Richtlinien des Kreises Unna über die Anerkennung angemessener Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach 22 SGB II und 35 SGB XII

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Transkript:

Richtlinien des Kreises Unna über die Anerkennung angemessener Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach 22 SGB II und 35 SGB XII

Impressum Herausgeber Gesamtleitung Kreis Unna - Der Landrat Friedrich-Ebert-Straße 17 59425 Unna www.kreis-unna.de FB 50 Arbeit und Soziales Norbert Diekmännken -Fachbereichsleiter Druck Kreis Unna Stand Dezember 2016

Inhalt 1 Allgemeines... 2 1.1 Rechtsgrundlage... 2 1.2 Geltungsbereich... 2 1.3 Schlüssiges Konzept... 3 2 Kosten der Unterkunft... 4 2.1 Abstrakte Angemessenheit... 4 2.1.1 Richtwerte... 4 2.1.2 Vergleichsraum... 4 2.1.3 Mietkategorien... 4 2.1.4 Abstrakt angemessene Wohnfläche... 5 2.1.5 Netto- Kaltmiete... 5 2.1.6 Kalte Betriebskosten... 5 2.1.7 Brutto- Kaltmiete... 5 2.2 Konkrete Angemessenheit... 6 2.3 Verfahrensregelungen bei Problemimmobilien... 7 3 Kosten der Heizung... 7 4 Schlussbestimmungen... 8 5 Inkrafttreten... 8. 1

1 Allgemeines Wohnen stellt für den Menschen seit jeher ein Grundbedürfnis dar und ist damit für ihn von existentieller Bedeutung. Dies gilt unabhängig von seiner sozialen Stellung. Dem Schutz der Wohnung wird im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Art. 13 als Grundrecht eigenständig Rechnung getragen. Eine effektive Gewährleistung der Versorgung für Haushalte, die sich nicht aus eigenen Mitteln mit Wohnraum versorgen können, ist wesentliche Aufgabe staatlicher Verwaltung und Ausfluss des Sozialstaatsprinzips nach Art. 20 und Art. 28 des Grundgesetzes. Leistungsempfängern steht somit als Existenzminimum ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf Gewährung von Unterkunft und Heizung zu. 1.1 Rechtsgrundlage In der Sozialgesetzgebung sind sowohl im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als auch im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gesonderte Regelungen zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung getroffen. Gemäß 22 SGB II und 35 SGB XII in der jeweils gültigen Fassung werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Bei der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen rechtssichere Konkretisierung dem kommunalen Träger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bzw. dem örtlichen Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII obliegt. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit unterliegt vollumfänglich der richterlichen Kontrolle. Der Kreis Unna ist kommunaler Träger nach 6 Abs. 1 SGB II und örtlicher Träger der Sozialhilfe im Sinne des 97 SGB XII (Träger). Einen Teil seiner Aufgaben nach dem SGB XII hat der Kreis Unna im Rahmen einer Delegationssatzung auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden (Kommunen) übertragen. Mit dieser Richtlinie nimmt der Kreis Unna seine Regelungskompetenz als Träger wahr. Zu den grundsätzlichen Bestimmungen dieser Richtlinie werden gesondert Arbeitshinweise erstellt, welche weitergehende Ausführungen zur aktuellen Rechtsprechung und zur Handhabung genereller und einzelfallbezogener Sachverhalte beinhalten. 1.2 Geltungsbereich Die Richtlinie dient als Maßgabe für die Gewährung angemessener Unterkunfts- und Heizkosten im Regelfall, um eine Gleichbehandlung der leistungsberechtigten Personen nach dem SGB II und auch nach dem SGB XII im gesamten Kreis Unna sicherzustellen. Die Richtwerte zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten sind bei der Bearbeitung eines jeden Neuantragsverfahrens und in bereits laufenden Vorgängen bei jedem Weiterbewilligungsverfahren zugrunde zu legen. 2

Richtlinie und Arbeitshinweise sind für die Sachbearbeitung bindend. Sie befreien die sachbearbeitende Person aber nicht von der Verpflichtung zur Prüfung der besonderen Umstände des Einzelfalls im Rahmen des Individualitätsprinzips unter Berücksichtigung aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung und Gesetzgebung. Maßgebende Gründe für eine von der Richtlinie abweichende Leistungsbewilligung sind zu dokumentieren. 1.3 Schlüssiges Konzept Die Ermittlung der regional angemessenen Kosten der Unterkunft muss auf der Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzepts zur Datenerhebung und Datenauswertung unter Einhaltung mathematisch- statistischer Grundsätze erfolgen. 1 Dieses schlüssige Konzept soll hinreichend Gewähr dafür bieten, dass die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergegeben werden. Um den Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen, hat der Kreis Unna die Erstellung eines solchen schlüssigen Konzepts in Auftrag gegeben. In einer umfangreichen Mietwerterhebung wurden hierfür über den Erhebungszeitraum vom 01.04.2015 bis zum 30.09.2015 über 45.000 relevante Mietwerte (Bestands- und Angebotsmieten) ausgewertet. Die Mietwerterhebung enthält folgende Bausteine: - Datenerhebung für jede Kommune des Kreisgebietes - Repräsentativ angelegte Erhebung von Bestandsmieten (inkl. Neuvertragsmieten) - Erhebung von aktuellen Angebotsmieten - Ermittlung regionaler Mietpreisobergrenzen unter Einbeziehung von Bestands- und Angebotsmieten Die Werte der ersten Erhebung wurden bereits für den Zeitraum 01.01.2016 bis 30.06.2016 überprüft. Diese Fortschreibung wurde sowohl anhand der Preisentwicklung des Verbraucherpreisindex für Wohnungsmieten und Wohnnebenkosten als auch anhand der Preisentwicklung der Angebotsmieten im o.g. Zeitraum vorgenommen. Unter Ausschluss von Mehrfachinseraten und nicht relevanten Angebotsmieten wurden dabei erneut knapp 2.400 Mietwerte ausgewertet. 1 BSG, 22.09.2009, AZ B 4 AS 18/09 R 3

2 Kosten der Unterkunft 2.1 Abstrakte Angemessenheit Im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsprüfung wird losgelöst von den tatsächlich anfallenden Kosten festgelegt, bis zu welcher Kostenhöhe ein Leistungsanspruch für die Kosten der Unterkunft besteht. Liegen die Kosten der Unterkunft (Bruttokaltmiete vgl. Ziff. 2.1.7) unterhalb dieser Kostenhöhe, sind sie angemessen und entsprechend zu übernehmen (Nichtprüfungsgrenze). Andernfalls ergeben sich bei Überschreiten der Angemessenheitswerte im Rahmen der konkreten Angemessenheit weitere Prüfschritte (vgl. Ziff. 2.2). 2.1.1 Richtwerte Richtwerte sind durch das schlüssige Konzept ermittelte Beträge, die sich aus dem Produkt der abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis zuzüglich der ermittelten Nebenkostenwerte ergeben. 2.1.2 Vergleichsraum Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der Erhebung eines schlüssigen Konzeptes ein räumlicher Vergleichsraum abstrakt - genereller Art festzulegen, in welchem die Richtwerte für die angemessenen Kosten der Unterkunft definiert werden. Es ist sicherzustellen, dass ausreichend große Räume der Wohnbebauung vom Vergleichsraum umfasst sind. 2 Bei der Festlegung des Vergleichsraumes handelt es sich um eine politische Festlegung, die gerichtlich nicht zur Überprüfung steht. Der Kreis Unna hat das gesamte Gebiet des Kreises Unna als Vergleichsraum festgelegt und die Datenerhebung entsprechend auf diesen Vergleichsraum erstreckt. 2.1.3 Mietkategorien Innerhalb des Vergleichsraumes ist für eine weitere örtliche Differenzierung die Festlegung von Mietkategorien erforderlich, um eine Segregation bzw. Ghettoisierung zu vermeiden 3 Es wird sichergestellt, dass dem Leistungsempfänger das Anmieten von Wohnraum im gesamten Vergleichsraum möglich bleibt. Im Kreis Unna bildet jede Kommune eine eigene Mietkategorie (Bergkamen, Bönen, Fröndenberg/Ruhr, Holzwickede, Kamen, Lünen, Schwerte, Selm, Unna und Werne). 2 BSG, 19.02.2009, AZ B 4 AS 30/08 R 3 BSG, 10.09.2013, AZ B 4 AS 77/12 R 4

2.1.4 Abstrakt angemessene Wohnfläche Zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnfläche hat die höchstrichterliche Rechtsprechung 4 die Bestimmungen der Länder zum Wohnraumförderungsrecht herangezogen. Für NRW sind die Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) zur Bestimmung der abstrakten Wohnflächen maßgebend. 5 Es gelten folgende Wohnflächenhöchstwerte: Haushaltsgröße nach Personen Eine Person Zwei Personen Drei Personen Vier Personen Weitere Personen Wohnflächenhöchstwert bis 50 qm bis 65 qm bis 80 qm bis 95 qm zusätzlich je bis zu 15 qm mehr 2.1.5 Netto - Kaltmiete Die Netto- Kaltmiete stellt eine vertragliche Vereinbarung dar, wonach das eigentliche Entgelt für die Gebrauchsüberlassung gesondert ausgewiesen und von den Betriebskosten, die als Pauschale oder Vorauszahlung erhoben werden, getrennt wird. Durch die Datenerhebung zum schlüssigen Konzept werden die abstrakt angemessenen Werte der Netto - Kaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die jeweils angemessene Wohnungsgröße im Kreis Unna festgelegt. 2.1.6 Kalte Betriebskosten Die kalten Betriebskosten im Sinne dieser Richtlinie beinhalten die Betriebskosten nach 2 Betriebskostenverordnung mit Ausnahme der Kosten der Heizung (s. hierzu Ziff. 3). 2.1.7 Brutto - Kaltmiete Für die Beurteilung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist die Höhe der Bruttokaltmiete (ohne Heizkosten) ausschlaggebend. Abweichungen bei den jeweiligen Einzelwerten (Nettokaltmiete, kalte Betriebskosten oder Wohnungsgröße) sind unproblematisch, soweit das Gesamtprodukt nicht überschritten wird. 6 4 BSG, 07.11.2006, AZ B 7b AS 18/06 R 5 BSG, 16.05.2012, AZ B 4 AS 109/11 R 6 BSG, 07.11.2006, AZ B 7b AS 18/06 R 5

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergeben sich für die Kommunen im Kreis Unna folgende Richtwerte: Kommune Angemessene maximale Brutto-Kaltmiete (pro Monat) Haushaltsgröße 1 Personen (bis 50 m²) 2 Personen (bis 65 m²) 3 Personen (bis 80 m²) 4 Personen (bis 95 m²) 5 Personen und mehr (> 95 m²) 6 jede weitere Person (+ 15 m 2 ) Stadt Bergkamen 331,50 404,95 488,00 582,35 674,30 91,95 Bönen 312,00 385,45 502,40 623,20 715,00 97,50 Stadt Fröndenberg 327,00 416,65 512,00 611,80 669,90 91,35 Holzwickede 336,00 423,80 486,40 593,75 702,90 95,85 Stadt Kamen 333,50 424,45 518,40 605,15 695,20 94,80 Stadt Lünen 335,50 414,70 512,80 597,55 684,20 93,30 Stadt Schwerte 337,00 421,85 504,00 608,00 706,20 96,30 Stadt Selm 347,00 443,95 530,40 621,30 717,20 97,80 Stadt Unna 339,00 414,05 506,40 611,80 701,80 95,70 Stadt Werne 317,00 397,15 474,40 589,95 719,40 98,10 2.2 Konkrete Angemessenheit Leistungen für Unterkunft und Heizung werden gem. 22 Abs. 1 SGB II bzw. 35 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII grundsätzlich nur in Höhe der angemessenen Aufwendungen erbracht. Leben leistungsberechtigte Personen bei der Beantragung der Leistung in einer abstrakt unangemessenen Wohnung, sind gem. 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II beziehungsweise 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII übergangsweise die tatsächlichen Unterkunftskosten als Bedarf zu berücksichtigen. Zur Kostensenkung auf das angemessene Maß durch Wohnungswechsel können Leistungsberechtigte nur unter Berücksichtigung von Zumutbarkeit und Wirtschaftlichkeit aufgefordert werden. Daneben ist die konkrete Angemessenheit bei der Zusicherung bei Neuanmietung nach 22 Abs. 4 SGB II und 35 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zu prüfen. Die Prüfung der konkreten Angemessenheit erfordert folgende Prüfschritte: - Überschreiten der Nichtprüfungsgrenze(vgl. Ziffer 2.1) - Rechtfertigungsgründe der Überschreitung - Vorhandensein von kostengünstigem Wohnraum Stellt sich bei der Prüfung der konkreten Angemessenheit heraus, dass die Unterkunftskosten unangemessen sind, muss weiter geprüft werden, ob die leistungsberechtigte Person zur Kostensenkung aufzufordern ist. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen: - Subjektive Unzumutbarkeit wegen persönlicher Lebensumstände - Objektive Unmöglichkeit 6

- Wirtschaftlichkeit Die umfangreiche Rechtsprechung und Kasuistik zu den einzelnen Punkten wird in den Arbeitshinweisen dargelegt. Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist im Einzelfall zu prüfen, ob ausnahmsweise ein Energiebonus Berücksichtigung finden kann. Damit soll den Leistungsempfängern die Möglichkeit eröffnet werden, energetisch sanierten Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Höhere Aufwendungen für die Nettokaltmiete sollen dabei durch Einsparungen bei den Heizkosten kompensiert werden. Auf der Grundlage des Energieausweises ist daher ein verbrauchsabhängiger Energiezuschlag auf die Nettokaltmiete zu gewähren. Liegen im Einzelfall (noch) keine Angaben zu Verbrauchswerten vor, ist ersatzweise auf den Energiebedarf abzustellen. Sofern die Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung in der Gesamtschau angemessen sind, kann auf Kostensenkungsmaßnahmen verzichtet werden. Die genaue Vorgehensweise und Werte zum Energiebonus finden sich ebenfalls in den Arbeitshinweisen. 2.3 Verfahrensregelungen bei Problemimmobilien Als Problemimmobilien gelten vernachlässigte oder verwahrloste Immobilien. Im Regelfall sind auch hier Mietwerte anzuerkennen, die sich innerhalb der abstrakten Angemessenheitsprüfung bewegen. Für Problemimmobilien können im konkreten Fall jedoch auch diese Werte unangemessen hoch sein. Wenn sich bei der Angemessenheitsprüfung offensichtliche Erkenntnisse ergeben, dass die angemessenen Mietwerte aufgrund dieser Richtlinie ausgeschöpft werden sollen, ohne dass der Zustand des Mietobjektes dies rechtfertigt, ist der Kreis Unna als kommunaler Träger des Jobcenters bzw. als Sozialhilfeträger zu unterrichten. Der Kreis Unna behält sich vor, im Einzelfall eine abweichende Regelung zur Angemessenheit der Miete zu treffen. Diese kann darin bestehen, für Problemimmobilien ein Sondergutachten erstellen zu lassen oder den Mieter in der Wahrnehmung seiner Mieterrechte zu unterstützen. 3 Kosten der Heizung Auch Bedarfe für Heizung werden gemäß 22 Abs. 1 SGB II beziehungsweise 35 Abs. 4 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Ein aktueller kommunaler Heizkostenspiegel ist nicht vorhanden. Im Rahmen der Einzelfallprüfung bei den Heizkosten ist deshalb auf den Bundes - Heizkostenspiegel (www.heizspiegel.de), und zwar jeweils die rechte Spalte ( zu hoch ), zurückzugreifen 7. Es ist auf die Grenzwerte abzustellen, die sich aus dem zum Zeitpunkt der Entscheidung jeweils aktuellen bundesweiten Heizspiegel ergeben. 7 BSG, 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R 7

Der Grenzwert der Heizkosten errechnet sich unter Berücksichtigung des jeweiligen Energieträgers aus einem Grenzbetrag pro Quadratmeter und der maßgebenden Wohnflächenobergrenze. Dabei ist der Grenzbetrag dem Bundes-Heizkostenspiegel zu entnehmen und beinhaltet die Kosten je qm und Jahr. Bei Überschreiten der Angemessenheitsgrenze ist die Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens zu prüfen. 4 Schlussbestimmungen Die Richtlinie wird nach Bedarf bei geänderter Rechtslage oder veränderter Verhältnisse entsprechend angepasst, insbesondere dann, wenn sich die Richtwerte zu den Kosten der Unterkunft ändern. Das schlüssige Konzept zur Wertermittlung ist auf Antrag oder innerhalb der Öffnungszeiten bei der Kreisverwaltung Unna, Fachbereich Arbeit und Soziales, Friedrich- Ebert- Str. 17, 59425 Unna, einsehbar. 5 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt zum 01.01.2017 in Kraft. Gleichzeitig werden die Richtlinien des Kreises Unna zur Gewährung angemessener Unterkunftskosten nach 22 SGB II und 35 SGB XII, Stand Mai 2013, sowie die Richtlinien des Kreises Unna zur Gewährung angemessenerer Heizkosten nach dem SGB II und dem SGB XII, Stand Januar 2011, außer Kraft gesetzt. Unna, den 20.12.2016 Der Landrat Im Auftrage gez. Norbert Diekmännken Leiter Fachbereich Arbeit und Soziales 8