Der Resozialisierungsbeitrag der freien Straffälligenhilfe Verzahnung von staatlicher und freien Trägern. Von Prof.Dr.Heinz Cornel

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Transkript:

Der Resozialisierungsbeitrag der freien Straffälligenhilfe Verzahnung von staatlicher und freien Trägern Von Prof.Dr.Heinz Cornel

Inhalt 1. Begriff und Formen der freien Straffälligenhilfe 2. Geschichte der freien Straffälligenhilfe 3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe 4. Verzahnung von staatlichen und freien Trägern 5. Perspektiven

1. Begriff und Formen der freien Straffälligenhilfe Straffälligenhilfe ist ein Sammelbegriff für soziale Hilfen für Straftäter mit Bezug zu ihrer Delinquenz (Kriminologie und Soziale Arbeit, 2014 S.338). Freie Straffälligenhilfe ist ein gesellschaftlicher sozialer Dienst für Menschen, die von Straffälligkeit bedroht oder betroffen sind. Anknüpfungspunkt für die Hilfeangebote sind Straffälligkeit und Justizkontakt. (Kawamura-Reindl, Resozialisierung Handbuch 2009, S.208).

1. Begriff und Formen der freien Straffälligenhilfe 1. Freie Straffälligenhilfe leistet bedingungslos Hilfe im Sinne des Sozialstaatsprinzips für Personen, die hilfsbedürftig sind. Dazu gehören in besonderem Maße Menschen, die von Haft bedroht sind, inhaftiert sind, Haftentlassene sind sowie deren Angehörige. Bezugspunkte sind hier vor allem Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch. 2. Freie Straffälligenhilfe leistet neben den justiziellen Trägern ambulanter und stationärer Straffälligenhilfe Kriminalprävention. Hier geht es um Resozialisierung, um gezielte soziale Kontrolle durch das System der Justiz sei es in entsprechenden Dienst- und Arbeitsverhältnissen einerseits oder durch einen freien Träger im Auftrag und durch die Justiz finanziert.

1. Begriff und Formen der freien Straffälligenhilfe Der eigentliche Legitimationsgrund für die Existenz und Tätigkeit der freien Straffälligenhilfe ist nach alledem in ihrer Mittler- und Vermittlerrolle zu sehen, die sie gesellschaftlich wahrzunehmen hat. Diese Rolle erschöpft sich nicht in der gewiss bedeutsamen Gewährung existenzieller Hilfen an Menschen, die in Not sind... Vielmehr charakterisiert jene Mittler- und Vermittlerrolle recht eigentlich den Standort, den die freie Straffälligenhilfe zum einen im Verhältnis zur staatlichen Strafrechtspflege, zum anderen im Verhältnis zur Gesellschaft einnimmt. (Müller-Dietz, Bewährungshilfe 1989 S.136)

2. Geschichte der freien Straffälligenhilfe Straffälligenhilfe hatte zahlreiche Vorläufer insbesondere in der Gefängnisseelsorge und den pietistischen Rettungshäusern des frühen 19. Jahrhunderts. Zwischen 1826 und 1827 gründete sich in Berlin ein Gefängnisverein. Das war der Vorläufer der heutigen Straffälligen- und Bewährungshilfe in Berlin. Gleichzeitig gründete sich unter Beteiligung Theodor Fliedners die Rheinisch-westfälische Gefängnis-Gesellschaft, die von Beginn an mit dem Berliner Verein in Verbindung stand. Im Jahr 1832 folgte dann der Badische Verein zur Besserung der Strafgefangenen und Verbesserung des Schicksals entlassener Häftlinge. In der Folge wurden hunderte Gefängnisvereine gegründet.

2. Geschichte der freien Straffälligenhilfe Die kriminalpräventiven Bewegungen im Zuge der modernen Strafrechtsschule zum Ende des 19. Jahrhunderts zeigten eine erste empirische Ausrichtung der Kriminologie und Strafrechtswissenschaft, wie sie sich unter anderem in der Jugendgerichtsbewegung niederschlug. Wer die individuellen und sozialen Ursachen der Kriminalität kennt (oder zumindest meint zu kennen), dem ist die Straflegitimation der gerechten Vergeltung zu wenig und der beginnt in kriminalpräventiven Kategorien zu denken.

2. Geschichte der freien Straffälligenhilfe Die Verbände der Gefängnis- und Entlassenenfürsorge in der frühen Weimarer Republik konnten sich auf die Sichtweise der Strafentlassenen als Opfer einer unsozialen, unmenschlichen Politik beziehen und haben dies durchaus auch getan. Im Zuge dieses gesellschaftlichen Diskurses wurden allerdings Bestrebungen, den Haftentlassenen einen Rechtsanspruch auf Fürsorge zu gewähren, als Glorifizierung des Verbrechers diskreditiert und behauptet, dies drohe die Wirkung der Strafen zu unterminieren

2. Geschichte der freien Straffälligenhilfe 1933 wurde der Reichsverband in die NS-Wohlfahrt " eingegliedert", wobei die Satzungen so zu verändern waren, dass das Führerprinzip und der Arier-Paragraph darin zum Ausdruck kamen. 1940 wurde die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Deutschlands aufgelöst. 1954 wurde der Bundeszusammenschluss für Straffälligenhilfe gegründet. 1986 wurde der Bundesverband der Straffälligenhilfe gegründet und 1991 aufgelöst. 1990 gründeten die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege gemeinsam mit dem DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG- S) e.v. als überverbandlichen Fachzusammenschluss.

3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe Die meisten Träger der Freien Straffälligenhilfe sind als gemeinnütziger eingetragener Verein organisiert (80 %). Der Rest teilt sich auf in Kirchengemeinden, gemeinnützige GmbHs, Stiftungen usw.. 35 % gehören dem Paritätischen Wohlfahrtsverband an, 13 % dem Diakonischen Werk, 17 % dem Caritasverband und 5 % der Arbeiterwohlfahrt. Ein Viertel ist Mitglied eines Landesverbandes der Straffälligenhilfe.

3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe In den 358 auswertbar befragten Einrichtungen arbeiteten 1500 Teilzeitoder Vollzeitbeschäftigte, 200 geringfügig Beschäftigte und 350 Honorarkräfte sowie insgesamt 3100 Ehrenamtliche. Etwas mehr als zwei Drittel der Freien Träger sind innerhalb einer Justizvollzugsanstalt tätig und 93 % richten ihre Hilfe außerhalb von Vollzugsanstalten an Straffällige nach der Haftentlassung. 59 % der befragten Einrichtungen organisieren gemeinnützige Arbeiten zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen, 41 % vermitteln Wohnungen bzw. Wohnplätze, 38 % leisten Entschuldungshilfe und Betreutes Wohnen und 33 % soziale Trainingskurse.

3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe Thomas/Stelly/Kerner schreiben über die veränderten Rahmenbedingungen der freien Straffälligenhilfe und benennen dabei als Aspekte die Professionalisierung der sozialen Arbeit, die Ökonomisierung der sozialen Arbeit, den Rückzug des Sozialstaates, die Neustrukturierung der staatlichen Straffälligenhilfe und auch die Infragestellung des Resozialisierungsziels (Thomas/Stelly/Kerner Neue Praxis Seite 82-87)

3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe 1. Vorbeugende Angebote für potentielle Sexualstraftäter 2. frühe Hilfe für Personen, die von Haft bedroht sind 3. Haftentscheidungshilfe, Haftvermeidung, Haftreduzierung 4. Angebote zur Diversion vor allem im Jugendstrafverfahren 5. Täter-Opfer-Ausgleich 6. Begleitung von Gefangenen während der Untersuchungshaft 7. Freizeitangebote und Gesprächsangebote während des Strafvollzugs 8. Entlassungsvorbereitung 9. Haftentlassenenhilfe und Nachsorge 10. Betreiben einer lokalen Straffälligen-Anlaufstelle 11. Wohnraumvermittlung und Betreutes Wohnen für Haftentlassene

3. Gegenwart der freien Straffälligenhilfe 12. Angehörigenarbeit 13. gemeinnützige Arbeit zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen 13. Entschuldungshilfe und Verwaltung von Resozialisierungfonds 14. Kriseninterventionsangebote 15. Opferhilfe, Opferbegleitprogramme und Zeugenbegleitprogramme 16. spezielle Angebote für weibliche Inhaftierte und Haftentlasse 17. Gruppenarbeit für Alkoholstraftäter und Personen mit problematischem Alkoholkonsum, Drogenhilfe und Suchtberatung 18. Berufsfindungskurse für delinquente junge Straffällige 19. therapeutische Angebote für gewalttätige Sexualstraftäter 20. Gruppenarbeit mit rechtsorientierten, fremdenfeindlichen Straftätern

4. Verzahnung von staatlichen und freien Trägern Bei der Verzahnung von staatlicher und freier Straffälligenhilfe wird nicht nur Gleiches verzahnt, sondern auch Organisationen mit unterschiedlichen Funktionen und Aufgaben. Man tut deshalb gut daran, diese Funktionen genau zu definieren, sich ihrer im Alltagshandeln bewusst zu sein und sie vor allem auch für die Klienten und Klientinnen transparent zu machen. Die Verzahnung der Hilfen im Interesse der straffällig gewordenen Menschen darf diese deshalb nicht selbst zum Rädchen im Getriebe werden lassen, sondern muss sie bei allen organisationssoziologischen Überlegungen und Aspekten effektiver Hilfeleistung als Subjektebetrachten.

4. Verzahnung von staatlichen und freien Trägern Verzahnung kann bei klarer Rollendefinition und im Bewusstsein unterschiedlicher Perspektiven und Aufgaben beispielsweise bedeuten: gemeinsame einzelfallübergreifende Projekte gemeinsame niederschwellige Anlaufstellen Vernetzung von Resozialisierungshilfen auf Landesebene gemeinsame Teilnahme an Fallkonferenzen bzw. Hilfekonferenzen gemeinsame Teilnahme an Sozialnetzkonferenzen wie in Wien gemeinsame Bearbeitung von Hilfeplänen und darauf bezogen Aufgabenwahrnehmungen gemeinsame einzelfallübergreifende kriminalpräventive Maßnahmen gemeinsame einzelfallübergreifende Öffentlichkeitsarbeit

4. Verzahnung von staatlichen und freien Trägern Verzahnung kann Hilfen optimieren oder gar erst für den Hilfesuchenden erreichbar machen, weil sonst freie Träger der Straffälligenhilfe und straffällig gewordene Person mit spezifischem Hilfebedarf nicht oder nicht zur rechten Zeit zueinander finden. Verzahnung, der es an Transparenz und Rollenklarheit fehlt kann aber auch dazu führen, dass potentielle Klienten und Klientinnen, die freie Träger wegen ihrer größeren Distanz zu staatlicher Sozialkontrolle und geringeren Stigmatisierung aufsuchen würden, dies nicht mehr tun oder/und weniger Vertrauen haben, weil sie staatliche und freie Träger nun in einen Topf werfen.

5. Perspektiven 1. Freie Straffälligenhilfe soll und kann sich in der Region und lokal gut verankern. Im Zuge des Diskurses über durchgehende Hilfe und die Gestaltung von Übergängen insbesondere nach der Haftentlassung hat sich die Verzahnung und Vernetzung der Freien Straffälligenhilfe mit dem Justizvollzug und den Sozialen Diensten der Justiz vielfach sehr verbessert. Auch die Beziehungen zu den Arbeitsverwaltungen wurden intensiviert. Freie Straffälligenhilfe hat meines Erachtens darüber hinaus aber besonders hohe Potenziale, sich in den Kommunen, Landkreisen usw. zu verankern.

5. Perspektiven 2. Einige Landesstrafvollzugsgesetze haben neue Möglichkeiten zur Gewährung von Lockerungen in den letzten Monaten vor der Entlassung und insb. den Anspruch darauf sowie Übergangseinrichtungen geschaffen bzw. ermöglicht. Das bietet neue Tätigkeitsfelder für die Freie Straffälligenhilfe. Hier bieten sich Verzahnungen an mit klaren Rollenabgrenzungen.

5. Perspektiven 3. Freie Träger müssen offen sein für neue soziale Probleme und Notlagen. Flexibilität und Innovationskraft sind schon immer besondere Charakteristika der Freien Straffälligenhilfe. Das sollten Sie auch in Zukunft sein. 4. Freie Straffälligenhilfe sollte Angebote zur stationären freiwilligen offenen Behandlung entwickeln, durchführen und evaluieren.

5. Perspektiven 5. Die Angehörigenarbeit wurde in den letzten Jahren im fachlichen Diskurs breit erörtert und hat ihre Bedeutung sowohl im Interesse der Eltern, Partner, Partnerinnen und Kinder der Inhaftierten und Haftentlassenen als auch in Bezug auf deren Resozialisierung. Darin steckt noch großes Potential unter anderem auch kriminalpräventiv hinsichtlich der neuen Generation.

5. Perspektiven 6. Verzahnung ist nicht nur eine Frage des guten Willens der staatlichen und freien Straffälligenhilfe, sondern muss in der Region und im Land organisiert sein und sich im ganz konkreten Zusammenwirken, in der verbindlichen Aufgabenwahrnehmung, in gemeinsamen Hilfeplänen und gegebenenfalls Fallkonferenzen zeigen.

5. Perspektiven Sie sehen, dass die freie Straffälligenhilfe einen großen Teil zur Resozialisierung beitragen kann, dass es dazu der Verzahnung mit klaren Rollen- und Aufgabendefinitionen sowie organisatorischerstrukturen bedarf, die über den Tellerrand der eigenen Zuständigkeit hinaus blicken können und dass für solche verzahnte Resozialisierungshilfen Ressourcen und klar geregelte Ansprüche der straffällig gewordenen Menschen notwendig sind.

Schlussbemerkung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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