SCHLAGLICHT WENN NICHTS MEHR WIRKT! DAS POST-ANTIBIOTISCHE ZEITALTER (WHO) FRASI AM 27.01.2015 KORDULA SCHULZ-ASCHE FRIEDRICH OSTENDORFF
1 ANTIBIOTIKA IN DER TIERHALTUNG FRIEDRICH OSTENDORFF
ANTIBIOTIKA-VERBRAUCH IN DER VETERINÄRMEDIZIN absolute Abgabemenge 2011: 1.706 t 2013: 1.452 t Fluorchinolone (Reserveantibiotika) 2011: 8 t 2013: 12 t Dosierungsbeispiel: Tetracyclin: 80 mg / kg LG Fluorchinolone: 2 mg / kg LG Reduktion nahezu hinfällig! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 3 BVL
ABGABE VON ANTIBIOTIKA DISPENSIERRECHT ermächtigt Veterinäre zum Einkauf, zur Lagerung und zum Verkauf von Medikamenten inkl. Antibiotika Rabattierung beim Ein- und Verkauf = ökonomischer Anreiz große Mengen Antibiotika abzugeben! Landtierarzt kauft 40 Flaschen Penicillin à 18 (Listenpreis 20 ). Verkaufspreis von 26 entspricht Ertrag von 8. Spez. Geflügel-Großpraxis kauft 400 Flaschen Penicillin à 10. Verkaufspreis von 21 entspricht Ertrag von 11. Die Verschreibung von Antibiotika lohnt sich! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 4
RESISTENTE KEIME GEFÄHRDUNGSPOTENTIAL UND VORKOMMEN Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) Können beim Menschen unter anderem Wundinfektionen und Entzündungen der Atemwege hervorrufen und gegen bestimmte Antibiotika sind resistent. MRSA-Nachweis auf Nasentupfer bei Kälbern => 45,0 % MRSA-Nachweis auf frischem Putenfleisch => 44,7 % (BVL: Zoonose-Monitoring 2012) ESBL (extended-spectrum beta-lactamases) Fähigkeit von Bakterien, Enzyme zu entwickeln, die bestimmte Antibiotika unwirksam machen. Nachweise von ESBL-E.coli in landw. Betrieben: Hähnchenmast => 90 % Milchvieh => 60 % Schweinemast => 44 % (Friese A, Schulz J, Laube H.,2013) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 5
WARUM IST DAS SO? drangvolle Enge in den Ställen führt zu Dauerstress Mangel an Beschäftigung fehlende Umwelt-/ Klimareize einseitige Zuchtlinien auf Leistung Fotos: mainpost.de/ welt.de/ vgt.at BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 6
UNSERE SOFORTMAßNAHMEN Die Bundesregierung legt umgehend eine Änderung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung vor, die dafür sorgt, dass Tiere mehr Platz, Auslauf und Beschäftigung haben; legt eine Änderung des Arzneimittel-Gesetzes vor, die Reserveantibiotika aus den Ställen verbannt und Mengenrabatte beim Handel mit Antibiotika abschafft. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 7
TIERHALTUNG UND KRANKENHAUSHYGIENE ZWEI SEITEN EINER MEDAILLE Rund 30 Prozent der Rinder und 70 Prozent der Schweine sind MRSApositiv. In landwirtschaftlich geprägten Gegenden Deutschlands sind bis zu 29 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die bei Aufnahme in ein Krankenhaus MRSA in der Nase trugen, von tierischen MRSA-Bakterien besiedelt. Drei von vier Landwirtinnen und Landwirten tragen den tierischen Erreger in der Nase. (BMBF, 2014) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 8 Bilder: shenet.org, http://www.derwesten-recherche.org/, http://www.die-orthopaeden.info/
QUELLENVERZEICHNIS TEIL 1 - Seite 3: Dritte Datenerhebung zur Antibiotikaabgabe in der Tiermedizin, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2014. - Seite 5: Zoonose-Monitoring, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2012. Friese A, Schulz J, Laube H.: Faecal occurrence and emissions of livestock-associated methicillin-resistant Staphylococcus aureus (lamrsa) and ESBL/AmpC-producing E. coli from animal farms in Germany. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 2013; 126:175-180) - Seite 8: Unerwünschtes Souvenir aus dem Tierstall - Antibiotikaresistente Bakterien können von Tieren auf Menschen übertragen werden. BMBF, 2015. (http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/5169.php) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 9
2 ANTIBIOTIKA IN DER HUMANMEDIZIN KORDULA SCHULZ-ASCHE
EINSATZ VON ANTIBIOTIKA IN DEUTSCHLAND Wie viel? Etwa 38 Millionen Antibiotikaverordnungen allein im ambulanten Bereich jährlich. Das sind ca. 500 bis 600 Tonnen. Verordnete Antibiotika in der Humanmedizin: 85 Prozent im ambulanten Bereich, 15 Prozent im Krankenhaus. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit im unteren Mittelfeld. Wer erhält? Frauen werden häufiger Antibiotika verschrieben als Männern. Mit dem Alter steigt auch die Häufigkeit der Verordnungen. Wer therapiert? Fast zwei Drittel (62 Prozent) aller Antibiotika-Verordnungen werden von Hausärzten ausgestellt. Danach folgen Kinderärzte (sechs Prozent), HNO und Urologen (je fünf Prozent). Dabei greifen Ärzte zunehmend auf Reserveantibiotika zurück. Wie oft? Jeder Versicherte hat im Durchschnitt 5 Tage eine Antibiotika-Therapie. 30 Prozent aller Verordnungen sind unnötig (entsprechen nicht den Behandlungsleitlinien). BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 11
Abb. 2: Ärzte verordnen immer mehr Reserve- Antibiotika Abb. 1: Regionale Unterschiede bei der Verordnung von Antibiotika BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 12
ANTIBIOTIKARESISTENZEN EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE HUMANMEDIZIN 1. Rationaler Umgang mit Antibiotika sowohl bei ÄrztInnen als auch VerbraucherInnen Ärzte sollen indikations- und leitliniengerechter verordnen (bspw. vor Vergabe Antibiogramm veranlassen), insbesondere Hausärzte Erarbeitung einer Leitlinien für den Antibiotikaeinsatz in Arztpraxen mehr pharmaunabhängige Ärztefortbildungen nötig, insbesondere Hausärzte bessere Aufklärung der VerbraucherInnen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 13
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ANTIBIOTIKARESISTENZEN EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE HUMANMEDIZIN 2. Antibiotika-Forschung wiederbeleben Entwicklung von neuen Wirkstoffen ist für die pharmazeutische Industrie wenig lukrativ: zu lange Forschungsdauer; vergleichsweise günstige Präparate, die nur auf einen kurzen Zeitraum angewendet werden (sollen) die Gewinnausschichten sind in anderen Bereichen wie chronischen Erkrankungen größer wir benötigen neue Public-Private-Partnerships für die antibakterielle Therapieentwicklung (Aufteilung der wirtschaftlichen Risiken zwischen öffentlichen Einrichtungen, Stiftungen und Industrie) zudem benötigen wir einen Ausbau der Versorgungsforschung um unnötige Verordnungen zukünftig zu vermeiden und die Diagnostik zu verbessern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 15
ANTIBIOTIKARESISTENZEN EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE HUMANMEDIZIN 3. stärkerer Ausbau von Hygienestandards in Krankenhäusern sowie Pflegeeinrichtungen die Resistenzproblematik ist im Krankenhaus besonders zugespitzt; in den letzten Jahren deutliche Zunahme multiresistenter Erreger u.a. aufgrund unzureichenden Präventionsmaßnahmen und der Nichtbeachtung von Hygienestandards Novellierung der Hygieneverordnungen in den Ländern hat die Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime kaum verringert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 16
ANTIBIOTIKARESISTENZEN EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE HUMANMEDIZIN 3. stärkerer Ausbau von Hygienestandards in Krankenhäusern sowie Pflegeeinrichtungen Einführung verpflichtender Screening von RisikopatientInnen auf multiresistente Erreger (MRSA u. a.) bei der Aufnahme in eine stationäre Einrichtung des Gesundheitswesens (Änderung des Infektionsschutzgesetzes) gemeinsam mit den Bundesländer muss ein gemeinsames Vorgehen von nosokomialen Infektionen initiiert werden: um eine bessere personelle Ausstattung der Einrichtungen mit Hygienefachpersonal, die Stärkung der Hygienewissenschaft in der ärztlichen und pflegerischen Ausbildung intensive Fortbildung und Beratung des Personals in medizinischen Einrichtungen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 17
GEPLANTES VORGEHEN DER FRAKTION 1. Studie zum Thema Wie kann das post-antibiotische Zeitalter verhindert werden? (u.a. Problembeschreibung, Handlungsempfehlungen/best practice für den Tier- und Humanmedizin, Vergleich mit anderen Ländern) durch Prof. Alexander Friedrich (ist seit 2005 deutscher Projektleiter von EUREGIO MRSA-net und leitet das EurSafety Health-Net Koordinationszentrum. Seine Aufgabe ist die Gesamtprojektleitung von EurSafety Health-net. Hierfür steht er in ständigem Kontakt zu den niederländischen Partnern, allen 5 deutsch-niederländischen EUREGIOs, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, nationalen (Robert Koch Institut) und internationalen Organisationen (Europäische Kommission). 2. Größeres Fachgespräch Auf dem Weg in ein postantibiotisches Zeitalter? Wie wir gemeinsam den Aufstieg resistenter Keime verhindern können mit Vorstellung der Studie im 1. Halbjahr 2015 3. Mögliche Kampagne für die einzelnen Wahlkreise BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 18
QUELLENVERZEICHNIS TEIL 2 - Seite 12: Abb. 1: Durchschnittliche Antibiotika-Tagesdosen (DDD), Antibiotika-Report 2014. Eine Wunderwaffe wird stumpf: Folgen der Über- und Fehlversorgung, 2014. Abb.2: Verordnungen von Antibiotikareserven, Schröder, Helmut: Hände weg von der eisernen Reserve, IN: Gesund heit und Gesellschaft 7-8/2011 - Seite 14: Einstellung der Befragten zu Antibiotika bei Erkältungen, Antibiotika-Report 2014. Eine Wunderwaffe wird stumpf: Folgen der Über- und Fehlversorgung, 2014. - Seite 16: Infektionen mit Krankenhauskeimen, Antibiotika-Report 2014. Eine Wunderwaffe wird stumpf: Folgen der Über- und Fehlversorgung, 2014. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antibiotika in der Tierhaltung Friedrich Ostendorff Seite 19
VIELEN DANK FÜR EURE AUFMERKSAMKEIT!