Approximationsverfahren für die Bestimmung feuchtetechnischer Materialkennwerte Zusammenfassung

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Approximationsverfahren für die Bestimmung feuchtetechnischer Materialkennwerte Dr.-Ing. Martin Krus Dipl.-Phys. Andreas H. Holm Fraunhofer-Institut für Bauphysik (Leiter: o. Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. mult. Dr. E.h. mult. Karl Gertis) Fraunhoferstr. 10 83626 Valley e-mail: krus@hoki.ibp.fhg.de Zusammenfassung Die Untersuchung des Feuchtehaushalts von Bauteilen anhand von Computerberechnungen gewinnt immer mehr an Bedeutung, da mit Hilfe neuer Berechnungsmodelle eine gute Übereinstimmung mit Meßergebnissen erreicht wird. Einer breiten Anwendung dieser Verfahren steht jedoch bisher die relativ aufwendige meßtechnische Bestimmung der notwendigen feuchtetechnischen Kennwerte entgegen. Hier werden deshalb Methoden vorgestellt, um die Flüssigtransportkoeffizienten für den Saugvorgang sowie für die Weiterverteilung bzw. Trocknung aus bekannten Standardstoffkennwerten bzw. aus einem einfachen Trocknungsversuch abzuschätzen. Der Vergleich der damit berechneten Ergebnisse mit Messungen ergibt, wie sowohl die hier dargestellten als auch weitere in [6] und [8] aufgeführten Beispiele zeigen, eine gute Übereinstimmung. Zur Ermittlung der Feuchtespeicherfunktion wird eine Methode präsentiert, die es erlaubt, anstelle der zeitaufwendigen Saugspannungsmessungen für den überhygroskopischen Feuchtebereich Ergebnisse aus der Quecksilberdruckporosimetrie zu verwenden. Auch damit erhält man eine recht gute Übereinstimmung. Bei diesem Verfahren ist aber etwas Vorsicht geboten, da eventuell Effekte nicht berücksichtigt werden, die auf spezielle Eigenschaften des Wassers beruhen. Man wird deshalb z.b. bei versalzenen oder hydrophobierten Materialien große Abweichung von der korrekten Feuchtespeicherfunktion erhalten. Für die Ermittlung der approximierten Transportkoeffizienten für den Saugvorgang und die Bestimmung der Feuchtespeicherfunktion aus der Quecksilberdruckporosimetrie sind Berechnungssprogramme entwickelt worden. Diese können kostenlos über Internet (http://www.hoki.ibp.fhg.de) bezogen werden.

1. Einleitung Für instationäre Berechnungen des Feuchtehaushaltes von Bauteilen sind bei neuen Rechenverfahren z.t. zusätzliche Kennwerte notwendig, um damit eine gute Übereinstimmung von Rechnung und Messung erhalten zu können. Besonderen Einfluß auf den Feuchtehaushalt hat der Flüssigtransport. Durch ihn können pro Zeiteinheit um Zehnerpotenzen größere Wassermengen im Materialinneren transportiert werden als durch Diffusion. Eine korrekte Bestimmung der Transportkoeffizienten für den Flüssigtransport ist daher von entscheidender Bedeutung. Wie in [1] dargelegt, ist dabei zwischen Befeuchtung und Trocknung zu unterscheiden, d.h. es ergeben sich für diese beiden Randbedingungen unterschiedliche Flüssigtransportkoeffizienten. Die Bestimmung dieser stark wassergehaltsabhängigen Transportkoeffizienten wird durch die Messung von Wassergehaltsprofilen im Baustoff ermöglicht, wozu Anlagen eingesetzt werden, die auf der kernmagnetischen Resonanz oder der γ-durchstrahlung beruhen [1, 2]. Sofern ein Transport zwischen in Kontakt miteinander stehenden kapillaraktiven Materialien auftritt, ist die Kenntnis einer korrekten Feuchtespeicherfunktion unabdingbar. Diese ergibt sich nach [1] im hygroskopischen Feuchtebereich aus der Sorptionsisotherme und im höheren Feuchtebereich aus Saugspannungsmessungen, die aufwendig und zeitintensiv sind. Oft sind solche genaue, aber zeit- und kostenintensive Bestimmungen nicht unbedingt notwendig oder für manche Materialien wegen deren Struktur auch gar nicht möglich (z.b. bei Lochziegeln). Aus diesem Grund wären Verfahren wünschenswert, die es gestatten, aus den für die meisten Baustoffe bereits bekannten feuchtetechnischen Grundkennwerten oder einfachen zusätzlichen Messungen eine gute Näherung für die Flüssigtransportkoeffizienten des Befeuchtungs- und Trocknungsvorganges sowie die Feuchtespeicherfunktion zu erhalten. 2. Grundlagen Für den Kapillartransport hat Krischer [3] folgenden Diffusionsansatz eingeführt: g w = D ( u) du (1) w dx g w [kg/m 2 s] Flüssigtransportstromdichte D w (u) [m 2 /s] Flüssigtransportkoeffizient u [kg/m 3 ] Wassergehalt Bei der theoretischen Herleitung geht Krischer von einem Kapillarbündelmodell aus, das aus parallel angeordneten, widerstandslos miteinander verbundenen Zylinderkapillaren unterschiedlicher Durchmesser besteht. In allen gefüllten Kapillaren eines bestimmten Querschnitts soll Druckausgleich herrschen. Der vorliegende Unterdruck in der Flüssigkeit wird dabei durch den kapillaren Zug des ausgelasteten Meniskus der größten noch gefüllten Kapillare in diesem Querschnitt bestimmt. Dieser Zusammenhang zwischen dem in einem Querschnitt vorliegenden kapillaren Zug und dem Wassergehalt führt zu einem stark wassergehaltsabhängigen Kapillartransportkoeffizienten Dw. Wird

die Wasserzufuhr unterbunden, findet ein Weitertransport der Flüssigkeit statt, obwohl sich an der nicht mehr mit Wasser versorgten Oberfläche Gegenmenisken ausbilden (siehe Bild 1 rechts). Diese Weiterverteilung der Flüssigkeit beruht darauf, daß die noch nicht gefüllten kleineren Poren aufgrund ihrer höheren Saugkraft über die vorhandenen Querverbindungen die größeren gefüllten Poren leersaugen. Es ist zu erwarten, daß dieses Weiterverteilen der Flüssigkeit, das auch beim Trocknungsvorgang auftritt, deutlich langsamer abläuft als der Transport beim Saugvorgang. Saugvorgang (vor Unterbrechung) Weiterverteilung (nach Unterbrechung) Bild 1: Kapillartransporterscheinungen dargestellt am Modell miteinander verbundener Zylinderkapillaren unterschiedlichen Durchmessers. 3. Transport im hygroskopischen Feuchtebereich Im hygroskopischen Feuchtebereich wird der Wassergehalt eines Baustoffes durch die Sorptionsisotherme beschrieben. Im Bereich unterhalb etwa 50 % rel. Luftfeuchte ist die Bindung des Wassers so stark, daß ein merklicher Flüssigtransport ausgeschlossen werden kann. Oberhalb von 50 % tritt im Mikroporenbereich Kapillarkondensation auf. Der bei Messung des Wasserdampfdiffusionswiderstandes poröser Baustoffe nach DIN 52615 für den Feuchtbereich ermittelte im Vergleich zum Trockenbereich stets kleinere Diffusionswiderstand ist auf einen der Diffusion überlagerten Flüssigtransport in diesem Feuchtebereich zurückzuführen [4]. Aus der Differenz der dabei im höheren Luftfeuchtebereich zu den im Trockenbereich gemessenen Massenströmen lassen sich bei Kenntnis der Sorptionsisotherme für den hygroskopischen Feuchtebereich die Kapillartransportkoeffizienten berechnen [1]. Die auf diese Weise ermittelten Flüssigtransportkoeffizienten sind für eine Reihe von Baustoffen in Tabelle 1 aufgelistet.

Tabelle 1: Aus isothermen Diffusionsmessungen im Trocken- und Feuchtbereich bestimmte Flüssigtransportkoeffizienten [1]. Für die Berechnung ist die Kenntnis der Sorptionsisotherme notwendig. Material mittlerer Sorptionswassergehalt Flüssigtransportkoeffizient Dwo [Vol.-%] [m 2 /s] Baumberger 3,1 2,5.10-10 Obernkirchner 0,27 1,9.10-10 Rüthener 1,1 2,9.10-10 Sander 1,8 1,8.10-10 Gips 0,71 3,5.10-10 Kalksandstein 2,4 1,8.10-10 Porenbeton 4,4 1,1.10-10 Ziegel 0,29 2,6.10-10 Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, ergibt sich für alle aufgeführten Materialien fast der gleiche Transportkoeffizient von etwa 2 10-10 m²/s. Dies ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß unter diesen Bedingungen in allen Proben die Poren bis zum gleichen maximalen Porenradius mit Wasser gefüllt sind. Damit sollte sich auch ein vergleichbarer Kapillartransportkoeffizient ergeben. Es erscheint somit gerechtfertigt, für eine Approximation den Kapillartransportkoeffizienten im hygroskopischen Feuchtebereich auf 2 10-10 m 2 /s festzulegen. Da für die meisten Baustoffe nur der Wassergehalt bei 80 % r.f. (Bezugsfeuchtegehalt) bekannt ist, ist es sinnvoll, diesen Transportkoeffizienten u 80 zuzuordnen. Somit ergibt sich für die Approximation des Kapillartransportkoeffizienten eine Funktion, die bei u 80 immer mit einem Wert von 2. 10-10 m 2 /s anfängt. Da im hygroskopischen Feuchtebereich, in dem der Flüssigtransport im Sorbatfilm abläuft, eine Unterscheidung zwischen Saugen und Weiterverteilen physikalisch nicht sinnvoll erscheint, gilt dieser Wert für beide Transportvorgänge. 4. Exponentielle Approximation Für die meisten Baustoffe lassen sich die Kapillartransportkoeffizienten recht gut mit einer Exponentialfunktion approximieren [1, 5]: D wf [m²/s] D wo [m²/s] u D Dw ( u) = Dwo exp ln u f D wf wo (2) Kapillartransportkoeffizient bei freier Wassersättigung Kapillartransportkoeffizient im Sorptionsfeuchtebereich

4.1 Saugvorgang Für den Saugvorgang läßt sich zwischen D wf und dem w-wert der folgende Zusammenhang herleiten[6]: D wf u f [kg/m³] u 80 [kg/m³] D wo [m²/s] K [-] K π w 2 ln ( Dwf / Dwo ) = + D 4 u ( ) f u f u 80 wo (3) freie Wassersättigung) Sorptionswassergehalt bei 80 % r.f. (Bezugsfeuchtegehalt) Kapillartransportkoeffizient im Sorptionsfeuchtebereich, stoffunabhängig auf 2 10-10 m²/s festgesetzt Korrekturfaktor Bild 2: Darstellung von Gl. (3) zur graphischen Bestimmung von D w. Die Werte für die aufgeführten Materialien sind als Punkte mit eingezeichnet. Gl. (3) ist in Bild 2 dargestellt, so daß bei Kenntnis des w-werts, der freien Wassersättigung und des Bezugsfeuchtegehaltes auch D wf auf einfache Weise graphisch bestimmt werden kann. 4.2 Trocknungsvorgang Analog zur Bestimmung der kapillaren Wasseraufnahme sollten sich aus der Beobachtung des Trocknungsverhaltens eines anfangs wassergesättigten Versuchskörpers Informationen über die Kapillartransportkoeffizienten für den Weiterverteilungs- bzw. Trocknungsvorgang gewinnen lassen. Bei der Trocknung eines wassergesättigten porösen Baustoffes stellen sich nach Krischer [3] unterschiedliche Trocknungsphasen ein. Solange der Kapillartransport groß genug ist, um die an der Oberfläche verdunstende Wassermenge aus dem Inneren der Probe nachzufördern, muß die Verdunstung bei konstanten äußeren Klimarandbedingungen an der Oberfläche nahezu konstant bleiben. In

diesem ersten Abschnitt der Trocknung ist die Trocknungsgeschwindigkeit nur abhängig von den äußeren Bedingungen; die Eigenschaften des Baustoffes haben keinen Einfluß. Da der Kapillartransport im Baustoff mit sinkendem Wassergehalt stark zurückgeht, wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die an die Oberfläche transportierte Flüssigkeitsmenge nicht mehr ausreichen, um die Anfangstrocknungsgeschwindigkeit aufrechtzuerhalten. Dies führt dazu, daß man in diesem Trocknungsabschnitt eine stetig sinkende Trocknungsgeschwindigkeit beobachtet. Der Trocknungsverlauf ist hier, außer von den Klimarandbedingungen, auch von der Diffusionswiderstandszahl und den Flüssigtransportkoeffizienten abhängig. Für die rechnerische Ermittlung von D wf wird das bereits vielfach verifizierte Wärmeund Feuchteberechnungsprogramm WUFI [7] eingesetzt, wobei statt dessen natürlich jedes andere evaluierte Berechnungsprogramm, das mit feuchteabhängigen Kapillartransportkoeffizienten rechnet, verwendbar ist. Bei der Ermittlung der Transportkoeffizienten für den Weiterverteilungsprozeß werden die gemessenen und gerechneten Wassergehaltsverläufe miteinander verglichen [8]. Für die Bestimmung von D ww sind zwei Schritte durchzuführen. Zuerst muß der an der Verdunstungsoberfläche vorherrschende Wärmeübergangskoeffizient bestimmt werden. Dazu wird dieser, ausgehend von dem in WUFI vorgeschlagenen Wert von 8 W/m²K erhöht - in einem Klimaraum werden stets Lüfter eingesetzt -, bis für den ersten Trocknungsabschnitt die berechneten Gewichtsverläufe mit den Messungen übereinstimmen. Als zweiter Schritt wird der Kapillartransportkoeffizient D ww bei freier Sättigung solange angepaßt, bis sich auch für die weitere Trocknung eine minimale Abweichung zwischen berechnetem und gemessenem Verlauf ergibt. Mit etwas Übung erreicht man bereits nach zwei bis vier Rechenläufen (je ca. 2 min Rechenzeit) eine recht gute Übereinstimmung. 5. Feuchtespeicherfunktion Für viele Baustoffe ist die integrale Porenradienverteilung bekannt, wobei sie in der Regel durch das relativ schnelle Meßverfahren der Quecksilberdruckporosimetrie bestimmt wird. Da aber mit dieser Meßmethode im Gegensatz zur Saugspannungsmessung stets der gesamte und nicht nur der am Flüssigtransport beteiligte Porenraum erfaßt wird, muß eine Anpassung der Meßergebnisse z. B. wie folgend vorgeschlagen durchgeführt werden. Der Meßwert beim Porenradius, der mit der Sorption bei 80% r. F. korrespondiert, muß dem Wassergehalt bei dieser Luftfeuchte entsprechen (u 80 ). D. h. die Kurve der Hg- Porosimetrie wird um die Differenz verschoben. Die Feuchtespeicherfunktion muß außerdem stets bei der freien Wassersättigung enden, d. h. die integrale Porenradienverteilung muß über einen entsprechenden Faktor gestaucht werden. Dies führt jedoch, wie Versuche gezeigt haben, noch zu keiner zufriedenstellenden Übereinstimmung der Approximation mit der gemessenen Feuchtespeicherfunktion. Der Grund dafür liegt darin, daß bei kleineren Poren aufgrund deren größerer Saugspannung der Füllungsgrad höher als bei großen Poren ist. Deshalb nimmt bei der hier gezeigten Approximation der Stauchungsfaktor, um diesem Effekt Rechnung zu tragen, linear mit dem Porenradius zu.

6. Ergebnisse Tabelle 2: Feuchtetechnische Grundkennwerte der verwendeten Materialien und daraus berechnete exponentielle Approximationen der Flüssigtransportkoeffizienten bei freier Wassersättigung nach. Für den Transportkoeffizienten bei u 80 wird ein Wert von 2. 10-10 m 2 /s festgelegt. Bezugsfeuchtegehalt freie Wassersättigung Wasseraufnahmekoeffizient Transportkoeffizient Saugen Transportkoeffizient Trocknen Verhältnis Material u 80 u f w D ws (uf) D ww (uf) D ws /D ww [Vol.-%] [Vol.-%] [kg/m 2 h 0.5 ] [m 2 /s] [m 2 /s] [-] Baumberger 3,6 21 2,6 2,25. 10-7 1,1. 10-7 2 Obernkirchner 0,28 9 2,8 1,15. 10-6 nicht best. - Rüthener 1,2 18,5 18 9,7. 10-6 3,2. 10-6 3 Sander 1,9 12 1,2 1,24. 10-7 4,13. 10-8 3 Kalksandstein 2,5 25 3,2 3,14. 10-7 6,3. 10-8 5 Ziegel 0,31 34 15 5,38. 10-6 3,58. 10-6 1,5 Gipsputz 0,79 35 5,1 2,00. 10-7 nicht best. - Tabelle 2 zeigt für eine Auswahl von Baustoffen die auf die beschriebene Weise gewonnenen approximierten Transportkoeffizienten für den Saugvorgang sowie für die Trocknung. In Bild 3 sind für den Saugvorgang die mit Hilfe der approximierten Transportkoeffizienten berechneten Verteilungen den Messungen gegenübergestellt. Sowohl für den Baumberger Sandstein als auch für den Kalksandstein sowie dem Ziegel weichen die mit den approximierten Transportkoeffizienten berechneten Verteilungen nur sehr geringfügig von den Messungen ab. Lediglich beim Rüthener Sandstein sind merkliche aber vertretbare Abweichungen zu beobachten. Bild 4 zeigt einen solchen Vergleich für den Wassergehaltsverlauf bei der Trocknung. In allen Fällen wird eine gute Übereinstimmung erreicht.

Bild 3: Wassergehaltsverteilungen über die Tiefe verschiedener Baustoffe zu unterschiedlichen Zeitpunkten anhand von NMR-Messungen bzw. Berechnungen eines Saugvorganges. Wassergehalt [Vol.-%] 15 10 5 0 30 Baumberger Rüthener Wassergehalt [Vol.-%] 20 10 Kalksandstein WUFI-Rechnung Messung 0 0 400 800 1200 Zeit [h] Ziegel 0 400 800 1200 Zeit [h] Bild 4: Trocknungsverlauf anfangs gesättigter Proben bei einseitiger Austrocknung bei 20 C und 65 % rel. Luftfeuchte. Die Meßergebnisse sind als Punkte dargestellt, die Rechenergebnisses als durchgezogene Linie.

Wassergehalt [Vol.-%] 25 20 15 10 5 Baumberger Sandstein 25 20 15 10 5 Ziegel Sorption Saugspannung Hg-Porosimetrie Anpassung 0 0 20 40 60 80 100 Relative Luftfeuchte [%] 0 0 20 40 60 80 100 Relative Luftfeuchte [%] Bild 5: Feuchtespeicherfunktionen des Baumberger Sandsteins und des Ziegels dargestellt über der relativen Luftfeuchte Bild 6: Feuchtespeicherfunktionen dargestellt über dem Porenradius. Bild 5 zeigt beispielhaft für den Baumberger Sandstein und den Ziegel in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte die approximierte Feuchtespeicherfunktion im Vergleich

zu der als Punkte dargestellten (aus Sorptionsisotherme und Saugspannungsmessung zusammengesetzten) gemessenen Funktion. Bei Darstellung über dem Porenradius (Bild 6) wird die gute Übereinstimmung sehr viel besser erkennbar. 7. Literatur [1] Krus, M.: Feuchtetransport- und Speicherkoeffizienten poröser mineralischer Baustoffe. Theoretische Grundlagen und neue Meßtechniken. Dissertation Universität Stuttgart 1995. [2] de Freitas, V.P., Krus, M., Künzel, H.M., Quenard, D.: Determination of the Water Diffusivity of Porous Materials by Gamma-ray Attenuation and NMR. International Symposium on Moisture Problems in Building Walls. Proceedings, 11.-13. Sept. 1995. Porto, 1995, S. 445-460. [3] Krischer, O., Kast, W.: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Trocknungstechnik, 3. Auflage, Springer-Verlag Berlin (1978). [4] Krus, M.: Ist der Diffusionswiderstand von Baustoffen wirklich feuchteabhängig? 9. Bauklimatisches Symposium Dresden, 14.-16. Sept. 1994, S. 287-302. [5] Kießl, K.: Kapillarer und dampfförmiger Feuchtetransport in mehrschichtigen Bauteilen. Rechnerische Erfassung und bauphysikalische Anwendung. Dissertation Universität-Gesamthochschule Essen 1983. [6] Krus, M., Holm, A., Schmidt, Th: Ermittlung der Kapillartransportkoeffizienten mineralischer Baustoffe aus dem w-wert. Internationale Zeitschrift für Bauinstandsetzen 3 (1997), H. 3, S. 1-16. [7] Künzel, H.M.: Verfahren zur ein- und zweidimensionalen Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in Bauteilen mit einfachen Kennwerten. Dissertation Universität Stuttgart 1994. [8] Holm, A., Krus, M.: Bestimmung des Transportkoeffizienten für die Weiterverteilung aus einfachen Trocknungsversuchen und rechnerischer Anpassung. Bauinstandsetzen 4 (1998), H. 1, S. 33-52.