Bericht über die. an der Emory University Clinic, Atlanta, GA



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Transkript:

Dr. med. Stefan Kammermeier Assistenzarzt Neurologische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München Klinikum Großhadern Marchioninistr. 15 81377 München Bericht über die Intraoperative 3D-Rekonstruktion von Einzelzellentladungen und klinischem Effekt von Makrostimulation bei Tiefer Hirnstimulation durch OneTrack an der Emory University Clinic, Atlanta, GA bei Mahlon R DeLong, MD, Klaus Mewes, PhD Robert E Gross, MDPhD, Nicholas Boulis, MD, Jaliya R Lokuketagoda, MD, Daniel E Huddleston, MD und Thomas Wichmann, MD gefördert durch das Stipendium für junge Wissenschaftler der DGKN Hintergrund Die bilaterale Tiefe Hirnstimulation ist inzwischen ein Standardverfahren in der Therapie des fortgeschrittenen Idiopathischen Parkinsonsyndroms (IPS), der schweren Dystonie und von Tremorsyndromen. Weitere Anwendungsbereiche, z.b. Depression oder Tic-Störungen, werden derzeit intensiv erforscht. Dabei werden zur Zielsteuerung nach stereotaktischer Planung meist in einer Wachoperation Mikroelektroden zur Einzelzellableitung in die betreffenden Regionen der Basalganglien eingebracht. Die charakteristischen Nervenzellaktivitäten und der klinische Effekt von lokaler elektrischer Stimulation helfen in der exakten Bestimmung der besten Position für die multipolare flexible Stimulationselektrode. Obwohl die Zielgebiete für die entsprechenden Erkrankungen genau definiert sind, unterliegt das Procedere der Implantation international und national keiner detaillierten Standardisierung. Situation in München Am Universitätsklinikum der LMU in Großhadern wird seit 1998 meist wöchentlich eine Operation bei einer der drei klassischen Indikationen sowie bei Tic-Störungen durchgeführt. Üblicherweise werden bei einem Eingriff beidseits Elektroden implantiert, verankert und zur postoperativen Teststimulation transkutan ausgeleitet. Zwei Tage postoperativ werden die Elektroden dann mit dem subkutanen Impulsgenerator verbunden. Üblicherweise werden zur Ableitung 2-3 Mikroelektroden mit Makrostimulations-Kontakt gleichzeitig eingeführt (2 mm Abstand in sagittaler Ebene). In bestimmten Tiefen wird eine Mikroableitung von Einzelzellen durchgeführt und bei für das Zielgebiet typischen Aktivitätsmustern eine Makrostimulation auf klinischen Effekt durchgeführt. Für jede Tiefe werden der Reihe nach alle 2-3 Elektroden geprüft. Sollte sich elektrophysiologisch eine geringe Abweichung in der frontalen Ebene zeigen (typisch durch zu niedrige Schwellen für die Pyramidenbahn), wird lateral bzw. medial im Abstand von 2mm eine weitere Elektrode dazugesetzt und getestet. Dieses Verfahren hatte sich insofern im Ablauf bewährt, dass die belastende Wach-Operationszeit weitgehend verkürzt und die besonders bei älteren Patienten

durch mehrfache Extraktionen und Insertionen von Mikroelektroden beobachteten Minderungen der Vigilanz und Kooperationsfähigkeit minimiert werden konnten. Die gesamte Prozedur für zwei Seiten dauert ca. 5-6 Stunden, davon 3 Stunden OP mit je 30 Minuten je Seite erforderlicher Mitarbeit für den Patienten. Für jede Seite ist meist ein Vorschub mit 2-3 Elektroden nötig, in etwa der Hälfte der Fälle muß eine zusätzliche Elektrode in der frontalen Ebene hinzugefügt werden. Die Stimulationselektrode für die chronische Neuromodulation wird auf die Tiefe des besten klinischen Effekts mittels Röntgenwandlers plaziert und verankert. Nachteile des bisherigen Verfahrens waren jedoch die auf stereotaktisch-mechanische Tiefen festgelegten Ableitintervalle (z.b. auf 2mm vor stereotaktisch geplantem Zielpunkt statt relativ zum Kerngebiet) und die fehlende Möglichkeit der dreidimensionale Rekonstruktion der elektrophysiologischen und klinischen Daten. Ziel des Aufenthaltes in Atlanta An der Emory University in Atlanta, Georgia wurden die modernen Verfahren der Tiefen Hirnstimulation aus den zuvor praktizierten Thermoläsionsverfahren in den entsprechenden Kerngebieten zur Tiefen Hirnstimulation weiterentwickelt, maßgeblich durch Mahlon R. DeLong, MD, Klaus Mewes, PhD und Thomas Wichmann, MD. Die Tiefe Hirnstimulation in ihrer heutigen Form wurde dort seit 1993 durchgeführt. Vor ca. 10 Jahren wurde dort das computergestützte Programm OneTrack entwickelt, das auf die individuelle anatomische Konfiguration der Basalganglien ein dreidimensionales Modell anpassen kann und elektrophysiologische und klinische Daten während der Operation in räumliche Beziehung zu diesem Modell setzen kann. Dieses Programm nicht nur in Atlanta sondern bereits auch an einer anderen amerikanischen Universitätsklinik in klinischer Anwendung. Ziel der Reise war, das Programm OneTrack in Anwendung zu erleben und die Abläufe der Behandlung von der Indikationsstellung über die Operation bis zur Stimulationsoptimierung und Langzeitbetreuung beobachten zu können. Eine Anpassung von OneTrack an Münchner Technik und Ablauf sollte geprüft werden und eine wissenschaftliche Kooperation begonnen werden. Ein Projekt am Yerkes National Primate Research Center zur Einzelzellableitung im Thalamus bei Globus-pallidus-Stimulation und pharmakologischer Läsion beim MPTP-behandelten Rhesusaffen in der Arbeitsgruppe von Thomas Wichmann würde in dieser Zeit ebenfalls beginnen, gefördert durch das National Institute of Health NIH. Patientenauswahl und Indikationsverfahren in Atlanta Niedergelassene Allgemeinärzte (General Practitioner) und Neurologen stellen Patienten mit möglicher Indikation zu einem ambulanten Termin im Wesley Woods Health Center vor. Sie werden von einem Facharzt (Fellow), Daniel Huddleston, MD, primär untersucht und dem Oberarzt (Attending) Mahlon R DeLong, MD vorgestellt, der letztlich die klinische Indikation stellt. Ich durfte jede Woche während meines 3-monatigen Aufenthalts in Atlanta an dieser Indikationsambulanz teilnehmen. Alle Patienten sollen sich nach möglichst 12 Stunden ohne Medikation vorstellen, so dass klinische standardisierte Messverfahren wie der UPDRS im Off-Zustand und anschließend nach Medikation im On durchgeführt werden können. Bei jedem der Patienten mit klinisch sinnvoller Indikation zur Hirnstimulation wird primär eine medikamentöse Therapieoptimierung versucht und gleichzeitig das etwa halbjährige Indikationsverfahren eingeleitet. Sollte sich durch die Therapieoptimierung eine so deutliche Besserung ergeben oder sich der Patientenwunsch ändern, kann das Indikationsverfahren jederzeit unterbrochen werden. Dort werden dann an mehreren Terminen die Patienten von Neuropsychologen, Psychiatern, Anästhesisten, Neurochirurgen und eventuell Internisten begutachtet und ggf. weitere Untersuchungen angefordert. Ein derartig standardisiertes Verfahren gibt es in München derzeit noch nicht.

Etwa bis zu ein Drittel der vorstelligen Patienten kommt mit einem atypischen Parkinsonsyndrom, was in etwa auch dem Aufkommen in München entspricht; die Patienten werden dann an spezialisierte Zentren weiterverwiesen, da es derzeit innerhalb der Klinik anders als in München keine dezidierte Spezialambulanz gibt. Operationsablauf, neurochirurgisch und anästhesiologisch Ich durfte über fast drei Monate wöchentlich bei mindestens zwei unilateralen Eingriffen die Techniken und Verfahren in Augenschein nehmen. Am Morgen des OP-Tages wird die Basis des stereotaktischen CRW-Rahmens (Cosman- Roberts-Wells) unter Lokalanästhesie mit vier Knochenschrauben an Stirn und Hinterkopf befestigt und ein axiales Kernspintomogramm zur Planung mit dem stereotaktischen Planungssystem (Stealth-System) durchgeführt. Die Planung wird abwechselnd von den neurochirurgischen Attendings Robert E Gross, MDPhD und Nicholas Boulis, MD durchgeführt. Die MRT- und Planungsdaten werden an den separaten OneTrack-Rechner weitergegeben. In Abb.1 ist die räumliche Organisation im OP-Saal dargestellt. Die Stealth-Daten werden jedes Mal mit dem Phantom auf mögliche Abweichungen überprüft (Abb.1a). Der Patient wird in flacher Rückenlage mit dem CRW-Basisrahmen und Mayfield-Adapter am OP-Tisch fixiert (München: Vakuumkissen). Der C-Bogen für transversale Röntgenaufnahmen (zum Ausschluss von Elektrodendeflektionen) ist so eingestellt, dass eine transparente sterile Folie den operativen Bereich abtrennt. Der sterile stereotaktische Bogen wird dann mit Feststellschrauben durch diese Folie auf dem unsterilen Basisrahmen fixiert. Der Mikrometerantrieb zum Vortrieb der Ableitesonden ist elektrisch mit einem sehr feinen Schrittmotor gesteuert; die absolute Tiefe wird durch ein integriertes Potentiometer gemessen und an Antriebseinheit und OneTrack zurückgemeldet. Vortrieb und Ableitung liegen auf neurologischer Seite. Die Bohrlochtrepanation erfolgt mit dem Anspach-System und wird auf der duralen Seite für eventuell notwendige größere Korrekturwinkel erweitert. Anschließend wird der Medtronic- Befestigungsring eingeschraubt und das Microdrive angebracht. Jede Trajektorie wird einzeln durchgeführt; zuerst jeweils die Mikroelektrodenableitung für Einzelzellen, danach die Makrostimulation für die klinische Prüfung. Bei unzureichenden Schwellen für Nebenwirkungen oder unzureichendem Effekt werden sukzessive weitere einzelne Trajektorien durchgeführt. In Atlanta werden die Eingriffe üblicherweise einseitig durchgeführt und ein Eingriff dauert hier pro Seite 5 Stunden. Die Patienten werden bei allen Indikationen in flacher Propofolbasierter Narkose gehalten, mit Ausnahme der ca. 1-2stündigen klinischen Testung pro Seite (München: Fentanyl-basiert und längere Wach-Zeit; ITN bei Dystonie). Dies erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen Elektrophysiologie und Anästhesie, damit die Narkotika ca. 10 Minuten vor Ableitung deutlich reduziert und vor klinischer Testung beendet werden können (entsprechend der An- und Abflutungszeiten). Die Tiefe der definitiven Stimulationselektrode wird statt über den Röntgenwandler über das Mikrometer eingestellt und zeitgleich im OneTrack relativ zu den elektrophysiologisch bestimmten Kerngrenzen dargestellt, was nach eigenen Angaben eine sehr gute Vorhersage für die Kontakte mit den später besten Effekten liefert. Das distale Elektrodenende wird nach Testung subkutan für die spätere Verbindung mit dem IPG deponiert, anschließend subkutane Naht und kutane Klammerung in typischer Weise. Die Komplikationsraten an beiden Zentren sind in etwa gleich niedrig. Individuelle Basalganglienmodellierung mit OneTrack Die dreidimensionalen Modelle basieren auf Rekonstruktionen des Schaltenbrand-Wahren Atlas und wurden über Jahre empirisch weiter angepaßt, so dass die heute verfügbaren

Grenzverläufe der Kerne (nach Anpassung der Kernpositionen in den individuellen MRT- Bildern) sehr gut mit den durch Einzellzellableitung ermittelbaren Ein- und Durchtrittspunkten der Kerne zur Übereinstimmung gebracht werden können. Zum Beispiel ist der GPI mit drei Verdickungen (Abb.2c; von posterior nach anterior: somatosensorisch, assoziativ und limbisch) so in den ursprünglichen Schaltenbrand-Wahren- basierten Rekonstruktionen nicht zu finden. Bei jedem Patienten ist die Lage der Basalganglien verschieden, sogar für jede Seite, da bei jedem Patienten die Seitenventrikel mehr oder weniger asymmetrisch geformt sind. Deshalb müssen die Rohmodelle, bei denen die Formen der Kerne und die relative Position der Kerne zueinander gegeben ist, jeweils durch festgelegte Verzerrungsregeln für jede zu operierende Seite an das Planungs-MRT angepasst werden. Die Anpassung wird meist durch Größenverzerrung und Drehung des gesamten Kernpaketes erreicht; nur in Fällen stark ausgeprägter Hirnatrophie ist eine zusätzliche Verschiebung der Kernpositionen zueinander nötig. Wichtige Faktoren sind die Form der Seitenventrikel, allgemeine Hirnatrophie, die Weite des III.Ventrikels und eventuelle fokale Läsionen. So lässt sich ein sehr genaues individuelles dreidimensionales Bild der Kerne erstellen. In dieses Modell wird dann die geplante Zieltrajektorie aus dem Stealth-System in AC-PC-Koordinaten projiziert. Mikroelektrodenableitung mit OneTrack Besonders wichtig für die Rekonstruktion des Elektrodenverlaufs ist die Tiefe des Eintrittspunktes in einen Kern und die Tiefe des Durchtritts in nervenzellfreie Gebiete dahinter. Bei mehreren Trajektorien lassen sich so auf unter 2 mm die antero-posteriore sowie die mediolaterale Abweichung der Trajektorien allein durch durch die Konturen beim Passieren mehrerer Kerne definieren. Innerhalb der Kerne hilft zusätzlich die Somatotopie: durch einzelne auf passive Bewegungen reagierende Neurone für Arm und Bein läßt sich die Lateralität bestimmen: lateral leg, medial mouth gilt den Thalamus, in den anderen Kernen (STN, GPI) ist die Somatotopie seitenvergehrt organisiert. Zur Identifizierung des Kerngebietes wird neben dieser Rekonstruktion zusätzlich das charakteristische Aktivitätsmuster der enthaltenen Neurone herangezogen. Durch kurzzeitige Stimulation über die Ableitkontakte lassen sich in einem Kern gerade inaktive Neurone zu Aktionspotentialen veranlassen, während spontan aktive Neurone dadurch kurz stillgelegt werden; so können bestimmte Neurone erst lokalisiert werden (z.b. Medium Spiny Neurons im Pallidum) Makrostimulation mit OneTrack Nach der Mikroableitung wird die Elektrode zurückgezogen und in den Abständen zwischen den endgültigen Stimulationskontakte (1,5mm für Medtronic 3387 bzw. 0,5mm für 3389) relativ zum tiefsten Punkt des Zielgebiets Teststimulationen durchgeführt. Als Makroelektrode dient die konzentrisch um die Mikroelektrode angeordnete Kanüle, deren Isolation an der Spitze auf 1,5mm Breite entfernt wurde. Dadurch wird die Konfiguration einer Stimulationselektrode simuliert. Die Impedanzen sind allerdings im Vergleich zur Medronic-Stimulationselektrode höher, so dass ca. von doppelt so hohen Nebenwirkungsschwellen auszugehen ist. Wirkungen und Nebenwirkungen können mit den entsprechenden Schwellenwerten in dreidimensionale Beziehung zu den Kerngebieten gesetzt werden, was bei über 1000 Eingriffen mit diesem System eine große Datenbasis ergeben hat, die neben der Anatomie die Physiologie der Basalganglien in drei Dimensionen erkennen lässt. Rekonstruktion am Beispiel einer GPI-Implantation bei Dystonie Abb.2 zeigt die Rekonstruktionen einer linksseitigen Trajektorie der Elektrode bei einem Dystonie-Patienten (Implantation in den GPi). Nach zwei Ableitungstrajektorien wurde die

quadripolare Elektrode in einer Zwischenposition plaziert. Im Verlauf der ersten beiden Elektroden stellten sich in den Mikroableitungen zuerst die einzelnen striatale Verbindungen zwischen Pallidum und Caudatum dar. Durch Ein- und Austritte aus Globus pallidus externus und internus mit der typischen zellkörperfreien Lamina im GPI und einer auf Lichtschein modulierten Faser des Tractus opticus ließ sich die Position der Trajektorien genau bestimmen. In der anschließenden Makrostimulation ließen sich hohe Schwellenwerte für Pyramidenbahnnebenwirkungen für beide Trajektorien erzielen, so dass die definitive Elektrode in einer Mittelposition plaziert wurde. Abb.2c zeigt die empirisch ermittelte Dreigliederung des GPI mit dem Tractus opticus darunter. In Abb.2.d ist eine Rekonstruktion der bei Parkinson und Tremor relevanten und weiter medial gelegenen Strukturen Ncl. caudatus, Thalamus mit vorne aufgelagertem retikulärem Thalamus, Ncl. subthalamicus und Ncl. ruber darunter dargestellt. Postoperativer Verlauf und Langzeiteinstellungen Die Patienten werden in Atlanta üblicherweise innerhalb von zwei Tagen nach der Kraniotomie entlassen, was maßgeblich versicherungsrechtlich bedingt ist. Nach kurzer Zeit erfolgt dann die Implantation des IPG in Allgemeinanästhesie, der Eingriff auf der zweiten Seite folgt in der Regel innerhalb von zwei bis drei Monaten. Bei den Ersteinstellungen richtet man sich nach den Rekonstruktionen von OneTrack nach den üblichen Parametern (z.b. bei Idiopathischem Parkinsonsyndrom initial um 1.5-2.5V, Pulsweite 90µs, Frequenz 130Hz). Im Verlauf können jedoch auch komplexere Einstellungen und Elektrodenkombinationen nötig werden, zu deren lokalen Effekten es einen reichhaltigen Erfahrungsschatz gibt. Die postoperativen Ergebnisse sind sehr gut. Fazit Die individuelle 3D-Modellierung der Basalganglien und die intraoperative Trajektorien- Rekonstruktion sind hervorragende Entwicklungen, die einzelne elektrophysiologische Befunde zu einem Bild zusammenfügen, aufgrund dessen die optimale Plazierung von Hirnstimulationselektroden erheblich erleichtert werden kann. In der nächsten Zeit werden die Möglichkeiten der Anpassung des OneTrack-Programms an Münchner Abläufe diskutiert. Durch die technischen Voraussetzungen in München werden wohl nur geringe Anpassungen des Programms nötig sein. Die präoperativen Protokolle und einzelne operationstechnische Maßnahmen in Atlanta werden in München als Inspiration zur Verfeinerung der Abläufe dienen. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Tiefe Hirnstimulation an der Emory University wird während meines folgenden Aufenthaltes am Yerkes National Primate Research Center für ein weiteres Jahr auch hoffentlich weiter reiche Früchte tragen. Abschließend möchte ich mich bei den Verantwortlichen der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung ganz herzlich bedanken, dass mir das Stipendium für junge Wissenschaftler gewährt wurde. Die Methoden des Hirnstimulationszentrums in Atlanta werden in München die Möglichkeiten der Ableitungstechnik entscheidend beeinflussen. Die gewonnenen Erfahrungen mit intraoperativer Einzelzellableitung und der Kontakt mit den dortigen Wissenschaftlern hatten für mich persönlich einen unschätzbaren Wert. Mein Dank gilt auch ganz besonders Mahlon De Long und Klaus Mewes, die mich an ihrer reichhaltigen Erfahrung teilhaben ließen und mir neue Einblicke in invasive Elektrophysiologie und klinische Versorgung bei Tiefer Hirnstimulation gewährten. Für dies und ihre freundliche Aufnahme in Atlanta ein herzliches Dankeschön.

Literatur beim Verfasser Dr. Stefan Kammermeier München, den 20.5.2011 Abbildungen: 1a) Plausibilitätskontrolle der geplanten Trajektorie am Stereotaxie-Phantom 1b) Blick auf den Situs mit Stereotaxierahmen und elektrischer Mikrometerantrieb; Fellow (Facharzt) Jaliya R. Lokuketagoda, MD (re.) 1c) rechts: Axon Instruments Turm zur Einzelzellableitung; links: Laptop mit OneTrack zur simultanen 3D-Rekonstruktion der elektrophysiologischen Befunde; Vordergrund: Klaus Mewes, PhD am Microdrive

1d) Einzelzellableitung durch Mahlon R. DeLong mit Axon Instruments (li.); simultane Rekonstruktion durch Klaus Mewes, PhD (re.) mit OneTrack 1e) Panoramaaufnahme von OR-15; Anordnung von links nach rechts: Steallth- Planungssystem; Hintergrund: Röntgenwandler, Vordergrund: Rechner mit OneTrack- System; Axon-Instruments-Turm für Ableitung und Stimulation; C-Bogen; Narkoseeinheit 2a) OneTrack am Beispiel einer Globus-Pallidus-Operation links bei Dystonie, Blick von medial posterior; sagittale Schnittebene; zwei Trajektorien durch Striatum (blau), Globus pallidus externus (hellgrün) und Globus pallidus internus (GPI, rot; Zielstruktur), darunter Tractus opticus (orange); Commissura anterior (gelb). Die schwarz markierten Border- Neurone markieren typische Eintrittsaktivität in den GPI nach GP externus und nach Durchtritt durch die Einfaltung des GPI.

2b) Dreidimensionale Rekonstruktion der beteiligten Kerne, der zwei Ableittrajektorien und der definitiven Elektrodenposition; Medtronic-Elektrode 3389 (Polbreite 1,5mm, Polabstand 0,5mm), die drei tiefsten Kontakte 0 bis 2 liegen demnach innerhalb, Kontakt 3 leicht außerhalb des GPI 2c) Darstellung von GPI und Tractus opticus mit einer Ableitungstrajektorie, Blick von medial posterior; die empirisch bestimmte dreigliedrige Organisation mit somatosensorischem (posterior), assoziativem und limbischem Anteil (anterior) kommt gut zur Darstellung. Am medialen Rand ist der Eingang in die weitgehend zellkernfreie intranukleäre Lamina angedeutet, wie sie auch im Schaltenbrand-Wahren-Atlas zu finden ist. Darunter der Tractus opticus. Abb 2d (wird nachgereicht) zeigt die anderen Kerne, die bei der Beispiel-GPI-Operation nicht gezeigt wurden 2d) In anderen Operationen für Idiopathisches Parkinsonsyndrom IPS und Tremor relevante, weiter medial gelegene Strukturen in 3D-Rekonstruktion mit OneTrack: Ncl. caudatus wie bereits in Abb.2b; Thalamus mit anterior aufgelagertem retikulärem Thalamus und basal einer charakteristischen Vorwölbung (Zielmarker für Stimulation im Ncl. ventralis intermedius (Vim) bei Tremor), Ncl. subthalamicus (Zielstruktur bei IPS), darunter Ncl. ruber.