Hintergrundinformationen zu Strompreisentwicklung Steigende Strompreise sind gegenwärtig im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Insbesondere ging es dabei um die Umlage für die Einspeisung erneuerbarer Energien (EEG- Umlage). Doch nicht nur die EEG-Umlage ist verantwortlich für die gestiegenen Kosten, auch andere Umlagen und Steuern sind gestiegen oder werden es in den kommenden Monaten. Das hat zur Folge, dass viele Energieversorger zum Jahreswechsel 2012 / 2013 ihre Preise für Strom erhöhen müssen. Bestandteile des Haushaltsstrompreises 2011 in Prozent: Zwei Drittel des Preises bestehen aus Umlagen und staatlichen Abgaben. Nur 33 Prozent beträgt der Anteil, den die Unternehmen selbst beeinflussen können. Nettonetzentgelt 19,9% Energiebeschaffung und Vertrieb (inkl. Marge) 33,0% Abrechnung, Messung und Messstellenbetrieb 2,7% Stromsteuer 8,0% Umlage nach KWKG 0,2% Umlage nach EEG 13,7% Konzessionsabgabe 6,5% Umsatzsteuer 16,0% (Haushalte mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kwh/jahr, Versorgung in Niederspannung (0,4 kv), Belieferung mit Eintarifmessung, Quelle: Monitoringbericht 2011 BNetzA) Die Preisentwicklung der nominalen Haushaltsstrompreise (nicht inflationsbereinigt) und der Preisbestandteile hat das Ökoinstitut wie folgt dargestellt: 1
Quelle: Matthes 2012 Energiewende-Kostenindex EKX, S. 13 Die Bestandteile im Überblick Erneuerbare-Energien-Umlage (13,7 Prozent) Betreiber von Solarmodulen, Windparks oder anderen Erneuerbare-Energien- Anlagen erhalten für einen Zeitraum von 20 Jahren die Garantie, dass der von ihnen erzeugte Strom ( EEG-Strom ) zu einem festgelegten Tarif abgekauft wird. Dieser liegt über dem an der Börse gehandelten Marktpreis. Käufer des EEG-Stroms sind die Betreiber der örtlichen Verteilnetze. Sie nehmen den Strom in ihr Netz auf und zahlen für jede eingespeiste Kilowattstunde die EEG-Vergütung an den Betreiber der Erneuerbare-Energien-Anlage. Der örtliche Verteilnetzbetreiber leitet den eingespeisten Erneuerbare-Energien-Strom an den Betreiber des überregionalen Übertragungsnetzes weiter und erhält von diesem die EEG-Vergütung erstattet. Die Betreiber der vier Übertragungsnetze in Deutschland (50hertz, amprion, Transnet BW und Tennet) verkaufen diese Strommengen an der Strombörse. Mit den daraus erzielten Erlösen wird ein Teil der EEG-Vergütungen finanziert. Da die EEG-Vergütungen aber höher sind als der Strompreis an der Börse, bedarf es einer zusätzlichen Finanzierung. Hier hat der Gesetzgeber die Stromanbieter in die Pflicht genommen. Sie sind dafür verantwortlich, beim Kunden eine EEG-Umlage zu erheben und diese Umlage 1:1 an die Übertragungsnetzbetreiber weiterzureichen. Für jeden Stromanbieter gilt die gleiche EEG-Umlage, denn sie wird bundeseinheitlich festgelegt. Die EEG- Umlage wird jedes Jahr neu angepasst und im Oktober für das Folgejahr bekannt gegeben. 2
Entwicklung der EEG-Umlage in Cent/kWh: Die EEG-Umlage ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, wie die folgende Grafik zeigt. 6 5 5,28 4 3,53 3,59 3 2 2,05 1 0,41 0,58 0,68 0,88 1,02 1,12 1,13 0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: Monitoringberichte Bundesnetzagentur 2007 bis 2011 Dem Referenzszenario einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln (EWI) vom November 2012 zufolge dürfte die EEG-Umlage in 2014 etwas geringer ausfallen. Allerdings wird auch ein Szenario aufgezeigt (Szenario hoch ), bei dem die EEG-Umlage nochmals gegenüber 2013 steigt (Grafik). 3
Stromerzeugung / -Beschaffung, Vertrieb, Service (33 Prozent) Dieser von den Unternehmen beeinflussbare Teil des Strompreises umfasst alle Aktivitäten, die direkt mit der unternehmerischen Tätigkeit zu tun hat. Zentrale Bestandteile darin sind Brennstoffkosten, Abschreibungen auf getätigte Investitionen, Kosten für Service und Dienstleistungen sowie Löhne und Gehälter. Aufgrund dieser Kosten bieten die Unternehmen ihren Strom an der Börse zum Verkauf an, diese sind die Grundlage für die Höhe der Grenzkosten und somit für die Merit-Order, die die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke im Kraftwerkspark bestimmt. Die folgende Grafik verdeutlicht, dass der von den Unternehmen beeinflussbare Teil in den vergangenen Jahren inflationsbereinigt im Mittel stabil geblieben ist. Entwicklung Energiebeschaffung und Vertrieb in Cent/kWh 10 8,55 8 7,32 6,95 8,10 8,40 6 4 2 0 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: Monitoringbericht 2011 BNetzA Netznutzungsentgelt (19,9 Prozent) Für Durchleitung und Transport des Stroms erhält der Netzbetreiber vom Netznutzer eine Nutzungsgebühr. Die Methode zu Festlegung der Höhe des Entgelts ist in der Stromnetzentgeltverordnung geregelt. Die Höhe des Entgelts wird zudem durch die Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung begrenzt, die für jedes Kalenderjahr Erlösobergrenzen festlegt. Die Anreizregulierung setzt den Netzbetreiber Anreize für einen effizienten Betrieb des Netzes, wobei die Kostenstruktur des effizientesten Netzbetreibers als Maßstab gilt. Bei der Festlegung der Preisobergrenzen werden auch nicht beeinflussbare Kostenanteile berücksichtigt, zum Beispiel Betriebssteu- 4
ern, Konzessionsabgaben, Kosten für die Nutzung vorgelagerte Netzebenen oder auch die Mehrkosten für die Verlegung von Erdkabeln. Entwicklung der Nettonetzentgelte in Cent/kWh 8 6 5,58 5,86 5,19 5,01 5,06 4 2 0 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: Monitoringbericht 2011 BNetzA Hinzu kommen die Kosten von Abrechnung, Messung und Messstellenbericht in Höhe von 2,7 Prozent des Strompreises (2011). Konzessionsabgaben (6,5 Prozent) Die Energieversorger müssen für das Recht, die öffentlichen Verkehrswege einer Gemeinde zu nutzen, eine Konzessionsabgabe zahlen. Die Höhe der Abgabe ist durch die Konzessionsabgabenverordnung begrenzt. Sie variiert mit der Größe der Gemeinde, aktuell beträgt der Höchstsatz bei Kommunen unter 25.000 Einwohnern 1,32 Cent/kWh und reicht bis 2,39 Cent/kWh bei Kommunen über 500.000 Einwohner. KWK-Umlage nach KWK-Gesetz (0,2 Prozent) Aufgrund der hohen Effizienz, die durch die Nutzung von Strom und Wärme bei der Kraft-Wärme-Kopplung erreicht wird, erfährt die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) eine besondere Unterstützung des Gesetzgebers. Dokumentiert wird das im Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Das Gesetz soll zur Verbesserung des Umweltschutzes und der Erreichung weiterer 5
Energieeinsparungen beitragen sowie die Maßnahmen der Bundesregierung zur Erreichung der Klimaschutzziele flankieren. Ziel ist, den KWK-Anteil bei der Stromerzeugung auf 25 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erhöhen. Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die Netzbetreiber verpflichtet, Strom aus KWK-Anlagen vorrangig abzunehmen und neben einem vereinbarten Preis einen Zuschlag zu zahlen. Stromsteuer (8 Prozent) Die Stromsteuer beträgt 2,05 Cent/kWh und ist seit Jahren unverändert. Mehrwertsteuer (19 Prozent, ergibt 16-prozentigen Anteil am Endpreis) Alle vorangegangenen Bestandteile bilden den Netto-Endpreis, auf den die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent erhoben wird. Allein das EEG verursachte im Jahre 2011 Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von 937 Millionen Euro. Für 2013 werden 1,4 Milliarden Euro erwartet. Befreiungstatbestände für energieintensive Unternehmen Energieintensive Unternehmen sind durch viele Regelungen von den Strompreiskosten befreit, insgesamt rund sieben Milliarden Euro (Quelle: BT- Drucksache 17/11004). Im Einzelnen handelt es sich um folgende Regelungen. Besondere Ausgleichsregelung (für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen gemäß 40 ff. Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG 2012) Die Bundesnetzagentur stellt fest, dass 2012 insgesamt 2,5 Milliarden Euro zusätzlich von nicht privilegierten Letztverbrauchern, in aller Regel Haushaltskunden sowie industrielle und gewerbliche Kleinverbraucher, getragen werden müssen. (Quelle: BNetzA 2012, Seite 21 Evaluierungsbericht). 2012 haben die von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen zwar 18 Prozent des Gesamtstromverbrauchs ausgemacht, aber nur 0,3 Prozent des gesamten EEG-Umlagebetrags bezahlt (Quelle: BNetzA 2012, Seite 8/21 Evaluierungsbericht) Diese Regelungen treffen für Unternehmen zu, die mehr als zehn Gigawattstunden (GWh) pro Jahr verbrauchen und einen Stromkostenanteil an der Bruttowertschöpfung von mindestens 15 Prozent aufweisen, müssen für 90 Prozent des Stromverbrauchs eine ermäßigte EEG-Umlage von 0,05 Cent/kWh zahlen, bei 100 GWh und 20 Prozent gilt das für den gesamten Stromverbrauch. Ab 2013 reicht für das produzierende Gewerbe ein Verbrauch von 1 GWh und ein 14prozentigen-Anteil für den Erhalt der Vergünstigung aus: Für die erste GWh ist die volle Umlage zu zahlen, für den Stromverbrauch über 1 GWh bis 10 GWh verringert sich die Umlage um 90 Prozent, von 10 GWh bis 100 GWh beträgt die Verringerung 99 Prozent, für den Stromverbrauch über 100 GWh ist ein fester Satz in Höhe von maximal 0,05 Cent/kWh zu zahlen. Bei 100 GWh und 20 Prozent zahlt ein Unternehmen dementsprechend nur 0,05 Cent/kWh. 6
Stromsteuer-Befreiungen Es gibt weitreichende Steuerbefreiungen für energieintensive Prozesse, Steuerbegünstigungen für das produzierende Gewerbe, für die Land-, Forst- und Teichwirtschaft (jeweils 9 StromstG) sowie Erlässe und Erstattungen in Sonderfällen (Spitzenausgleich, 10 StromStG). Diese erhöhen aber nicht den Strompreis der anderen Kunden, sondern vermindern die Steuereinnahmen des Staates. Industrieumlage (Paragraph19,2 Stromnetzentgeltverordnung) Stromgroßkunden, die mehr als zehn GWh Strom im Jahr verbrauchen und mehr als 7.000 Netznutzungsstunden vorweisen, können sich von der Zahlung des Netzentgeltes befreien lassen. Industrieunternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch können wahrscheinlich insgesamt 440 Millionen Euro Netzentgelte sparen (Quelle: Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Grüne, Seite 12, 20. August 2012). Die Umlage wird auf die Netznutzungsentgelte umgelegt. Neue Regelungen ab 2013 Offshore-Haftungsumlage ab 2013 nach 17 f EnWG-Novelle Um den Ausbau der Offshore-Windenergie zu beschleunigen, plant der Gesetzgeber neue Haftungsregeln, die ab 2013 greifen sollen. Danach haftet der Netzbetreiber für einen verzögerten Netzausbau, die Kosten kann er bis zu 0,25 Cent/kWh an die Netznutzer weiterreichen. Die Offshore-Haftungsumlage beläuft somit sich auf maximal 750 Millionen Euro. Die Offshore-Haftungsumlage würde auf die Netznutzungsentgelte umgelegt und erhöht diese also 2013. 7
Position des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU): Hans-Joachim Reck, VKU-Hauptgeschäftsführer: Die Politik übt in einem wettbewerblich organisierten Markt Druck auf die Preisgestaltung von Energieversogern aus, obwohl sie doch selbst für dessen Rahmenbedingungen und die steigende EEG-Umlage verantwortlich ist. Viele von Seiten der Politik gemachten Ausnahmen und Sonderregelungen verteuern das System für die privaten Haushalte, für Gewerbetreibende sowie für kleine und mittlere Unternehmen zusätzlich. Strom muss für alle Bevölkerungsgruppen und die Wirtschaft bezahlbar bleiben! Wenn nicht, geht das zu Lasten der Akzeptanz für die Energiewende." Wir brauchen eine transparente und ehrliche Kommunikation. Die Bürger müssen wissen, was auf sie zukommt und mit wie viel Geld sie die erneuerbaren Energien oder den notwendigen Netzausbau unterstützen. Hier muss die Politik mehr tun. Es reicht nicht, Privilegien zu beschließen, sich dann aber bei der Erklärung notwendiger Preiserhöhungen vornehm zurückzuhalten und dies den Energieversorgern allein zu überlassen. Der VKU begrüßt grundsätzlich die wirtschaftspolitische Stärkung Deutschlands als Industriestandort auch für stromintensive Unternehmen. Wirtschafts- und industriepolitisch motivierte Entlastungen energieintensiver Industrien sollten unserer Meinung nach aber aus dem allgemeinen Bundeshaushalt oder anderen Mitteln erfolgen, nicht per Ausnahmeregelungen und Befreiung von Umlagefinanzierungen. Wir müssen insgesamt eine angemessene Balance zwischen der notwendigen Entlastung der stromintensiven Industrie und der damit verbundenen zusätzlichen Belastung von Mittelstand und Verbrauchern finden. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.400 kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser und Abfallwirtschaft. Mit 235.000 Beschäftigten wurden 2010 Umsatzerlöse von rund 95 Milliarden Euro erwirtschaftet und etwa 8 Milliarden Euro investiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen haben im Endkundensegment einen Marktanteil von 49,1 Prozent in der Strom-, 58,4 Prozent in der Erdgas-, 77,2 Prozent in der Trinkwasser-, 60,0 Prozent in der Wärmeversorgung und 16,5 Prozent in der Abwasserentsorgung. Für Fragen und Interviews stehen Ihnen zur Verfügung: Carsten Wagner, Pressesprecher, Telefon: +49 30 58580-220, E-Mail: carsten.wagner@vku.de Beatrice Kolp, Stellvertretende Pressesprecherin, Telefon: +49 30 58580-225, E-Mail: kolp@vku.de Stefan Luig, Stellvertretender Pressesprecher, Telefon: +49 30 58580-226, E-Mail: luig@vku.de Elisabeth Mader, Referentin, Telefon: +49 30 58580-227, E-Mail: mader@vku.de 8