Wie Familien mit Cystischer Fibrose (CF) den Übertritt vom Kinderspital zu den Erwachsenen erleben. Christine Becher-Moulin

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Transkript:

Wie Familien mit Cystischer Fibrose (CF) den Übertritt vom Kinderspital zu den Erwachsenen erleben Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010

Dank Den 6 Jugendlichen und ihren Müttern Den Co-Autoren Dr. Elisabeth Spichiger und Prof. Dr. med. Nicolas Regamey Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital Pneumologie, Spital Tiefenau Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 2

Inhalt Einführung Kontext der Studie Methode Resultate Schlussfolgerungen Diskussion Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 3

Einführung 1 Epidemiologie (Schweiz) CF ist die häufigste vererbte Krankheit 1 von 2500 Neugeborenen ist von CF betroffen Jährlich werden ca. 40 Kinder mit CF diagnostiziert 1000 CF-Betroffene, 40% davon sind heute erwachsen Die Zahl der Erwachsenen nimmt zu CF-Patienten werden in spezialisierten Zentren behandelt (Möller, Hofer, Wildhaber, & Böhler, 2006) Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 4

Einführung 2 CF-Zentren in Bern: Kinderklinik: ca.100 Patienten Durchschnittlich 4 neue Patienten pro Jahr Pro Jahr 2-6 Übertritte zu den Erwachsenen Erwachsenenzentren Pneumologie Inselspital seit 2004 Pneumologie Tiefenauspital seit 1992 Transition = Übertritt von einer Kinderklinik in eine Erwachsenenklinik Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 5

Wie erleben Familien die Transition? Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 6

Wie erleben Familien die Transition? Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 7

Forschungsfrage Wie erleben jugendliche Patienten mit CF und ihre Eltern die Zeit der Transition in der Kinderklinik in Bern? Welche Bedürfnisse und Bedenken haben sie vor und während dem Übertritt in eine der beiden Erwachsenenkliniken und wodurch wird die Transition erleichtert oder erschwert? Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 8

Methode Design qualitative Studie, Interpretierende Phänomenologie Rekrutierung 38 Familien nach der Transition Studienteilnehmende 6 Mütter und 6 Jugendliche Datensammlung: Interviews, offene Fragen zum Erleben Datenanalyse Fälle analysieren und vergleichen Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 9

Resultate Drei Themenkreise Auf den Übertritt vorbereitet werden Das Spital wählen Erste Erfahrungen machen bei den Erwachsenen Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 10

Auf den Übertritt vorbereitet werden: Variante 1 Vom Arzt auf den Übertritt vorbereitet werden Mutter von Fabio: Er (der Arzt) sagte, er solle sich eben jetzt schon überlegen, wo er dann hin möchte bei den Erwachsenen. Und er sagte eben auch, es gehe so um Dinge wie Selbstverantwortung und so Möglichkeiten, Chancen und Risiken, die man halt hat oder nicht hat als CF- Patient. Fabio: Er (der Arzt) sagte, dass ich als Erwachsener jetzt auch selber auf die Therapie schauen sollte, weil offenbar jetzt eine Phase komme, wo man ein paar Sachen über die Therapie stellen würde und dass ich das doch berücksichtigen solle. Ich fand einfach gut, dass er wusste, was auf mich zukommt und dass er mir das auch sagen konnte. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 11

Auf den Übertritt vorbereitet werden: Variante 2 Von der Mutter auf den Übertritt vorbereitet werden Mutter von Erich: Dann gingen wir hin und haben ihm (dem Arzt) auch erzählt, dass wir eigentlich eben bereit wären, jetzt so einen Wechsel anzugehen. Wir haben dann besprochen, dass, wenn etwas wäre, dass ich ihn dann persönlich anrufen dürfte. Und das haben wir dann auch gemacht, und er hat dann sofort an Dr. [Name] überwiesen. Erich: Also, eigentlich dachte ich so ungefähr bis 18 bleiben wir hier (im Kinderspital). Mit 16 wurde es mir zum ersten Mal gesagt und dann war es immer in der Diskussion am Esstisch und es wurde gesagt, ja schauen wir dann mal. Das hat sich dann so spontan ergeben. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 12

Auf den Übertritt vorbereitet werden: Variante 3 Keine Vorbereitung im Spital erkennbar Benjamin, 20: Ich rechnete nicht damit, einmal das Spital zu wechseln. Also wirklich gross vorbereitet wurde ich nicht. Ich wusste einfach es gibt das Tiefenau, und was CF-Patienten anbelangt ist es sehr gut, aber viel mehr wusste ich eigentlich nicht. Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Mutter von Daniela: Also ich habe dann relativ aufgebracht nachgefragt, wie das jetzt genau gehen würde mit diesem Übergang, denn das ist uns nicht wirklich erklärt worden. Also dass man jetzt zum Beispiel dass man aufgeboten wird, oder ob man sich jetzt schon entscheiden müsse und dass man dann erst aufgeboten wird. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 13

Das Spital wählen 1 Bekanntes erhalten Fabio, 18 Ich sagte einfach, hier bleiben, weil ich es kenne. Und weil wenn wirklich etwas ist, die Ärzte von drüben (von der Kinderklinik) mich dann kennen. Claudia, 18 Aber weil mir damals eben Dr. [Name] gesagt hat, er sei auch drüben in der Insel, da dachte ich, okay, dann bleibe ich doch gleich hier, weil ich ihn kenne und wir es immer gut gehabt haben miteinander. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 14

Das Spital wählen 2 Mehr Freiheit während der Hospitalisation Erich, 17: Vor allem hat mir Dr. [Name] einfach gesagt, dass man im Tiefenau eben etwas mehr Freiheiten habe. Und da wollte ich zuerst mal ins Tiefenau, um schauen zu gehen. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 15

Das Spital wählen 3 Einfach ausprobieren Daniela, 17: Da fand ich einfach, ich probiere es jetzt mal aus. Und ich hätte es ja dann gemerkt, wenn mich da etwas negativ überrascht hätte und so. Dann könnte ich immer noch wechseln in einem Jahr oder so. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 16

Erste Erfahrungen bei den Erwachsenen 1 Alle Mütter begleiten die Jugendlichen bei der ersten Kontrolle. Erichs Mutter: Ich finde es einfach wichtig, dass man sie da hindurch begleitet. Claudias Mutter: Ich habe Claudia gesagt, da werde ich das erste Mal auf jeden Fall mit ihr kommen, das sei ganz klar, auch damit sie wisse wohin und, und, und. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 17

Erste Erfahrungen bei den Erwachsenen 2 Die Geschichte weiterführen können Mutter von Fabio: Also ich fand das sehr schön, man hat nicht alles in Frage gestellt, was vorher gemacht wurde. Ich fand das sehr wichtig, dass er (der Arzt) da kam und bei dieser Besprechung dabei war, weil er Fabio von Bébé an kennt. Fabio, 18: So ein grosser Unterschied war das nicht. Die Ärzte von der Erwachsenenabteilung und die Kinderärzte, die kennen ja einander auch. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 18

Erste Erfahrungen bei den Erwachsenen 3 Eine neue Geschichte beginnen Erich, 17 Also ich wurde wie ein Erwachsener behandelt, nicht mehr so als Jüngling. Und dann hat er einfach ein wenig erzählt, wie man es dann machen kann, wenn man eine iv-kur hat, oder welche Möglichkeiten es gibt. Die sind eigentlich quasi wie im Kinderspital. Aber er hat mir einfach mal alles gezeigt. Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 19

Schlussfolgerungen Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 20

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit Fragen? Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 21

Transition: Take-home message Die Vorbereitung auf den Übertritt wird von Jugendlichen und Müttern als hilfreich beschrieben Der individuell angepasste Übertritt zwischen 16 und 18 Jahren wird geschätzt Die Mütter sind währen der Transition eine Stütze für die Jugendlichen Die Kommunikation zwischen den Fachteams (Pädiatrie Erwachsene) ist die Grundlage der Transition Christine Becher-Moulin EBP-Fachtagung 06. März 2010 22