Fachinformation synlab.vet. Multiresistente Erreger. MRS(A), ESBL & Co
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- David Kurzmann
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1 Fachinformation synlab.vet Multiresistente Erreger MRS(A), ESBL & Co
2 Multiresistente Erreger, MRS(A), ESBL & Co Einleitung Ein gravierendes und hochaktuelles Problem ist die Entstehung und Ausbreitung Bakteriologische Untersuchung: resistent oder sensibel? antimikrobieller Resistenzen, die durch Anwendung von Chemotherapeutika begünstigt werden. Der vermehrte Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe in der Veterinär- und Humanmedizin hat zu einer Zunahme an Resistenzen geführt und sollte Anlass zum Umdenken geben. Resistenzen kann man in drei Kategorien einteilen: natürliche oder intrinsische Resistenz (chromosomal codiert, Vorkommen bei Bakterien der gleichen Spezies, z. B. Resistenz von Klebsiellen gegen Ampicillin) chromosomale Resistenz, deren Expression erfolgt erst durch Induktion (z. B. durch Chemotherapeutika) erworbene oder exogene Resistenz (Plasmid codiert, entsteht z. B. durch Austausch von genetischem Material) Multiresistente Erreger weisen eine gleichzeitige Unempfi ndlichkeit gegenüber mehreren antimikrobiellen Wirkstoffen auf. Von ihnen geht eine besondere Gesundheitsgefahr aus, da Infektionen nur schwer oder im schlimmsten Falle gar nicht therapierbar sind. Multiresistente Bakterien werden sowohl als apathogene Besiedler (Kommensale) wie auch als pathogene Erreger in der Humanund Veterinärmedizin nachgewiesen. Allen gemeinsam ist, dass sie potentielle Zoonoseerreger sind, also direkt oder indirekt vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden können. Außerdem besteht die Gefahr, dass (multiresistente) Bakterien ihre Resistenzgene an andere pathogene und nicht pathogene Bakterienspezies weiter geben. So können beispielsweise multiresistente apathogene Darmbesiedler ihre Resistenzgene auf pathogene Darmpassanten übertragen, die als Infektionserreger schwer oder im schlimmsten Falle gar nicht therapiert werden können. Prädisponierende Faktoren für ein vermehrtes Auftreten von Multiresistenzen sind Fehler in der antimikrobiellen Therapie (s. Schlussfolgerungen), chronische Erkrankungen, schwere Grunderkrankungen sowie invasive Maßnahmen. Der bekannteste multiresistente Erreger ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Aber auch andere Methicillin-resistente Staphylokokken (MRS), -Laktamase-bildende Bakterien (v. a. gramnegative Enterobakterien), multiresistente gramnegative Stäbchenbakterien (z. B. Nonfermenter) oder Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), nehmen an Bedeutung zu. Seite 1
3 MRS(A) Multiresistente Staphylokokken (z. B. S. aureus) sind aufgrund einer Mutation auf dem meca- Gen (welches das Penicillin-Bindeprotein PBP2 codiert) gegen alle Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme resistent. Zusätzlich sind sie häufi g auch gegen Tetracycline, Aminoglykoside, Makrolide und Chinolone resistent. Staphylokokken gehören als Besiedler (Kolonisierer) zur physiologischen Haut- und Schleimnahme. Händedesinfektion die wichtigste Hygienemaßhautfl ora, sie können jedoch, wenn sie die Haut/Schleimhaut-Barriere durchbrechen, Infektionen hervorrufen und zur Erkrankung führen. Der Unterschied wischen Kolonisation und Infektion besteht darin, dass eine Besiedelung mit MRS(A) meist nicht von klinischer Relevanz ist und durch Sanierungsmaßnahmen (z. B. durch antiseptische Waschungen, lokale Antibiotika) beseitigt werden kann. Eine Infektion mit MRS ist dagegen von großer klinischer Bedeutung und erfordert immer eine gezielte therapeutische Intervention. Zur Beseitigung einer Besiedelung kommen in Abhängigkeit von der Situation primär haut- und schleimhautverträgliche Antiseptika zum Einsatz (z. B. chlorhexidinhaltige Shampoos sowie moderne Antiseptika wie Polihexanid und Octenidin). Antibiotische Salben mit Mupirocin oder Fusidinsäure sind im Bedarfsfall ebenfalls möglich. Außerdem sollte eine tägliche Dekontamination der Umwelt stattfi nden (Fressnäpfe, Schlafplätze, usw.). Bei widersetzlichen Tieren kann die Antibiose systemisch (Rifampicin + Sulfonamid/Trimethoprim, nach Antibiogramm) durchgeführt werden. Der Status eines Tieres hinsichtlich MRS-Besiedelung kann durch die Untersuchung eines Tupfers (mit Transportmedium) festgestellt werden. Geeignete Entnahmestellen: Nasenvorhof, Maul, Perineum. Um eine wechselseitige Übertragung zwischen Mensch und Tier zu verhindern, sollte auch der Tierbesitzer untersucht (Nasenvorhoftupfer) und ggf. saniert werden. ESBL Bei den ß-Laktamasen handelt es sich um bakterielle Enzyme, die durch Hydrolyse zu einer Inaktivierung von ß-Laktam-Antibiotika führen. Die Unterscheidung von ß-Laktamasen erfolgt je nach ihrer Aktivität gegenüber verschiedenen ß-Laktam-Antibiotika, ihrer Hemmbarkeit durch ß-Laktamase-Inhibitoren (z. B. Clavulansäure), ihrer Induzierbarkeit durch Substrate (antimikrobielle Wirkstoffe) sowie anhand der Lokalisation des ß-Laktam-Gens in der Bakterienzelle (chromosomal oder plasmidär). Seite 2
4 Eine weit verbreitete und klinisch bedeutsame Gruppe der ß-Laktamasen sind die Extended-Spectrum Beta-Laktamasen (ESBL), welche bei gramnegativen Bakterien vorkommen. Diese Enzyme besitzen ein erweitertes Substratspektrum inklusive Cephalosporine der 3. und 4. Generation und sind in-vitro durch Clavulansäure hemmbar. ESBL kommen bei gramnegativen Bakterien (Darmbewohner) vor, v. a. bei Enterobacteriaceae und hier insbesondere bei E. coli und Klebsiella spp., seltener bei Proteus spp., Citrobacter spp., Serratia spp., Enterobacter spp., Morganella morganii und Salmonella-Isolaten. Bakterien, die plasmidkodierte ESBL besitzen, können ihre Resistenzgene sowohl vertikal (durch Fortpflanzung) als auch horizontal (unabhängig von der Fortpflanzung) über die Bakterien-Speziesgrenzen hinweg auf andere Bakterien übertragen, was eine rasche Verbreitung dieses Resistenztyps fördert. ESBL-bildende Bakterien kommen physiologisch im Darmtrakt von Tieren und Menschen vor, ohne dass diese daran erkranken. Problematisch sind ESBL-Bildner erst, wenn es zu Infektionen insbesondere außerhalb des Darmes (Harntrakt, Wunden und Atmungstrakt) kommt. Im Gegensatz zu den MRS(A), ist eine Sanierung von ESBL-kolonisierten Tieren (und Menschen) nicht möglich, da der Darm nicht erfolgreich dekontaminiert werden kann. Bei den ESBL gilt wie bei den MRS(A), dass Infektionen von klinischer Bedeutung sind und therapiert werden müssen. Hierfür eignen sich i. d. R. Fluorchinolone, Sulfonamid/Trimethoprim, Colistin sowie die in der Humanmedizin zugelassenen Wirkstoffe Fosfomycin, Carbapeneme und Tigecyclin. Schlussfolgerungen Maßnahmen beim Nachweis multiresistenter Bakterien: Wenn es Klinik und Lokalisation der Erkrankung erlauben, sind primär moderne haut- und schleimhautverträgliche lokale Antiseptika zu empfehlen. An zweiter Stelle steht die kontrollierte Anwendung von Antibiotika: nur nach Erregeridentifizierung und Antibiogramm (außer bei einzuleitender Notfalltherapie) nur in therapeutisch wirksamer und indikationsbezogener Dosierung so kurz wie möglich, so lange wie nötig kein Wechsel des Antibiotikums bei ausbleibendem Therapieerfolg ohne erneute bakteriologische Untersuchung Der Kontakt zu Trägern multiresistenter Bakterien ist zu vermeiden (Isolierung des Patienten). Der tiermedizinische Einsatz von Reserveantibiotika aus der Humanmedizin wird kontrovers diskutiert und sollte nur in schweren Fällen oder bei Therapienotstand Anwendung finden. Seite 3
5 Vergleich der Häufigkeiten von multiresistenten Keimen Ausgewertet wurden Daten des synlab.vet Standortes Augsburg aus den Jahren 2007 und Abbildung 1: Häufigkeit MRS vs. ESBL bei Tieren, im Vergleich Daten aus 2007 (MRS, n= 133/1770; ESBL, n= 61/2073) und 2011 (MRS, n= 156/1911; ESBL, n= 144/3484). Abbildung 2: Verteilung der Tierarten bei Methicillin-resistenten-Staphylokokken (MRS) (MRS positiv, 2007: 133/1770; 2011: 156/1911) Seite 4
6 Abbildung 3: Verteilung der Tierarten bei ESBL-Isolaten (ESBL positiv, 2007: 61/2073; 2011: 144/3484) Seite 5
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