Geotechnische Bewertung der Felsböschungen im Saargrund, Tunnel Bleßberg, Notausgang 4

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Transkript:

Geotechnische Bewertung der Felsböschungen Dr.-Ing. René Hellmann, GEPRO Ingenieurgesellschaft mbh Dresden (Referent) Dipl.-Ing. Bodo Kind, DB ProjektBau GmbH, Regionalbereich Südost 1

Gliederung 1 Einführung 2 Veranlassung und Aufgabenstellung 3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg 4 Empfohlene Variante - realisierte Variante 5 Resümee Ingenieurgeologisches Böschungsmodell (kinematisch mögliche Bruchmechanismen) Standsicherheitsmodell (Bewertung der maßgebenden Bruchmechanismen) Gefährdungs- und Sicherungsmodell (Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit) 2

1 Einführung Projekt VDE 8.1 NBS Ebensfeld Erfurt Tunnel Bleßberg (L = 8.314 m) längster Tunnel der VDE 8 Kalottenvortrieb Tunnel Bleßberg 3

1 Einführung Tunnel Bleßberg unterquert den Hauptkamm des Thüringer Waldes (max. Überdeckung 330 m) S N 4

1 Einführung Notausgang 4 (NA 4) an der B 281 zwischen Saargrund und Siegmundsburg NA 4 Siegmundsburg 5

1 Einführung Notausgang 4 als Rettungsschacht (Teufe = 40 m) im Kerbtal des Saargrundes Geologie: Ordovizium NA 4 6

1 Einführung Notausgang 4 als Rettungsschacht (Teufe = 40 m) im Kerbtal des Saargrundes NA 4 7

2 Veranlassung und Aufgabenstellung Schachtkopfgebäude liegt am Fuß einer bis ~ 45 m hohen Steilböschung mit Halde AN meldet diesbezügl. Bedenken an - keine gefahrlose Bauausführung möglich!? Baufeldgrenze Schachtkopfgebäude 8

2 Veranlassung und Aufgabenstellung Steinbruch Vermessung/DGM bis dahin nur aus Befliegung Auflässiger auflässiger Quarzit-Steinbruch im Saargrund 9

2 Veranlassung und Aufgabenstellung Baufeldgrenze verläuft z. T. über die Blockschutthalde z. T. starker Bewuchs Steilböschung Lage Schacht Blockschutthalde 10

2 Veranlassung und Aufgabenstellung Steilböschung Baufeldgrenze Schachtkopfgebäude Blockschutthalde Rettungsschacht 11

2 Veranlassung und Aufgabenstellung DB ProjektBau GmbH beauftragt geotechnischen Sachverständigen (ARCADIS Consult GmbH) mit der Untersuchung und Bewertung der Felsböschung Ziele: - Feststellung des Gefährdungspotentials für Personen und Objekte - Vorschläge von Maßnahmen zur gefahrlosen Ausführung des Baus 12

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Ablaufschema für Standsicherheitsuntersuchungen im Fels* * IfB Leipzig, 1989 Ingenieurgeologisches Böschungsmodell Standsicherheitsmodell Bisherige Standsicherheitsveränderungen Gefährdungs- und Sicherungsmodell Einwirkungen Festigkeitsverhalten von Gestein und Gebirge Kinematisch möglicher Bruchmechanismus Bewertung des kinematisch möglichen Bruchmechanismus Geometrische Charakteristika Mögl. Standort von Personen und zu schützenden Objekten Form und Bewertung des Bewegungsmechanismus nach dem Bruch Vorhandene sicherheitsgewährleistende Maßnahmen Gefährdung von Personen und zu schützenden Objekten Ableitung sicherheitsgewährleistender Maßnahmen 13

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Ingenieurgeologisches Böschungsmodell Stratigraphie: Oberer Frauenbachquarzit (OFr3) Ingenieurgeologische Aufnahme der Felsböschungen Einteilung in Geotechnische Homogenbereiche (HG) HG II HG I HG IIIb 14

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Ingenieurgeologisches Böschungsmodell Tonschiefer mit Quarzporphyrgang Auflockerungs- und Ausbruchzonen! HG IV kritischer Bereich 15

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Ingenieurgeologisches Böschungsmodell Raumlage und Ausbildung des Trennflächengefüges - Einteilung der HG s Baufeldgrenze 16

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Ingenieurgeologisches Böschungsmodell Kinematisch mögliche Bruchmechanismen? Translation (Gleiten) Rotation (Kippen) oder Kombinationen i. V. m. Fallen, Springen, Rollen, Kriechen usw. Großkreisdarstellung des Trennflächeninventars pk1 potentielle Gleitfläche EFW 17

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Standsicherheitsmodell Bewertung kinematisch möglicher Bruchmechanismen? Gleiten ist möglich (Gleiten auf vorgegeben Trennflächen) Kippen ist möglich (Ausbrechen, Ausknicken, Fallen, Springen) Bewegungsformen (Rollen, Rutschen, Kriechen auf der Halde) Überhänge! Maßgebender Bruch- / Bewegungsmechanismus: Fall-Sprung-Situation in Kombination mit Rollen/Springen Verfahren nach HALLBAUER : h a 4 1 8 h 1 h 1 2 max. Reichweite Steinschlag! 18

3 Untersuchungsmethodik und Lösungsweg Gefährdungs- und Sicherungsmodell - Fall-Sprung-Situation Einschlagpunkte sicher! 19

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Generelle Strategie Ableitung sicherheitsgewährleistender Maßnahmen Empfehlung Variante A: Verhinderung von Steinschlägen und Felsstürzen Vollsicherung Roden von standsicherheitsminderndem Bewuchs Beräumungen Verhängungen Vernetzung der Zone mit nichtstandsicheren Böschungsbereichen Fangzäune (dyn./stat.) Verankerungen ggf. in Verbindung mit Stützknaggen Versiegelung von Felsbereichen Stütz- / Futtermauern u.ä. Variante B: Verkleinerung des Gefährdungsbereiches Teilsicherung Roden Beräumungen Teilverhängungen Teilvernetzung Lokale Verankerungen ggf. in Verbindung mit Stützknaggen Teilversiegelung in Kombination mit Fangkonstruktionen zur Erweiterung des nichtgefährdeten Bereiches (Wälle, Dämme usw.) Überwachungseinrichtungen, Frühwarnsysteme usw. Variante C: Meidung des Gefährdungsbereiches Umverlegung Verlagerung des Standortes von Personen und zu schützenden Objekten in nicht gefährdete Bereiche des Steinbruchs durch Verlängerung des Rettungsstollens und / oder Verschwenkung / Abknicken / Ausrundung der Querschlagachse in nördliche Richtung ggf. mit Um- bzw. Neuplanung verbunden 20

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Gefährdungskarte Diskussion mehrerer Varianten G Grundvariante Planung C alternative Standorte des Schachtkopfgebäudes Schutzwall 21

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Ausführung durch den AN Blockschutthalde Schutzschüttung Stützwand Schachtkopfgebäude Maßnahmen: Verlagerung des Baufeldes zur Vermeidung von Gefährdungen Im Bau: Schutzwall als bauzeitliche Sicherung für Personen im Baufeld Im Endzustand: Beibehaltung des Standortes Schachtkopfgebäude zusätzliche Schutzschüttung und Stützwand zum Schutz im Bereich des Rettungsplatzes 22

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Ausführung durch den AN Bauzustand Temporärer Schutzwall 23

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Ausführung durch den AN Bauzustand Schachtkopfgebäude Stützwand Temporärer Schutzwall 24

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Ausführung durch den AN N Endzustand S Schnitt der Schutzschüttung Stützwand 25

4 Empfohlene Variante realisierte Variante Ausführung durch den AN Endzustand Blockschutthalde Schutzschüttung Kompensationsraum Steinschlag / Felssturz 26

5 Resümee Zur Bewertung von (Fels)böschungen hat sich ein Vorgehen in Etappen bewährt. Empfehlung 1. Etappe: Böschungsmodell 2. Etappe: Standsicherheitsmodell 3. Etappe: Gefährdungs- und Sicherungsmodell Gutachter berät den Bauherrn vertretbares geotechnisches Risiko? Bauherr trägt die Verantwortung Sorgfaltspflicht! (safety first!) Optimale Lösung = Abwägungsprozess unter Einbeziehung aller Beteiligten (hier: nicht jede Felssicherung muss eine Vollsicherung sein) Projekterfolg hängt vom konstruktiven Umgang der Beteiligten miteinander ab. 27

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 28