Stellungnahme. der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. S. 1 BvR 1886/06. Erarbeitet vom



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Transkript:

Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. S. 1 BvR 1886/06 Erarbeitet vom Verfassungsrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Kirchberg, Karlsruhe, Vorsitzender Rechtsanwalt Dr. Christian Bracher, Berlin Rechtsanwalt und Notar Dr. Wolfgang Kuhla, Berlin, (Berichterstatter) Rechtsanwalt Dr. Christofer Lenz, Stuttgart Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Quaas, Stuttgart Rechtsanwalt und Notar Prof. Dr. Bernhard Stüer, Münster Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Uechtritz, Stuttgart Rechtsanwalt Frank Johnigk, Bundesrechtsanwaltskammer, Berlin April 2007 BRAK-Stellungnahme-Nr. 9/2007

2 I. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Er hat im Januar 2004 über die Internet- Plattform Ebay drei Beratungspakete zur Versteigerung angeboten: - Eine Beratung bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen zu einem Startpreis von 1, - eine Beratung bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen zu einem Startpreis von 75 und - einen Exklusivberatungsservice (5 Zeitstunden) zu einem Startpreis von 500. Das Angebot erfolgte unter Verwendung eines Babyfotos. Die Rechtsanwaltskammer Berlin hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Februar 2004 mitgeteilt, dass sie sein Verhalten als berufsrechtswidrig ansehe. Sie hat ihn ferner aufgefordert, weitere Auktionen in der beschriebenen Weise bis auf Weiteres zu unterlassen. Die Rechtsanwaltskammer Berlin hat sodann den Beschwerdeführer unter dem 15. September 2004 auf der Grundlage eines Beschlusses gem. 74 Abs. 1 BRAO eine Rüge erteilt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Versteigerung von anwaltlichen Dienstleistungen in der Form von Internetauktionen als marktschreierische Werbung berufsrechtswidrig sei. Der gegen diese Rüge eingelegte Einspruch des Beschwerdeführers ist von der Rechtsanwaltskammer Berlin unter dem 29. August 2005 zurückgewiesen worden. Die Kammer hat im Einzelnen ausgeführt, die Verwendung eines Babyfotos im Rahmen des Angebots entspreche nicht dem Sachlichkeitsgebot des 43b BRAO. Auch die Versteigerung von anwaltlichen Dienstleistungen als solche verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot des 43b BRAO, da der Eindruck erweckt werde, die anwaltliche Leistung sei eine normierte Handelsware, mit der der Anwalt lediglich Gewinn erzielen möchte. Der Beschwerdeführer hat daraufhin gem. 74a BRAO eine Entscheidung des Anwaltsgerichts Berlin beantragt. Das Gericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung am 14. Juni 2006 zurückgewiesen. Es hat in der Verwendung eines Fotos mit einem Babygesicht für das Beratungsangebot wie die Rechtsanwaltskammer Berlin einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des 43b BRAO gesehen. Es meinte ferner, dass das Angebot des Antragstellers auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sei. Es hat die Argumentation der Rechtsanwaltskammer Berlin auch insoweit

3 bestätigt, als durch die Versteigerung der anwaltlichen Leistung der Eindruck erweckt werde, die anwaltliche Leistung sei eine Handelsware, mit der der Anwalt lediglich Gewinn erzielen möchte. Das Anwaltsgericht hat schließlich festgestellt, durch die Versteigerung würden die gebührenrechtlichen Bestimmungen konterkariert, wonach bei Rahmengebühren anhand gesetzlich festgelegter Kriterien die Gebühren vom Rechtsanwalt festzulegen seien. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Verfügung der Rechtsanwaltskammer vom 26. Februar 2004, die Rüge der Rechtsanwaltskammer vom 15. September 2004 und den Beschluss des Anwaltsgerichts vom 14. Juni 2006. II. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Verfügung der Rechtsanwaltskammer Berlin vom 12. Februar 2004 für unzulässig, im übrigen für unbegründet. 1. Wenn eine Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt auffordert, sich nicht erneut in einer bestimmten Weise zu verhalten, dann ist der Rechtsschutz nach 223 BRAO eröffnet. (Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Auflage, 2003, 223 Rn. 28 m.w.n.) Die an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung der Rechtsanwaltskammer Berlin vom 26. Februar 2004, weitere Auktionen bis auf weiteres zu unterlassen, war daher als Verwaltungsakt im Sinne des 223 Abs. 1 BRAO zu qualifizieren. (Zur Frage, ob eine Rechtsanwaltskammer befugt ist, derartige Untersagungsverfügungen zu erlassen, s. BGHZ 153, 61) Der Beschwerdeführer hätte insoweit die Möglichkeit gehabt binnen der Monatsfrist des 223 Abs. 1 Satz 2 BRAO einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen. Das hat er versäumt. Die Verfassungsbeschwerde ist daher insoweit gem. 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG unzulässig.

4 2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. a) Die Rechtsanwaltskammer Berlin und das Anwaltsgericht Berlin haben ihre Entscheidungen auf 43b BRAO gestützt. Diese Norm orientiert sich an der Wegweisung (Eylmann in: Henssler/Prütting, BRAO, 2. Auflage 2004, 43b Rn. 5), die das BVerfG dem Gesetzgeber für die Ausgestaltung des anwaltlichen Werberechts gegeben hat. Das Sachlichkeitsgebot des 43b BRAO will einer Verfälschung des Berufsbildes des freiberuflich tätigen Rechtsanwalts durch die Verwendung von Werbemethoden verhindern, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind. (BVerfGE 76, 196 [207]; 60, 215 [232]; 33, 125 [170]). Das Sachlichkeitsgebot gem. 43b BRAO findet seine Rechtfertigung in der Abgrenzung der anwaltlichen Tätigkeit von einer gewerblichen Tätigkeit. Es wirkt einer rein geschäftsmäßigen Einstellung entgegen, die das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Anwaltschaft schmälern könnte. Es handelt sich um eine grundrechtskonforme Regelung der Berufsausübung. b) Nach den Grundsätzen der verfassungsgerichtlichen Überprüfbarkeit fachgerichtlicher Entscheidungen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]; 95, 96 [127 f.]) sind die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht weitgehend entzogen. Gerichtliche Entscheidungen können - abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot - nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Norm die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im

5 Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt. Die Auslegung und Anwendung von 43b BRAO durch das Anwaltsgericht Berlin verstößt in diesem Sinne nicht gegen den Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG: aa) Es bestehen keine grundrechtlichen Bedenken dagegen, dass das Anwaltsgericht Berlin das Auktionsangebot des Beschwerdeführers als Werbemaßnahme angesehen hat, die von der Berufsausübungsregel des 43b BRAO erfasst wird. Die drei Angebote des Beschwerdeführers zielten nicht nur auf das Zustandekommen eines Beratungsvertrages mit dem jeweils Höchstbietenden ab. Bei lebensnaher Betrachtung dienten die Auktionsangebote vielmehr auch dazu, allgemein auf das anwaltliche Beratungsangebot des Beschwerdeführers aufmerksam zu machen. bb) Das Anwaltsgericht hat sich der Rechtsauffassung der Rechtsanwaltskammer angeschlossen, die davon ausgegangen war, die Versteigerung erwecke den Eindruck, die anwaltliche Dienstleistung sei eine Handelsware, mit der der Anwalt lediglich Gewinn erzielen möchte. Soweit das Anwaltsgericht damit unter diesem Aspekt einen Verstoß gegen 43b BRAO bejahen wollte, ist dies grundrechtlich nicht zu beanstanden, denn durch die Eigentümlichkeit des Auktionsverfahrens wird tatsächlich der Preis zum ausschließlichen Kriterium für das Zustandekommen eines Mandatsverhältnisses. Darüber hinaus würde der Beschwerdeführer ein solches Mandatsverhältnis blind eingehen. Weder würde er seinen Mandanten vor dem Wirksamwerden des Mandatsvertrages persönlich kennen lernen, noch würde er den genauen Gegenstand des ihm angetragenen Mandats erfahren. Das ist mit der durch ein spezifisches Vertrauensverhältnis gekennzeichneten Beziehung des Anwalts zu seinem Mandanten nicht zu vereinbaren. Mehr noch: der Beschwerdeführer hätte keine Möglichkeit vor dem Zustandekommen des Mandatsverhältnisses die berufsrechtlich gebotenen Prüfungen vorzunehmen, ob er das Mandat überhaupt annehmen kann (Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen etc.).

6 Die Art des Angebots ist zudem geeignet einen potentiellen Mandanten zum Mitsteigern zu reizen, der bislang noch keinen Beratungsbedarf verzeichnete oder diesen kaum entwickelt hatte. Der auktionstypisch niedrige Preis vermittelt zunächst den Eindruck eines Schnäppchens, das man mitnehmen könne. Wenn der Preis dann steigt, wird sich mancher dem Sog des Auktionsverfahrens nicht mehr entziehen, sondern bietet mehr, als er zu Beginn der Auktion zu bieten bereit war. Dabei wird die zeitliche Begrenzung des Auktionsverfahrens und der dadurch begründete Zeitdruck geschickt genutzt, bei dem potentiellen Mandanten den Eindruck entstehen zu lassen, er müsse weiterhin mitbieten, um seine Chance zu wahren, eine anwaltliche Beratung zu einem besonders günstigen Preis zu erlangen. Das Auktionsverfahren macht sich so eine jahrhundertealte Verkaufsstrategie zu eigen, deren Wirkungsweise und Erfolg noch heute auf jedem Wochenmarkt beobachtet werden kann, aus den dargelegten Gründen mit der Eigenart eines Rechtsberatungsangebots aber nicht zu vereinbaren ist. cc) Das Anwaltsgericht hat in der Verknüpfung des Beratungsangebots mit dem Foto eines Babygesichts einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot gesehen. Diese Wertung beruht auf einer grundrechtswidrigen Überdehnung des Sachlichkeitsgebots. Das Foto konnte zwar nicht zur Unterrichtung über den Inhalt der angebotenen Beratungsleistung beitragen. Ein Verständnis von 43b BRAO, das es dem Anwalt verwehrt, durch einen grafischen, fotografischen oder auch sprachlichen Aufmacher die Aufmerksamkeit auf die eigentliche werbliche Aussage zu lenken, wäre allerdings unverhältnismäßig und mit Art 12. Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar. Es kann aber im Ergebnis dahinstehen, ob das Anwaltsgericht insoweit zu Recht angenommen hat, dass die Werbemaßnahme des Beschwerdeführers gegen das Sachlichkeitsverbot verstieß. Denn es handelte sich um eine einheitliche Maßnahme, die wie ausgeführt jedenfalls aus anderen, mit Art. 12 GG zu vereinbarenden Erwägungen 43b BRAO verletzte.

7 dd) Das Anwaltsgericht hat in der Teilnahme an der Internetauktion auch eine gegen 43b BRAO verstoßende Werbung um die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gesehen. Es ist fraglich, ob dem einfachrechtlich zu folgen ist. Der Beschwerdeführer wusste nicht, ob und bei welchem der Besucher der ebay-web-site ein konkreter Beratungsbedarf vorhanden war. Die Werbung des Beschwerdeführers zielte so eher auf eine unbestimmte Vielzahl potenzieller, noch nicht konkretisierter Mandate. Es fehlte an einem gezielten Herantreten an einen bestimmten potenziellen Mandanten in Kenntnis dessen bereits zu Tage getretenen Beratungs- oder Vertretungsbedarfs. (Vgl. OLG München NJW 2002, 760 zu einem vergleichbar gelagerten Sachverhalt der internet- Werbung). Auch insoweit kann letztlich offen bleiben, ob die Einschätzung des Anwaltsgerichts zutreffend war, denn die einheitliche Werbemaßnahme des Beschwerdeführers verstieß aus anderen, mit Art. 12 GG zu vereinbarenden Erwägungen gegen 43b BRAO. ee) Das Anwaltsgericht hat schließlich festgehalten, durch die Preisgestaltung im Ergebnis einer Versteigerung werde das anwaltliche Gebührenrecht konterkariert, wie es in 12 BRAGO (jetzt 14 RVG) für Rahmengebühren geregelt sei. Das Gericht ist dabei auf 3 Abs. 5 BRAGO (jetzt 4 Abs. 2 RVG) nicht eingegangen, der im außergerichtlichen Bereich die Vereinbarung einer unter den gesetzlichen Gebühren liegenden Zeitvergütung erlaubte. Auch insoweit kann allerdings offen bleiben, ob es sich überhaupt um eine Erwägung des Anwaltsgerichts handelte, die die angegriffene Entscheidung mit tragen sollte. Die Werbemaßnahme des Beschwerdeführers kann nur einheitlich beurteilt werden und verstieß jedenfalls aus anderen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Gründen gegen 43b BRAO. * * *