ESO 3.6 & HARPS Auf der Suche nach Exoplaneten Von Benjamin Veit im Rahmen der Vorlesung: Vertiefende Kapitel der Astrophysik WS 2012/2013
Was ist ein Exoplanet Planet außerhalb des gravitativen Einflusses der Sonne planetenähnliche Objekte, die keinen Stern umkreisen Planemos (Planetary Mass Object) Exoplanet OGLE-2005-BLG-390Lb (künstlerische Darstellung des 2005 entdeckten Objekts, NASA)
Zahl der Bekannten Exoplaneten Seit 1989 14. Dezember 2012 854 Planeten in 673 Systemen Anzahl der Planeten im System Anzahl der Systeme Anzahl der Planeten 1 549 549 2 90 180 3 21 63 4 7 28 5 3 15 6 2 12 7 1 7 Summen 673 854
Nachweismethoden Die meisten Exoplaneten konnten bis jetzt nur indirekt nachgewiesen werden. Direkte Beobachtungen gelangen 2004 der ESO mit dem Planeten 2M1207b, welche vom Hubble 2006 bestätigt wurde. Indirekte Methoden: Transit Gravitationslinse Astrometrisch Radialgeschwindigkeit Störung bekannter Planetenbahnen
Direkte Beobachtung 2M1207 und der Exoplanet 2M1207b (ESO/VLT) Hubble Aufnahme von Staubscheibe und Exoplanet (s. Einblendung rechts unten) um den Stern Fomalhaut
Transit Methode Voraussetzung: Planetenbahn verläuft aus Beobachterrichtung vor dem Zentralgestirn Erzeugt bei photometrischen Langzeitmessungen von Sternen periodische Absenkungen der Helligkeit Terrestrisch: SuperWASP Orbit: Corot, Kepler, Spitzer
Gravitationslinsen Methode Verstärkung der Helligkeit des Hintergrundobjekts durch Vordergrundobjekt
Astrometrische Methode Beobachtung der Bewegung senkrecht zur Beobachtungsrichtung, relativ zu fernen Sternen Bei bekannter Sternmasse und -entfernung auch Angabe der Planetenmasse möglich Bis jetzt jedoch keine hinreichend genauen Instrumente verfügbar Zukunft: VLT (terrestrisch), Gaia, Space
Radialgeschwindigkeitsmethode Planet + Stern bewegen sich um gemeinsamen Schwerpunkt Periodische Bewegung des Sterns hat Radialgeschwindikeitsanteil in Beobachtungsrichtung Messbare Dopplerverschiebung
Dopplerverschiebung Diese Radialgeschwindigkeit führt zu einer Dopplerverschiebung des emittierten Lichtes. d =v r c Δλ λ (Nicht Relativistischer Dopplereffekt)
Radialgeschwindigkeit Herleitung Annahmen: a sun a planet a sun +a planet a planet m sun m planet m sun +m planet m sun 1. Schwerpunktsatz : m sun a sun=m planet a planet 2. Kepler 3 : (a sun +a planet )3 = 4 π2 2 π a sun 3. Bahngeschwindigkeit : v sun= P P 2 G (m sun +m planet ) Nach Umstellen und Einsetzen ergibt sich für die Raumgeschwindigkeit des Sterns folgende Gleichung: 2 π G 13 v sun=m planet ( ) 2 P msun Für die Radialgeschwindigkeit ergibt sich nach v r =v sun sin (i ): 2 π G 13 v r =m planet sin(i)( ) 2 P m sun
Radialgeschwindigkeit: Beispiele Am Beispiel unseres Sonnensystems können wir das benötigte Auflösungsvermögen ermitteln. z.b. Jupiter: Masse: 318 Erdenmassen Periode 11.9 Jahre Radialgeschwindigkeit: ± 12,4 m/s z.b. Erde: Masse: 1 Erdenmassen (5,974 10^24 kg) Periode 1 Jahre Radialgeschwindigkeit: ± 8,8 cm/s
Probleme mit Spektrallinien Linienverbreiterung diffuse Atombewegung aufgrund der Temperatur des Sterns Radialgeschwindigkeit sehr gering 1/1000 Linienbreite Planeten mit langen Perioden langzeitstabile Messung Exakte Messung der Verschiebung schwierig feste Referenz
Problem bei Planetenmasse Es lässt sich nur ein unteres Limit der Planetenmasse bestimmen, wenn die Masse des Zentralgestirns bekannt ist, da der Beobachtungswinkel I unbekannt ist. 3 2 [ ] P 2 m p sin i K 1 ϵ m 2πG 1/3 Obs. i m p sin(i)=m min Jedoch ist es mmin auch die wahrscheinlichste Masse, die sich zur Zeit beobachten lässt, da hier bei i=90 die größte Radialgeschwindigkeit auftritt.
ESO 3.6 Übersicht Optisches und nahinfrarotes Spiegelteleskop mit 3,57m Spiegel Bestandteil der Europäische Südsternwarte des La-SillaObservatorium in Chile, auf 2400m Höhe Betrieben von: Geneva Observatory First Light: 07.11.1977
ESO 3.6 Übersicht
Parameter ESO 3.6 Cassegrain Optik Äquatoriale Gabelmontierung Primärer Spiegel: 3.57m Sekundärer Spiegel: 1.20m bewegbar in x-y/z Richtung (vertikaler Fokus) Tertiärer Spiegel:1.33m Brennweite f/8.09 Point Spread Function PSF = 0.5 Bogensekunden Gewöhnlicher PSF bei gutem Seeing 0.70.8 Bogensekunden
Seeing Daten des ESO 3.6
Sichtbereich des ESO 3.6 Limit im Stundenwinkel HA: -5 h 30 m < HA < 5 h 30 m Limit in der Zenith Distanz ZD: ZD < 70 Limit in der Declination DEC: -120 < DEC < +29.5
Instrumente: Ehemalig: CES: Spektrograph mit einer Bandbreite von 346-1028 nm bei einer Auflösung von 235000 EFOSC2: Faint Object Spectrograph and Camera (v.2) TIMMI-2: Thermal Infrared MultiMode Instrument im Bereich von 3micron 25micron ADONIS: Ein Akronym für ADaptive Optics Near Infrared System Aktuell: HARPS: High Accuracy Radial velocity Planet Searcher Hochauflösender Echelle Spektrograph zur Suche nach Exoplaneten
HARPS Verfügbar für Messungen seit: 01.10.2003 Gebaut von: Observatoire de Genève Observatoire de Haute Provence Universität Bern
HARPS Details Betrieb in temperaturgeregelter Vakuumkammer zur Vermeidung von Thermalen Drift (0,01K und 0.01mbar) Echelle-Spektrometer Spektralbereich 378nm 691nm (Echelle Ordnungen 89-161) Gespeist durch 2 Glasfasern aus dem ESO 3.6 Teleskop 1x Sternenlicht 1x Hintergrund / Th-Ar Spektrum Apparatur 1 Auflösung: 115000 Linien Zur Kalibrierung: Iod-Zelle Th-Ar Lampe
HARPS Spektrometeraufbau Kombination von Echelle-Gitter (hohe Effizienz in hohen Beugungsordnungen) mit nachgeschaltetem Gitterprisma zur Querdispersion Querdispersion führt zur Verschiebung des Spektrums in parallele Ordnungen optimale Ausnutzung eines 2D Detektors
Kalibrierung: Iod-Zelle Licht wird durch eine durchsichtige geheizte Zelle geleitet, in der Iod verdampft wird Das I2-Absorptionsspektrum ist langzeitstabil, da die Zelle versiegelt ist und besteht aus vielen schmalen Linien.
Kalibrierung Thorium-Argon Lampe Wird per Glasfaser in das Teleskop eingespeist Gleicher Strahlengang Emissionsspektrum Sehr detaillierte Vermessung des Spektrums als Referenzspektrum vorhanden Gleichzeitige Darstellung auf dem CCD zusammen mit dem Sternspektrum Problem: Th-Ar Lampe altert keine Langzeitstabilität
Langzeitstabilität http://www.eso.org/public/images/eso0308e/ Radialgeschwindigkeitsmessung über 9 zusammenhängende Stunden Drift ist über das bekannte Thorium Referenz Spektrum ermittelt Drift ist in der Größenordnung von 1m/s bei einer Genauigkeit von 20cm/s
Harps CCD Detektor 2 EV 44-82 CCDs je 2k x 4k Pixel Gesamtauflösung: 4k x 4k Pixelgröße 15µm^2 Spalt zwischen Chips führt zum Verlust der 115 Ordnung des Echelle-Gitters (530nm - 533nm) SNR 110 pro Pixel für einen G2V Stern mit einer Magnitude Mv=6,0 (Sonne)
Echelle Format
Datenreduktions Pipline Tausende Spektrallinien werden mit einem Template Spektrum des beobachteten Spektraltyps korreliert Korrektion von: Erdrotation Mondbewegung Planetenbewegungen Liefert Radialgeschwindigkeiten mit einer Genauigkeit von < 1 m/s innerhalb von Minuten
Beispieldaten System: G0V Stern: Hor (Kürster et al. (2000), A&A 353, L33) RV semi-amplitude orbital period orbital eccentricity semi-major axis of planet orbit minimum planet mass K P e a m sini = 67 m/s = 320 d = 0.16 = 0.92 AU = 2.28 Mjupiter
Daten Analyse Viele Analysemöglichkeiten über Periodensuche / Periodogram-Analyse: Erfolgreiche Methode ist das χ2 Fitten von Sinus Wellen mit Frequenz bzw. Periode als Parameter: N [vr i ao a1 cos(2π ti / P) a2 sin( 2π ti / P )]2 i =1 ( vr ) 2 χ2 = min. χ 2 χ 2 χ 2 = 0, = 0, =0 ao a1 a2 system of linear equations for ao, a1, a2 f = 1 / P must be " stepped through" Auch möglich: Anfitten von Keplerschen Ellipsen, aber oftmals nicht robust genug bei Daten die ungleichmäßig gesampelt wurden zu viele freie Parameter
Planetenbahn - Exzentrizität HD149382 Kreisbahn ɛ 0 HD 37605 b ɛ>>0 Minimale Masse 2.3 M[Jup] Große Halbachse: 0.25 AU
Probleme durch Sonnenaktivität Oberfläche von Sternen ist granuliert. Zellengröße ~ 1000-2000km Führen zu Zitterbewegungen der Spektrallinien; bei Auflösungen von 1 m/s sehr messwertrelevant Aber auch nur partielle Verschiebung über Zeeman-Effekt möglich
Planeteneigenschaften Mit der Radialgeschwindigkeitsmethode lassen sich nur bestimmte Planeten nachweisen, die folgende Kriterien erfüllen: möglichst große Masse ( Jupiters ) nahe Bahnen um ihren Mutterstern Bahnneigung zur Sichtlinie möglichst groß ( Kantenstellung ) Erdähnliche Planeten liegen außerhalb der Möglichkeiten. Aber auch große Planeten mit großem Abstand zum Stern sind schwierig nachzuweisen.
Zukunft: ESPRESSO Echelle Spectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observation Temperaturgeregelte Vakuumkammer mit 0.001m bar und T< 0.001K Ermöglicht Auflösungen der Radialgeschwindigkeit von < 0.1m/s Beobachtung erdähnlicher Planeten Betrieb am VLT Pipeline-Geschwindigkeiten von < 1min Überprüfung von kosmischen Konstanten Ermittlung der Chemischen Zusammensetzung von Sternen und Galaxien
Danke für die Aufmerksamkeit. Fragen?
Habitable Zone
Massen in der Habitablen Zone
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