Haftungsrisiken von Konversionsflächen erkennen und sicher bewältigen Dr. Sigrid Wienhues Fachanwältin für Verwaltungsrecht Seite 1
Konversionsflächen (Wikipedia) Konversion (Stadtplanung) aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Der Begriff Konversion (auch Umnutzung oder Nutzungsänderung) beschreibt in der Stadtplanung die Wiedereingliederung von Brachflächen in den Wirtschafts- und Naturkreislauf oder die Nutzungsänderung von Gebäuden. Der Begriff entstand im Zuge der Umnutzung ehemaliger militärischer Anlagen (Konversionsflächen) und wurde speziell für diese verwendet. Im Laufe der Jahre fand der Begriff auch bei anderen Entwicklungsflächen Anwendung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezeichnete der Begriff Konversion dagegen meist die Umwandlung von Flächen für militärische Zwecke. Hierbei kann es sich je nach Lage um eine bauliche Wiedernutzung (Inwertsetzung) oder um eine freiräumliche Folgenutzung (Revitalisierung) handeln. Im Rahmen der Innenentwicklung der Städte steht die Wiedernutzbarmachung von Flächen und soweit möglich auch von Hochbauten im Vordergrund. Es ist aber durchaus auch in dicht bebauter Umgebung die Anlage eines Stadtteilparks angemessen. Seite 2
"Altlasten": Definitionen nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG, 2 Abs. 3, 4, 5, 6, 7) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht. Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind 1. stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und 2. Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte), durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Seite 3
"Altlasten": Definitionen nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG, 2 Abs. 3, 4, 5, 6, 7) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht. Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen 1. zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), 2. die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), 3. zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens. Seite 4
Haftung Öffentlich-rechtlich Im Verhältnis zur zuständigen Behörde Für Veränderungen/Gefahren im Bereich Boden Gewässer Luft Biodiversität Abfallbehandlung/ -entsorgung Zivilrechtlich Im Verhältnis zu (privaten) Vertragsspartnern Im Rahmen von Grundstückskaufverträgen Im Rahmen von Vertragsverhältnissen bei Maßnahmen auf dem Grundstück Im Verhältnis zwischen mehreren öffentlich-rechtlich Haftenden Seite 5
Öffentlich-rechtliche Haftung Schutzgut: Luft Schutzgut: Biodiversität Schutzgut: Grundwasser Bundes- Bodenschutzgesetz Umweltschadensgesetz Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Schutzgut: Boden Wasserhaushaltsgesetz Bundes- Immissionsschutzgesetz Seite 6
Öffentlich-rechtliche Haftung Nutzungsabhängige Prüf- und Maßnahmenwerte Bodenschutzrecht Nutzungsunabhängige Grenzwerte Abfallrecht Nutzungsunabhängiger Schadensausgleich Umweltschadensrecht Nutzungsabhängige Grenz- und Orientierungswerte Wasserrecht Seite 7
Öffentlich-rechtliche Haftung Wo Wer Wofür WHG, 89 Einleiter Anlagenbetreiber Ersatz von Schäden, die sich aus einer Gewässerveränderung ergeben USchadG, 5, 6 Verursacher ( Verantwortlicher ) Bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Schadenabwendende Maßnahmen Sanierung Krw- / AbfG, 5 Abfallerzeuger Abfallbesitzer Vermeidung Verwertung ordnungsgemäß und schadlos Beseitigung ordnungsgemäß und schadlos Seite 8
Öffentlich-rechtliche Haftung Wo Wer Wofür BBodSchG Verursacher und dessen Gesamtrechtsnachfolger Grundstückseigentümer Nutzer (Inhaber tatsächlicher Gewalt) Gesellschafts- oder handelsrechtlich Verantwortlicher für Grundstück / aufgegebenes Grundstück Sanierung = Dekontaminierungsund Sicherungsmaßnahmen Grundstückseigentümer und Nutzer auch für schadenabwendende Maßnahmen Früherer Eigentümer, der um die Verunreinigung wusste / wissen musste Seite 9
Behördliches Handeln Ziele und Voraussetzungen Es ist (nur) sicherzustellen, dass keine Gefahr von der Altlast ausgeht. Parameter für die Beurteilung der Gefahr: Nutzungsabhängigkeit Welcher Nutzung wird das Grundstück zugeführt / welche Nutzung wird fortgeführt? Maßgeblich sind die Vorgaben der Bauleitplanung und/oder der tatsächlichen Nutzung / Umgebungsprägung je sensibler die Nutzung, um so höher ist die Gefahr Schutzgutbetroffenheit, Umgebungsbelastung und -sensibilität Welche Schutzgüter können gefährdet werden? Gewässer? Biotope? Besonders sensible Nutzungen (Kindergärten)? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Schutzgutverletzung? Das aktuelle (fehlende) Sanierungsbedürfnis ist durch die zuständige Umweltbehörde festzustellen. Seite 10
Behördliches Handeln Maßnahmen (Anordnung) Orientierende Untersuchung Anordnung Detailuntersuchung Anordnung von Überwachungsmaßnahmen Anordnung Sanierungsmaßnahmen (Dekontaminierungs- oder Sicherungsmaßnahmen) Anordnung von Sanierungsuntersuchung und Sanierungsplan Sanierungsvertrag Seite 11
Behördliches Handeln Sanierungsvertrag Grundlage: Sanierungsuntersuchung Sanierungsplan Inhalt: Sanierungsziele (z.b. schadstoff- oder auch schutzgutbezogen) Sanierungsmaßnahmen, Überwachungsmaßnahmen i.r.e. Sanierungsplans: Einbeziehung sonstiger etwa erforderlicher öffentlich-rechtlicher Zulassungen (z.b. abfallrechtliche Genehmigungen) Ziel/Zweck: abgestimmtes Vorgehen, Vermeidung von Anordnungen, Sanierungsbestätigung/Feststellung altlastenfrei Seite 12
Zivilrechtliche Haftung Ausgangssituation Haftung gegenüber staatlichen Stellen kann NICHT vertraglich ausgeschlossen werden Haftung auch nach Grundstücksveräußerung möglich (Verkäuferperspektive) Haftung auf für vor dem Erwerb verursachte Verunreinigungen möglich (Käuferperspektive) gesetzlicher Ausgleichsanspruch nach Verursachungsbeiträgen, wenn einer von mehreren Verantwortlichen durch den Staat zu Sanierungsmaßnahmen herangezogen wird und/oder Maßnahmen abgeschlossen wurden ( 24 BBodSchG, 9 USchadG) - wenn keine andere vertragliche Regelung getroffen wurden, denn Regelung ist vertraglich - ggf. auch gestuft - abdingbar! Seite 13
Zivilrechtliche Haftung Regelungen im Grundstückskaufvertrag Regelungsmechanismen bei behördlichen Anordnungen/Maßnahmen: Wer soll zwischen den Vertragsparteien für welche Maßnahmen tatsächlich und wirtschaftlich verantwortlich sein? z.b. Freistellungsverpflichtungen Freistellung, wenn Aufforderung zu Untersuchungs- oder Sanierungsmaßnahmen der vertraglich Verpflichtete führt die Maßnahmen gegenüber der Behörde aus Wirtschaftliche Freistellung oder Ausgleich für Kosten, die aufgrund behördlicher Maßnahmen und Anordnungen entstehen/entstanden sind. Seite 14
Zivilrechtliche Haftung Regelungen im Grundstückskaufvertrag Regelungsmechanismen bei behördlichen Anordnungen/Maßnahmen: Handlungs- und Informationspflichten Gegenseitige Unterrichtung bei der Anordnung behördlicher Maßnahmen Verpflichtung, fristwahrend Rechtsbehelfe gegen behördliche Maßnahmen einzulegen Verpflichtung/Berechtigung, Rechtsbehelfsverfahren gegenüber Behörde/ Gericht zu führen, Kostentragungsregelung, umfang des Rechtsmittelzugs. Verpflichtung, gemeinsam an einer Sanierungsvereinbarung mit der Umweltbehörde mitzuwirken und sie umzusetzen. Seite 15
Zivilrechtliche Haftung Regelungen im Grundstückskaufvertrag Gestaltungsmöglichkeiten Verkäufer macht Grundstück sauber und verkauft es (teurer) Mehraufwand für sauberes Grundstück wird bewertet und eingepreist Untersuchung wird durch den Verkäufer beauftragt und Untersuchungsergebnisse dem Käufer zur Verfügung gestellt Käufer wird ermächtigt Untersuchungen durchzuführen Käufer und Verkäufer einigen sich über Untersuchung / Untersuchungsumfang / untersuchendes Unternehmen / Regelung über die Kosten tatsächlicher Aufwand wird vom Käufer oder Verkäufer bis zu einem bestimmten Limit getragen Es ist zu klären, ob die Maßnahmen grundsätzlich oder nur im Falle einer behördlichen Anordnung durchgeführt werden. die gewählte Lastenverteilung beeinflusst die Gestaltung der Haftungsregelungen Seite 16
Zivilrechtliche Haftung Regelungen mit Unternehmen zum Beispiel: Sachverständige/Gutachter Regelungen zur Abstimmung mit der zuständigen Behörde/ Einbeziehung der Sanierungsziele Generalunternehmer/Bauunternehmer/Entsorgungsunternehmen Untersuchung hinsichtlich aufzunehmender Materialien (Abfallklassen) Informationspflichten/Abstimmung mit der zuständigen Behörde Bodenmanagement (aushubbegleitender Separation) Verwertungs-/Entsorgungsnachweise Seite 17
Kontakt Dr. Sigrid Wienhues Rechtsanwältin / Fachanwältin für Verwaltungsrecht Partnerin Tel: 040-35922-263 s.wienhues@gvw.com Große Bleichen 21 20354 Hamburg Seite 18