Selbstmotivierung Ein Streifzug durch die neuere motivationspsychologische Forschung und Theorienbildung Jürgen Wegge
Grundsätzliches zuerst... Du schaffst es! Gib niemals auf! Sorge dich nicht - lebe! Denke nach und werde reich! Du hast dein Schicksal in der Hand!
Grundsätzliches zuerst...
Grundsätzliches zuerst... Jedes Huhn kann (wieder) ein starker, stolzer Adler werden.. Du musst immer einmal mehr aufstehen als hinfallen! Wo Spaß ist, ist die meiste Energie und Energie macht Erfolg Tsjaakaaaaa!
Grundsätzliches zuerst...
Grundsätzliches zuerst...
die Welt sich einem derart einfachen Handlungsplan zumeist nicht fügt (soziales Umfeld, Sachzwänge etc.) Die Diktatur des Optimismus greift viel zu kurz, weil... positives Denken auch in die Irre führen kann (frühzeitiger Motivationsverlust durch Selbsttäuschung) interindividuelle Unterschiede bzgl. Persönlichkeit, Fähigkeiten, Wissen, Gewohnheiten etc. völlig vernachlässigt werden innere Handlungsbarrieren wie z.b. Verzweiflung und Angst übersehen werden (Ursachen bleiben oft unerkannt und Verhalten langfristig unverändert)
Gliederung Was versteht man unter Motivation in der wissenschaftlichen Motivationsforschung? Was wissen wir über die Architektur des menschlichen Motivationssystems? Selbstmotivierung nach ausgewählten Motivationstheorien Anreize, Ziele und Emotionen - das magische Dreieck in der Motivationsforschung
Motivation (1/3) Das Wort Motivation wird in der neueren Motivationspsychologie als Sammelbegriff für alle kognitiven und emotionalen Prozesse benutzt, die menschliches Verhalten antreiben und/oder dem Individuum ermöglichen, sein eigenes Handeln nach den zu erwartenden Handlungsergebnissen und deren Folgen auszurichten und selbst zu steuern (Heckhausen, 1989; Schneider & Schmalt, 1994). Hierzu gehören u.a. die folgenden Prozesse...
Motivation (2/3) das (unwillkürliche) Auftreten von Bedürfnisgefühlen (z.b. Hunger, Durst, sexuelle Erregung), eher unspezifischen Lustund Unlustempfindungen und Stimmungen (z.b. Heiterkeit, Schmerz) und spezifische Emotionen (z.b. Angst, Ekel, Freude, Interesse, Stolz) gedankliche Antizipationen (z.b. in Form von Wünschen oder Befürchtungen) zum Eintreten von positiv oder negativ zu bewertenden Handlungsergebnissen und Handlungsfolgen Urteile der Person über die Wahrscheinlichkeit, mit der erwünschte oder unerwünschte Handlungsergebnisse und -folgen (a) von sich aus eintreten und (b) durch eigenes Handeln erreicht bzw. verhindert werden können
Motivation (3/3) gedankliche Verrechnungen zu Werten und Erwartungen im Hinblick auf verschiedene Handlungsergebnisse und folgen das bewusste Bilden von gedanklichen Vorsätzen (Absichten, Entschlüsse, Intentionen, Ziele etc.) verschiedene Prozesse der Absichts- und Ausführungskontrolle, z.b. die gedankliche Kontrolle der eigenen Aufmerksamkeit oder die Veränderung der aktuellen Stimmung durch die Herstellung bestimmter Emotionserlebnisse oder Handlungen das Suchen und Finden von Erklärungen für (eigene) Handlungen und deren Resultate (Attributionen) sowie das Bewerten von eingetretenen Handlungsergebnissen und -folgen.
Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen Wählen Planen Handeln Bewerten OTIUM future Rubikon (Intention) OTIUM now Fiat-Tendenz Desaktivation der Intention
Volition (Wille)... alle emotionalen und kognitiven Prozesse, die dafür sorgen, das das Erreichen einmal gebildeter (aktivierter) Intentionen unterstützt wird Zentrale Probleme der Absichts- und Handlungskontrolle - Sicherstellung einer effizienten Handlungsinitiierung - Aufrechterhalten und Abschirmen der aktuellen Handlungstendenz bis zur Erledigung - Überwinden von inneren (z.b. Unlust) und äußeren Handlungshindernissen (z.b. Widerstand)
Selbstmotivierung Menschen sind jederzeit motiviert. Die Frage ist natürlich, wozu man in einer Situation motiviert ist und wie man sich dabei fühlt... Selbstmotivierung bedeutet, dass die Person ganz bewusst (Selbstkonzept) bestimmte Wege nutzt (Gestaltung/Änderung der Situation oder des eigenen Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Handelns), um eine eigene Absicht (effizienter) erreichen (vermeiden) zu können. Selbstkontrolle (Wille) Selbstregulation (Motivation)
Selbstmotivierung als innere Kontrollleistung...
Selbstmotivierung als innere (und situative) Harmonie...
Vier phänomenale Grundformen der Motivation (A) Selbstmotivation Ich (ideal) Ich (jetzt) Zielobjekt Zielzustand (B) Anreizmotivation (C) Fremdmotivation Ich Pull Zielobjekt Zielzustand Push (D) Push- bzw. Mangelmotivation Ich Zielobjekt Zielzustand Push Ich Zielobjekt Zielzustand
Gliederung Was versteht man unter Motivation in der wissenschaftlichen Motivationsforschung? Was wissen wir über die Architektur des menschlichen Motivationssystems? Selbstmotivierung nach ausgewählten Motivationstheorien Anreize, Ziele und Emotionen - das magische Dreieck in der Motivationsforschung
Grundannahme Das Warum und das Wozu menschlichen Handelns ist nur aus dem Wechselspiel von Variablen zu verstehen, die innerhalb der Person (Motivdispositionen) und der Situation (Anreize) vorzufinden sind Die Motivationspsychologie will aufklären...... welche Ziele eine Person anstrebt (Richtung der Handlung)... wie sehr sich die Person anstrengt, um ihre Ziele zu erreichen (Intensität der Handlung)... wie lange und wie oft die Person ein bestimmtes Ziel anstrebt (Ausdauer der Handlung)
situative Anreize nur vergegenwärtigt real vorhanden Motivdispositionen selbstzugeschrieben (bewusst) implizit (unbewusst) Motivation
Implizite Motivdisposition (nach Schneider & Schmalt, 1994) Eine implizite Motivdisposition ist eine ererbte oder angeborene psychophysische Disposition, die ihren Besitzer befähigt, bestimmte Gegenstände wahrzunehmen, durch die Wahrnehmung eines solchen Gegenstandes eine emotionale Erregung von ganz bestimmter Qualität zu erleben und daraufhin in einer bestimmten Weise zu handeln oder wenigstens den Impuls zu solch einer Handlung zu erleben
Merkmale impliziter Motivdispositionen Konzept zur Erklärung von Zielgerichtetheit des Verhaltens und Verhaltensunterschieden Antworten der Evolution des Menschen offene Bewertungsprogramme (rudimentäre) Annäherung und Vermeidung nicht-sprachlich repräsentiert und unbewusst eher sachbezogene (situative) Anregung
Selbstzugeschriebene Motivdisposition (nach Schmalt & Sokolowski, 1997) Eine selbstzugeschriebene Motivdisposition ist Teil des bewusst zugänglichen, durch Lernerfahrungen entstandenen Selbstkonzepts. Die Disposition ist zeitlich stabil und umfasst elaborierte Erfahrungen, Überzeugungen und Werte im Hinblick auf eigene Vorlieben und Erlebnisweisen für einzelne (thematisch verschiedene) Handlungsbereiche. Sie hilft ihren Besitzer ferner, das eigene Erleben und Empfinden auch in nur vorgestellten Situationen zu bewerten und vorherzusagen.
Merkmale selbstzugeschriebener Motivdispositionen Konzept zur Erklärung von Zielgerichtetheit des Verhaltens und Verhaltensunterschieden zeitstabile Selbst-Theorien (Neuerwerb) Bewertungs-, Erwartungs- und Erklärungsvoreingenommenheiten (elaborierte) Hoffnung und Furcht sprachlich repräsentiert und bewusst eher soziale (selbst-referentielle) Anregung
!!!! Problem!!!! Es ist einer der am besten bestätigten Befunde in der wissenschaftlichen Motivationsforschung, dass die Korrelation zwischen Maßen für implizite und selbstzugeschriebene Motivdispositionen mit Blick auf Leistung, Macht und Anschluss in etwa gleich 0 ist
situative Anreize nur vergegenwärtigt real vorhanden Motivdispositionen selbstzugeschrieben (bewusst) implizit (unbewusst) Motivation
Anreize (nach Wegge & Metz-Goeckel) Körperzustände und situativ gegebene Reize, die für das Individuum einen affektiven Wert haben und im Zusammenspiel mit Motivdispositionen zur Ausbildung einer Motivation führen. Sie sind zumeist phänomenal repräsentiert, können aber auch ohne bewusste Repräsentation wirksam werden
Dimensionen von Anreizen natürlicher vs. sozial determinierter Wert außerhalb im Körper real vorhanden vorgestellt gegenwärtig antizipiert bewußt unbewußt intrinsisch extrinsisch anschaulich abstrakt sachlich selbstbezogen positiv negativ
bewusst Werte Interessen Normen Selbstkonzept selbstzugeschriebene Motivdisposition Hoffnung Furcht Reize und eigene Tätigkeiten nur gedachte Anreize real vorhandene Anreize Zustände des Organismus unbewusst Emotionen Emotionen bewusstes Motiv (Beweggrund) implizite Motivdisposition Emotionen Ziele (Vornahmen) Annäherungsimpuls Vermeidungsimpuls Erbkoordinationen Handlung
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Die Big Three in der Motivationspsychologie (McClelland, Atkinson, Heckhausen etc.) Leistung Anschluss Hoffnung auf Erfolg Furcht vor Misserfolg Hoffnung auf Anschluss Furcht vor Zurückweisung Macht Hoffnung auf Kontrolle Furcht vor Kontrollverlust
Die 16 grundlegenden Lebensmotive nach Reiss (2001) Macht (Einfluss, Führung) Beziehungen (Freude) Unabhängigkeit (Freiheit) Familie (und Kinder) Neugier (Wissen, Wahrheit) Status (Aufmerksamkeit) Anerkennung (sozial) Rache (Kampf, Konkurrenz Ordnung (Klarheit) Romantik (Sexualität) Sparen (materielle Güter) Ernährung (Hunger, Durst) Ehre (Loyalität, Integrität) körperliche Aktivität Idealismus (Gerechtigkeit) Ruhe (Entspannung)
Die VIE-Theorie nach Vroom Erwartung I (E) Handlung wird erfolgreich ausgeführt x Erwartung II (I) es treten bestimmte Folgen ein oder diese werden verhindert x subjekt. Wert (V) der Folgen Leistungseinsatz }Anstrengung r =.20 Metaanlyse von van Eerde & Thierry (1996)
MODERATORVARIABLEN p Fähigkeiten der Person p Persönlichkeitsdispositionen p Komplexität der Aufgaben p situative Grenzen p Rückmeldungen p Bindung an ein Ziel schwierige spezifische Ziele MEDIATORVARIABLEN p Anstrengung p Ausdauer p Aufmerksamkeit p Strategieentwicklung Leistung Zielvorgabe Selbstvertrauen
Volitionsstrategien (Kuhl, 1996) Motivationskontrolle: Fokussierung auf attraktive Anreizelemente, wenn das Durchhaltevermögen nachlässt Aufmerksamkeitskontrolle: Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf Zielrelevantes und gedankliche Aufrechterhaltung des Ziels Enkodierungskontrolle: Abstimmung der Wahrnehmung (z.b. Wahrnehmungsfilter) auf zielrelevante Informationen Emotionskontrolle: die Beeinflussung der eigenen Gefühlslage, falls gegenwärtige Gefühle die Zielerreichung erschweren Misserfolgsbewältigung und Aktivierungskontrolle: Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur nach Misserfolg und Mobilisierung zusätzlicher Anstrengung Initiierungskontrolle: rasches Erkennen/Nutzen günstiger Gelegenheiten und sparsame Informationsverarbeitung zur Vermeidung überlanger Entscheidungszeiten
Imaginationsstrategien (z.b. Taylor et al., 1998) Antizipation bzw. Simulation des Eintretens des (erwünschten) Zielzustands Antizipation bzw. Simulation des nötigen Wegs zum Ziel...macht oft gut gelaunt, führt aber eher zu Inaktivität (kein Planen) und geringerem Anspruch...fördert das Planen, die aktive Problemlösung und ein sinnvolles Emotionsmanagement
Zeitmanagement Was? Wann? Wie? Zielprioritäten ABC-Analyse Delegation Chronotyp Pausengestaltung Arbeitsstil Unterbrechungsanalyse Entspannungsübungen Werkzeuge
Selbstmanagementtraining (nach Kehr, 1998) Lösung von Zielkonflikten: eigene Zielprioritäten erkennen und einhalten Kennen lernen unbewusster Motivdispositionen Aufbau von Willensstärke: Entschlusskraft, Konzentration, Verlockungsresistenz etc. Reduzierung von Überkontrolle (durch andere) Förderung positiver Emotionen: Aufgaben lustvoll erledigen und mentale Simulation zum Abbau unangenehmer Gefühle
Gliederung Was versteht man unter Motivation in der wissenschaftlichen Motivationsforschung? Was wissen wir über die Architektur des menschlichen Motivationssystems? Selbstmotivierung nach ausgewählten Motivationstheorien Anreize, Ziele und Emotionen - das magische Dreieck in der Motivationsforschung
Qualität ( gut ) Kosten ( billig ) Zeit ( schnell )
Anreize Ziele Emotionen
eine umfassende Anreizanalyse sollte immer die Grundlage für Anreizmodifikationen sein Anreize und Selbstmotivation bei jeder Tätigkeit sind zumindest fünf Typen von Anreizen zu bedenken (Gegenstand, andauernde Tätigkeit, unmittelbare Wirkung, geordnete Welt, Selbstkonzept) sobald ein Anreiz bei einer Handlung negativ ist, drohen Konflikte und die Entwicklung eines Vermeidungsfokus der Selbstregulation im Sinne von Ich muss
Grundsätze der Selbstmotivation nach der Zielsetzungstheorie Ziele sollten hoch gesteckt, aber auch realistisch und erreichbar sein Ziele sollten eine klare, spezifische Beschreibung des zu erreichenden Zustands geben Ziele brauchen Zielbindung, damit sie wirken Ziele brauchen Rückmeldungen Bei komplexen Aufgaben wirken Ziele nur dann, wenn man gute Strategien zur Lösung der Aufgaben kennt "Weniger ist mehr": Auch in einem Wald voller Ziele kann man sich verirren
Drei Grundprinzipien sinnvollen Emotionsmanagements Prinzip der Förderung positiver Emotionen positive Erlebnisse und Stimmung herstellen bzw. fördern (Person, Aufgabe, Kontext) Prinzip der Vermeidung negativer Emotionen negative Ereignisse und Stimmungen möglichst verhindern (Ausnahmen bestätigen m.e. die allgemeine Regel) Prinzip der angemessenen Emotionsregulation allgemeine Kompetenzen im Umgang mit emotionalen Anforderungen stärken; Förderung der Bewältigung unvermeidbarer emotionaler Dissonanzen
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