Künftiger Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB) Ulm Positionspapier der betroffenen Busunternehmen, des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer e.v. (WBO), des Landesverbands Bayerischer Omnibusunternehmen e.v. (LBO), der IHK Ulm sowie der IHK Schwaben Anlass und Hintergrund dieses Positionspapiers Mit der Umgestaltung und Neuordnung des gesamten Bereiches Hauptbahnhof/Sedelhöfe/ Friedrich-Ebert-Straße werden von der Stadt Ulm der Zuschnitt und die Zufahrt-Situation des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) in Ulm in Frage gestellt. Gerade weil Detailplanungen hierfür noch nicht vorliegen bzw. noch nicht bekannt sind, ist es den betroffenen Busunternehmen wichtig, frühzeitig auf die funktionalen Anforderungen an einen neuen bzw. neugestalteten ZOB hinzuweisen. Ziel muss es sein, im Interesse einer Verknüpfung von Regionalbus-, Stadt- und Bahnverkehren sowie einer Stärkung der Innenstadt zu einer optimalen Lösung zu kommen. Dieses Positionspapier geht davon aus, dass die touristischen Busverkehre weiterhin über den bestehenden Busparkplatz an der Steinernen Brücke /Glöcklerstraße abgewickelt werden und der Fernbus-Linienverkehr auch künftig die derzeitige (oder ggf. eine andere) autobahnnahe Haltestelle im nördlichen Ulmer Stadtgebiet anfährt. Sollten diese beiden Verkehre ebenfalls über den ZOB abgewickelt werden, so wären hierfür noch zusätzliche Flächen erforderlich. Bedeutung des ÖPNV für das Oberzentrum Ulm/Neu-Ulm Die Lage und damit unmittelbar verbunden die Erreichbarkeit, die Größe und Funktionalität eines Zentralen Omnibusbahnhofs sind entscheidend für die Attraktivität und Zuverlässigkeit des Verkehrsmittels Bus sowie für die Anbindung des Umlandes an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Pendler müssen Arbeitsplätze und Schüler Schulen erreichen können. Kunden kaufen in den Städten ein. Behördengänge sowie Arztbesuche werden dort erledigt. Ihnen allen sowie Reisenden ist gemein, dass sie zum Besuch der Stadt in großen Teilen den ÖPNV nutzen. Bus oder Bahn dienen zudem oft als Anschlussverkehrsmittel. In Ulm bildet der Bereich zwischen Hauptbahnhof, Olgastraße, Friedrich-Ebert-Straße und Neue Straße für Einwohner, Pendler, Kunden, Reisende und Schüler das zentrale Eingangstor in die Stadt. Gleichzeitig ist das Gebiet rund um den Bahnhof der zentrale Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Nahverkehrs. Dieser Mobilitätsbedarf wird zum einen durch den Individualverkehr und zum anderen in großem Maße durch den ÖPNV abgedeckt. Dies bedingt eine Bereitstellung der nötigen Infrastruktur. Am ZOB fahren nach den uns vorliegenden heutigen Fahrplänen jeden Tag rund 500 Busse ab und etwa genauso viele kommen dort an (werktags/an Schultagen; Ankünfte und Abfahrten für momentan getrennten ZOB West und ZOB Ost addiert, ohne die Linien der SWU). Selbst wenn man pro Fahrt nur zehn aus- oder zusteigende Fahrgäste unterstellt, sind dies rund 10.000 Nahverkehrs-Nutzer pro Tag. Die Bedeutung des ZOB muss deshalb beim Umbau des Bahnhofbereichs und der Neugestaltung der Friedrich-Ebert-Straße besondere Berücksichtigung finden. Die Gestaltung des ZOB ist daher mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der nächsten Jahrzehnte auszulegen. Die Stadt Ulm und das Umland wachsen rasant. In den Kreisen Alb-Donau, Biberach, Neu- Ulm und Ulm nahm die Einwohnerzahl von 2011 bis 2015 um über 23.000 Personen zu. 1
Auch künftig wird nach Vorausrechnungen der Statistischen Landesämter dieser Trend eines deutlichen Einwohnerzuwachses in der Region bzw. im Verflechtungsbereich Ulm anhalten: bis 2030 soll die Einwohnerzahl der Raumschaft um mehr als 30.000 Personen zunehmen. Diese Entwicklung führt zu einem erheblichen Wachstum des Mobilitätsbedarfs. Hierbei ist nicht nur die Mobilität der Bevölkerung der Stadt Ulm zu betrachten, sondern auch die der Menschen von außerhalb. Sie sind ebenfalls auf eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt und der Stadtteile sowie der Gewerbegebiete angewiesen. Für die Erschließung des Umlands mit ÖPNV sorgen die zahlreichen Regionalbuslinien. Positionen und Empfehlungen 1. Der künftige ZOB muss sich an der bisherigen zentralen Stelle im Bahnhofsbereich befinden. D.h. eine Aufteilung auf Dauer in einen östlichen und westlichen Bereich ist abzulehnen. Bereits heute zeigen sich durch die Verkleinerung des ZOB in den provisorischen ZOB Ost und Verlagerung eines Teils der Linien in den ZOB West große Probleme durch Störungen und Verzögerungen im Betriebsablauf. Die deutlich längeren Fußwege aus dem provisorischen ZOB West entlang der Schillerstraße und über den Bahnhofssteg zum Bahnhofsvorplatz und zu weiteren Anschlussverkehrsmitteln (insbesondere Bahn) oder zu Zielen in der Innenstadt sind für Fahrgäste, vor allem mit Gehbehinderung oder Gepäck, unzumutbar. Dieser baubedingte Zustand muss schnellstmöglich beendet werden. Insbesondere dürfen keine Überlegungen angestellt werden, an einer Teilung des ZOB in zwei Bereiche auf Dauer festzuhalten, um so einen geringeren Platzbedarf für einen ZOB Ost definieren zu können. Auch die Regionalbuslinien aus dem Umland müssen alle unmittelbar fußläufig und in direkter Nachbarschaft zur Innenstadt, zum Bahnhof und zu den weiteren Umstiegsmöglichkeiten wie der Straßenbahnhaltestelle liegen. Nur damit ist der ZOB kundenorientiert. Ein attraktiver ÖPNV bedeutet kurze Wege und möglichst wenige Umstiege. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein geteilter ZOB langfristig zum Rückgang der Fahrgäste führen wird, was wiederum eine Steigerung des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) bedeutet. 2. Die bisherige Kapazität des ZOB muss beibehalten oder sogar erhöht werden, um die Tragfähigkeit des ÖPNV und den Verkehrsfluss im Bahnhofsbereich sicherzustellen. Werden die Verkehrsrelationen im Ulmer Umland betrachtet, besitzt insbesondere der Bus das Potential ein dringend benötigtes Substitut zum MIV zu sein. Dafür ist wiederum ein leistungsfähiger ZOB die Voraussetzung. Die der Entscheidung des Gemeinderats für die Umgestaltung der Friedrich-Ebert- Straße zugrundeliegende Verkehrsprognose geht offensichtlich davon aus, dass bis 2030 der Pkw-Verkehr deutlich abnehmen wird. Vergleicht man das Ergebnis der Verkehrszählung aus dem Jahr 2006 und die Prognose des Gutachtens für das Bauvorhaben Sedelhöfe aus dem Jahr 2013 mit der Prognose 2030, wird trotz 7000 zusätzlicher Fahrzeugbewegungen durch die Sedelhöfe von einem Rückgang von knapp 9000 Fahrzeugbewegungen ausgegangen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie es in den nächsten Jahren zu einer solchen signifikanten Verkehrsabnahme kommen soll, da im Bahnhofsbereich Bauprojekte (Sedelhöfe, Bahnhofstiefgarage) anstehen, die künftig mehr Verkehr in diesen Bereich lenken. Zwar ist eine solche Veränderung des Verkehrsverhaltens für das ländlich geprägte Umland aus heutiger Sicht nicht realistisch. Sollte diese Entwicklung dennoch eintreten, wird der ÖPNV einer der wichtigsten Faktoren sein, diese Fahrten aufzunehmen. 2
3. Ein attraktiver ÖPNV braucht Flächen am ZOB und Wachstumsoptionen. Im Idealzustand treffen möglichst viele Regionalbuslinien nahezu gleichzeitig oder in sehr kurzer Folge am ZOB zusammen, um den Fahrgästen möglichst viele Umsteigeanschlüsse zu ermöglichen. Um alle Anschlüsse abzuwarten bzw. aufzunehmen, müssen die Busse einige Zeit an den Haltestellen stehen. Bei den Aufstellflächen in den Haltebuchten müssen zudem ausreichende Pufferzeiten eingerechnet werden. Beim Abwarten verspäteter Anschlüsse müssen Busse teilweise länger an den Bussteigen stehen, was eine Nutzung durch nachfolgende Linien einschränkt. Der künftige Zuschnitt und die künftige Größe des ZOB dürfen nicht dazu führen, dass daraus Zwänge oder Ausschlüsse in der Fahrplangestaltung entstehen, die am Ende zu Lasten der Reisenden und damit auf Kosten der Attraktivität und der Wirtschaftlichkeit des Busangebotes gehen. Vielmehr muss bei der Gestaltung des künftigen ZOB dafür Sorge getragen werden, dass auf bestimmten Linien auch später noch Angebotsausweitungen möglich bleiben, etwa als Folge der Ausweisung neuer Wohngebiete im Umland oder neuer Nachfrageentwicklungen. 4. Die bisherigen Buslinien, vor allem aus der Region, müssen auch künftig direkt bis zum ZOB fahren können. Eine mögliche Brechung einzelner Linien muss auch künftig ausgeschlossen sein. Der ZOB mit den Regionalbuslinien ist gleichberechtigt zum Nah- bzw. Stadtverkehr der SWU zu sehen. Lange Wege, Umstiege und zusätzliche Wartezeiten machen die Nutzung des ÖPNV unattraktiv und Fahrgastverluste sind die Folge. Dies gilt es zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund wenden wir uns nachdrücklich gegen gutachterliche Überlegungen im Entwurf für ein ÖPNV-Konzept Neu-Ulm (vorgelegt im ÖPNV-Beirat vom 20.10.2016), einzelne Regionalbuslinien aus dem Neu-Ulmer Umland künftig am Bahnhof/ZUP Neu-Ulm enden zu lassen und Fahrgäste Richtung Ulm dort auf andere Busse (v.a. SWU-Linien) umsteigen zu lassen. Der hierdurch zu erwartende Nachfragerückgang ist von den Gutachtern selbst mit 20 bis 30 Prozent (!) angegeben (womit sich solche Vorschläge eigentlich schon disqualifizieren). Eine Umsetzung solcher Überlegungen würde Teilen des Regionalbusverkehrs im Landkreis Neu-Ulm die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Eine Brechung von Regionalbuslinien in Neu-Ulm darf nicht das Hilfsmittel sein, um eine aus städtebaulichen oder sonstigen Motiven möglicherweise gewünschte Verkleinerung des ZOB in Ulm zu ermöglichen. Umgekehrt darf auch nicht eine etwaige vorgegebene Reduzierung der Kapazitäten am ZOB dazu führen, dass die Notwendigkeit entsteht, Regionalbuslinien in Neu-Ulm zu brechen. Damit würde eine Flächenreduzierung am ZOB Ulm klar zu Lasten der ÖPNV-Kunden im Neu-Ulmer Umland gehen. Aus den gleichen Gründen heraus verbieten sich auch etwaige Überlegungen über eine Brechung von Buslinien aus dem Ulmer Umland/Alb-Donau-Kreis im Außenbereich von Ulm. Jede Brechung verringert allein durch den Fahrgastschwund die Wirtschaftlichkeit der hiervon betroffenen Regionalbuslinien. 5. Der ZOB Ulm in der bisherigen Größe bedingt die Wiederherstellung der bisherigen Zufahrt unmittelbar südlich angrenzend an den Bahnhofssteg. Durch eine Zufahrt an dieser Stelle wäre die bisherige Größe des ZOB gewährleistet. Eine Verschiebung der Zufahrt nach Süden auf Höhe der Einfahrt des Parkhauses Deutschhaus ist abzulehnen. Damit würde im Vergleich zum bisherigen Zustand eine deutliche Verkleinerung des ZOB einhergehen. Eine solche Verkleinerung würde auch dazu führen, dass der entsprechende Verkehr, der bislang auf einer größeren 3
Fläche abgewickelt wurde, beschleunigt werden müsste. Damit entstehen unter Sicherheitsaspekten wiederum Risiken für Fahrgäste und Passanten. Eine Nutzung des nördlichen Bereichs einer solchen nach Süden verlegten Zufahrt wäre auch nur durch umständliche Rangierbewegungen möglich. Zudem würde die Zufahrt über eine Busspur in der Friedrich-Ebert-Straße weitere Störungsanfälligkeiten nach sich ziehen, vor allem durch komplexere Verflechtungs- und Abbiegebeziehungen. Dies gilt es zu vermeiden. Die Zufahrt in der ursprünglichen Lage ist für die Flüssigkeit des Verkehrs im Bahnhofsvorfeld deutlich besser geeignet. Den Bussen steht zwischen der Ausfahrt der geplanten Bahnhofs-Tiefgarage und der Straßenbahntrasse eine separate Aufstellfläche zur Verfügung. Mit dieser Lösung werden zudem die Probleme bei der Verflechtung der verschiedenen Verkehre im Knoten Zinglerberg/Neue Straße deutlich reduziert. Wartezeiten für Busse, die durch einen schlechteren Verkehrsfluss eintreten, werden damit minimiert. 6. Der Linienverkehr benötigt im künftigen ZOB Warte- und Abstellflächen. Im Personenbeförderungsbereich ist die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten zwingend. Die Sicherheit der Fahrgäste sowie anderer Verkehrsteilnehmer steht im Vordergrund. Bei Nichtbeachtungen drohen Bußgelder bis hin zu Freiheitsstrafen. Hierfür werden Abstell- bzw. Warteflächen für Pausen benötigt, ebenso Sanitärräume (ggf. auch für Fahrgäste). Es ist nicht sinnvoll und steht dem Ziel der Reduzierung des Schadstoffausstoßes entgegen, wenn die Busse für die Pausen der Fahrer aus- und später wieder in den ZOB einfahren müssten. Auch widerspricht dies der notwendigen Wirtschaftlichkeit des Regionalbusverkehrs. Diese zusätzlichen Leerfahrten sind deshalb zu vermeiden. 7. Der ZOB ist zudem in seiner Funktion als Standort für Schienenersatzverkehre wichtig und zu berücksichtigen. Im Sinn der Kundenorientierung müssen die Abfahrten für Schienenersatzverkehre direkt im Bahnhofsbereich organisiert werden. Dabei wären entsprechend gekennzeichnete feste Abfahrtshaltestellen für Schienenersatzverkehre wichtig, damit auch ortsunkundige Betroffene bei kurzen Umsteigezeiten ohne Umwege den richtigen Anschluss erreichen. Dies ist in den nächsten Jahren umso wichtiger, da u.a. bei den Bauarbeiten im Gleisbereich des Ulmer Hauptbahnhofes (Einfädelung der Neubaustrecke) sowie zur Elektrifizierung der Südbahn durch Streckensperrungen eine hohe Zahl an Schienenersatzverkehren organisiert werden muss. Hierfür ist eine hohe Anzahl an Bussen gleichzeitig notwendig, um hunderte von Fahrgästen in den Spitzenzeiten aufzunehmen und zu beförden. Stand: Februar 2017 Ansprechpartner: IHK Schwaben: Peter Stöferle peter.stoeferle@schwaben.ihk.de 0821/3162-206 IHK Ulm: Simon Pflüger pflueger@ulm.ihk.de 0731/173-230 4
IHK Ulm Otto Sälzle IHK Schwaben, Regionalgeschäftsstelle Westschwaben Oliver Stipar Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer e.v. (WBO) Dr. Witgar Weber Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen e.v. (LBO), Gairing Omnibusverkehr GmbH & Co KG Dr. Sandra Schnarrenberger Baumeister Knese GmbH & Co. KG Klaus Knese BBS Schapfl KG, Krumbach Josef Brandner Bottenschein Reisen GmbH & Co.KG, SVL Stadtverkehr Laupheim GmbH & Co. KG Horst Bottenschein DB ZugBus Regionalverkehr Alb Bodensee GmbH (RAB) Carmen Esche Dirr-Reisen GmbH Reimund Dirr Herbert Reinalter GmbH & Co.KG, SVL Stadtverkehr Laupheim GmbH & Co. KG Achim Reinalter Karl Oster GmbH & Co. KG Winfried Fink Neu Ulmer Busgesellschaft mbh (NeUBus) / RBA Regionalbus Augsburg GmbH Dr. Josef Zeiselmair Omnibus-Klöpfer e.k. Norbert Baumann RÖSCH-Reisen e.k. Roland Rösch Robert Bayer GmbH Eckhard Werner Probst Bus GmbH & Co. KG Franz E. Zenker 5