beklagen, dass sich die Kinderbetreuung in ihrer Wohnsitzgemeinde schlecht organisieren lässt. Das ergab eine Elternbefragung der Arbeiterkammer Oberösterreich. Die Mütter und Väter berichten unter anderem von Chaos und Unsicherheit bei der Platzsuche, von langen Wartelisten, von zu starren und zu kurzen Öffnungszeiten und von Betreuungslöchern, die es irgendwie zu stopfen gilt. Harsche Kritik zur Transparenz beim Betreuungsangebot und zum Umgang mit Bedarfserhebungen sowie zu Investitionen und Standortentscheidungen übt auch der Landesrechnungshof. Die AK fordert die Politik auf, Familien bei der Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung nicht im Stich zu lassen! Kinderbetreuung ermöglicht Chancengleichheit Für die Arbeiterkammer ist klar: Es muss für jedes Kind einen Betreuungsplatz geben, wenn die es Eltern wünschen. Nur so ist es möglich, echte Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen im Berufsleben sowie gleiche Chancen für alle Kinder herzustellen. Denn wer keine Betreuungsmöglichkeit für sein Kind hat, kann einer Beschäftigung nur sehr eingeschränkt nachgehen. Viele Betroffene meist Frauen sind dann etwa gezwungen, atypische Jobs anzunehmen, wie Teilzeit oder geringfügige Beschäftigung. Viele würden aber gerne mehr arbeiten. Auch Kinder profitieren von einer qualitätsvollen Betreuung außerhalb der Familie: Die Pädagoginnen in den Krabbelstuben, Kindergärten und Horten leisten hervorragende Arbeit. Sie unterstützen ihre Schützlinge spielerisch bei der sozialen und geistigen Entwicklung. Gerade Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch können dabei nur gewinnen, etwa durch bessere Deutschkenntnisse beim Eintritt in die Schule. Die Politik ist daher dringend gefordert, für ein flächendeckendes und fortschrittliches Kinderbetreuungsangebot zu sorgen, das Familien in ihrem Berufs- und Lebensalltag eine echte und verlässliche Hilfe ist. Die Befragung Die Arbeiterkammer hat eine Elternbefragung zur Kinderbetreuungssituation in Oberösterreich durchgeführt. Anlass waren unter anderem die vielen Anfragen und Beschwerden durch Eltern von vorwiegend kleinen Kindern bei der AK. 2

Im Sommer 2017 wurden daher 17.700 Müttern und Vätern von der Arbeiterkammer Oberösterreich ein Fragebogen zu den Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie und institutionelle Kinderbetreuung in den Gemeinden zugesandt. Es handelte sich um Eltern, deren Kinder in den Jahren 2014 bis 2016 geboren wurden, also zum Zeitpunkt der Befragung unter drei Jahre alt waren. Die Rücklaufquote betrug 9,3 Prozent. Das sichert valide Ergebnisse. Ernüchternde Statistik Laut Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria für Oberösterreich sind gerade einmal vier Prozent der Unter-Dreijährigen in einer Kinderbetreuungseinrichtung, die ihren Eltern eine Vollzeitarbeit ermöglicht. Damit ist Oberösterreich mit Abstand Schlusslicht beim Betreuungsangebot für die Kleinsten bundesweit liegt der Schnitt bei 15,2 Prozent, also beinahe viermal so hoch! Bei den drei- bis sechsjährigen Kindern liegt Oberösterreich mit 21,4 Prozent an vorletzter Stelle, nur Niederösterreich schneidet hier noch schlechter ab. Die Statistik zeigt, dass es bei den vollzeittauglichen Plätzen in Oberösterreich sogar einen Rückgang gibt. In den Jahren 2015/2016 waren die Betreuungsquoten sowohl bei den Unter-Dreijährigen (4,1 Prozent) als auch bei den Drei- bis Sechsjährigen (21,7 Prozent) noch höher als 2016/2017. Kein Ausbau in Sicht Der Ausbau geht also kaum voran. Und das, obwohl der Bund dem Land Oberösterreich bei der Finanzierung kräftig unter die Arme greifen würde. Zwischen 2014 und 2018 wurden österreichweit 357,5 Millionen Euro primär zum Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und Öffnungszeiten zur Verfügung gestellt unter besonderer Berücksichtigung des Ausbaus für die Unter-Dreijährigen und bei entsprechender Co-Finanzierung durch die Länder. Davon sind alleine für Oberösterreich 62 Millionen Euro vorgesehen gewesen. Abgeholt wurden bis Ende 2016 aber nur 85 Prozent davon! Und der Großteil der verwendeten Mittel ging nicht in den Ausbau der Plätze und der Öffnungszeiten, sondern es floss überdurchschnittlich viel Geld in Umbau, wie Barrierefreiheit und räumliche Qualitätsverbesserung. Das ist zwar auch wichtig, bringt aber kaum jene zusätzlichen 3

Plätze, die so dringend nötig wären. Mit Jahresbeginn 2017 standen in Summe noch einmal rund zwölf Millionen Euro zur Verfügung, für 2018 würden weitere neun Millionen bereitliegen. Die AK fordert die Landesregierung auf, diese 21 Millionen Euro auch abzuholen und sinnvoll zu investieren nämlich in den tatsächlichen Ausbau vollzeittauglicher Kinderbetreuungsplätze vor allem für Unter- Dreijährige. Kritik des Rechnungshofes Der Landesrechnungshof hatte im Vorjahr ebenfalls einiges zu bemängeln im Zusammenhang mit der Verwendung der Gelder für die Kinderbetreuung in Oberösterreich. Der Rechnungshof kritisiert etwa die fehlende Transparenz bei der Verfügbarkeit der freien Plätze in den Kinderbetreuungseinrichtungen sowie bei der Vergabe der freien Plätze und auch schon bei den Bedarfserhebungen in den Gemeinden. Die politischen Entscheidungsträger (Land, Gemeinden) hätten nicht wirklich einen Überblick über die tatsächliche Bedarfslage und trotzdem würde ständig Geld in Standorte investiert. Familien-Alltag in Oberösterreich Die Elternbefragung zeigt sehr gut, wie sich Mütter und Väter die Kinderbetreuung organisieren und was ihnen die meisten Probleme bereitet. Gleich vorweg: Jene Eltern, die ihre Kinder in einer Betreuungseinrichtung haben, sind insgesamt zufrieden mit der Qualität der Betreuung und mit der Arbeit der Pädagogen/-innen. Schwierigkeiten bereiten ihnen die Rahmenbedingungen. Fast 40 Prozent der Befragten geben an, dass sich die Kinderbetreuung in ihrer Gemeinde schlecht organisieren lässt. Dies ist in Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern/-innen signifikant stärker der Fall. Immerhin 74 Prozent der Ortschaften fallen in diese Größenordnung. Es gibt viel zu wenige Plätze in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Alles sind randvoll und haben überlange Wartelisten. Wir wollten eigentlich aufs Land ziehen haben das jetzt aber verschoben, weil wir dort gar keine Krabbelstube hätten. Zitat einer Mutter aus der Befragung. 4

Ohne Familie geht gar nichts: 42 Prozent der Befragten haben ihr Kind überwiegend in einer institutionellen Betreuung sechs von zehn Familien brauchen dennoch Unterstützung von Verwandten an zumindest einem Tag der Woche, weil etwa die Öffnungszeiten nicht passen oder sich nicht mit der Arbeit vereinbaren lassen. 21 Prozent an zwei bis drei Tagen. Die Öffnungszeiten sind ein Witz in unserer Gemeinde von 7:30 bis 13 Uhr. Für Familien ohne Omas ist es kaum möglich, dass beide arbeiten gehen! Zitat einer Mutter aus der Befragung. Mit den Bedarfserhebungen nehmen es viele Gemeinden nicht so genau, obwohl sie laut Gesetz dazu verpflichtet wären. Lediglich ein Drittel der befragten Eltern gab an, dass sie die Möglichkeit hatten, an einer Erhebung des Kinderbetreuungsbedarfes teilzunehmen. Von jenen, die teilnehmen konnten, war ein Viertel damit unzufrieden, weil eher nicht auf die Wünsche und Bedürfnisse eingegangen wurde. Das war vor allem in kleinen Gemeinden der Fall. Auffallend war auch, dass mitunter keine Angaben zum Bedarf von Mittagessen und zu den gewünschten Öffnungszeiten gemacht werden konnten. 38 Prozent der Befragten konnten keinerlei Wünsche über Ferienöffnung äußern. Die Bedarfe der Familien müssten realistisch erhoben werden. Jedes Kind ist in der Gemeinde von Geburt an gemeldet. Warum also dann die Überraschung, dass man auch einen Betreuungsplatz braucht? Das ist lächerlich! Zitat einer Mutter aus der Befragung. Von jenen Eltern, die ihre Kinder derzeit in keiner Kinderbetreuungseinrichtung haben, gibt ein Viertel an, auf der Suche nach einem Platz zu sein. Sie beschreiben die Suche vielfach als sehr schwierig: 40 Prozent hat die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinde bei der Suche keine Hilfe war. 38 Prozent jener, die bereits einen Platz für ihr Kind haben, haben die Suche als sehr kompliziert erlebt. Am kompliziertesten wird die Platzsuche in kleinen Gemeinden und in Städten empfunden. Die Eltern berichten von langen Wartelisten, mangelnden Informationen, unklare Zuständigkeiten, langen Phasen der Unsicherheit und folglich Schwierigkeiten, den beruflichen Wiedereinstieg zu planen. Ich finde es nicht sehr toll, wenn mein Kind plötzlich aus der Kinderbetreuung hinausgeschmissen wird, weil ich als Mutter schwanger bin. Das hat bei uns die 5

ganze Familienroutine durchbrochen. Außerdem war mein Kind gerne in der Krabbelstube. Zitat einer Mutter aus der Befragung. Gerade am Land kommt es häufig vor, dass Kleinkinder erst mit 2,5 oder drei Jahren in die Betreuungseinrichtungen aufgenommen werden. Und das, obwohl die kurzen Kindergeldvarianten 12+2 bzw. das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld mittlerweile zu den beliebtesten Varianten zählen. Das Betreuungsloch muss dann mit Hilfe von Verwandten oder Bekannten überbrückt werden. Ständig redet die Politik davon, dass Frauen in der Teilzeitfalle stecken und die finanzielle Schere zwischen Mann und Frau geschlossen werden muss. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Kinderbetreuungsmodelle passen. Zitat einer Mutter aus der Befragung. Das Betreuungsangebot durch Tagesmütter kann die Bedarfslücke nicht schließen. Generell gibt es zu wenige Plätze bei Tagesmüttern/-vätern. Auch hier sind Eltern manchmal damit konfrontiert, dass sich die Betreuungszeiten nur auf den Vormittag beschränken oder in den Ferien Angebote fehlen. Demzufolge braucht es hier meist das private Umfeld (Großeltern, Freunde/-innen, Nachbarn/-innen), um zu kompensieren. Diese Hilfe empfinden die betroffenen Eltern oft als Belastung, weil damit auch eine Erwartungshaltung zur Gegenhilfe entsteht ( Ich passe auf deine Kinder auf und du hilfst mir dafür bei ) Die netten Tagesmütter mit gutem Ruf bei uns in der Gegend sind alle ausgelastet und haben Wartelisten. Zitat einer Mutter aus der Befragung. Wenig zufrieden sind die Eltern mit den Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen sie verursachen Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 20 Prozent sind mit den täglichen Öffnungszeiten als auch mit jenen an Zwickeltagen unzufrieden. Sechs Prozent sind sogar sehr unzufrieden. Jede/Jeder Dritte findet die Ferienbetreuung unzureichend. Die Krabbelstube hat neun Wochen im Jahr zu. Ich habe aber nur fünf Wochen Urlaub. Die Großeltern meiner Kinder wohnen 300 Kilometer entfernt. Für mich ist das ein Riesen-Problem. Zitat einer Mutter aus der Befragung. 6

Bei den täglichen Öffnungszeiten wünschen sich 17 Prozent der Eltern eine Ausweitung am Morgen und 35 Prozent am Nachmittag. Die betreffenden Personen wurden in der Befragung aufgefordert, ihre Wünsche zu konkretisieren. Die Angaben spiegelten sehr deutlich die Probleme wider, die wir bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kennen: Die flexiblen Arbeitszeiten, z.b. im Handel, passen nicht zu den starren Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen. Dazu kommen oft lange Pendelstrecken zwischen Arbeitsort und Wohnort, langwierige und regelmäßige Staus. Auch hier geben viele Eltern an, nicht ohne Bekannte oder Verwandte zurechtzukommen. Ich arbeite im Handel. Unser Geschäft öffnet um 9:30 Uhr. Mein Kind muss ich bis 14 Uhr aus der Krabbelstube abholen, weil es keine Nachmittagsbetreuung gibt. Das geht sich mit keinem Job aus! Zitat einer Mutter aus der Befragung. Elternbeiträge verschärfen Probleme Seit dem 1. Februar zahlen Eltern in Oberösterreich eine Gebühr für die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten: je nach Betreuungsausmaß und Familieneinkommen zwischen 42 und 110 Euro. Die Verordnung kam geradezu überfallsartig im Dezember beschlossen und jetzt bereits eingeführt. Viele Familien und auch Gemeinden hatten viel zu wenig Zeit, sich darauf einzustellen. Der Beitrag laut Elternbeitragsverordnung 2018 beträgt drei Prozent des Brutto- Familieneinkommens. Wer sein Kind nicht jeden Nachmittag in die Betreuung gibt, zahlt zwar weniger, die Verordnung sieht allerdings nur eine Betreuung für zwei, drei oder fünf Tage vor. Wer sie also nur an einem Tag oder etwa an vier Tagen nutzt, zahlt einen Tag drauf. Die Kindergartensteuer gilt ab 13 Uhr. Wer sein Kind etwa um 14 Uhr abholt, weil sich das mit der Arbeit so ausgeht, zahlt bereits den vollen Betrag für den ganzen Nachmittag. Die Konsequenzen sind bereits spürbar, denn gleich zu Beginn gab es viele Abmeldungen, wie etwa in Wels (30 Prozent weniger Kinder in der Nachmittagsbetreuung), Steyr (rund 50 Prozent weniger Kinder in der Nachmittagsbetreuung), Weißkirchen (rund 35 Prozent Abmeldungen) oder Lengau (minus 41 Prozent in der Nachmittagsbetreuung). 7

In einer ersten Umfrage kündigten 50 Gemeinden an, Gruppen schließen zu müssen. Das bringt viele berufstätige Eltern in ernsthafte Schwierigkeiten: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird noch schwieriger werden. Von Wahlfreiheit kann keine Rede mehr sein! Dazu kommt, dass viele Betreuerinnen/Betreuer um ihre Arbeitsplätze zittern. Denn Gruppen schließen bedeutet, Mitarbeiter/-innen zu kündigen oder zumindest Stunden zu kürzen. Zeit für Lösungen Forderungen der AK Die Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung müssen wieder abgeschafft werden. Oberste Priorität muss der rasche Ausbau der Anzahl an Kinderbetreuungsplätzen im Besonderen für Unter-Dreijährige in Oberösterreich haben. Dabei ist darauf zu achten, dass es sich um Plätze handelt, die beiden Elternteilen eine Vollzeitarbeit ermöglichen und die auch Ferienbetreuung abdecken. Das nötige Geld dafür soll auch zur Gänze vom Bund abgeholt und an den richtigen Stellen investiert werden. Kleine Gemeinden brauchen besondere tatkräftige Unterstützung beim Auf- und Ausbau ihrer Kinderbetreuungsangebote. Für eine 500-Seelen-Gemeinde ist ein eigenes Top-Angebot oft nicht zu stemmen. Hier braucht es eine gerechte Finanzierung. Genutzt werden könnte auch verstärkt die Möglichkeit der Kooperation mit Nachbargemeinden. Bestehende Plätze müssen auf ihre Tauglichkeit abgeklopft werden. Sind die Öffnungszeiten so, dass sie Eltern eine Erwerbstätigkeit ermöglichen, ohne dass regelmäßig andere Familienmitglieder einspringen müssen? Es braucht jedenfalls eine Ausweitung der Öffnungszeiten. In vielen Gemeinden entsprechen die Kinderbetreuungseinrichtungen keineswegs den Kriterien einer modernen Gesellschaft, in der sich Familie und Beruf vereinbaren lässt. Längst überfällig ist die Schaffung eines bundeseinheitlichen Qualitätsrahmenplanes für alle Kindergärten. Generell braucht es eine Qualitätsoffensive in Form von umfassender Sprachförderung bereits für die Kleinsten. 8

Es sollen in allen Gemeinden zielgerichtete und professionelle Bedarfserhebungen verpflichtend durchgeführt werden müssen. Dabei sollen Familien Ansprüche wie Öffnungszeiten, Mittagessen, Nachmittagsbetreuung und Ferienbetreuung deponieren können. Die Ergebnisse sollen dann für eine Planung des Bedarfs in der gesamten Region zusammengefasst werden. Die Platzsuche und vergabe muss transparenter und serviceorientierter erfolgen. Die Eltern müssen früh genug und ohne großen Eigenaufwand informiert werden, ob und wann sie mit einem Betreuungsplatz für ihre Kinder in der Gemeinde rechnen können. Nur so lässt sich der berufliche Wiedereinstieg sinnvoll planen. Die AK fordert auch die Einführung eines zweiten verpflichtenden und kostenlosen Kindergartenjahres für alle Kinder sowie einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt. 9