Pädagog_innen in der Arbeit mit Jungen und Jungenarbeit

Ähnliche Dokumente
Gender in der Suchtberatung

Frauen in der KJH normal!

Kindergarten steht drauf- Vielfalt ist drin! KULTURSENSIBEL UND MEHRSPRACHIG IM ALLTAG

Primarstufe Gemeinschaftsschule Döffingen VIELFALT IN DER GEMEINSAMKEIT - MITEINANDER SIND WIR UNTERWEGS JAHRGANGSÜBERGREIFENDES LERNEN

Fähigkeiten und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen

Coburg, 23. Februar Chancen nutzen Geschlechtsbezogene Lebenslagen von Mädchen und Jungen und Übergänge in den Beruf

Wege zu einem entwicklungs- fördernden Miteinander von Erwachsenen und Kindern

Wege zu einer geschlechtergerechten Schule. Dr. Jürgen Budde Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland Januar 2008

Soziales Lernen in KiTa und Grundschule. Ein gemeinsamer Lösungsansatz zur Entlastung von Erzieher/innen und Lehrer/innen

Herausforderungen. Männliche Lebenslagen im Wandel der Geschlechter- und Erwerbsverhältnisse. Michael Meuser

I N F O R M A T I O N

Wirklich wichtige Dinge habe ich im Kindergarten gelernt. Leitbild des Kindergartensprengels Meran

Allgemeiner Sozialer Dienst Hamburg-Nord. Leitbild

UBS Health Forum "Life Balance", Mai 2010, in Seepark.Thun

Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern in der städtischen Kinderkrippe Feilitzschstraße

Glücksspielsucht & Männlichkeit. Fachtag GlücksspielerIn typisch Mann?

AWO pro:mensch. Kinder betreuen. Familien beraten.

Herzlich willkommen zum Elternabend Stärke statt Macht

Die Beeinträchtigung des Kindeswohls durch elterliche Partnerschaftsgewalt

Schützen und stärken pädagogische Momente einer Beteiligungs- und Beschwerdekultur in der stationären Kinder- und Jungendhilfe

Strategisches Framing

Mädchen bleiben am Ball

Das Coaching im Kinderfussball

Angehörige im Spannungsfeld zwischen Belastung und Entlastung

Jung führt Alt wie geht das?

Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung. Kinderwelten. Grundlage: Anti-Bias-Ansatz

Klischees und feine Unterschiede

Diskussionsrunden über Ethik und Demokratie im Jugendtreff und in Jugendgruppen zur Förderung der Integration

Vielfalt begegnen ein Haus für alle Kinder. Begegnungen und Erfahrungen mit Vielfalt reflektieren

Kontakt: 0160/

Unternehmenszweck, Vision, Mission, Werte

Ohne Angst verschieden sein

LVR-Landesjugendamt. Landesjugendamt Rheinland. in den Blick nehmen! Fachtagung Kinder im Blick am 18. November 2008 im LVR in KölnK

Reflexion zum kollegialen Coaching

Gemeinsam gegen Homophobie für Vielfalt, Respekt und Akzeptanz im Sport. Bildungsinitiative der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Leitbild. des Jobcenters Dortmund

Leitfaden zur Elternarbeit zwischen den kommunalen Kindertageseinrichtungen des Eigenbetriebes Kindertageseinrichtungen Dresden und den Eltern

Empowerment: Selbstbewusst(sein) macht stark. Mag.a Elisabeth Chlebecek

kontakt Stärke statt Macht Neue Autorität durch elterliche Präsenz

Trennt uns bitte, bitte nicht!"

Durchführungszeitraum: bis

Durchstarten mit dem neuen Team

Selbsthilfe und EX-IN Ehrenamt versus bezahlte Tätigkeit Konkurrenz oder Ergänzung?

TASI Dialektische Gliederung. Pro- und Kontra Argumente schreiben. Dialektische Gliederung

Pädagogisches Konzept. KiBiZ Tagesfamilien

Aufnahme, Eingewöhnung, Übergänge und Elternarbeit Wir freuen uns auf Dich!

Die Generation Y im Bildungssystem

Was erwartet Sie? Aktion Jugendschutz Aktion Jugendschutz. Die vernetzte Familie: Bereicherung oder Überforderung?

Selbststärkungsprojekt der Liboriusschule

Dr. Ludger Kotthoff Narben sexueller Gewalt. Psychische Folgen der Traumatisierung

Pfarrei Liebfrauen Trier. Leitbild. der Kindertagesstätten der katholischen Kirchengemeinde Liebfrauen Trier

Katrin Macha Berlin. Bildung und Gesundheit Berliner Bildungsprogramm

Ankündigung der Trans Tagung. in Leichter Sprache. Transtagung Berlin TransInterQueer e.v. Glogauerstrasse Berlin Telefon:

Familien stärken- Förderung von Resilienz

Geschlechtsspezifische Kommunikation

Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung

Anonyme Erhebung der Erfahrungen von Menschen, die mit Fixierung oder im Netzbett festgehalten, oder durch Medikamente beschränkt wurden

Wie werden Lehrerinnen und Lehrer professionell und was kann Lehrerbildung dazu beitragen?

Der Ansatz von Emmi Pikler in Tageseinrichtungen für Säuglinge und Kleinkinder. Text: M. von Allwörden und F. Drees: Der Säugling ist eine Person

Vorwort. Wir verfolgen das Ziel die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern.

Mädchen und Sport an der Hauptschule

Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede hinsichtlich der Wünsche und Sehnsüchte der Schüler/innen?

Gewalt in der Familie wer muss helfen? Marina Sorgo, MA

Recovery: Wie werden psychisch kranke Menschen eigentlich wieder gesund?

Männliche Fachkräfte in Kitas Fragebogen für pädagogische Fächkräfte

POSITIONSPAPIER zum Handlungsfeld Schulbegleitung in Thüringen.

Geschlechterdifferenzierung Gender Mainstreaming

Brief an Eltern (Grundschule)

Ein Kuss ist ein Kuss Sexuelle Gesundheit bei Heranwachsenden Tagung des Kantonalen Netzwerks Gesundheitsfördernder Schulen, 14.4.

Geflüchtete Kinder - Herausforderungen und Chancen kultureller Vielfalt in der frühen Bildung

WILLKOMMEN AUF DER HOMEPAGE DES KINDERHAUSES WILMA

Frauen mit Behinderungen vor Gewalt schützen

Wie findet Sprachförderung in der Kindertageseinrichtung statt?

WIE FÖRDERT MAN FACHINTERESSE?

Beratung : Training : Coaching

Pädagogisches Kurzkonzept

NCBI Adultismus Selbstbeurteilung (individuell)

Blick über den Zaun' - Unser Leitbild einer guten Schule

HAMBURGER SuSi-FRAGEBOGEN

(Vo V r o lä l uf u ig i e g ) Z i Z e i le l u n u d n d Grun u d n s d ätze d e d r M a M nn n h n e h im i e m r

bei SEXUELLER und HÄUSLICHER GEWALT im Frauen-Notruf e.v.

Pädagogische Geschlossenheit

Protokoll der Abschlussbesprechung der Hospitation vom

Giraffentraum. Ein Projekt zur Einführung von Gewaltfreier Kommunikation in Kindergärten. Verstehen, was du wirklich brauchst

Fragebogen zur Bedarfs- und Befindlichkeitsanalyse zur männlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie

MA Stellungnahme barrierefreies Wohnen

Konzepte und Erfahrungen

Individualität, Geschlechterverhältnis und Liebe

Interkultureller Fremdsprachenunterricht. Klaus Civegna

Zur Forderung nach Mehr Männern im Mediendiskurs um Jungen als Modernisierungsverlierer

Die Wirkung im Alltag und die therapeutische Bedeutung von Assistenzhunden für körperlich behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Transkript:

Mart Busche Pädagog_innen in der Arbeit mit Jungen und Jungenarbeit Fach- und Praxistagung am 16.06.2009 KuKMA@Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin Brandenburg, Potsdam

Aufbau I. Was machen und erleben Jungen? II. Ansätze der Jungenarbeit III. Frauen_ als Akteur_innen in der Jungenarbeit

I. Doing Masculinity Externalisierung, Zwang zur Abstraktion, Coolnessdruck Abwehr & Abwertung alles Nicht-Männlichen Funktionales Körperverständnis, Gewalt Tabu der Homosexualität bzw. Homophobiegebot Oszilliert zwischen manchmal Probleme machen und manchmal Probleme haben Keiner weiß, wie Männlichkeit geht, aber alle tun so, als wüßten sie es

Aktuelle Entwicklungen Differenz zwischen rigiden Männlichkeitskonzeptionen und Verunsicherungen: tradierte Zuschreibungen fallen weg, mehr Variationsmöglichkeiten Re-Maskulinisierungen und Erstarrung von Geschlechtervorstellungen (Konkurrenz, Kumpanei) Auseinanderfallen von orientierungsgebenden, überzogenen (medialen) Männlichkeitsbildern und der erlebten Realität mit wenig alternativen Männlichkeitskonzepten (> Pädagogik)

II. Ansätze von Jungenarbeit: Vielfältig & widersprüchlich? anti-sexistische Jungenarbeit (patriarchatskritisch) lebensweltorientierte Jungenarbeit ressourcenorientierte Jungenarbeit identitätsorientierte Jungenarbeit (z. T. männlichkeitsstabilisierend) identitätskritische Jungenarbeit (männlichkeitskritisch) mythopoetische Jungenarbeit (männlichkeitsstabilisierend) etc.

Elemente von Jungenarbeit Gestaltung der Beziehung der Jungen untereinander: Alternativen zum Konkurrenzkampf Beziehung von erwachsenen, greifbaren Männern zu Jungen: lebendige Männerbilder mit Brüchen und alternativen Verhaltensmustern Inhalte, die den Gewinn der patriarchalen Dividende in Frage stellen und Alternativen eröffnen: Vielzahl potentieller Männlichkeiten Unterstützung, Förderung und Grenzsetzung durch Männer und Frauen (und andere)

Ziele von Jungenarbeit Eigenverantwortlichkeit Gelebte Erfahrungen austauschen Zugang zu eigenen Gefühlen Sich selber wahr- und ernst nehmen Erkennen eigener Interessen und Bedürfnisse Keine Abwertung und Unterdrückung von Weiblichem Abbau von Hierarchien unter Jungen und Mädchen Umgang mit Schwäche und Scheitern Sicherheit und Selbstvertrauen, neue Wege Fähigkeit zum Mitfühlen, Umsichtigkeit, Wertschätzung

III. Frauen als Akteur_innen in der Arbeit mit Jungen: Bestandsaufnahme Wo arbeiten Frauen mit Jungen? Überall, je jünger die Jungs, desto häufiger treffen wir Frauen an. Je kongnitiver die Arbeit, desto mehr Männer. Was sind die Motivationen? Individuell: Lust mit Jungen zu arbeiten Institutionell: Eine muss es ja machen Gesellschaftlich: Die Krise der armen Jungen

Doing Gender 1: Vergeschlechtliche Interaktionsprozesse Frau/Junge Über-Kreuz_Hierarchie: Geschlecht versus Alter/Status - Im Patriarchat steht Männlichkeit über Weiblichkeit - Pädagogin steht aufgrund ihres Alters/ihrer Funktion über den Jungen - Kreuzungen durch andere Kategorien: Klasse, Ethnizität, Hautfarbe, Aussehen etc. mögliche Probleme: Infragestellung der Autorität, beständiges Zugreifen wollen durch Jungen, Weiblichkeitsabwehr Auswege: Beziehungsarbeit, Irritationen, strukturelle Entlastung DISSENS e.v., Berlin 16.06.2009

Doing Gender 2: Vergeschlechtliche Interaktionsprozesse Junge/Frau Jungen sprechen Frauen an Als Mütter (Schwestern) Als Sexualobjekte Frauen sprechen Jungen an Als Problemkinder Als Kavaliere Problem: gegenseitige Reduktionen Auswege: Rollenreflexion, Verdeutlichung von Vielfältigkeit DISSENS e.v., Berlin 16.06.2009

Doing Gender 3: Vergeschlechtliche Interaktionsprozesse Junge/Frau/Mann Ich bin immer nur so gut wie mein Kollege (und umgekehrt) Contra-stereotypes Verhalten: Er die Nähe und Emotionen, sie die Distanz und das Geschraube Sexismus: beide beziehen Standpunkte Dominanz: beide beziehen Standpunkte Gleichberechtigung und egalitärer Umgang: Vorbild sein DISSENS e.v., Berlin 16.06.2009

Frauen in der Jungenarbeit: Vorurteile Nur Männer können Jungenarbeit machen Frauen haben Jungen nichts anzubieten

Argumente gegen Frauen in der Jungenarbeit Die Erlebniskongruenz fehlt. Jungen können sich nicht identifizieren. Frauen haben keinen Respekt bei bestimmten Jungen. Frauen sind körperlich zu schwach, um sich durchzusetzen. Jungen wollen nur mit männlichen Pädagogen über heikle Themen reden....

Argumente für Frauen in der Jungenarbeit Sie haben Distanz zur verwirrenden männlichen Sozialisation. Sie kennen die Probleme erwachsener Männer. Sie kommen oft ohne Konkurrenz und Wettbewerb um Männlichkeit aus. Sie geben keine männerbündischen Strukturen weiter. Sie wissen, wie eine gleichberechtigte Partnerschaft aussieht. Jungen brauchen kontra-stereotype und vielfältige Frauen als Vorbilder.

Zusammenfassung Arbeit von männlichen Fachkräften mit Jungen hat seine Berechtigung, aber Geschlecht ist kein Qualitätsmerkmal, sondern die fachliche Auseinandersetzung mit Geschlecht Neben männlichen Vorbildern sollten Jungen auch Kontakt mit Frauen mit nicht-traditionellen Geschlechter- und Lebenskonzepten haben Der gleichberechtigte Umgang im geschlechterheterogenen Team hat Vorbildcharakter

Zukunftsmusik für die Jungenarbeit Männer übernehmen gesellschaftlich mehr Verantwortung für Erziehung und Pflege Qualitätsmerkmal der Jungenarbeit ist nicht das männliche Geschlecht, sondern die kritische Auseinandersetzung damit Was ist das Ziel? Den Jungen soll es gut gehen und Kritik an Geschlechterhierarchien, Zweigeschlechtlichkeit und Zwangsheterosexualität Dialog mit Kolleg_innen, gemeinsame Reflektion von Erfahrungen Dezember 2008 DISSENS e.v., Berlin

Vielen Dank.