in Zusammenarbeit mit der DIVI und dem CIRSmedical Anästhesiologie von BDA/DGAI und ÄZQ

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Transkript:

Meldeauswertung des IAKH-Fehlerregisters IAKH in Zusammenarbeit mit der DIVI und dem CIRSmedical Anästhesiologie von BDA/DGAI und ÄZQ Meldung über: IAKH Fehlerregister CIRSmedical AINS von BDA/DGAI und ÄZQ Thema/Titel Fall-ID Fallbeschreibung (wie sinngemäß gemeldet) Abweichende Standarddosierung Heparin CM-12352-2016 Bei einem Intensivpatienten, der aufgrund seiner Grunderkrankung in therapeutischer Dosis heparinisiert werden muss, ist eine Antikoagulation mit hoher Heparindosierung erforderlich. Der Patient soll laut ärztlicher Anordnung einen Perfusor "Heparin Perf. 30 (30.000 IE/50ml [IE/h])" erhalten. Die gewünschte Perfusordosierung ist in der digitalen Kurvenführung in dieser Dosierung aber nicht standardmäßig hinterlegt. Eine abweichende Heparin-Verdünnung kann manuell nicht eingestellt werden, deshalb wird versucht, eine Erhöhung der Dosis durch Beigabe von 30.000 IE in 50 ml bei der höchsten verfügbaren Laufrate zu erreichen. Standardisierte Perfusoren werden im Menü der elektronischen Akte wie folgt angezeigt (In der digitalen Akte wird die Laufrate als IE/h angegeben): Heparin Perf. 5 5.000 IE/50ml [IE/h] Heparin Perf. 10 10.000 IE/50ml [IE/h] Heparin Perf. 15 15.000 IE/50ml [IE/h] Heparin Perf. 20 20.000 IE/50ml [IE/h] Heparin Perf. 25 25.000 IE/50ml [IE/h] In der Kurve des Patienten erschien nun: Heparin Perf. 25 30.000 IE/50ml [IE/h] Im Verlauf der weiteren Schichten fällt auf, dass trotz gesteigerter Dosisrate in IE/h, die PTT nicht verlängert ist. Bei Überprüfung der Spritze wird bemerkt, dass bei dem Patienten der Perfusor mit der Dosierung 25.000 IE Heparin läuft - die Folgeschichten hatten die Dosiserhöhung nicht weitergeführt. Irreführend und für die fehlerhafte Zubereitung verantwortlich war sicherlich die von der Software vorgegebene Kennzahl 25. Dass der "Normalbenutzer" weder die Kennzahl ändern noch eine Alternativdosierung vernünftig einge-

geben kann, ist ärgerlich. Problem Obwohl die Schilderung des Problems nicht alle Unklarheiten beseitigt, bleibt nach Nachempfindung des Vorgangs der vermutete Tathergang bestehen: Es musste aufgrund einer bis dahin unüblichen ärztlichen Anordnung von einer standardisierten Vorgehensweise abgewichen werden. Obwohl die hohen Laufraten eines Heparinperfusors immer mal wieder notwendig sind, gelingt es hier nicht, die in der Software hinterlegten Standarddosierungen zu ändern. Vermutlich erfolgte die Zubereitung des Perfusors durch die gleiche Person, die die Anweisungen erhalten hatte. Darüberhinaus soll jede Abweichung von der Standarddosierung kritisch überdacht werden. Die effektive Dosierung des Heparins kann entweder durch die Laufrate oder die Konzentration des Heparins geändert werden - in dieser Institution wird die Laufrate (vermutlich nach Hygienestandards oder 1x/24h (Laufrate von 2ml/h gewechselt) immer beibehalten und die Konzentration geändert. Problematisch ist: 1. Da Standardisierungen gerade das Ziel haben, für alle Beteiligten unter allen Umständen reproduzierbares und verlässliches Handeln zu ermöglichen, sollten sie alle gängigen klinischen Szenarien und Dosierungen beinhalten. Sollten die Standards nicht ausreichen, muss der Arzt hinzugezogen werden und die Abweichung autorisiert werden. 2. Der verordnende Arzt hätte von dem Problem unterrichtet werden sollen. Wie ist die Pflege- Arzt-Kommunikation? Ist ständig ein Arzt greifbar? 3. Die Kommunikation mit der IT-Abteilung bzw. des Gerätebeauftragten ist nicht optimal. (Gibt es pro Schicht einen Mitarbeiter mit erweiterten Berechtigungen, der die Software umprogrammieren kann?) 4. Die erfolgte Abweichung wird dem in der Behandlungskette nachfolgenden Behandler nicht bewusst, weil die Überlistung der Software bei Schichtwechsel wohl nicht übergeben worden war. Gibt es eine Übergabe, ist diese standardisiert, wie wird sie dokumentiert? 5. Die Beschriftung der Perfusoren ist vermutlich nicht standardisiert, bzw. eine Änderung der Dosierung fällt nicht ins Auge. Lässt sich die Dosierung der Medikamente aus größerer Ent-

fernung ablesen? Werden Etiketten nach den Empfehlungen der Kodierung der DIVI verwendet? 6. Ein ungenügender Anstieg der PTT ist auch von anderen Faktoren abhängig (z.b. niedrige ATIII-Aktivität)? Sind diese Faktoren überprüft worden? Prozessteilschritt** Betroffenes Blut-/ Gerinnungsprodukt Stimmt die Indikationsstellung gemäß Richtlinien/ Querschnittsleitlinien? Ort des Fehlers (OP, Intensiv, Notaufnahme, Labor etc., auch Mehrfachnennung) Wesentliche Begleitumstände (Unzeit (Bereitschaftsdienst Wochenende), Aushilfskraft, Ausbildung, Routine, Notfall, ASA) Liegt hier ein Kommunikationsfehler vor? (A - zwischen Personen, B - Gerätetechnik, C - Personen mit Gerät v.v., D - nein, keine Angaben) Hat/ Hätte der Bedside den Fehler verhindert bzw. aufgedeckt? (ja, nein, evtl.); Hat/ Hätte der Bedside eine Verwechslung verhindert? Was war besonders gut? (wie gemeldet in, zusätzlich der Kommissionskommentar *Risiko der Wiederholung/ Wahrscheinlichkeit 5 - Verabreichung Heparin-GP k.a. ITS/ IMC ASA 3, Routine, Wochentag A, B Nein/nein Die Fehldosierung fiel auf 2/5 *Potentielle Gefährdung/ Schweregrad 4/5 Empfehlung zur Vermeidung (hilfreich könnten sein: Veränderung der Prozessund Strukturqualität mittels Einführung/ Erstellung/ Beachtung der vorgeschlagenen Maßnahmen) Prozessqualität: 1. Fortbildung Pflege: therapeutisches Heparin - Indikation, Pharmakologie, Wirkungsweise, Applikation, Wirkkontrolle und Ursachen der Resistenz 2. SOP/ Verfahrensanweisung Pflege: Strukturierte Übergabe und Dokumentation 3. SOP/ Verfahrensanweisung Station: Visiten-

struktur, Regel und Ausnahmekommunikation zwischen Ärzten und Pflegeteam 4. SOP Pflege: Beschriftung mit Standard-DIVI- Etiketten 5. Kommunikationstraining im Team 6. Meldung an die Transfusionskommission Strukturqualität: 1. Ernennung und Ausbildung eines Superusers im Pflegeteam pro Schicht, zur Softwareänderung nach ärztlicher Autorisierung. 2. Überprüfung der Visiten- und Personalstruktur zur Verbesserung der ärztlich-pflegerischen Kommunikation. 3. Einsatz von Systemen, welche die Etiketten oder Medikamente scannen oder RFID-basiert erkennen und anzeigen - normalerweise lässt sich in der Software die Tagesdosis einstellen und die Laufrate wird errechnet. * Risikoskala Wiederholungsrisiko Schweregrad/Gefährdung 1/5 sehr gering/ sehr selten 1/5 sehr geringe akute Schädigung/ ohne max. 1/100 000 bleibende Beeinträchtigung 2/5 gering/ selten 2/5 geringe Schädigung/ wenig vorübergehende max. 1/10 000 Beeinträchtigung 3/5 mittel häufig 3/5 mäßige bis mittlere akute gesundheitliche max. 1/1000 Beeinträchtigung/ leichte bleibende Schäden 4/5 häufig, min. 1/100 4/5 starke akute Schädigung/ beträchtliche bleibende Schäden 5/5 sehr häufig, min. 1/10 5/5 Tod/ schwere bleibende Schäden ** Prozessteilschritte für die Verabreichung von Blutprodukten 1. Fehler bei der Probenabnahme 2. Fehler bei der Anforderung des Blutproduktes 3. Fehler im Labor 4. Fehler im Bereich der Handhabung oder Lagerung 5. Fehler im Bereich von Produktausgabe, Transport oder Verabreichung 6. Hämostasemanagement 7. sonstiger Fehler - nicht im Prozess der Verabreichung enthalten

15. Fehler bei der Patientenidentifikation