Wo steht Bundesregierung bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte?

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Transkript:

Wo steht Bundesregierung bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte? Verena Haan Seit über einem Jahr arbeitet die Bundesregierung daran, den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte kurz NAP umzusetzen. Diesen hatte sie am 21. Dezember 2016 im Bundeskabinett mit dem Ziel verabschiedet, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte für Deutschland anzuwenden. Über das Ergebnis wurde letztes Jahr in Beiträgen zum elften Runden Tisch Bayern durchaus kontrovers berichtet. Vor allem die Frage nach Qualität und Reichweite der im NAP formulierten Maßnahmen stand dabei im Vordergrund. Jetzt steht die Bundesregierung vor der Aufgabe, diese Maßnahmen bis 2020 mit Leben zu füllen und ganz konkret den Menschenrechtschutz in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten zu stärken. Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung konkret um? Wo steht sie derzeit in diesem Prozess? Und welche Akteure sind an der Umsetzung beteiligt? Auf diese Fragen wird im Folgenden eingegangen. 1. Maßnahmen Das übergreifende Ziel des NAP ist, den Menschenrechtsschutz in verschiedenen Wirtschaftsbereichen und entlang globaler Liefer- und Wertschöpfungsketten zu verbessern. Grundlage sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die im UN-Menschenrechtsrat 2011 einstimmig beschlossen wurden. Diese basieren auf drei Säulen der staatlichen Pflicht zum Schutz der Menschenrechte, der unternehmerischen Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte und dem Zugang zu Abhilfe für Betroffene von Menschenrechtsverstößen. Dementsprechend enthält der NAP Handlungsvorgaben für eine Bandbreite von Themen, die sich sowohl an die Bundesregierung als auch an Unternehmen richten:

32 VERENA HAAN Ein Beispiel ist das Thema Außenwirtschaftsförderung: Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass ein Unternehmen, das mit Hilfe von Hermesbürgschaften Windenergieanlagen in Land Y aufbaut, nicht zu ausbeuterischen Arbeitsbedingungen vor Ort oder einer Verschlechterung der Lebenssituation der Anwohner beiträgt? Ein weiteres Handlungsfeld ist die Handelspolitik: Wie können Umwelt-/Sozial- und Menschenrechtsstandards in EU-Freihandelsabkommen verankert und gewährleistet werden, dass die Unternehmen der Partnerländer ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten umsetzen? Die unternehmerische Sorgfaltspflicht zur Achtung der Menschenrechte steht im Mittelpunkt des NAP: Die Bundesregierung erwartet von allen Unternehmen in Deutschland, dass sie abhängig von ihrer Größe, Branche oder Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette Leitlinien und Prozesse einführen, um nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie in Ländern tätig sind, in denen rechtsstaatliche Grundsätze nicht oder nur unzureichend durchgesetzt werden. Die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht umfasst dabei fünf Kernelemente: Unternehmen sollen erstens eine Grundsatzerklärung zu Menschenrechten verankern und intern wie extern kommunizieren. Zweitens sollen sie ein Verfahren einführen, um tatsächliche oder potentielle menschenrechtliche Risiken im eigenen Geschäft oder entlang der Lieferkette zu erfassen. Drittens sollen sie Maßnahmen zur Abwehr der festgestellten Risiken einführen. Das können z.b. Schulungen der eigenen Beschäftigten oder die von Geschäftspartnern sein, die Einführung von Auditierungs- oder Zertifizierungsverfahren oder die Neugestaltung allgemeiner Einkaufsbedingungen. Viertens sind Unternehmen angehalten, einen Beschwerdemechanismus einzuführen bzw. sich einem anzuschließen. Der fünfte Schritt umfasst die Berichterstattung, damit nach innen wie außen Transparenz über das eigene Risikomanagement geschaffen wird. Die Bundesregierung wird die Unternehmen bei der Einführung dieser Schritte unterstützen und durch ein Monitoring überprüfen, inwieweit dieser Prozess erfolgreich umgesetzt wird. 2. Umsetzung Wo steht die Bundesregierung derzeit bei der Umsetzung? Politik und Wirtschaft stehen vor der Aufgabe, bis 2020 die im NAP beschlossenen Maßnahmen so ambitioniert wie möglich umzusetzen. D.h. der Fokus hat

WO STEHT DIE BUNDESREGIERUNG BEI DER UMSETZUNG DES NAPS? 33 sich verschoben: von der Klärung zentraler Anforderungen (zum Beispiel die oben beschriebenen fünf Kernelemente) hin zu praxisrelevanten Fragen und Arbeitsschritten. Das für CSR federführende Ressort, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), hat eine eigene Website zum Thema CSR in Deutschland und zu Wirtschaft und Menschenrechte eingerichtet (www.csr-in-deutschland.de, www.wirtschaft-menschenrechte.de) und Informationen rund um den NAP systematisch aufbereitet. Unternehmen finden hier verschiedene Informations- und Beratungsangebote, die bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht herangezogen werden können zum Beispiel allgemeine und branchenspezifische Handlungsanleitungen, Praxisbeispiele, Verweise auf Beratungs- und Schulungsangebote sowie weitere Informationsangebote. So hat die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) einen NAP- Helpdesk für Unternehmen eingerichtet, die Aktivitäten in Entwicklungsund Schwellenländern planen. Er dient als erste Anlaufstelle und bietet eine individuelle Erstberatung (persönlich, telefonisch, per E-Mail) zu den Anforderungen des NAP. Um Unternehmen in Branchen mit besonders signifikanten menschenrechtlichen Herausforderungen bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht zu unterstützen, wird die Bundesregierung zudem Dialoge mit Branchen der deutschen Wirtschaft führen. Im Rahmen dieser NAP- Branchendialoge werden branchenspezifische Handlungsanleitungen erarbeitet, die es Unternehmen erleichtern sollen, Lösungen für die Adressierung bestimmter branchen- oder länderspezifischer Menschenrechtsrisiken zu finden. Das BMAS hat im November 2017 in diesem Kontext bereits eine Veranstaltung durchgeführt und mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft darüber diskutiert, wie solche Branchendialoge aussehen könnten. Die Bundesregierung unterstützt darüber hinaus insbesondere mittelständische Unternehmen. In regionalen Veranstaltungen informiert sie deutschlandweit unter dem Motto Lieferketten verantwortlich gestalten Über Nachhaltigkeit berichten. Seit 2015 haben bereits 10 sogenannte KMU- Praxistage stattgefunden, bei denen sich Unternehmen zu Fragen eines verantwortlichen Lieferkettenmanagements, einer nachhaltigen Einkaufspolitik, einer effektiven Risikoanalyse oder auch über eine qualitativ hochwertige CSR-Berichterstattung austauschen konnten. Die Veranstaltungen werden ergänzt durch eine Website, Leitfäden sowie Webinare.

34 VERENA HAAN Neben den beschriebenen Unterstützungsmaßnahmen wird die Bundesregierung auch überprüfen, ob Unternehmen die im NAP verankerten menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auch tatsächlich umsetzen: Zielvorgabe ist, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten die im NAP beschriebenen Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Wird diese Zielvorgabe verfehlt, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen. Zu diesem Zweck überprüft die Bundesregierung ab 2018 jährlich den Umsetzungsstand anhand von Stichproben. Hierfür werden durch einen externen Dienstleister nach wissenschaftlichen Standards Erhebungen durchgeführt. Noch stellen die Anforderungen des NAP für viele Unternehmen eine Herausforderung dar: Wie viel Aufwand muss ich betreiben? Was könnte überhaupt ein menschenrechtliches Risiko sein, das mit meiner Geschäftstätigkeit verbunden ist? Die Unternehmen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, mit welchen Schritten sie die einzelnen Elemente erfüllen können. Hier bieten NAP und die UN-Leitprinzipien wichtige Orientierungshilfen: Zum Beispiel ist die Tiefe der geforderten Risikoanalyse laut NAP abhängig von der Größe des Unternehmens und seiner Branchenzugehörigkeit. Sie ist aber auch abhängig von der Art der Geschäftstätigkeit. Da wo Risiken besonders häufig oder besonders schwerwiegend sind, müssen Unternehmen genauer hinschauen. Stellt ein Lebensmittelkonzern zum Beispiel im Rahmen einer ersten Risikoanalyse fest, dass er Fisch aus Norwegen und Thailand bezieht, so wird er bezüglich beider Lieferketten unterschiedliche Maßnahmen ergreifen müssen: Durch einen Blick in einschlägige Länder- und Branchenberichte wird dem Unternehmen klar, dass in Norwegen keinerlei Anhaltspunkte für Menschenrechtsverletzungen gegeben sind. Deshalb kann es die Risikoanalyse bezüglich dieser Lieferkette hier beenden. Das Unternehmen stellt auch fest, dass in der thailändischen Fischereiindustrie das Risiko besteht, dass Fisch unter Einsatz von Zwangsarbeit gefangen wird. Daher muss es bezüglich dieses Risikos die Analyse vertiefen: das Unternehmen muss in angemessener Weise in seiner thailändischen Lieferkette untersuchen, ob Menschen zur Arbeit gezwungen werden. 3. Akteure Welche Akteure sind an der Umsetzung des NAP beteiligt? Wie bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans wird auch seine Umsetzung eng

WO STEHT DIE BUNDESREGIERUNG BEI DER UMSETZUNG DES NAPS? 35 durch Akteure aus Wirtschaft, Gewerkschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft begleitet. Zwei Gremien sind dabei hauptsächlich beteiligt: Die Bundesregierung hat einen Interministeriellen Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA) unter Federführung des Auswärtigen Amtes eingesetzt. Der IMA überprüft die Umsetzung und Kohärenz der ergriffenen Maßnahmen und wird die Weiterentwicklung des Umsetzungsprozesses des NAP vorantreiben. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben wird der IMA durch die Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte (AG WiMR) beraten, die Teil des Nationalen CSR-Forums der Bundesregierung ist. Das CSR-Forum ist ein Multi-Stakeholder-Gremium, das die Bundesregierung rund um das Thema Unternehmensverantwortung berät. Es besteht aus Vertretern von Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Vorsitzender der Arbeitsgruppe ist der stellvertretende Leiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR). Die AG WiMR trifft sich alle zwei Monate und diskutiert, wie einzelne Maßnahmen umgesetzt werden können. Sie kommentiert die Umsetzungsvorschläge des IMA zum Beispiel zum Thema NAP-Branchendialoge oder NAP-Monitoring und spricht Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung aus, wie die NAP- Maßnahmen wirksam umgesetzt werden könnten. Für das Gelingen der NAP-Umsetzung ist es darüber hinaus notwendig, dass Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft sich auch außerhalb der AG WiMR engagieren. BDA/BDI und IHK können beispielsweise über ihre Regionalverbände und regionalen Handelskammern ihre Mitglieder und damit Unternehmen in der Breite über den NAP informieren und Hilfestellungen bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten anbieten. Insbesondere bei der Vorbereitung von Unternehmen auf das Monitoringverfahren der Bundesregierung und beim Werben für die Teilnahme an den NAP-Branchendialogen kommt den Verbänden eine zentrale Rolle zu. Unternehmen und Verbände sind gleichermaßen gefragt, ihre Expertise und Praxiserfahrung bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im betrieblichen Kontext in die Umsetzung der NAP-Maßnahmen einzubringen. Damit können Verbände und Unternehmen wesentlich dazu beitragen, dass deutsche und in Deutschland ansässige Unternehmen ihre Lieferketten verantwortungsvoll gestalten. Auch das Engagement von Gewerkschaften und Zivilgesellschaft ist unabdingbar, um die Maßnahmen möglichst ambitioniert umzusetzen durch eine kritisch-konstruktive Begleitung des Prozesses und das Einbringen

36 VERENA HAAN ihrer praktischen Erfahrung und Expertise im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte. Damit der NAP wirksam umgesetzt wird, müssen alle Akteure ihre jeweiligen Aufgaben ernst nehmen und konstruktiv zusammenwirken. Dies ist eine wesentliche Bedingung, damit der NAP tatsächlich dazu beiträgt, Menschen weltweit besser vor Ausbeutung und Unrecht zu schützen und Menschenrechtsstandards entlang globaler Liefer- und Wertschöpfungsketten zu verbessern. Die Frage, ob der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte tatsächlich den Menschenrechtsschutz in den Liefer- und Wertschöpfungsketten der deutschen Wirtschaft erhöht, wird letztlich der Maßstab seines Erfolges sein.