Untersuchungshaft bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten in Bremen im Jahr 2012

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Transkript:

Untersuchungshaft bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten in Bremen im Jahr 2012

I. Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden Dringender Tatverdacht = hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist Vorliegen eines Haftgrundes > Flucht ( 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO) > Fluchtgefahr ( 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) > Verdunkelungsgefahr ( 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO) 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 2

> Tatschwere ( 112 Abs. 3 StPO mit abgeschlossenem Straftatenkatalog) > Wiederholungsgefahr ( 112a StPO) Verhältnismäßigkeit ( 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung nach 72 Abs. 1 JGG bei Jugendlichen (nicht bei Heranwachsenden nach 109 Abs. 1 JGG) 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 3

> Untersuchungshaft darf nur verhängt und vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann > Anordnung und Vollstreckung von Untersuchungshaft sind stets subsidiär! 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 4

> Jugendgerichtshilfe muss von der vorläufigen Festnahme, dem Erlass eines Haftbefehls und von der Vollstreckung desselben unverzüglich unterrichtet werden > Jugendgerichtshilfe ist der Verkehr mit dem in Untersuchungshaft befindlichen Jugendlichen wie einem Verteidiger gestattet ( 72b S. 1 JGG) 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 5

> besondere Belastungen des Vollzugs für Jugendliche sind zu berücksichtigen > besondere inhaltliche Anforderungen an den Haftbefehl aufgrund des Grundsatzes der Subsidiarität (andere Maßnahmen, insbesondere einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe dürfen nicht ausreichen) 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 6

bei Jugendlichen unter 16 Jahren Anordnung der Untersuchungshaft bei Haftgrund der Fluchtgefahr ( 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) nur, wenn sich der Beschuldigte > dem Verfahren bereits entzogen hatte oder > Anstalten zur Flucht getroffen hat oder > im Geltungsbereich des JGG keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 7

unter denselben Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch eine einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe ( 71 Abs. 2 JGG) angeordnet werden Ermittlungsverfahren muss besonders beschleunigt bearbeitet werden Unterbringungsbefehl nach 71 Abs. 2 JGG hat Vorrang vor Haftbefehl 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 8

Annahme von apokryphen oder geheimen Haftgründen ohne gesetzliche Verankerung ist stets unzulässig, z.b. > Erforderlichkeit der Unterbrechung einer ungünstigen Entwicklung > Schock > Zwangsentzug > Überbrückung von Wartezeit bis Therapieantritt > muss von der Straße weg 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 9

grundsätzliche Anwendung der Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrensrechts > Abweichungen bei Zuständigkeit > Übertragung der Haftkontrolle auf Jugendrichter > besondere Rechte des gesetzlichen Vertreters und des Erziehungsberechtigten Vollzug der Untersuchungshaft ist Ländersache 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 10

II. Praktische Anwendung des Untersuchungshaftrechts in Bremen im Jahr 2012 Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden ist ein männliches Phänomen weibliche Jugendliche holen seit etwa zehn Jahren auf Anordnungen nach 71 Abs. 2 JGG spielen zumindest in der bremischen Praxis keine nennenswerte Rolle 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 11

Untersuchungshaft nach der Strafvollzugsstatistik Jahr Insges. männlich weiblich Anteil an allen U-Gef. 1993 750 725 25 (3,33%) 3,83 % 1998 933 905 28 (3%) 4,68% 2003 742 694 48 (6,47%) 4,41% 2008 496 461 35 (7%) 4,28% 2010 374 351 23 (6,15%) 3,46% 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 12

Datengrundlage Auswertung der Haftkontrollbögen für jugendliche und heranwachsende Beschuldigte im Bezirk der Staatsanwaltschaft Bremen für das Jahr 2012 > 47 Haftkontrollbögen > 40 Ermittlungsverfahren > 46 männliche jugendliche/heranwachsende Beschuldigte > eine weibliche Jugendliche/ Heranwachsende 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 13

Tatvorwürfe (jeweils auch bei Versuch) 211 StGB: 3 223, 224 StGB: 1 242, 243, 244, 244a StGB: 22 249, 250 StGB: 15 253, 255 StGB: 4 BtMG: 2 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 14

bei über 87 % aller Tatvorwürfe, die Gegenstand des Haftbefehls sind, handelt es sich um schwerwiegende Eigentums und Vermögensstraftaten, häufig mit Gewaltanwendung gegen eine Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des Opfers Tatvorwürfe im Haftbefehl stimmen nahezu ausnahmslos überein mit den Tatvorwürfen in der Anklageschrift 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 15

Haftgründe 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO (Flucht): 1 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO (Fluchtgefahr): 10 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO (Verdunkelungsgefahr): 112 Abs. 3 StPO (Tatschwere): 4 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO (Wiederholungsgefahr bei Sexualstraftaten): 0 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO (Wiederholungsgefahr): 27 unklare Eintragung im HKB: 5 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 16

Zeitraum zwischen Haftbefehl und Anklageerhebung von 47 Haftsachen im Jahr 2012 war am 31.12.2012 in 41 Ermittlungsverfahren Anklage erhoben Zeitraum zwischen Haftbefehl und Anklage: 0 1 Monat: 24 1 3 Monate: 13 3 6 Monate: 4 in 90,2% aller Ermittlungsverfahren wird innerhalb von drei Monaten nach Erlass des Haftbefehls Anklage erhoben; in 58,5% sogar binnen eines Monats 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 17

Zeitraum zwischen Anklageerhebung und Urteil in 26 Verfahren (= 55,3%) von 47 Haftsachen lag am 31.12.2012 ein Urteil vor Zeitraum zwischen Anklage und Urteil: 0 1 Monat: 4 1 3 Monate: 11 3 6 Monate: 11 in 60% aller Verfahren ergeht innerhalb von drei Monaten ein Urteil 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 18

Ausgang der Verfahren (Stand 4.1.2013) Urteile: 26 rechtskräftige Urteile: 22 Anklagen: 14 offene Ermittlungsverfahren: 5 Sonstiges (Abgabe an andere Staatsanwaltschaft, Rechtsmittelverfahren): 6 in 46,8% aller Haftsachen aus dem Jahr 2012 waren am 31.12.2012 durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossen 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 19

Rechtsfolgen > Freispruch: 1 > Jugendarrest: 3 > 27 JGG: 1 > Jugendstrafe 6 Monate < 1 Jahr: 2 mit Bewährung 1 Jahr < 2 Jahre: 5 mit Bewährung 2 Jahre: 5 mit Bewährung 7 ohne Bewährung 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 20

Biografische Fakten von 47 Beschuldigten waren 16 Jugendliche (= 34%) und 31 Heranwachsende (= 66%) zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls 22 Beschuldigte (= 46,8 %) waren als Intensivtäter eingestuft mindestens 33 von 47 Beschuldigten (= 70%) haben einen Ausländer-/Migrationshintergrund 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 21

22 Beschuldigte sind als Intensivtäter (= 46,8%) eingestuft; davon 9 Jugendliche und 13 Heranwachsende; 19 von 22 Intensivtätern haben Ausländer-/Migrationshintergrund (= 86,36%) viele Beschuldigte wurden bereits zuvor vom Jugendamt betreut viele Beschuldigte haben vor der Inhaftierung erhebliche strafrechtliche Vorbelastungen viele Beschuldigte haben keinen oder einen unzureichenden Schulabschluss und keine Berufsausbildung 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 22

Fazit die besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung nach 72 Abs. 1 JGG erfordert bei Jugendlichen eine besondere Prüfung der persönlichen Verhältnisse die Unterrichtungspflicht der Jugendgerichtshilfe von der vorläufigen Festnahme des Jugendlichen gebietet ein sofortiges Tätigwerden von Amts wegen 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 23

Kinder und Jugendliche mit Ausländer-/Migrationshintergrund bedürfen einer frühzeitigen besonderen und stärkeren Förderung nicht nur in Haftsachen ist die Jugendgerichtshilfe von Gesetzes wegen zur Tätigkeit verpflichtet, in Haftsachen aber ganz besonders die Jugendgerichtshilfe hat nicht nur - in Haftsachen einen schriftlichen Bericht zu erstatten die bremische Praxis der Berichterstattung (richtiger: der Nichtberichterstattung) ist rechtlich bedenklich, denn sie verletzt 38 Abs. 3 Satz 1 JGG 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 24

eine unterlassene Heranziehung der Jugendgerichtshilfe führt regelmäßig zu einer Gesetzesverletzung i.s.v. 337 StPO bei der zulässig erhobenen Verfahrensrüge (Verletzung von 38 Abs. 3 Satz 1 JGG; bei erhobener Aufklärungsrüge nach 43, 2 Abs. 2 JGG, 244 Abs. 2 StPO) führt eine unterlassene Heranziehung der Jugendgerichtshilfe regelmäßig wegen des darin liegenden Verfahrensfehlers zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 25

Verteidigern und auch der Staatsanwaltschaft steht insoweit das Rechtsmittel der Sprungrevision ( 335 StPO) zu eine entsprechende Verfahrensrüge ist relativ leicht und sogar weitgehend standardisiert zulässig zu erheben ( 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) 12.02.2013 Die Generalstaatsanwältin 26